Kritische Äußerungen über den Arbeitgeber von Meinungsfreiheit gedeckt

Arbeit Betrieb
15.02.2010944 Mal gelesen
Auch harte öffentliche Kritik am Arbeitgeber rechtfertigt nicht immer eine Kündigung (LAG Baden-Württemberg, vom 10.02.2010, Az. 2 Sa 59/09)

Auch sehr kritische Äußerungen über den Arbeitgeber sind möglicherweise vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 10.02.2010 einem Maschinenbediener Recht gegeben, der von seinem Arbeitgeber gekündigt worden war. Der Kläger war Mitglied eines Solidaritätskreises, der in einem Informationsschreiben seinem Arbeitgeber "verschärfte Ausbeutung" vorgeworfen und auf dessen "Angriffe auf die politischen und gewerkschaftlichen Rechte" hingewiesen hat. Es war auch von einer "menschenverachtenden Jagd auf Kranke ab" die Rede. Auf diese Äußerungen stützte die Beklagte im Dezember 2002 die erste und danach bis August 2007 weitere vier Kündigungen.

Die Richter des LAG entschieden, dass die verhaltensbedingte Kündigung der Beklagten unwirksam ist. Der dem Kläger zuzurechnende Internetbeitrag sei vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt und verletze nicht seine arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Äußerungen des Klägers im Zusammenhang mit den gerichtlichen Auseinandersetzungen der Parteien zu sehen seien. Die Äußerungen des Klägers würden zudem auch nicht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung auf Antrag des Arbeitgebers rechtfertigen. Eine Gesamtbewertung der Äußerungen und des Verhaltens des Klägers lasse nicht erkennen, dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit der Parteien nicht mehr zu erwarten sei, entschieden die Richter. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass diese Äußerungen im Zusammenhang mit den gerichtlichen Auseinandersetzungen der Parteien zu sehen seien. Sie rechtfertigen auch nicht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung auf Antrag des Arbeitgebers. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

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