Ein Verstoß gegen die Wahlordnung zur Betriebsratswahl führt zur Anfechtbarkeit der Wahl

Ein Verstoß gegen die Wahlordnung zur Betriebsratswahl führt zur Anfechtbarkeit der Wahl
16.05.2013920 Mal gelesen
Ein im Privathaus des Wahlvorstandsvorsitzenden eingerichtetes „Wahlvorstandsbüro" stellt nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Köln keine geeignete, den Wahlberechtigten zugängliche Stelle für den Aushang des Wahlausschreibens zur Betriebsratswahl dar.

Betriebsrat und Arbeitgeberin streiten sich über die Wirksamkeit der Wahl zum Betriebsrat bei der Arbeitgeberin.

Im Betrieb der Arbeitgeberin sollte ein Betriebsrat gewählt werden. Das Wahlausschreiben für die Betriebsratswahl vom 25. Oktober 2011 war in der Privatwohnung des Vorsitzenden des Wahlvorstands ausgehängt worden. Die Arbeitgeberin konnte dem Wahlvorstand nämlich keine geeigneten Räumlichkeiten für ein Wahlvorstandsbüro zur Verfügung stellen. Wahlvorstand und Arbeitgeberin kamen daher darin überein, das Büro des Wahlvorstands in der Privatwohnung des Wahlvorstandsvorsitzenden einzurichten. Die Arbeitgeberin zahlte dem Vorsitzenden nach einer Vereinbarung dafür eine monatliche Nutzungsentschädigung. Der Wahlvorstand und auch der später dann gewählte Betriebsrat gehen davon aus, dass aufgrund dieser Vereinbarung aus der Privatwohnung ein funktioneller Betriebsteil und damit ein der Wahlordnung entsprechendes  Wahlvorstandsbüro geschaffen worden ist.

Die Wahlausschreibung wurde sodann im Wahlvorstandsbüro ausgehängt und den Mitarbeitern per Post zugesandt. Im Wahlausschreiben selbst wird ausgeführt, dass die Wahl am Dienstag, den 25.10.2011 vom 8:00 Uhr bis 12:00 Uhr stattfinde und sich das Wahllokal in dem Büro des Wahlvorstands an der Privatanschrift des Wahlvorstandsvorsitzenden befinde. Sodann heißt es: "Sie können Ihre Stimme aber auch per Briefwahl abgeben. Die Briefwahlunterlagen werden ihnen fristgerecht zugeschickt." Wenige Tage später bekamen sämtliche Mitarbeiter Briefwahlunterlagen zugeschickt.

Nach Durchführung der Betriebsratswahl wurde diese vom Arbeitgeber beim Arbeitsgericht angefochten. Es seien viele Bestimmungen der Wahlordnung missachtet worden.

Sowohl Arbeitsgericht, als auch Landesarbeitsgericht gaben dem Arbeitgeber Recht.

Der Wahlvorstand habe in mehrfacher Hinsicht gegen die Wahlordnung verstoßen:

Der Wahlvorstand habe das Wahlausschreiben  den Mitarbeitern postalisch zugesandt. Diese Art der Bekanntmachung sei in der Wahlordnung nicht vorgesehen und somit unwirksam. Auch Aushang des Wahlausschreibens in dem als Wahlvorstandsbüro fungierenden Privatraum des Wahlvorstandsvorsitzenden genüge nicht den Anforderungen der Wahlordnung, denn hierbei handle es sich offensichtlich nicht um eine "geeignete, den Wahlberechtigten zugängliche Stelle" im Sinne der Wahlordnung. Diese Bekanntmachung sei somit auch unwirksam. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Einrichtung des Wahlvorstandsbüros im Privathaus  auf einer Absprache des Wahlvorstands mit der Arbeitgeberin beruhte und dieser der Wahlvorstandstätigkeit gewidmeter Privatraum aufgrund der Zahlung einer Nutzungsentschädigung durch die Arbeitgeberin einen gewissen betrieblichen Bezug erhielt. Ein Wahlberechtigter, dem die Post mit den Wahlunterlagen nicht oder nicht rechtzeitig zuging, konnte von der Existenz eines solchen "Wahlvorstandsbüros" im Zweifel keine Kenntnis haben. Die Besonderheit, dass die Arbeitgeberin über keine andere betriebliche Räumlichkeit verfügte als das Büro des Geschäftsführers, ändert hieran nichts.

Auch erwecke die Gestaltung des Wahlausschreibens, es sei in das Belieben des Wahlberechtigten gestellt, von der Briefwahl Gebrauch zu machen oder die Stimme persönlich abzugeben. Dies widerspräche indes der Wahlordnung, wonach die schriftliche Stimmabgabe nur unter bestimmten Sachvoraussetzungen gestattet ist oder angeordnet werden könne. Ein Mitarbeiter, der  den Zeitpunkt zur rechtzeitigen Rücksendung der schriftlichen Wahlunterlagen mit seiner Stimmabgabe verpasst habe, könne sich durch die Formulierung im Anschreiben vom 29.09.2011 gehindert sehen, seine Stimme noch persönlich abzugeben. Dies sei Wahlbeeinflussend.

Nach alledem war die Betriebsratswahl für ungültig zu erklären.

 

(Quelle:  Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 16.08.2012; 7 TaBV 20/12

Vorinstanz: Arbeitsgericht Bonn, Beschluss vom 29.02.2012; 4 BV 215/11)

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