Wirtschaftlich abhängige „freie Mitarbeiter“ müssen Vergütungsansprüche vor den Arbeitsgerichten einklagen

Wirtschaftlich abhängige „freie Mitarbeiter“ müssen Vergütungsansprüche vor den Arbeitsgerichten einklagen
16.04.20131240 Mal gelesen
Ein „freier Mitarbeiter“ einer Steuerberaterkanzlei, der die Funktion eines Buchführungshelfers hat, ist als arbeitnehmerähnliche Person zu qualifizieren, wenn die Einkünfte aus dem Beschäftigungsverhältnis entscheidend seine Existenzgrundlage bilden, meint das Oberlandesgericht Düsseldorf.

Eine Buchführungshelferin, die später die Steuerberaterprüfung bestanden hat, war für eine Steuerberaterkanzlei als "freie Mitarbeiterin" tätig. Zwischen ihr und der Kanzlei kam es zu Streitigkeiten hinsichtlich der Vergütung. Anstatt vor dem Arbeitsgericht, klagte die "freie Mitarbeiterin" bei dem ihrer Ansicht nach zuständigen Landgericht die ihrer Ansicht nach noch ausstehende Vergütung ein.

Das Landgericht gab zu verstehen, dass seiner Ansicht nach das Arbeitsgericht für diesen Rechtsstreit zuständig sei. Beide Parteien widersprachen dieser Ansicht und bestanden auf Entscheidung durch das Landgericht. Das Arbeitsgericht sei ihrer Ansicht nach hierfür nicht zuständig. Das Landgericht folgte dem jedoch nicht und verwies den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht. Gegen diesen Beschluss legten sowohl die "freie Mitarbeiterin" als auch die Steuerberaterkanzlei "sofortige" Beschwerde ein. Der Streit gehöre vor das Landgericht. Sie seien nicht Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sondern freie Vertragsparteien.

Das Oberlandesgericht gab der Beschwerde der Parteien nicht statt. Ihr Rechtsstreit gehöre nicht vor das Landgericht, sondern vor das Arbeitsgericht. Dort sollten sie sich streiten.

Die "freie Mitarbeiterin" sei, so das Gericht, wenn nicht als Arbeitnehmerin, so doch als arbeitnehmerähnliche Person zu qualifizieren. Sie gilt deshalb als Arbeitnehmerin im prozessualen Sinne. Die "freie Mitarbeiterin"  war aufgrund ihrer dienstvertraglichen Bindung wirtschaftlich von der Steuerberaterkanzlei abhängig und sie war auch arbeitnehmerähnlich schutzbedürftig. Die Konditionen, unter denen die Parteien das Beschäftigungsverhältnis auch in der hier streitigen Zeit tatsächlich nachhaltig durchgeführt haben, führen unabweisbar zur Qualifikation der "freien Mitarbeiterin" als arbeitnehmerähnliche Person. Die "freie Mitarbeiterin" war auch gleich einem Arbeitnehmer sozial schutzbedürftig. Sie hatte sich gegenüber der Kanzlei verpflichtet, die geschuldeten Dienstleistungen persönlich in der Kanzlei zu erbringen. Sie unterhielt keine eigene Unternehmens- oder Betriebsorganisation und beschäftigte ihrerseits keine eigenen Arbeitnehmer. Sie war wie eine Steuerfachangestellte tätig.

Nach alledem ist der Streit der Parteien ein Streit, der vor das Arbeitsgericht gehört.

(Quelle:  Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 01.02.2011; I-24 W 9/10                  Vorinstanz: Landgericht Mönchengladbach, Beschluss vom 12.08.2010)

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