Landessozialgericht Schleswig-Holstein bestätigt Vertrauensschutz in CGZP-Verfahren

Arbeit Betrieb
30.04.2012717 Mal gelesen
Nachdem mit BAG-Beschlusses vom 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10) der CGZP die Tariffähigkeit abgesprochen wurde, fordern die Sozialversicherungsträger Beiträge von den Arbeitgebern nach. Die Sozialrechtsprechung verweist jedoch auf den Vertrauensschutz.

Das LSG Schleswig-Holstein hatte am 20.04.2012 in einem Verfahren zu Nachforderungen von Beiträgen zur Sozialversicherung gegenüber Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassungsbranche zu entscheiden.

 

Per Beschluss (Az. L 5 KR 20/12 B ER) verhalf das Gericht dem Unternehmen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur aufschiebenden Wirkung des Beitragsbescheids.

 

Das Unternehmen hatte sich mittels Widerspruch gegen die Beitragsnachforderung i.H.v. EUR 58.322,63 gewehrt und gleichzeitig den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei Gericht gestellt. Damit sollte verhindert werden, dass die Forderung sofort durch den Sozialversicherungsträger vollstreckt werden könne. Durch die aufschiebende Wirkung muss das Unternehmen die Forderung solange nicht begleichen, wie in dem Hauptsacheverfahren die Rechtmäßigkeit der Forderung nicht festgestellt ist.

 

Dabei wird die aufschiebende Wirkung vom Gericht im Wege des Eilverfahrens dann angeordnet, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist überwiegend dann der Fall, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlicher ist als der Misserfolg.

 

Das Gericht führte zur Begründung aus, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes hänge von einer Vielzahl von Voraussetzungen ab, deren Prüfung die Klärung schwieriger Rechtsfragen beinhaltet.

 

Dabei nannte es den Vertrauensschutz als Aspekt mit nicht unerheblichem Gewicht. Es führte aus, dass die Neuerungen des BAG-Beschlusses vom 14.12.2010 gesetzesgleiche Wirkung in Form einer Änderung des Rechts zukomme, die insoweit eine Rückwirkung ausschließe. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Lehre vom fehlerhaften Arbeitsvertrag bzw. der fehlerhaften Gesellschaft verwiesen. "Diese in der Rechtsprechung entwickelten Instrumentarien dienen dazu, Rückabwicklungsschwierigkeiten in einem Dauerschuldverhältnis weitestgehend zu vermeiden. Für eine entsprechende Anwendung auf Tarifverträge sprechen Vertrauens- und Verkehrsschutz, letzterer insbesondere im Hinblick auf die Normqualität der Tarifverträge, Rückabwicklungsschwierigkeiten insbesondere bei enger Regelungsdichte und Schutz der Vertragsparteien, die sich auf die Rechtmäßigkeit der Tarifverträge, an denen sie regelmäßig selbst nicht beteiligt sind, verlassen haben. Insoweit stimmen die Interessenlagen beim fehlerhaften Arbeitsverhältnis und der fehlerhaften Gesellschaft mit denen beim Tarifvertrag überein."

 

Das Gericht verweist ferner auf eine mögliche Unwirksamkeit des Nachforderungsbescheids aufgrund der Schätzung der Forderung nach § 28f SGB IV durch den Sozialversicherungsträger. Dies sei regelmäßig nur dann gestattet, wenn der Arbeitgeber seiner personenbezogenen Aufzeichnungspflicht nicht nachkomme. Hier wurde eine solche Pflicht allerdings nicht verletzt, da für das Unternehmen kein Anlass bestand, die Löhne vergleichbarer Stammarbeitnehmer seiner Kunden zu dokumentieren.    

 

Schlussendlich führt das Gericht zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Jahr 2008 aus, dass vorliegend die regelmäßige sozialrechtliche Verjährung von vier Jahren greift. Eine verlängerte Verjährung von 30 Jahre setze mindestens bedingten Vorsatz voraus, für den hier keine Anhaltspunkte ersichtlich sind.