Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz erneut auf dem Prüfstand

Erbschaft Testament
08.03.2012632 Mal gelesen
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 5. Oktober 2011 verfassungsrechtliche Zweifel an dem – gerade drei Jahre geltenden - Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht geäußert.

 Im Schwerpunkt geht es um die Frage, ob die für das unternehmerische Vermögen bestehenden Begünstigungen mit dem Gleichheitsgrundsatz in Einklang zu bringen sind. Im Ergebnis wird dieses Vermögen unter bestimmten Voraussetzungen zu 85 % oder sogar 100 % von der Steuer befreit. Diese Verschonungsregelungen würden es zulassen, durch bloße Wahl bestimmter Gestaltungen die Steuerfreiheit des Erwerbs von Vermögen gleich welcher Art und unabhängig von dessen Zusammensetzung und Bedeutung für das Gemeinwohl zu erlangen.

Für die Nachfolgeplanung ist der Beschluss unter verschiedenen Aspekten interessant:

Zunächst nennt der BFH einige beispielhafte Gestaltungsmöglichkeiten, für die ein Begünstigungsbedürfnis nicht zu erkennen sei. Ein Beispiel ist die Einbringung von Festgeld in Gesellschaften (die Modelle werden vielsagend als" Festgeld GmbH & Co. KG" oder "Cash GmbH" bezeichnet). Das betrifft neben der Wahl der Rechtsform die Frage, welches Vermögen als "schädliches", sog. Verwaltungsvermögen anzusehen ist. Daneben geht es um die Frage, wie die Lohnsummenkontrolle umgangen werden kann, z.B. durch Begründung einer Betriebsaufspaltung. Im Umkehrschluss lässt sich erkennen, dass der BFH derartigen Gestaltungen die Anerkennung wohl nicht verweigern würde, sie also vom Wortlaut des Gesetzes für gedeckt hält und - jedenfalls in der Regel - nicht als Gestaltungsmissbrauch ansehen würde. Andernfalls könnte der BFH seine verfassungsrechtlichen Zweifel mit diesen Fällen kaum begründen. Das ist eine gute Nachricht.

Gelegentlich hört man, dass jetzt große Eile geboten sei für diejenigen, die über eine Regelung der Nachfolge nachdenken. Hektik ist aber nicht angezeigt. Mit einer schnellen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist nicht zu rechnen. Größer ist das Risiko, dass nach der Bundestagswahl im Herbst 2013 eine Neuordnung des Erbschaftsteuerrechts in Angriff genommen wird, weil sowohl die SDP als auch Die Grünen sowie Die Linken Verschärfungen in Aussicht gestellt haben (je nach Ausgang der Wahlen). Für eine gründlich vorbereitete Nachfolge besteht also noch genügend Zeit. Aus Gründen der Vorsicht könnten in Schenkungsverträgen Instrumente für eine Rückabwicklung vorgesehen werden, falls das bestehende Schenkungsteuerrecht wider Erwarten für nichtig erklärt wird. Anschließend könnte eine Neuschenkung erfolgen.