Filesharing: Fragwürdige Entscheidung des LG München zugunsten der Musikindustrie

Filesharing: Fragwürdige Entscheidung des LG München zugunsten der Musikindustrie
31.08.2015154 Mal gelesen
Das Landgericht München I hat in einem aktuellen Filesharing-Verfahren eine denkwürdige Entscheidung gefällt, in der es dem Anschlussinhaber innerhalb der sogenannten subjektiven Darlegungslast unzumutbare Nachforschungspflichten innerhalb der eigenen Familie aufbürdet. Dies dürfte kaum mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung etwa im BearShare – Fall (BGH, Urteil vom 08.01.2014 Az. I ZR 169/12) zu vereinbaren sein.

Im aktuellen Fall wurde ein Anschlussinhaber von der Kanzlei Waldorf Frommer wegen Verbreitung eines urheberrechtlich geschützten Films abgemahnt und schließlich auf Schadensersatz und Ersatz der Rechtsverfolgungskosten verklagt. Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens berief sich der Anschlussinhaber darauf, dass zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung sowohl seine Ehefrau wie auch seine beiden Kinder zu Hause gewesen sind, während er abwesend gewesen ist. Obwohl er nach seinem Vortrag noch am Tag der Abmahnung seine Familie eingehend befragt habe, hätte er nicht erfahren, ob sie den Film aus dem Internet heruntergeladen und ob das Internet zum maßgeblichen Zeitpunkt genutzt worden sei. Gleichwohl habe er den Rechner nach Tauschbörsensoftware durchsucht, aber keine gefunden. Hierbei schilderte er eingehend, wie er den Computer am Wochenende nach der Abmahnung mit Hilfsprogrammen durchsucht und die installierten Sicherheitssysteme durchsucht habe.

Gleichwohl entschied das Landgericht München I mit Urteil vom 07.08.2015 (Az. 21 S 19026/14), dass dem Rechteinhaber wegen Filesharing Schadensersatz in Höhe von mindestens 600 Euro sowie Ersatz der angefallenen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 506 Euro zustehen.

Filesharing: Gericht bejaht Täterschaft mit merkwürdiger Begründung

Die Richter begründeten das damit, dass er als Inhaber eines Familienanschlusses nicht der ihm obliegenden subjektiven Darlegungslast genügt habe. Diesbezüglich sei er auch zu zumutbaren Nachforschungen verpflichtet gewesen. Dieser Verpflichtung sei er jedoch nach den Feststellungen des Gerichtes nicht hinreichend nachgekommen. Auf der einen Seite sah es seine genauen Ausführungen zu der Untersuchung des Rechners als nicht glaubhaft an. Denn es sei angeblich kaum vorstellbar, dass man sich daran noch fünf Jahre später erinnern könne. Auf der anderen Seite monierte die Kammer, dass er nicht näher ausgeführt habe, auf welche Art und Weise er Informationen dem Router entlockt habe. Er hätte etwa angeben müssen, ob er versucht habe, dem Routerprotokoll nähere Informationen zu entnehmen. Er hätte auch angeben müssen, um welchen Router es sich gehandelt habe.

Fazit:

Dem Landgericht München I ist zunächst einmal vorzuwerfen, dass seine Aussagen widersprüchlich sind. Auf der anderen Seite ist es "verwundert" darüber, dass der Anschlussinhaber bestimmte Angaben noch machen kann. Auf der anderen Seite werden hohe Anforderungen hinsichtlich des Erinnerungsvermögens hinsichtlich etwa einiger technischen Details verlangt, an die sich Laien schon gar nicht nach so langer Zeit erinnern können.

Bei derartigen Ansprüchen ist kaum ein Anschlussinhaber mit einem Familienanschluss in der Lage, sich gegen den Vorwurf des Filesharings zu verteidigen. Darüber hinaus reicht nach der Ansicht vieler Gerichte aus, dass der Anschlussinhaber darlegen kann, welche Familienmitglieder generell die Möglichkeit des Zugangs zum Internet gehabt haben. Mit dieser Rechtsauffassung setzen sich die bayerischen Richter nicht einmal ansatzweise auseinander, sondern beharren auf der eingefahrenen und dennoch bedenklichen Rechtsprechung. Zu allem Überfluss lassen sie trotz unterschiedlicher Rechtsprechung zum Umfang der Nachforschungspflichten im Rahmen der sekundären Darlegungslast nicht die Revision zu.

BGH entscheidet abschließend über Umfang der Nachforschungspflichten beim Filesharing

Aus diesem Grunde ist zu begrüßen, dass sich in nächster Zeit der Bundesgerichtshof damit beschäftigen wird. Denn das Landgericht Braunschweig hat mit Urteil vom 01.07.2015 (Az. 9 S 433/14) in einem von unserer Kanzlei geführten Verfahren die Revision zugelassen. Das Verfahren ist derzeit unter dem Aktenzeichen I ZR 154/15 anhängig.(HAB)

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