"Last-Minute"-Testament?

Erbrecht Eigentum
05.09.2017149 Mal gelesen
Ein Nottestament ist möglich, aber nur unter strikten Voraussetzungen.

Manchmal überlegt man es sich im letzten Moment eben doch anders. Oder hat den Tod, entgegen aller Wahrscheinlichkeit, einfach nicht kommen sehen und sich bis kurz vor dem Ableben um eine Regelungen der Hinterlassenschaften nicht gekümmert. Wie schreibt man dann ein wirksames Testament?

 

Voraussetzungen des Nottestaments

Grundsätzlich muss ein Testament handschriftlich verfasst oder vor einem Notar erklärt werden, um Wirksamkeit zu entfalten. Wenn ein Kranker auf dem Sterbebett aber weder die Zeit hat, einen Notar herbeizurufen und ihm gar die Kraft fehlt, seinen letzten Willen auf ein Papier zu schreiben, dann eröffnet das deutsche Erbrecht die Möglichkeit eines sogenannten Nottestaments.

Das Nottestament weicht von den elementaren Formvoraussetzungen eines Testaments ab. Der Sterbende kann seinen Willen dem Bürgermeister erklären - eine sicherlich veraltete Regelung. Wer erreicht in so kurzer Zeit den Bürgereister? Aber er kann auch vor drei anwesenden Zeugen seinen Willen formulieren. Wenn diese drei Zeugen dies in einer Niederschrift festhalten, kann in letzter Minute ein neues wirksames Testament entstehen.

 

Unparteilichkeit der Zeugen


Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hatte nun einen kniffligen Fall zu entscheiden: Der Erblasser hatte seinen Willen im letzten Moment auf dem Sterbebett geändert. Seine neue Lebensgefährtin sollte alles bekommen. Dies war von vier Anwesenden bezeugt worden. Drei von ihnen verfassten die erforderliche Niederschrift. So weit so gut.

Doch nun die Schwierigkeit: Einer der drei Zeugen war der Sohn der neuen Lebensgefährtin des Erblassers, die durch das neue Testament Alleinerbin werden sollte. Die neue Regelung war für ihn also durchaus vorteilhaft.

 

Bewusstsein der Zeugen


Die Richter entschieden nun, dass als Zeuge nicht gelten könne, wer durch das neue Testament einen -- wenn auch nur mittelbaren - Vorteil erhält. Vielmehr darf keiner der drei Zeugen aus dem geschriebenen Testament einen Nutzen erlangen. Das Nottestament umgeht alle grundsätzlichen Vorschriften des Erbrechts zur wirksamen Verfassung eines Testaments. Als solches bedürfe es dem besonderen Schutz vor Missbrauch.

Dass eine vierte Person anwesend war, die nur nicht als Zeuge fungiert hatte, soll daran nichts ändern. Das Gericht erklärte, dass Zeugen eines Nottestaments von Anfang an über ihre Rolle als Zeugen im Klaren sein müssen. Sie müssen den Ausführungen des Erblassers in ihrer Funktion als Zeuge zuhören und zur Mitwirkung bereit sein. Hinzu kam im folgenden Fall, dass die vierte Person nur über rudimentäre Deutschkenntnisse verfügte und nicht sicher beurteilen konnte, ob das Gesprochene Wort des Erblassers der Niederschrift entspreche.
 
Wer ein Testament schreiben will, sollte somit nicht zu lange warten, um derartige Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.