Beurteilungen und Beförderungen bei der Deutschen Telekom AG

Beamtenrecht
12.05.202037 Mal gelesen
Auch ehemalige und ausgeschiedene Führungskräfte können Beurteilungsbeiträge abgeben

Grundlage von Beförderungsentscheidungen sind in erster Linie die letzten dienstlichen Beurteilungen der Konkurrenten, die miteinander verglichen werden. Diese Beurteilungen müssen hinreichend aktuell sein und zudem auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage beruhen. In großen Verwaltungseinheiten kennt ein Beurteiler seine Beamten oftmals nicht alle persönlich kennt und verfügt deshalb nicht über eigene Kenntnisse über deren Leistung. Daher ist er auf ergänzende Informationen von Führungskräften angewiesen. Diese müssen in Umfang und Tiefe so ausgestaltet sein, dass sie die Erstellung der dienstlichen Beurteilung in der erforderlichen Differenzierung ermöglichen.

 

Bundesverwaltungsgericht - Urteil vom 27.11.2014 – 2 A 10.13

 

Problematisch und aufwändig wird die Informationsbeschaffung, wenn die Führungskraft, die dem Beamten im Beurteilungszeitraum unmittelbar vorgesetzt war, aus dem Dienst ausgeschieden oder an eine entfernte Organisationseinheit versetzt worden ist und deshalb nicht ohne zusätzlichen Aufwand erreicht werden kann. Dieser Aufwand muss aber betrieben werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom 28.01.2016 entschieden, dass sich der Dienstherr zur Erlangung einer ausreichenden tatsächlichen Grundlage für die Erstellung der dienstlichen Beurteilung, sofern nicht der Beurteiler die Leistungen des Beamten hinreichend sicher aus eigener Anschauung bewerten kann, grundsätzlich um Beurteilungsbeiträge früherer Vorgesetzter bemühen muss. Von dieser Verpflichtung ist der Dienstherr nur dann befreit, wenn der frühere Vorgesetzte nicht erreichbar oder diesem die Erstellung eines Beurteilungsbeitrags aus gesundheitlichen oder Altersgründen nicht möglich ist.

 

Bundesverwaltungsgericht – Urteil vom 28.01.2016 – 2 A 1.14

 

Diese Verpflichtung gilt auch im Beurteilungssystem der Deutschen Telekom AG. Dieses System ist dadurch gekennzeichnet, dass die Beurteilungen zentralisiert erstellt werden und die Erst- und Zweitbeurteiler die Leistungen der einzelnen Beamten nicht aus eigener Anschauung kennen. Sie sind daher auf Stellungnahmen von Führungskräften angewiesen. Für diese Stellungnahmen gibt es ein Formularsystem, in dem die einzelnen Leistungen, gegliedert nach Einzelmerkmalen, notenmäßig bewertet werden. Dieses System ist im Grundsatz rechtmäßig. Es gibt allerdings Fälle, in denen die unmittelbare Führungskraft nicht mehr direkt erreichbar ist (z.B. wegen Altersruhestand, Dienstunfähigkeit, örtlicher Versetzung oder Ausscheiden aus dem Unternehmen). Das entbindet die Telekom aber nicht von der Pflicht, Kontakt zu diesen Führungskräften aufzunehmen, um an Informationen zu gelangen. Dies wurde zuletzt von den Verwaltungsgerichten Hannover und Stuttgart explizit bestätigt.

In dem vom VG Hannover entschiedenen Fall war die Führungskraft kurz vor Ende des Beurteilungszeitraums aus gesundheitlichen Gründen aus dem Dienst ausgeschieden. Die Stellungnahme wurde von der nächsthöheren Vorgesetzten abgegeben und fiel schlechter aus, als von der Beamtin erhofft. Folgerichtig erhielt sie eine schlechtere Beurteilung und wurde in der Beförderungsauswahl nicht berücksichtigt. Die Beamtin war der Überzeugung, dass ihre ausgeschiedene Führungskraft, wäre sie befragt worden, eine deutlich bessere Einschätzung abgegeben hätte, die wiederum zu einer besseren Beurteilung und damit Beförderungschance geführt hätte. Das VG Hannover gab ihr Recht und stellte fest, dass die Beurteilung rechtswidrig war, weil keine Stellungnahme der früheren Vorgesetzten eingeholt worden war.

VG Hannover – Beschluss vom 13.06.2019 – 2 B 7664/18

 

Dieser Fall hatte noch eine besonders erfreuliche Wendung. Die Telekom folgte den gerichtlichen Vorgaben. Nachdem die Stellungnahme der ausgeschiedenen Führungskraft vorlag, wurde die dienstliche Beurteilung mit deutlich besserem Ergebnis neu erstellt und die Beamtin daraufhin befördert.

In einem weiteren Fall entschied auch das VG Stuttgart, dass die Telekom als Dienstherr dafür Sorge tragen muss, dass ein Vorgesetzter, dessen Ausscheiden aus dem Dienst sich abzeichnet, ggf. rechtzeitig vor seinem Ausscheiden eine Stellungnahme abgibt oder sie diesen nach dessen Eintritt in den Ruhestand kontaktiert, um eine Stellungnahme zu erhalten.

VG Stuttgart – Beschluss vom 11.02.2020 – 15 K 7346/19

 

Beide Beschlüsse sind rechtskräftig.

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