Ein Betriebsrat kann ein unbequemes Mitglied nicht selbst aus seinen Reihen ausschließen

Ein Betriebsrat kann ein unbequemes Mitglied nicht selbst aus seinen Reihen ausschließen
08.05.20131311 Mal gelesen
Der Ausschluss aus dem Betriebsrat kann nur durch Gerichtsbeschluss erfolgen. Nach dieser gesetzlichen Regelung kann der Betriebsrat nicht selbst eines seiner Mitglieder ausschließen. Er kann, so das Arbeitsgericht Halle (Saale), lediglich beim Arbeitsgericht den Ausschluss desselben beantragen.

Im Betrieb sind 730 Arbeitnehmer beschäftigt. Es ist ein 13köpfiger Betriebsrat gebildet, in dem Vertreter von 4 Wahllisten vertreten sind. Ein Mitglied, das der Rest-Betriebsrat gerne ausgeschlossen haben möchte, ist über Platz 1 der Liste 3 gewählt worden. Die Liste 3 erhielt während der vergangenen Wahl mit 170 abgegebenen Stimmen die meisten Stimmen und entsendet 4 Mitglieder in den Betriebsrat. Die Liste 1 entsendet 2 Mitglieder, die Liste 4 entsendet 3 Mitglieder und die Liste 5 ebenfalls 4 Mitglieder. Letztere wird von der Vorsitzenden des Betriebsrates angeführt. Die Listen 1, 4 und 5 haben eine Zusammenarbeit vereinbart und stellen daher in aller Regel die Mehrheitsentscheidung und überstimmen somit die Mitglieder der Liste 3.

Der Betriebsrat streitet sich öfters mit dem Mitglied, dass jetzt wieder ausgeschlossen werden soll. Schon in der vorgehenden Wahlperiode hat der Betriebsrat ohne Erfolg versucht, dieses Mitglied mit einem arbeitsgerichtlichen Antrag aus dem Betriebsrat auszuschließen.

Jetzt soll das betreffende Mitglied neben anderen Mitgliedern der Liste 3 wieder wegen "Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten" ausgeschlossen werden. Auch nach der Neuwahl setzten sich Meinungsverschiedenheiten zwischen der Mehrheit des Betriebsrates und den über die Liste 3 gewählten Mitgliedern fort, was zu erheblichen Spannungen führte. Die Streitigkeiten führten dazu, dass das Mitglied, das ausgeschlossen werden soll, sich einmal weigerte, das Protokoll zu führen.

Zur 2. ordentlichen Sitzung des Betriebsrates am 17. Januar 2012, 8:30 Uhr, lud die Vorsitzende  mit undatiertem Schreiben ein. Die Tagesordnung enthielt unter TOP 3 4 Anträge zur Beschlussfassung . u. a. den Ausschluss des Mitglieds  .  aus dem Betriebsrat wegen "grober Pflichtverletzung gegen die Bestimmung des Betriebsverfassungsgesetzes" sowie mit gleicher Begründung den Ausschluss der Betriebsratsmitglieder ... und..(Mitglieder der Liste 3). 

Auf der folgenden Sitzung wurde sodann unter anderem  beschlossen, beim Arbeitsgericht den Ausschluss des Mitglieds zu beantragen.

Das Arbeitsgericht wies den Ausschlussantrag ab

Der Antrag sei nicht begründet, weil das dem Beschluss vom 17. Januar 2012 zugrunde liegende Verfahren an schwerwiegenden, nicht heilbaren Verfahrensmängeln leidet und der dem Beschluss zugrunde liegende Ausschlussgrund nicht trägt. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschluss vom 17. Januar 2012 zum TOP 3.1 Ausschluss des BR-Mitgliedes Frau ... aus dem Betriebsrat wegen grober Pflichtverletzungen gegen die Bestimmungen des BetrVG formal ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Bereits die Benennung des Antrages in der Tagesordnung erzeugt erhebliche Zweifel an der ordnungsgemäßen Behandlung dieses Tagesordnungspunktes.

Der Ausschluss aus dem Betriebsrat kann nur durch Beschluss des Arbeitsgerichts erfolgen. Gemäß dieser eindeutigen gesetzlichen Regelung kann der Betriebsrat nicht Kraft eigener Kompetenz eines seiner Mitglieder ausschließen. Der Betriebsrat kann beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines seiner Mitglieder beantragen. Somit war die Benennung des Tagesordnungspunktes zur Beschlussfassung am 17. Januar 2012 bereits irreführend.

Da vorliegend laut Tagesordnung über die Anträge zur Einleitung von Ausschlussverfahren gegen 4 Betriebsratsmitglieder abgestimmt werden sollte, war außerdem sicherzustellen, dass die richtigen Ersatzmitglieder zu diesem Tagesordnungspunkt ordnungsgemäß geladen waren und in der entsprechenden Vertretungsreihenfolge an der Abstimmung teilnahmen. Eine Sitzungsniederschrift, der die Einhaltung dieser zwingenden Formalie entnommen werden könnte, wurde nicht vorgelegt. Allein der Verstoß gegen eine ordnungsgemäße Ladung und Beteiligung eines Ersatzmitgliedes für ein zeitweilig verhindertes Mitglied des Betriebsrates ist eine für das Zustandekommen des Beschlusses so wesentliche Verfahrensvorschrift, das deren Verletzung zur Unwirksamkeit des Beschlusses führt. Ein wirksamer Beschluss, den Ausschluss der Mitglieder aus dem Betriebsrat beim Arbeitsgericht zu beantragen, liegt somit nicht vor.

Der Antrag sei schon aus diesem Grunde abzuweisen. Das Arbeitsgericht führt sodann noch aus, dass der Ausschlussantrag des Betriebsrates auch inhaltlich nicht begründet ist.

 

(Quelle: Arbeitsgericht Halle (Saale), Urteil vom 25.01.2013;  9 BV 50/12)

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