Eine Hebamme war in einem Krankenhaus vom 01.04.1994 bis zum 31.03.2010 beschäftigt. Im Jahre 2003 erkrankte sie. Sie wurde nach ihrer Genesung vom Arbeitgeber nur mit minderwertigen Aufgaben beschäftig. Diese Tätigkeitszuweisung wurde jedoch durch arbeitsgerichtliches Urteil für unwirksam erklärt. Es kam dann im August 2007 zu einer Änderungskündigung, nach der die Hebamme künftig nur noch als Stationshilfe arbeiten sollte. Die Hebamme erhob gegen diese Änderungskündigung Klage. Das Klagverfahren wurde sodann mit einem Auflösungsvergleich beendet:
Nach diesem Vergleich schied die Hebamme zum 31.03. 2010 gegen Zahlung einer Abfindung von 25.000,00 € aus dem Arbeitsverhältnis aus. Der Arbeitgeber verpflichtete sich, ihr ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis mit der Leistungs- und Führungsnote "gut" und mit einer Dankes- und Schlussformel zu erteilen.
Die Hebamme erhielt sodann ein Arbeitszeugnis erteilt, das sie umgehend beanstandet hat.
So stand im Zeugnis statt "Kreißsaal" das Wort "Kreissaal". Ferner habe das Zeugnis keine "gute" Benotung gehalten, weil die gute Führungs- und Leistungsbeurteilung nicht stringent durchgehalten worden sei, insbesondere im Hinblick auf Arbeitsweise, Arbeitsbereitschaft und Arbeitsbefähigung. Auch hätte man ihre Degradierung nach ihrer Wiedergenesung nicht erwähnen dürfen. Es fehle der Hinweis, dass ihr Ausscheiden auf einen Wunsch erfolge. Schließlich gehöre zu einem guten Zeugnis auch, dass der Arbeitgeber am Schluss sein Bedauern über das Ausscheiden des Mitarbeiters zum Ausdruck bringt.
Der Arbeitgeber lehnt eine Zeugnisberichtigung ab. Das Arbeitszeugnis sei inhaltlich und sprachlich fehlerfrei. Auch habe er das Wort "Kreissaal" richtig geschrieben, nämlich mit "s". Die Schreibweise "Kreißsaal" mit "ß", wie die Hebamme es beantragt, sei falsch. Er sei zu einer Änderung des Arbeitszeugnisses nicht bereit.
Das Landesarbeitsgericht gab der Hebamme zum Teil Recht und formulierte ein neues Zeugnis. Das Wort "Kreißsaal" war dort so geschrieben, wie von der Hebamme beantragt. Der Hinweis auf den anderweitigen Einsatz nach ihrer Wiedergenesung verstoße gegen den Grundsatz, dass ein Arbeitszeugnis wohlwollend sein muss und das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unnötig beeinträchtigen darf. Auch hier nahm das Gericht Änderungen vor. Die Hebamme habe auch Anspruch darauf, im Arbeitszeugnis bescheinigt zu bekommen, dass ihr Ausscheiden auf eigenen Wunsch erfolgte.
Die Hebamme hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber im Zeugnis sein Bedauern über ihr Ausscheiden zum Ausdruck bringt. Im Vergleich vor dem Arbeitsgericht hat sich das Krankenhaus lediglich zur Erteilung eines Arbeitszeugnisses mit einer Dankes- und Schlussformel verpflichtet. Von einem Bedauern ist hingegen nicht die Rede. Bei Dankes- und Schlussformulierungen handelte es sich um bloße Höflichkeitsbekundungen. Sofern die zum Ausdruck gebrachte Höflichkeitsform keinen Bezug auf die Führung oder die Leistung des Arbeitnehmers und keine persönlichen Empfindungen zum Ausdruck bringt, hat der Arbeitgeber keine Verpflichtung auf die Gesamtnote abgestimmte Formulierungen zu verwenden. Somit kann die Hebamme nicht erwarten, dass ihr ehemaliger Arbeitgeber ihr im Arbeitszeugnis bescheinigt, dass er ihr Ausscheiden bedauert.
(Quelle: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 09.02.2012; 13 TaBV 11/12
Vorinstanz: Arbeitsgericht Lörrach, Urteil vom 19.04.2011; 1 Ca 25/11)
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