Kirchenaustritt kann eine Kündigung rechtfertigen

Arbeit Betrieb
18.05.2013306 Mal gelesen
Ein Kirchenaustritt kann in bestimmten Konstellationen einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Loyalitätsobliegenheiten darstellen. Das Bundesarbeitsgericht entschied mit Urteil vom 24.4.2013 (Az. 2 AZR 579/12), dass der Austritt eines Mitarbeiters von einem Katholischen Caritasverband getragene Kinderbetreuungstagesstätte aus der katholischen Kirche die Kündigung rechtfertigen kann.

Nach Art. 140 GG i.V.m. Art.137 Abs.3 Satz 1 WRV ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze selbst. Dieses Recht kommt neben den verfassten Kirchen auch den ihnen zugeordneten karitativen Einrichtungen zu. Es ermöglicht ihnen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst auch im Rahmen privatrechtlich begründeter Arbeitsverhältnisse entsprechend ihrem Selbstverständnis zu regeln. Nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse von 1993 ist der Austritt aus der katholischen Kirche ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß, der eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters nicht zulässt. Im Kündigungsschutzprozess haben die Arbeitsgerichte zwischen den Grundrechten der Arbeitnehmer - etwa auf Glaubens- und Gewissensfreiheit - und dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaft abzuwägen.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls, ein seit 1992 beim beklagten Caritasverband beschäftigter Sozialpädagoge, arbeitete in einem sozialen Zentrum, in dem Schulkinder bis zum 12. Lebensjahr nachmittags betreut werden. Die Religionszugehörigkeit der Kinder ist ohne Bedeutung. Religiöse Inhalte werden nicht vermittelt. Im Februar 2011 trat der Kläger aus der katholischen Kirche aus. Gegenüber dem Beklagten nannte er als Beweggründe die zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, die Vorgänge um die "Piusbruderschaft" und die Karfreitagsliturgie, in der eine antijudaische Tradition der katholischen Kirche zu Tage trete.

Dazu hat das Bundesarbeitsgericht, wie die Vorinstanzen auch, die Klage des Sozialpädagogen abgewiesen. Das BAG führte dazu aus, dass der Kläger durch den Austritt gegen seine arbeitsvertraglichen Loyalitätsobliegenheiten verstoßen habe.

Demnach sei es der Beklagten nicht mehr zumutbar, den Kläger weiterhin zu beschäftigen.

Das kirchliche Selbstverständnis werde nicht mehr gewahrt, nachdem der Kläger aus der Kirche hinaustrat.

Wesentliche Gründe für die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes waren, dass dem Kläger infolge seines Kirchenaustritts nach dem Glaubensverständnis des Beklagten die Eignung für eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der Dienstgemeinschaft fehlte.

Zwar habe auch die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Klägers ein hohes Gewicht. Sie musste aber hier hinter das Selbstbestimmungsrecht der Beklagten zurücktreten. Diese könne im vorliegenden Fall von den staatlichen Gerichten nicht gezwungen werden, im verkündigungsnahen Bereich einen Mitarbeiter weiter zu beschäftigen, der nicht nur in einem einzelnen Punkt den kirchlichen Loyalitätsanforderungen nicht gerecht geworden ist, sondern sich insgesamt von der katholischen Glaubensgemeinschaft losgesagt hat. Beschäftigungsdauer und Lebensalter des Klägers fielen demgegenüber im Ergebnis nicht ins Gewicht. Für Sozialpädagogen gebe es zudem auch außerhalb der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen Beschäftigungsmöglichkeiten.

Das Bundesarbeitsgericht verneint zugleich eine Diskriminierung des Klägers i.S.v. § 1 AGG, § 7 AGG. Die Ungleichbehandlung wegen seiner Religion sei nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 AGG gerechtfertigt.