Kündigung wegen Missachtung des Handyverbotes im OP scheitert an Abmahnung

Arbeit Betrieb
12.04.2013433 Mal gelesen
Privattelefonate während laufender Operationen- in einem aktuellen Urteil hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu entscheiden, ob dieses Verhalten einen Chefarzt den Arbeitsplatz kostete. Warum dies vorliegend nicht der Fall war, lesen Sie hier.

Trotz schwerwiegender Vertragspflichtverletzungen kann eine Kündigung daran scheitern, dass der Arbeitgeber zuvor keine Abmahnung ausgesprochen hat. Das BAG betonte in seiner Entscheidung erneut, dass vor Ausspruch einer Kündigung grundsätzlich eine Abmahnung erfolgen muss. Dies sei nur dann entbehrlich, wenn die Pflichtverletzung derartig schwerwiegend ist, dass dem Arbeitgeber - für den Arbeitnehmer erkennbar - selbst eine einmalige Hinnahme nicht zumutbar ist oder eine Abmahnung keinen Erfolg verspricht.

In dem konkreten Fall des BAG (2 AZR 495/11) stritten die Beteiligten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung gegenüber einem Chefarzt. Zur Begründung der Kündigung führte der Arbeitgeber an, dass der Arzt wiederholt private Telefonate auf seinem Mobiltelefon während laufender Operationen selbst angenommen oder durch Mitarbeiter habe annehmen lassen. Der Arzt  führte hingegen an, dass die Nutzung auch von privaten Mobiltelefonen im Operationssaal des Krankenhauses durchaus üblich gewesen sei. Zu einer Gefährdung von Patienten sei es durch sein Verhalten aber zu keiner Zeit gekommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Erfurter Richter entschieden im Ergebnis übereinstimmend mit den Urteilen der Vorinstanzen, dass die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat. Auch die vom Arbeitgeber hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung hat nach ihrer Entscheidung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst.

 

Missachtung von Handy-Verbot im OP ist erhebliche Pflichtverletzung

Zwar erkannte das BAG im Ergebnis eine erhebliche Pflichtverletzung des Chefarztes aus seinem Arbeitsvertrag an. Er habe nämlich in seiner leitenden Position eine erhebliche Verantwortung für das Wohlergehen seiner Patienten gehabt und im Rahmen dessen alles zu unterlassen gehabt, was den Betriebsablauf sowie die Konzentration seiner Mitarbeiter stören könnte. Insbesondere für private Telefonate während laufender Operationen bestehe grundsätzlich kein Raum, dies selbst dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Handynutzung im Übrigen geduldet habe.

 

Kündigung scheitert an fehlender Abmahnung

Dennoch nahm das BAG letztlich an, dass dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Chefarztes zumutbar sei. Die adäquate Reaktion auf das pflichtwidrige Verhalten des Chefarztes wäre nämlich zunächst eine arbeitsrechtliche Abmahnung gewesen. Zum Erfordernis der Abmahnung in diesem Fall führte das BAG aus,  dass die Kündigung immer nur das letzte Mittel  sein dürfe, falls dem Arbeitgeber mildere Mittel nicht mehr zur Verfügung stünden oder unzumutbar sein. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass eine Abmahnung eine Verhaltensänderung des Arztes bewirkt hätte. Insbesondere im Hinblick die im Krankenhaus durchaus gängige Praxis des Telefonierens im OP-Bereich stelle sich die Verfehlung des Chefarztes in einem "milderen Licht" dar. Auch sei die, in Relation gesehen geringe Anzahl privater Gespräche weiteres Indiz dafür, dass der Verstoß des Arbeitnehmers nicht so schwer wiege, dass selbst die einmalige Hinnahme für den Arbeitgeber  unzumutbar sei.

 

Das BAG hat vorliegend erneut deutlich gemacht, wie ernst es das Erfordernis einer Abmahnung im Falle von verhaltensbedingten Kündigungen nimmt. Der Arbeitgeber muss also ein konkret bezeichnetes Fehlverhalten des Arbeitnehmers zunächst rügen und ihm damit nachdrücklich zu verstehen geben, dass eine weitere derartige oder ähnliche Pflichtverletzung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gefährdet. Dem Arbeitnehmer soll damit eine letzte Chance gegeben werden das Arbeitsverhältnis künftig störungsfrei fortzusetzen. Gerade nicht Sinn und Zweck einer Kündigung darf nämlich sein, vergangenes Verhalten des Arbeitgebers zu sanktionieren.