Schadenersatz bei Kündigung eines Auszubildenden nach der Probezeit

Arbeit Betrieb
25.01.2008838 Mal gelesen

Berlin, den 25.01.2008: Die Kanzlei Gansel Rechtsanwälte informiert Sie über ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Kündigung eines Auszubildenden nach der Probezeit. Der Auszubildende klagte auf Schadenersatz, weil der Ausbildungsbetrieb das bestehende Berufausbildungsverhältnis vorzeitig gelöst hatte.



Der Fall
Der Auszubildende hatte mit seinem Ausbildungsbetrieb am 07.08.2001 einen Berufsausbildungsvertrag mit dem Ausbildungsziel "Kommunikationselektroniker" geschlossenen. Die Berufsausbildung sollte vom 01.09.2001 bis zum 28.02.2005 erfolgen. Am 25.11.2003 kündigte der Betrieb das Ausbildungsverhältnis fristlos.
Der Auszubildende und sein Ausbildungsbetrieb vereinbarten dann am 26.02.2004 vergleichsweise die "Rücknahme" dieser Kündigung. Mit Schreiben vom 02.03.2004 kündigte der Betrieb erneut das Ausbildungsverhältnis. Zur Fortsetzung seiner Berufsausbildung schloss der Auszubildende einen Vertrag zur praktischen Ausbildung mit einem Weiterbildungsinstitut und wurde von diesem in der Zeit vom 13.04.2004 bis 30.07.2004 sowie vom 24.08.2004 bis 01.02.2005 ausgebildet. Hierdurch entstanden ihm Kosten in Höhe von 4.946,55 Euro, die er schließlich zusammen mit der Erteilung eines korrigierten Zeugnisses am 21.04.2005 einklagte.



Die Entscheidung
Die Richter des BAG sahen die Klage als begründet an. Der Auszubildende habe Anspruch auf Schadenersatz in der geltend gemachten Höhe gem. § 16 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG) aF (in der bis zum 31.03.2005 geltenden Fassung; ab dem 01.04.2005 wortgleich in § 23 BBiG). Nach dieser Vorschrift können Ausbildende oder Auszubildende Schadenersatz verlangen, wenn das Berufsausbildungsverhältnis nach der Probezeit aus einem Grunde vorzeitig aufgelöst wird, den die andere Seite zu vertreten hat.
Der Ausbildungsbetrieb habe das vorzeitige Lösen vom Berufsausbildungsverhältnis mit dem Auszubildenden zu vertreten. Dies sei rechtswidrig und schuldhaft geschehen. Die außerordentliche Kündigung vom März 2004 habe das Berufsausbildungsverhältnis nicht aufgelöst.
Der Schadenersatzanspruch des Auszubildenden umfasse die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren des Weiterbildungsinstituts. Dieser Anspruch müsse jedoch - wie im vorliegenden Fall - spätestens innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses geltend gemacht werden. Fristbeginn sei dabei der Zeitpunkt der im Berufsausbildungsvertrag vereinbarten Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses.



Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17.07.2007, Az.: 9 AZR 103/07



Der Kommentar
Für Auszubildende muss die Probezeit mindestens einen Monat betragen und darf vier Monate nicht überschreiten. Nach der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis nur noch aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden. Löst der Ausbildungsbetrieb das Berufsausbildungsverhältnis vorzeitig auf, dann droht ihm eine Schadenersatzforderung des Azubis. Dabei ist es unerheblich, ob das Vertragsverhältnis überhaupt oder in rechtlich zulässiger Weise beendet wurde. Die tatsächliche Beendigung ist ausreichend; eine wirksame Kündigung nicht erforderlich. Entscheidend für die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches ist also, dass sich mindestens ein Vertragspartner von dem Berufsausbildungsverhältnis tatsächlich löst.
Der Begriff des "Lösens" ist nach der Rechtsprechung des BAG weit zu verstehen. Jeder Fall der tatsächlichen Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses vor dem regulären Ende wird davon erfasst. Sogar ein Lösen im gegenseitigen Einvernehmen kann in Betracht kommen, wenn eine entsprechende Ursache vorliegt.



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