Eine bei einem Unternehmen, das Krankentransporte und Notfallrettung betreibt, mit Buchhaltungsaufgaben und Lohnbuchhaltungsaufgaben beschäftigte Arbeitnehmerin wurde mit Schreiben vom 23. März 2012 zum 31. August 2012 aus dringenden betrieblichen Gründen ordentlich gekündigt. Das Unternehmen begründet die Entscheidung zur Kündigung damit, dass sie im März 2012 die unternehmerische Entscheidung getroffen habe, ihre Buchhaltung und Lohnbuchhaltung ab dem 1. September fremd zu vergeben. Da Buchhaltung und Lohnbuchhaltung etwa 95% der Arbeitszeit der Mitarbeiterin beanspruchten, sei damit ihr Arbeitsplatz entfallen.
Die Arbeitnehmerin erhob Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht gab dieser statt, weil die Kündigung sozial ungerechtfertigt war.
Da mit der Beendigungskündigung eines Arbeitsverhältnisses der Arbeitgeber regelmäßig in die Existenzgrundlage des Arbeitnehmers eingreift, müsse ein derartig schwerwiegender Eingriff stets die äußerste Möglichkeit sein, um auf eine gegebene Situation zu reagieren. Der Arbeitgeber hat daher dem Arbeitnehmer bei Wegfall dessen Arbeitsplatzes aus betriebsbedingten Gründen vor Ausspruch einer Beendigungskündigung die Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz, auch zu geänderten schlechteren Arbeitsbedingungen anzubieten. Lehnt der Arbeitnehmer ein entsprechendes Änderungsangebot ab, hat nach der Rechtsprechung der Arbeitgeber dennoch dem Arbeitnehmer eine Änderungskündigung auszusprechen, deren Bestandteil das nochmalige Angebot des betreffenden freien Arbeitsplatzes ist.
Der Arbeitgeber hat erklärt, dass er der Mitarbeiterin vor Ausspruch der Kündigung die Umschulung zur Rettungshelferin und den Erwerb des Personenbeförderungsscheins auf seine Kosten angeboten hätte, diese darauf jedoch nicht eingegangen sei. Damit habe der Arbeitgeber jedenfalls zum Ausdruck gebracht, dass ihm die Umschulung der Mitarbeiterin zur Rettungshelferin einschließlich der weiter benötigten Zeit für den Erwerb des Personenbeförderungsscheins zumutbar sei, um sie sodann als Rettungshelferin weiter zu beschäftigen. Damit habe aber zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung ein anderer freier Arbeitsplatz vorgelegen, der durch die Arbeitnehmerin hätte besetzt werden können. Konsequenz hiervon ist, dass der Arbeitgeber unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur eine Änderungskündigung, nicht aber eine Beendigungskündigung hätte aussprechen kann.
Die Beendigungskündigung ist somit sozial ungerechtfertigt und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist hierdurch nicht aufgelöst worden.
(Quelle: Arbeitsgericht Zwickau, Urteil vom 17.10.2012; 9 Ca 632/12)
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