Bedrohung des Arbeitgebers mit einer gegen ihn gerichteten Strafanzeige könnte eine fristlose Kündigung rechtfertigen

Bedrohung des Arbeitgebers mit einer gegen ihn gerichteten Strafanzeige könnte eine fristlose Kündigung rechtfertigen
03.06.2013557 Mal gelesen
Schon die bloße Drohung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber, eine Strafanzeige gegen ihn zu erstatten, kann nach Ansicht des Sächsischen Landesarbeitsgerichts „an sich“ ein wichtigen Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung sein.

Am 31. März 2009 wurde mit einer schwerbehinderten Arbeitnehmerin  wegen Beschwerden ihrer unmittelbaren Vorgesetzten, betreffend ihre Arbeitsleistung und ihr Verhalten, ein Personalgespräch geführt. An dem Personalgespräch nahmen unter anderem der Personaldezernent, die Gleichstellungsbeauftragte, und ihrer Vorgesetzten teil. In diesem Gespräch habe die Arbeitnehmerin, so jedenfalls die Anschuldigung des öffentlichen Arbeitgebers, ihre Vorgesetzte in beleidigender und verleumderischer Weise einer ihr gegenüber begangenen Freiheitsberaubung und Tätlichkeit beschuldigt und damit gedroht, Strafanzeige erstatten zu wollen.

Der Arbeitgeber sprach daher  der Arbeitnehmerin nach Kontaktierung von Integrationsamt und Personalrat die fristlose Kündigung, hilfsweise die ordentliche Kündigung aus.

Der außerordentlichen Kündigung waren zwei Abmahnungen  aus dem Jahre 2006 vorausgegangen.

Die Arbeitnehmerin erhob gegen die Kündigungen Kündigungsschutzklage.

Der Arbeitgeber beantragt deren Abweisung. Die Arbeitnehmerin habe ihre Vorgesetzte zu Unrecht einer erheblichen Straftat bezichtigt und tief und spürbar in deren Persönlichkeitsrecht eingegriffen. Dies könne nur mit einer fristlosen Kündigung geahndet werden.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Kündigungsschutzklage in vollem Umfange stattgegeben.

Es sei allgemein anerkannt, dass eine vom Arbeitnehmer gegen den Arbeitgebe erstattete Anzeige einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen könne. Eine Anzeige sei hier jedoch nicht erfolgt. Zwar könne auch die bloße Drohung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber, eine Strafanzeige zu erstatten, einen wichtigen Grund für die fristlose Kündigung geben; in diesem Fall müsse sich jedoch die erforderliche Zumutbarkeitsprüfung auf alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalles erstrecken.

Im vorliegenden Fall führe jedenfalls die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und die Abwägung der beiderseitigen Interessen zu dem Ergebnis, dass es dem Arbeitgeber nicht unzumutbar geworden ist, das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitnehmerin fortzusetzen.

Zwar sei zugunsten des Arbeitgebers zu berücksichtigen, dass eine Äußerung, wie sie von der Arbeitnehmerin getätigt wurde, das Vertrauensverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien tangiert und wohl auch beeinträchtigt hat; zugunsten der Arbeitnehmerin spricht jedoch der Umstand, dass für sie bei diesem "großen Personalgespräch" eine immense Drucksituation herrschte und es keine Versuche in dem Personalgespräch vom 31.03.2009 seitens des Arbeitgebers gab, den vorgeworfenen Lebensverhalt tatsächlich aufzuklären.

Hieraus werde deutlich, dass es der Arbeitnehmerin nicht darum ging, gegenüber ihrer Vorgesetzten Strafanzeige zu erstatten, sondern dass sie sich gegen die Kritik des Arbeitgebers bezüglich ihres Verhaltens und ihrer Arbeitsleistungen zur Wehr setzen wollte.

Aus diesem Grunde sei eine fristlose Kündigung nicht das angemessene Mittel, das Verhalten der Angestellten zu beantworten. Vielmehr sei eine Abmahnung hier ausreichend.

Auch die vorsorglich ausgesprochene ordentliche Kündigung sei aus den selben Gründen unwirksam. Auch insoweit hätte zuvor ein klärendes Gespräch und die Erteilung einer Abmahnung erfolgen müssen.

Die Klage hat somit in vollen Umfange Erfolg.

 

(Quelle:  Sächsisches Landesarbeitsgericht,  Urteil vom 21.01.2011; 3 Sa 181/10

Vorinstanz: Arbeitsgericht Leipzig, Urteil vom 04.03.2020; 14 Ca 2188/09)

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