Beamtenversorgung – Witwengeld – Versorgungsehe: Trotz schwerer Erkrankung keine Versorgungsehe, wenn der Arzt gute Heilungschancen bescheinigt

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04.08.20111126 Mal gelesen
Nicht anders als im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung ist auch im Beamtenversorgungsrecht ein Anspruch auf Witwenversorgung ausgeschlossen, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat. Aber auch hier gibt es Ausnahmen.

Wie auch in der gesetzlichen Rentenversicherung ist nach den Regelungen des Beamtenversorgungsgesetzes ein Anspruch auf Witwengeld ausgeschlossen, wenn die Ehe mit dem verstorbenen Beamten nicht mindestens ein Jahr gedauert hat. Das Gesetz vermutet, dass durch die Heirat beabsichtigt war, der Witwe (bzw. dem Witwer) eine beamtenrechtliche Versorgung zu sichern. In einem solchen Fall soll es dem Dienstherrn nicht zugemutet werden, der Witwe Versorgungsleistungen zu gewähren. Die Witwe kann diese gesetzliche Vermutung jedoch widerlegen. Die gesetzliche Vermutung des Vorliegens einer so genannten Versorgungsehe ist entkräftet, wenn besondere, nach außen erkennbare Umstände vorliegen, wonach ein anderer Zweck der Eheschließung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie der Versorgungszweck. Dazu genügt in der Regel, wenn auch nicht ausnahmslos, dass unter den Beweggründen jedenfalls eines der Ehegatten die Versorgungsabsicht keine maßgebliche Bedeutung hatte. Beweispflichtig ist die Witwe.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom 21.12.2009 hierzu folgendes entschieden:

Von entscheidender Bedeutung ist zunächst einmal die Kenntnis einer lebensbedrohlichen Erkrankung des künftigen Ehepartners. Es ist aber nicht in jedem Falle ausschlaggebend, wie schwer der Beamte im Zeitpunkt der Eheschließung erkrankt war. Denn nicht in allen Fällen, in denen der Beamte bei der Heirat schwer krank und dies den Eheleuten im Zeitpunkt der Eheschließung bzw. des Heiratsentschlusses bekannt ist, steht der Versorgungszweck im Vordergrund. Auch andere Beweggründe können für die Heirat ausschlaggebend sein.

In dem entschiedenen Fall sah das Oberverwaltungsgericht die besonderen Umstände darin, dass beide Ehepartner im Zeitpunkt der Heirat davon ausgingen, dass die lebensbedrohliche Erkrankung überwunden ist. Der behandelnde Arzt hatte bescheinigt, dass nach der Einleitung einer Chemotherapie eine "gute Heilungschance" bestanden habe. Später hatte er sinngemäss bescheinigt, dass "der Tumor vollständig verschwunden" gewesen sei. Zu dem Zeitpunkt habe der "Eindruck einer möglichen Heilung der Erkrankung" bestanden.

Diese Erklärungen des Arztes durften die Witwe und der verstorbene Beamte nach dem Verlauf der Behandlungen dahingehend verstehen, dass es gelungen war, das Stadium der Lebensbedrohlichkeit der Erkrankung zu überwinden. Angesichts dieser besonderen Umstände sei nicht davon auszugehen, dass die Ehe in überwiegender Versorgungsabsicht geschlossen worden sei.

Auch aus bereits getroffenen Hochzeitsvorbereitungen, liessen sich gewichtige Indizien dafür ableiten, dass es nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Klägerin eine Versorgung zu verschaffen.

Ein weiteres beachtliches Indiz gegen die Annahme eines ausschließlichen oder überwiegenden Versorgungszwecks zum Zeitpunkt der Eheschließung war für das Gericht schließlich auch die Tatsache, dass die Witwe und der verstorbene Beamte nicht etwa überstürzt im Anschluss an die im Februar 2006 gestellte Diagnose geheiratet haben, sondern erst drei Monate später, nachdem ihnen der behandelnde Arzt die dargestellten Behandlungserfolge mitgeteilt hatte.

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht - 21.12.2009 - 5 LA 481/08

Zur Problematik der Versorgungsehe in der gesetzlichen Rentenversicherunge siehe den Artikel: