Der „Brexit“: Persönliche Haftung für Gesellschafter der Limited?

EU-Wirtschaftsrecht
04.05.2017116 Mal gelesen
Im Juni des vergangenen Jahres stimmten die Wählerinnen und Wähler des Vereinigten Königreichs mehrheitlich für den Austritt des Vereinten Königreichs aus der Europäischen Union. Der sog. Brexit hat eine Vielzahl von Auswirkungen und wirft auch im Gesellschaftsrecht seine Schatten voraus.

Im Juni des vergangenen Jahres stimmten die Wählerinnen und Wähler des Vereinigten Königreichs mehrheitlich für den Austritt des Vereinten Königreichs aus der Europäischen Union. Der sog. Brexit hat eine Vielzahl von Auswirkungen und wirft auch im Gesellschaftsrecht seine Schatten voraus. So droht den Gesellschaftern der in Deutschland ansässigen Limited plötzlich die unbeschränkte persönliche Haftung.

Grundsätzlich gilt in Deutschland für Auslandsgesellschaften - z.B. die Limited - die sog. Sitztheorie, wonach auf eine im Ausland gegründete Gesellschaft immer deutsches Gesellschaftsrecht anzuwenden ist, wenn der Sitz der Hauptverwaltung im Inland liegt. Von diesem Grundsatz wird im Rahmen der sog. Gründungstheorie, entwickelt durch die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit, abgewichen. Die Sitztheorie findet demnach keine Anwendung auf Gesellschaften mit Satzungssitz in einem EU-Mitgliedstaat, diese unterfallen der Rechtsordnung, nach der sie gegründet wurden. Diese EuGH-Rechtsprechung führte zu einem erheblichen Popularitätsgewinn von Kapitalgesellschaften mit geringeren regulatorischen Vorgaben (Gründungsverfahren, Mindestkapital etc.) aus anderen Mitgliedstaaten. Insbesondere die englische Private Limited erfreute sich in diesem Zusammenhang einer wachsenden Beliebtheit und wurde fortan auch in Deutschland von Gründern für im Wesentlichen deutsche Unternehmungen genutzt.

Nach wie vor existiert eine nicht unerhebliche Anzahl von derartigen "Scheinauslandsgesellschaften" in Form der Limited. Mit Vollzug des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU findet die entsprechende EuGH-Rechtsprechung keine Anwendung mehr. Für die Scheinauslandsgesellschaften greift somit wieder die Sitztheorie und damit das deutsche Gesellschaftsrecht. Unternehmen in der Rechtsform der britischen Limited, die ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben, wären fortan als deutsche OHG oder GbR zu qualifizieren. Die Gesellschafter würden nicht mehr limitiert, sondern unbeschränkt und persönlich haften. Dass diese Prognose ein reales Szenario darstellt, zeigt das "Trabrennbahn-Urteil" des BGH (BGH v. 27.10.2008, II ZR 158/06). In diesem wurde am Beispiel der Schweiz deutlich gemacht, dass gegenüber Drittstaaten, deren Gesellschaften sich nicht auf die Niederlassungsfreiheit berufen können, die Sitztheorie zur Anwendung kommt.

Fazit:

In Deutschland ansässigen Limiteds und ihren Gesellschaftern ist daher dringend zu raten, vor dem Brexit aktiv zu werden. Denkbar ist in diesem Zusammenhang etwa die Umwandlung in eine Gesellschaft eines anderen Staates, auf die die Gründungstheorie weiterhin Anwendung findet, oder in eine deutsche Rechtsform. Lösungsansätze sind z.B. die Übertragung sämtlicher Vermögensgegenstände und Rechtsverhältnisse (sog. Asset Deal) sowie grenzüberschreitende Formwechsel oder Verschmelzungen. Hierzu sollten Sie Ihren steuerlichen und rechtlichen Berater konsultieren.