EU-Richtlinie verbietet Altersdiskriminierung - auch in Deutschland!
Die Große Kammer des EuGH entschied, dass die deutschen arbeitsrechtlichen Regelungen zu Kündigungsfristen in unangemessener Weise gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters verstoßen. Gemäß der so genannten "Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie" (Richtlinie 2000/78/EG) der Europäischen Union aus dem Jahre 2000 ist nämlich eine Diskriminierung unter anderem wegen des Alters in Beschäftigung und Beruf generell unzulässig.
Die Richtlinie wurde zwar im Jahr 2006 von der Bundesrepublik durch die Schaffung des "Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes" (AGG) umgesetzt, die entsprechenden zivilrechtlichen Regelungen, die der EuGH nun gekippt hat, wurden damals jedoch nicht angerührt.
Arbeitnehmerin klagte - und bekam Recht
Im aktuellen Streitfall klagte eine 28-jährige Arbeitnehmerin, die seit ihrem 18. Lebensjahr bei einer Firma in Deutschland beschäftigt war. Nach zehn Jahren endete das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigung, für die das Unternehmen unter Bezugnahme auf die Kündigungsfristen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ? namentlich § 622 BGB ? anstelle einer für ein zehnjähriges Beschäftigungsverhältnis regulären Frist von vier Monaten eine Frist von lediglich einem Monat veranschlagte. Dies geschah, weil das deutsche Recht bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.
Die Arbeitnehmerin wollte sich dies nicht gefallen lassen und zog durch die Instanzen bis vor das Landesarbeitsgericht. Dieses leitete den Fall zur Überprüfung zum EuGH, welcher der jungen Frau letztendlich zu ihrem Recht verhalf. Zudem wies der EuGH die nationalen deutschen Gerichte an, die diskriminierende Regelung des deutschen Arbeitsrechts fortan nicht weiter anzuwenden.
Deutsche Kündigungsfristen müssen geändert werden
Das Urteil des EuGH setzt den deutschen Gesetzgeber unter Druck ? die schon im Jahr 1926 in das deutsche Recht aufgenommene Regelung zu den Kündigungsfristen müssen nun im Sinne des europäischen Gemeinschaftsrechts geändert werden, sodass eine ungerechtfertigte Diskriminierung nicht mehr stattfinden kann.
Bedeutendes Urteil für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Wegweisend ist das Urteil des EuGH indessen schon jetzt für hunderttausende abhängig Beschäftigte in Deutschland, die schon in jungen Jahren in das Arbeitsleben eingetreten sind. Aber auch für Ihre Arbeitgeber ist das Urteil von Bedeutung. Da die diskriminierende Regelung künftig unangewendet bleiben soll, können sich die Kündigungsfristen für viele junge Arbeitnehmer enorm verlängern, sodass im Endeffekt beispielsweise mehr Zeit für die Suche nach einer neuen Anstellung bleibt. Zudem besteht mit dem neuen Urteil für den Arbeitnehmer unter Umständen sogar die Möglichkeit, gegebenenfalls Lohnansprüche, also Schadenersatz, für den verlängerten Zeitraum geltend zu machen, ohne zur Arbeitsleistung verpflichtet zu sein.
Anwaltlicher Rat hilft bei Kündigungen
Für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die sich nicht sicher sind, ob eine Kündigung die geltenden rechtlichen Regelungen auch tatsächlich einhält, lohnt es sich daher, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen, um überprüfen zu lassen, ob die erteilte Kündigung rechtmäßig ist.
Volker Schneider,
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Insolvenzrecht
http://www.gks-rechtsanwaelte.de
21.01.20101836 Mal gelesen
Wie von vielen Arbeitsrechtlern erwartet hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg mit einem Urteil am 19.01.2010 die deutschen arbeitsrechtlichen Regelungen über Kündigungsfristen teilweise verworfen (Aktenzeichen: C-555/07). Dies bedeutet vor allem für viele junge Arbeitnehmer eine Verlängerung der Kündigungsfristen.