Scheidung türkischer Staatsangehöriger (in Deutschland)

Scheidung türkischer Staatsangehöriger (in Deutschland)
04.10.2016364 Mal gelesen
Bei der Ehescheidung von Deutschen mit türkischem Migrationshintergrund ist klar, dass sich das Scheidungsrecht nach dem deutschen Recht richtet. Wie ist es aber, wenn sich zwei türkische Staatsangehörige in Deutschland scheiden lassen wollen? Oder wenn die Hochzeit in der Türkei war?

Bei der Ehescheidung von Deutschen mit türkischem Migrationshintergrund (welche auch in Deutschland leben) ist klar, dass sich das Scheidungsrecht nach dem deutschen Recht vor deutschen Gerichten richtet.

Wie ist es aber, wenn sich zwei türkische Staatsangehörige in Deutschland scheiden lassen wollen? Oder wenn die Hochzeit in der Türkei war?

Hierzu folgende Übersicht: 

Deutsches Scheidungsrecht bei türkischen Staatsangehörigen / Hochzeit in der Türkei

Bei der Ehescheidung von türkischen Staatsangehörigen und von türkischen Staatsangehörigen mit deutschen Staatsangehörigen stellt sich zunächst die Frage, welches Gericht zuständig ist und nach welchem Recht sich die Scheidung richtet.

Klargestellt dürfte sein, dass ausländische Staatsangehörige mit ihrem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland vor deutschen Gerichten (= örtliche Zuständigkeit) geschieden werden können. 

Welches Scheidungsrecht jedoch zur Anwendung kommt, richtet sich bei Scheidungsverfahren mit Auslandsbezug nach dem internationalen Privatrecht

Dieses hat bereits im Jahr 2010 mit Wirkung zum 21.06.2012 durch die neue Rom-III Verordnung eine Änderung erfahren. Diese neue Rom-III-Verordnung gilt nicht nur für die beteiligten Mitgliedstaaten (Deutschland, Belgien, Bulgarien, Frankreich, Italien, Lettland, Luxemburg, Malta, Österreich, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien und Ungarn) sondern ist nach gem. Art. 4 Rom-III-VO (universelle Geltung "loi uniforme") auch anzuwenden, wenn es um das Recht eines nicht Mitgliedstaates oder eines Drittstaates wie die Türkei geht. 

Das anzuwendende Recht richtet sich nach den Vorschriften des Art. 8 Rom-III-VO.

Wenn also ausländische Staatsangehörige bei Einreichung des Scheidungsantrags ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, so ist deutsches Scheidungsrecht anzuwenden - auch wenn die Hochzeit in der Türkei stattgefunden hat; und auch dann, wenn nur noch ein Ehegatte in Deutschland wohnt und seit dem Wegzug des anderen Ehegatten ins Ausland noch kein Jahr vergangen ist. 

Vereinfacht bedeutet dies, dass seit dem 21.06.2012 in Deutschland Scheidungen mit Auslands-/ Türkeibezug nach deutschem Scheidungsrecht durchgeführt werden (auch wenn die Hochzeit nach ausländischem / türkischem Recht stattgefunden hat). 

Dies gilt nur dann nicht, wenn die Eheleute nach Art. 5 Rom-III-Vo eine Rechtswahl getroffen haben - dann geht diese Vereinbarung über die Rechtswahl vor. Diese Vereinbarung ist jedoch an bestimmte Formerfordernisse geknüpft.

Türkisches Heimatrecht

Ist jedoch seit dem Wegzug eines Ehegatten ins Ausland ein Jahr verstreichen, so findet das Heimatrecht (türkisches) zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts Anwendung. 

Das türkische Heimatrecht findet auch dann Anwendung, wenn zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags keiner der Ehegatten mehr in Deutschland wohnt (dann sind aber auch keine deutschen Gerichte mehr örtlich sein). 

Anerkennung deutscher Scheidungsbeschlüsse in der Türkei

Zu beachten ist weiterhin, dass ein deutscher Scheidungsbeschluss in der Türkei anerkannt werden muss, damit er dort rechtswirksam wird. 

Damit deutsche Scheidungsbeschlüsse in der Türkei rechtswirksam werden ist erforderlich, dass ein türkisches Gericht den deutschen Scheidungsbeschluss anerkennt, wobei gem. Art. 58 des Gesetzes Nr. 5718 über das intern. Privat- und Zivilverfahrensrecht in der Türkei Urteile von ausländischen Gerichten grundsätzlich anerkannt werden. 

Allerdings ist zu beobachten, dass die Türkei Scheidungsurteile nach deutschem Recht nicht immer ohne weiteres anerkennen.

Praxistipp:

Um auf Nummer sicher zu gehen raten wir daher an, dass die Eheleute ausschließlich für die Scheidung als solche von der Möglichkeit der "Rechtswahl" nach ROM III Gebrauch machen und dafür (nur für die Scheidung als solche) das türkische Recht wählen; gemäß Art. 46d Abs. 2 S. 1 EGBGB können die Ehegatten die Rechtswahl bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug vornehmen. 

Dann gibt es weniger Probleme bei der Anerkennung der Scheidung in der Türkei. 

Dennoch ist hierfür ein spezielles Verfahren erforderlich:

Der Antrag auf Anerkennung kann durch die Ehegatten oder durch einen bevollmächtigten türkischen Anwalt persönlich gestellt werden. Dabei ist es generell vorteilhaft, wenn beide anwaltlich vertreten sind: Ein Anwalt stellt den Antrag auf Anerkennung, der andere Anwalt stimmt zu. Wenn sich eine Partei in der Türkei aufhält und persönlich zu Gericht geht, benötigt lediglich der nicht anwesende Ehegatte einen Anwalt. In beiden Fällen dauert das Verfahren in der Regel nur ca. 5-10 Tage.

Zuständiges Gericht: Für die Anerkennung sind die Gerichte am Wohnort oder am letzten Wohnort in der Türkei zuständig. Ausländer können die Familiengerichte in Ankara, Istanbul oder Izmir anrufen.


Anmerkung: Um bei der Bevollmächtigung eines türkischen Anwalts eventuellem Missbrauch vorzubeugen, sollte der Mandant aber eine Vollmacht zur Anerkennung des Scheidungsurteils durch ein türkisches Gericht ("Türk mahkemesinde tenfizi") erteilen und eine andere Verwendung ausschließen ("bu vekalet baska bir amaçla kullanilamaz").

Wenn der ausländische Ehegatte keinen Anwalt bevollmächtigt, so kann das Gericht dennoch die Entscheidung in der Türkei bestätigen. Hierzu wird das Gericht Zeugen hören und aufgrund des deutschen Scheidungsbeschlusses (übersetzt und beglaubigt) einen Anerkenntnisbeschluss (tenfiz karari) erlassen. Das Verfahren dauert dann allerdings 5-6 Monate.

Die Rechtswirkung des deutschen Scheidungsbeschusses tritt in der Türkei allerdings erst dann ein, wenn die türkische Entscheidung über die Anerkennung rechtskräftig ist.

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