Keine Anrechnung von Krankheitstagen auf den Erholungsurlaub, wenn die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am nächsten Tag vorliegt

Keine Anrechnung von Krankheitstagen auf den Erholungsurlaub, wenn die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am nächsten Tag vorliegt
19.06.2013779 Mal gelesen
Wenn der Dienstbeginn eines Arbeitnehmers zwischen 6:30 Uhr und 8:00 Uhr liegt, und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am nächsten Morgen um 9:00 Uhr vorliegt, ist die Arbeitsunfähigkeit noch unverzüglich angezeigt, sodass es nicht gerechtfertigt ist, die Krankheitstage auf den Erholungsurlaub..

.. anzurechnen,  meint jedenfalls das  Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz.

Der 1954 geborene Arbeitnehmer ist seit dem 1. September 1975 bei den US-Streitkräften beschäftigt. Für die Zeit vom 16. Januar bis einschließlich 27. Januar 2012 wurde ihm Erholungsurlaub bewilligt. Am Montag, dem 23. Januar 2012, suchte er vormittags gegen 11.00 Uhr einen Arzt auf, da er Schmerzen verspürte. Er verließ die Arztpraxis um die Mittagszeit, nachdem er vom Arzt für die Zeit vom 23. Januar bis einschließlich 13. Februar 2012 arbeitsunfähig geschrieben worden war. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung übergab er seiner ebenfalls bei den US-Streitkräften beschäftigten Lebensgefährtin mit der Bitte, diese seiner Dienststelle vorzulegen. Die Lebensgefährtin überbrachte sodann am nächsten Morgen die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zur Dienststelle, wo sie sodann gegen 9.00 Uhr vormittags vorlag.

Die US-Streitkräfte lehnten es ab, die durch die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesenen Krankheitstage vom 23. Januar bis 27. Januar 2012 dem Arbeitnehmer wieder als Urlaubstage gutzuschreiben und begründeten dies damit, dass er seine Arbeitsunfähigkeit nicht, wie der einschlägige Tarifvertrag es vorschreibe, "unverzüglich" angezeigt habe.

Unser Arbeitnehmer klagt daher auf Gutschrift der fünf Tage vor dem Arbeitsgericht.

Sowohl Arbeitsgericht, als auch Landesarbeitsgericht gaben ihm Recht.

Es bedürfe keiner Entscheidung darüber, ob die Bestimmung im Tarifvertrag überhaupt mit europäischen oder deutschen Recht vereinbar sei, denn der Arbeitnehmer hat jedenfalls seine Arbeitsunfähigkeit seinem Arbeitgeber "unverzüglich" angezeigt.

Entsprechend der Definition nach dem BGB bedeutet "unverzüglich" nach dem allgemeinen Rechtsverständnis "ohne schuldhaftes Zögern". Schuldhaft ist ein Zögern dann, wenn das Zuwarten durch die Umstände des Einzelfalles nicht geboten ist. "Unverzüglich" bedeutet damit weder "sofort" noch ist damit eine starre Zeitvorgabe verbunden. Es komme vielmehr auf eine verständige Abwägung der beiderseitigen Interessen an.

Hiervon ausgehend erweist sich die Anzeige seiner Arbeitsunfähigkeit durch den Arbeitnehmer am Vormittag des 24. Januar 2012 (gegen 9:00 Uhr) als "unverzüglich". Entgegen der Ansicht der US-Streitkräfte war er nicht gehalten, bereits am Vormittag des 23. Januar 2012, seine Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen.

Die Anzeige der Arbeitsunfähigkeit innerhalb einer solchen, sehr kurzen Zeitspanne ist jedenfalls noch als "unverzüglich" im Sinne der Bestimmung im Tarifvertrag anzusehen.

Nach alledem hatte die Klage Erfolg.

(Quelle:  Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom  07.11.2012; 8 Sa 280/12, Vorinstanz Arbeitsgericht Kaiserslautern, Urteil vom 25.05.2012; 3 Ca 597/12)

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