Die Weiterleitung von E-Mails mit Dateianhängen pornografischen Inhalts ist nicht in jedem Fall ein Grund für eine außerordentliche Kündigung

27.03.2013 247 Mal gelesen
Das Weiterleiten von E-Mails mit Dateianhängen pornographischen Inhalts an fünf Arbeitskollegen während der Arbeitszeit ist keine sexuelle Belästigung und rechtfertigt nicht die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, meint das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz.

Sechs in einem Großraumbüro tätige Mitarbeiter, versandten untereinander diverse E-Mails mit verschiedenen *.mpeg, *.wmv oder *.pps-Dateien mit jeweils pornografischen oder tierpornografischen Inhalten. Drei Mitarbeiter erhielten eine Abmahnung, ein Mitarbeiter erhielt eine ordentliche Kündigung, und der der Mitarbeitet, der die Dateien auf dem ihm zugewiesenen Laufwerk gespeichert hatte, erhielt eine fristlose Kündigung, hilfsweise eine ordentliche Kündigung.

Der Arbeitgeber trug zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung ohne vorhergehende Abmahnung aus, dass gemäß einer Betriebsvereinbarung zur Internet- und E-Mail-Nutzung die private Nutzung der betrieblichen EDV zur Verbreitung pornografischer Schriften oder Bilder untersagt sei. In einem Informationsschreiben an alle Mitarbeiter sei dies noch mal mit dem Hinweis unterstrichen worden, dass ein Verstoß hiergegen eine Kündigung nach sich ziehen würde. Im Übrigen sei er als Arbeitgeber verpflichtet, die Mitarbeiter davor zu schützen, eine sexuelle Belästigung zu erleiden. Da auch Frauen Zugang zum Großraumbüro haben, könnten sie durch das Erblicken der Dateien auf den Bildschirmen eine sexuelle Belästigung auf sich nehmen müssen. Ferner könnte durch den einmaligen Versand auch ein nicht kontrollierbares Schneeballsystem in Gang gesetzt werden. Und schließlich liege schon deshalb eine sexuelle Belästigung vor, weil der Mitarbeiter durch die Weiterleitung der E-Mails an die Kollegen sich des Verbreitens pornografischer Schriften strafbar gemacht habe.

Der Mitarbeiter, der die außerordentliche Kündigung erhielt, erhob Kündigungsschutzklage. Er habe nichts Schlimmes getan, schon gar keine sexuelle Belästigung verübt.

Die Kündigungsschutzklage hatte sowohl in der ersten Instanz, als auch vor dem Landesarbeitsgericht vollen Erfolg.

Einer Kündigung hat jedenfalls eine Abmahnung vorherzugehen, wenn der Arbeitnehmer ohne Abmahnung davon ausgehen konnte, sein Verhalten würde den Bestand des Arbeitsplatzes nicht gefährden. Dies ist hier der Fall. Der Mitarbeiter erbrachte beinahe 20 Jahre lang beanstandungsfrei seine Arbeitsleistung. Durch seine Fehlleistung hat der Mitarbeiter niemanden belästigt. Die Adressaten der Mails empfanden die Zusendung der Dateianhänge nicht als sexuelle Belästigung. Sie haben die Dateien sogar selber verarbeitet und (innerbetrieblich) weiterversand. Zwar hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass kein Mitarbeiter oder keine Mitarbeiterin im Betrieb eine sexuelle Belästigung erleidet. Im vorliegenden Fall hat, von den fünf Kollegen abgesehen, niemand im Betrieb die Dateien zu Gesicht bekommen. Des Weiteren war das Risiko, dass Frauen oder Schüler-Praktikanten diese zufällig zu Gesicht bekommen und dadurch eine sexuelle Belästigung erleiden würden, sehr gering.

Das Landesarbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage somit im vollen Umfange stattgegeben.

(Quelle: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.12.2008;  7 Sa 317/08)

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