Anspruch auf Altersteilzeit bei rückwirkendem Abschluss

Arbeit Betrieb
07.12.2007851 Mal gelesen

Berlin, 07.12.2007: Die Kanzlei Gansel Rechtsanwälte informiert Sie über ein arbeitnehmerfreundliches Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Anspruch des Arbeitnehmers auf Altersteilzeit bei rückwirkendem Abschluss.



Der Fall
Der Arbeitgeber, ein Forschungsinstitut, lehnte den im Oktober 2003 gestellten Antrag eines Mitarbeiters ab, vom 01.02.2004 bis 30.09.2008 ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell zu vereinbaren. Die Ablehnung wurde u.a. damit begründet, dass der Tarifvertrag lediglich einen Rechtsanspruch auf einen auf zwei Jahre befristeten Altersteilzeitarbeitsvertrag vorsehe. Im Übrigen sollen die Ausgaben für Infrastruktur und Verwaltung "eingefroren" werden, um anderweitig mehr investieren zu können. Angesichts dieses Sparvorhabens sei der Mehraufwand für den Altersteilzeitwunsch nicht tragbar. Daraufhin klagte der Arbeitnehmer.

Die Entscheidung
Das BAG stellte klar, dass nach § 2 Abs. 2 TV ATZ Arbeitnehmer ab Vollendung ihres 60. Lebensjahres Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags haben. Der Anspruch sei auf die ungekürzte Laufdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses bis zum Übergang in den Ruhestand nach § 9 TV ATZ gerichtet. Der § 2 Abs. 4 Satz 1 TV ATZ räume dem Arbeitgeber keine Befugnis ein, die Dauer eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses auf zwei Jahre zu begrenzen.
Die Richter entschieden, dass im vorliegenden Fall alle Voraussetzungen für die Gewährung von Altersteilzeit gegeben seien: Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll nach der Vollendung des 60. Lebensjahres am 01.02.2004 beginnen. Der im November 1943 geborene Arbeitnehmer war vor dem 01.02.2004 innerhalb der Rahmenfrist von fünf Jahren sozialversicherungspflichtig beschäftigt; auch nach der Verringerung seiner bisherigen regelmäßigen vollen Arbeitszeit auf die Hälfte gem. § 3 Abs. 1 TV ATZ bleibe er sozialversicherungspflichtig. Er habe im Oktober 2003 die Altersteilzeit rechtzeitig beantragt und auch die tariflich bestimmte Schriftform gewahrt. Deshalb wurde der Arbeitgeber verpflichtet, mit seinem Arbeitnehmer - beginnend mit dem 01.02.2004 und endend mit dem 30.11.2008 - einen Altersteilzeitarbeitsvertrag in der Form des Blockmodells abzuschließen.
Die Parteien des Arbeitsvertrages seien auch nicht gehindert, das zwischen ihnen bereits begründete Arbeitsverhältnis zu ändern. Eine rückwirkende Vertragsänderung sei zulässig und unterliege vorbehaltlich zwingenden Rechts keinen Beschränkungen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.01.2007, Az.: 9 AZR 393/06



Der Kommentar
Das Altersteilzeitgesetz gewährt dem Arbeitnehmer keinen unmittelbaren Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages. Im Gesetz sind lediglich die Mindestbedingungen geregelt, die ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis erfüllen muss, um die staatlichen Förderleistungen der Bundesagentur für Arbeit und die sozialversicherungsrechtlichen Vergünstigungen in Anspruch nehmen zu können.
Ein Rechtsanspruch kann sich jedoch aus einem für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifvertrag ergeben. Der für den öffentlichen Dienst geschlossene "Tarifvertrag Altersteilzeit" beinhaltet für Arbeitnehmer ab Vollendung ihres 60. Lebensjahres einen solchen Anspruch.
Der Arbeitgeber hat nur die Möglichkeit, aus dringenden betrieblichen/dienstlichen Gründen einen Antrag auf Gewährung der Altersteilzeit abzulehnen. Darunter fallen aber nicht die mit einem Altersteilzeitarbeitsvertrag verbundenen Aufwendungen des Arbeitgebers, die üblicherweise die eines normalen Teilzeitarbeitsverhältnisses übersteigen. Das gilt auch für das Interesse des Betriebes, die Personalkosten zugunsten von Investitionen niedrig zu halten. Macht der Arbeitnehmer seinen Anspruch rechtzeitig vor dem gewünschten Beginn der Altersteilzeit geltend, so kann der Arbeitgeber verurteilt werden, dem Antrag auf Vertragsabschluss auch rückwirkend zuzustimmen.



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