Beamtenrecht – Beförderung – Beurteilungsrichtlinien der Polizei Niedersachsen – Binnendifferenzierung in der Vorbeurteilung

Arbeit Betrieb
20.06.20122659 Mal gelesen
In der niedersächsischen Polizei läuft zur Zeit eine Beförderungsaktion. Hierfür gelten Beförderungsrichtlinien. Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat eine Klausel dieser Richtlinien aktuell für rechtswidrig erklärt.

Die Entscheidung wirkt unmittelbar zwar nur gegen die Polizeidirektion Oldenburg. Sie dürfte aber auch auf weitere Polizeidirektionen des Landes Niedersachsen übertragbar sein, denn die beanstandete Regelung findet sich auch in den Rahmenrichtlinien für Beförderungsentscheidungen für die Polizei des Landes Niedersachsen und in  Richtlinien anderer Direktionen.

Die Beförderungsrichtlinien für die PD Oldenburg vom 11. Januar 2011 enthalten u.a. die Regelung, dass bei der Erstellung eines Auswahlvorschlages für Beförderungen zunächst die unmittelbar leistungsbezogenen Kriterien in folgender Reihenfolge heranzuziehen sind:

  • Gesamturteil der aktuellen dienstlichen Beurteilung (Vollnote)
  • Binnendifferenzierung oder Differenzierung anhand der Einzelmerkmale der aktuellen dienstlichen Beurteilung
  • Vorbeurteilung (Vollnote)

Eine Binnendifferenzierung ist allerdings nur für die Notenstufe C mit den Zusätzen  "oberer Bereich", "mittlerer Bereich" und "unterer Bereich" vorgesehen. Bei den Notenstufen A, B, D und E erfolgt die Binnendifferenzierung nicht.

Im Auswahlverfahren ist zunächst die Vollnote der aktuellen dienstlichen Beurteilung das maßgebliche Leistungskriterium. Wenn mehrere Beamte insoweit gleich beurteilt worden sind, ist als weiteres Kriterium die Binnendifferenzierung dieser Beurteilung zu beachten. Insoweit hat das Gericht nichts beanstandet.

Besteht allerdings auch bei der Binnendifferenzierung noch Gleichstand zwischen mehreren Bewerbern, wird in einem dritten Schritt die Vorbeurteilung verglichen, allerdings nur mit der Vollnote. Die Binnendifferenzierung soll dabei dann nicht mehr berücksichtigt werden.

Diese Vorgabe hat das VG Oldenburg beanstandet. Das Gericht stellte fest, dass in der Beurteilungsrunde der Polizei Niedersachsen zum Stichtag 01.09.2008 in der Vergleichsgruppe des klagenden Beamten nicht nur direktions- sondern landesweit annähernd durchgehend (dh. für 96% der Beamten) die Vollnote C vergeben wurde. Diese Verteilung hat zur Folge, dass fast ausnahmslos Beschäftigte miteinander konkurrieren, die in ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilung und in der Vorbeurteilung die Wertungsstufe C erreicht haben. Beschäftigte mit den Wertungsstufen A, B, D oder E konkurrieren nicht ernsthaft um eine Beförderung. Beschäftigte mit den Wertungsstufen A und B werden ohnehin bevorzugt befördert, Beschäftigte mit den Wertungsstufen D und E haben praktisch keine Chance. Wird aber beim Vergleich der Vorbeurteilungen lediglich auf die Vollnote abgestellt und bleibt die Binnendifferenzierung unberücksichtigt, ist wegen der geradezu flächendeckenden damaligen Vergabe der Wertungsstufe C eine Auswahlentscheidung anhand dieses (dritten) Leistungskriteriums nicht möglich. Daher kann die Vorbeurteilung ihrer Funktion, als Leistungskriterium entscheidend zur Klärung einer Wettbewerbssituation mit beizutragen, nicht gerecht werden. Da es die Binnendifferenzierung nur bei der Wertungsstufe C gibt, wirken die drei Wertungsstufen faktisch wie eine Vollnote und sind deshalb bei einem Vergleich der Vorbeurteilungen zu berücksichtigen.

Verwaltungsgericht Oldenburg - 08.06.2012 - 6 B 3528/12

Da auch bei anderen Verwaltungsgerichten in Niedersachsen Eilverfahren anhängig sind, kann zur Stützung der Argumentation auf die Entscheidung des VG Oldenburg verwiesen werden.

 

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