Wer sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer ist, darf nicht ehrenamtlicher Richter in der Arbeitsgerichtsbarkeit sein

Wer sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer ist, darf nicht ehrenamtlicher Richter in der Arbeitsgerichtsbarkeit sein
25.06.2013435 Mal gelesen
Ein ehrenamtlicher Richter ist, so das Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg, von seinem Amt zu entbinden, wenn er wegen seiner Arbeitnehmereigenschaft als ehrenamtlicher Richter aus den Kreisen der Arbeitnehmer berufen wurde und er neben seinem Arbeitsverhältnis auch als Arbeitgeber tätig ist.

Der ehrenamtliche Richter R wurde auf Vorschlag des Deutschen Gewerkschaftsbundes für die Zeit vom 1. Juli 2002 bis 30. Juni 2007 zum ehrenamtlichen Richter aus Kreisen der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht Freiburg berufen. Seine Wiederberufung erfolgte für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2017. In den für die Berufung vorgelegten Personalbögen hatte der ehrenamtliche Richter jeweils angegeben, dass er als Forstwirtschaftsmeister beschäftigt sei.

Mit Schreiben vom 17. April 2013 teilte das Arbeitsgericht Freiburg dem Landesarbeitsgericht mit, es sei festgestellt worden, dass der ehrenamtliche Richter neben seiner Arbeitnehmerfunktion gleichzeitig als Arbeitgeber tätig sei. Er sei Inhaber einer Spedition mit ungefähr acht angestellten Arbeitnehmern. Dieser Umstand sei bemerkt worden, als der ehrenamtliche Richter einige Termine beim Arbeitsgericht Freiburg in seiner Arbeitgeberfunktion wahrgenommen habe. Das Arbeitsgericht Freiburg bat die zuständige Stelle um Prüfung, ob auf Grund der Tätigkeit sowohl als Arbeitnehmer als auch als Arbeitgeber Bedenken hinsichtlich der Ausübung des Amtes als ehrenamtlicher Richter bestünden.

Das Landesarbeitsgericht entband den ehrenamtlichen Richter vom Richteramt.

Nach dem Gesetz sei der ehrenamtliche Richter auf Antrag von seinem Amt zu entbinden, wenn das Fehlen einer Voraussetzung für die Berufung nachträglich bekannt wird oder eine Voraussetzung nachträglich wegfällt. Im vorliegenden Fall ist nachträglich bekannt geworden, dass der für die Arbeitnehmerseite berufene ehrenamtliche Richter R entweder bereits bei seiner Berufung oder jedenfalls anschließend neben seiner Stellung als Arbeitnehmer zusätzlich die Funktion eines Arbeitgebers übernommen hat. Dieser Umstand führt zum Wegfall der Berufungsvoraussetzung, weil ein ehrenamtlicher Richter entweder dem Kreis der Arbeitnehmer oder dem Kreis der Arbeitgeber zuzuordnen sein muss.

Mit dem Grundsatz der paritätischen Besetzung der Richterbank sei es unvereinbar, wenn eine Person nach ihrer Wahl zum ehrenamtlichen Richter aus Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerkreisen berufen werden könnte. Der Grundsatz der paritätischen Besetzung soll sicherstellen, dass die unmittelbare Anschauung und der Sachverstand beider Kreise des Arbeitslebens in gleichgewichtiger Weise in die Rechtsprechung eingebracht werden kann. Zudem soll das Vertrauen der Rechtssuchenden in die Rechtsprechung der Arbeitsgerichtsbarkeit durch die paritätische Beteiligung von Personen aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerkreisen gefestigt werden.

Die Richterbank sei daher nur dann ordnungsgemäß besetzt, wenn die ehrenamtlichen Richter aus unterschiedlichen Kreisen stammen.

Mit dem Grundsatz der paritätischen Besetzung der Richterbank sei es nicht zu vereinbaren, wenn ein sowohl als Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber tätiger ehrenamtlicher Richter ein Wahlrecht hätte, ob er als ehrenamtlicher Richter aus Arbeitnehmerkreisen oder als solcher aus Arbeitgeberkreisen berufen werde.

Im hier vorliegenden Fall, dass der ehrenamtliche Richter in unterschiedlichen Rechtsverhältnissen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist, fehlt es an einer entsprechenden Zuordnungsbestimmung. Daher bleibt nur die Rechtsfolge, dass bei einer solchen Doppelfunktion die Berufung als ehrenamtlicher Richter bei einem Gericht für Arbeitssachen insgesamt ausscheidet.

Damit war der ehrenamtliche Richter seines Amtes zu entbinden.

 

(Quelle:  Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.06.2013; 1 SHa 17/13)

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