Die Abmahnung wegen illegalem Filesharings und der § 97a II UrhG - Eine Bestandsaufnahme

Abmahnung Filesharing
25.02.2011658 Mal gelesen
Wie von uns regelmäßig berichtet, werden tagtäglich neue Anschlussinhaber mit einer Abmahnung wegen illegaler Teilnahme in einer so genannten Tauschbörse konfrontiert. Die Anschlussinhaber werden dabei konkret beschuldigt, ein urheberrechtlich geschütztes Werk wie einen Musik- oder Filmtitel Dritten

Dabei werden neben der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auch Anwaltskosten und ein entstandener Schaden seitens der Rechteinhaber geltend gemacht. Beträge zwischen EUR 290,- bis zu EUR 1.600 sind hierbei keine Seltenheit. Der abgemahnte Anschlussinhaber kann sich dabei in vielem Fällen den Vorwurf nicht erklären und sucht im Internet nach ersten Informationen. Dabei stößt er auch regelmäßig auf die Regelung des § 97 a II UrhG. Um gegen überzogene Abmahngebühren vorzugehen, wurde am 01.09.2008 vom Gesetzgeber die so genannte "EUR 100,- Deckelung" für die Aufwendungen eines Anwalts festgeschrieben. Danach kann der abmahnende Anwalt vom Abgemahnten für bestimmte Fälle von Abmahnungen seine Anwaltsgebühr lediglich bis zu einem Betrag von EUR 100,- geltend machen. Die Vorschrift des 97a II UrhG lautet dabei wie folgt:

"Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung beschränkt sich in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzungaußerhalb des geschäftlichenVerkehrs auf EUR 100,-."

Kein Problem, denkt sich der betroffene Anschlussinhaber - ich überweise EUR 100,- an die abmahnende Kanzlei und damit hat sich die Sache erledigt. So steht es ja im Gesetz.

Dies Ergebnis wäre sicherlich für betroffenen Anschlussinhaber wünschenswert. So klar, wie der Gesetzeswortlaut hier erscheint, so unklar ist jedoch die Rechtslage. Anstatt der erhofften Rechtsicherheit insbesondere für die von einer Abmahnung betroffenen Verbraucher ergeben sich mit dieser Vorschrift zahlreiche Fragen, insbesondere die, ob der illegale Upload auf Tauschbörsen eine "unerhebliche Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs" im Sinne der Vorschrift darstellt. Über diese Fragen hatten in den letzten nunmehr über zwei Jahren seit Inkrafttreten der Vorschrift zahlreiche Gerichte zu entscheiden. Die Entscheidungen vielen dabei je nach Sachverhalt äußerst unterschiedlich aus.

Im Rahmen unserer Serie von Artikeln wollen wir die zu diesem Thema ergangenen wesentlichen Entscheidungen aufzeigen und Ihnen damit einen Überblick über die bestehende Rechtslage geben.

 

1.    § 97a II UrhG - Die sog. "100€-Deckelung" - Urteil AG Frankfurt am Main Az.: 31 C 1684/09

Mit Urteil vom 16.10.2009 hat das Amtsgericht Frankfurt am Main (Az.: 31 C 1684/09) den Beklagten verurteilt Euro 801,80 an den Kläger zu zahlen. Dem Prozess lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Sohn des Beklagten am Wochenende zu Besuch war und unbemerkt vom Beklagten eine Internetverbindung aufbauen und die entsprechende Seite mit dem Filesharingprogramm aufrufen konnte.

Hierzu bemerkt das AG Frankfurt:                                   

"Mit der Einrichtung eines Rechners mit Internetanschluss schafft der Inhaber eine Gefahrenquelle für deren Schutz er zu sorgen hat und deren unberechtigten Gebrauch er zu verantworten hat."

In dem Urteil verneint das Amtsgericht Frankfurt die Anwendbarkeit des § 97a II UrhG. Die wird wie folgt begründet:

"Dagegen kam vorliegend eine Beschränkung auf 100,- Euro gemäß § 97a Abs. 2 UrhG nicht in Betracht. Einfach gelagert sind allein Fälle, die weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten aufweisen, bei denen also das Vorliegen einer Rechtsverletzung  "quasi auf der Hand liegt" (Kefferpütz in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Auflage 2009, § 97a Rn 34-39). Dies erscheint aber bereits fraglich, da einerseits in tatsächlicher Hinsicht im Rahmen der Ermittlung des Störers ein nicht unbedeutender Aufwand betrieben werden muss. Denn einerseits ist die IP-Adresse zu ermitteln, ein Antrag zur Erlangung der Daten des Anschlussinhabers nebst nachfolgendem Verfahren durchzuführen und danach erst kann in Kontakt mit dem Anschlussinhaber getreten werden. Dies alles deutet bereits darauf hin, dass es sich nicht um einen in tatsächlicher Hinsicht einfach gelagerten Fall handelt. Zum anderen ist auch die Haftung des Anschlussinhabers in Abgrenzung zur Haftung des Handelnden weiter nicht unumstritten, was auch die Auseinandersetzung der Parteien vorliegend zeigt, sodass auch insoweit nicht von einem einfach gelagerten Fall gesprochen werden kann, bei dem die Rechtsverletzung des Angemahnten auf der Hand läge."

In dieser Angelegenheit wird die Anwendbarkeit des § 97a II UrhG mangels Vorliegen eines einfach gelagerten Falls verneint. Der Ermittlungs- und Rechercheaufwand auf Seiten der Abmahnenden Partei sei so hoch, dass ein einfach gelagerter Fall nicht mehr vorliegt.

Interessant ist auch, dass das Amtsgericht weiterhin die nicht eindeutige Rechtslage zur Haftung des Anschlussinhabers in Abgrenzung zur Haftung des Handelnden anführt.

Informieren Sie sich über weitere interessante Entscheidungen auf unserer Seite: abgemahnt-hilfe.de.

Hier geht es zu Volltext der Entscheidung.

Ihr

Tobias Arnold