Nichtbeantwortung einer Stellenbewerbung als Indiz für Altersdiskriminierung?

Nichtbeantwortung einer Stellenbewerbung als Indiz für Altersdiskriminierung?
12.04.2013576 Mal gelesen
Die Angabe, es werde in einem „dynamischen Team" gearbeitet, indiziert ohne weitere Zusätze wie Altersangabe oder „jung" keine Altersdiskriminierung, für die eine Entschädigung zu zahlen wäre, meint das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein.

Eine 1961 in Russland geborene und ausgebildete, seit 2003 arbeitslose Informatikerin bewarb sich 2011 über "stepstone" auf drei Ausschreibungen eines Betriebes als Softwareprogrammiererin. In der Anzeige wurde gesagt, dass in einem "dynamischen Team" gearbeitet werde. Gesucht wurden "Java Software Ingenieure (m/w)" mit "ausgezeichneten Deutsch- und Englischkenntnissen in Wort und Schrift, Kenntnisse in (näher bezeichneten Softwarebereichen)", sowie ein "abgeschlossenes Hochschulstudium".

Die Informatikerin erhielt binnen eines Jahres auf keine ihrer Bewerbungen eine Antwort. Sie meint, dass das Ausbleiben einer Antwort auf eine Bewerbung binnen eines Jahres einer Absage gleichzukommen sei. Die Informatikerin beantragt eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung. Außerdem sei sie wegen Ihres Geschlechts benachteiligt worden, und schließlich läge auch deshalb eine Diskriminierung vor, weil man sie nicht genommen habe, weil sie in Russland geboren wurde. Es gäbe also viele Gründe, ihr eine Entschädigung wegen Diskriminierung zu zahlen. Sie klagt, weil der Stellenausschreiber ihr außergerichtlich keine Entschädigung zahlen wollte, auf 18.000,00 € Entschädigung vor Gericht wegen verschiedener Diskriminierungen.

Der potentielle Arbeitgeber führte aus, dass die Informatikerin wegen ihrer fehlenden Java-Kenntnisse nicht genommen worden sei. Diese seien für die Position unentbehrlich. Es läge keine Diskriminierung wegen ihres Alters vor. Im Übrigen seien auf die Ausschreibungen sowohl männliche, als auch weibliche, sowohl Bewerber aus Deutschland, wie auch aus Kamerun eingestellt worden. Es könne die nicht die Rede davon sein, dass er bei der Auswahl der Bewerber diskriminierend vorgehe.

Das Gericht wies ihre Klage auf Entschädigung ab. Es liege weder eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts und des Alters vor.   

Es sei bereits zweifelhaft, ob die Informatikerin einer bestimmten Ethnie angehört. Auf ihre Herkunft aus Russland kommt es hier nicht an. Bei dem Begriff "Ethnie" handelt es sich nicht um die Staatsangehörigkeit oder Nationalität. Vielmehr sei für eine ethnische Gruppe charakteristisch, dass sie entweder eine lange gemeinsame Geschichte hat, die von ihr bewusst als andersartig im Vergleich zu anderen Gruppen wahrgenommen werde. Es gibt also keine Entschädigung wegen Diskriminierung aufgrund der Ethnie.

Auch eine Diskriminierung wegen des Geschlechts scheidet aus. Aus der Tatsache, dass im Ausschreibungstext dem Begriff "Softwareentwickler" nicht noch einmal der Hinweis auf beide Geschlechter hinzugefügt ist, kann nicht gefolgert werden, dass tatsächlich lediglich Männer gesucht werden. Vielmehr ist bereits in der Überschrift der Stellenanzeige deutlich gemacht, dass sowohl männliche als auch weibliche Softwareentwickler gesucht werden. Eine Entschädigung wegen Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts scheidet daher ebenfalls aus.

Eine Diskriminierung wegen ihres Alters liege schließlich auch nicht vor.

Wenn sich die Informatikerin dazu  auf die Formulierungen "dynamisches Team", "hohe Belastbarkeit in einem sehr dynamischen Umfeld" und "arbeiten in einem hoch motivierten und dynamischen Team von Softwareentwicklern" beruft, sei darauf hinzuweisen, dass diese Formulierungen, insbesondere "dynamisch" nicht erkennen lassen, dass sich die Ausschreibung lediglich an jüngere Bewerberinnen und Bewerber richtet. Vielmehr sei der Begriff "dynamisch" nicht altersbezogen zu verstehen. Er besage nur, dass der Bewerber beweglich und aktiv sein soll. Es ist also auch keine Entschädigung wegen Diskriminierung aufgrund des Alters zu zahlen.

Nach alledem war für das Gericht kein Hinweis auf eine Diskriminierung zu erkennen, sodass keine Entschädigung beansprucht werden kann.

 

(Quelle: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 13.11.2012 ; 2 Sa 217/12

Vorinstanz: Arbeitsgericht Lübeck, Urteil. V. 12.06.2012; 6 Ca 103/12)

 

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