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Bundessozialgericht
Beschl. v. 29.10.2015, Az.: B 8 SO 27/15 B
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 29.10.2015
Referenz: JurionRS 2015, 30159
Aktenzeichen: B 8 SO 27/15 B
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Baden-Württemberg - 15.10.2014 - AZ: L 2 SO 204/14

SG Reutlingen - AZ: S 4 SO 1502/13

BSG, 29.10.2015 - B 8 SO 27/15 B

in dem Rechtsstreit

Az: B 8 SO 27/15 B

L 2 SO 204/14 (LSG Baden-Württemberg)

S 4 SO 1502/13 (SG Reutlingen)

.......................................................,

Kläger und Beschwerdeführer,

Prozessbevollmächtigte: .............................................,

gegen

Zollernalbkreis,

Hirschbergstraße 29, 72336 Balingen,

Beklagter und Beschwerdegegner.

Der 8. Senat des Bundessozialgerichts hat am 29. Oktober 2015 durch die Richterinnen K r a u ß und S i e f e r t sowie den Richter S ö h n g e n

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. Oktober 2014 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

I

1

Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 1.12.2011 bis zum 31.7.2012, die der Beklagte damit begründet hat, der Kläger habe keine Unterkunftskosten, weil er die Unterkunft, für die Kosten geltend gemacht würden, nicht bewohne, sondern lediglich zum Abstellen seiner Habe nutze (Bescheid des Beklagten vom 30.11.2011; Widerspruchsbescheid vom 17.5.2013). Klage und Berufung blieben ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 14.11.2013; Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Baden-Württemberg vom 15.10.2014).

2

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG. Er macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Es sei über folgende Rechtsfragen zu entscheiden:

Sind als Kosten der Unterkunft iS der §§ 42, 35 SGB XII Mietaufwendungen zu übernehmen, ohne dass der Hilfebedürftige sich ständig in der Wohnung aufhält? Reicht es auch, wenn die Mieträume "lediglich" zum Abstellen von persönlicher Habe und gelegentlicher Nutzung benötigt werden?

Steht der Annahme eines ständigen Aufenthalts in der Wohnung gelegentliches Übernachten bei Bekannten entgegen mit der Folge, dass Kosten der Unterkunft gemäß § 35 SGB XII nicht zu übernehmen sind?

Wie hoch muss der zeitliche Anteil des Aufenthalts in der gemieteten Wohnung sein? Ist der gemessene Wasserverbrauch ein geeignetes Kriterium, um die Nutzung als Wohnraum zu verneinen?

3

Die Frage, ob zu berücksichtigende Kosten der Unterkunft anfielen, wenn einerseits ein Haus angemietet worden sei, um dort Möbel und andere persönliche Gegenstände unterzubringen und sich dort auch zeitweise aufzuhalten, und andererseits mehrere Straßen weiter bei einer Bekannten eine Übernachtungsmöglichkeit bestehe, sei durch die bereits vorliegende Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht entschieden. Nach dem Gesetz seien die Kosten der Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen. Es sei daher zu entscheiden, ob es nicht ohnehin ausreiche, wenn die Miete laufend an den Vermieter entrichtet würde, und ob es ausreiche, sich zur Begründung der Aufhebung einer Bewilligung auf Zeugenaussagen zu beziehen, in denen lediglich bestätigt werde, dass der Kläger sich "bereits seit längerem" über Nacht nicht mehr in der Unterkunft aufhalte. Fraglich sei auch, ob Auskünfte verwendet werden dürften, die durch Überwachung des Leistungsempfängers erlangt worden seien, ohne dass er hierzu sein Einverständnis gegeben habe. Die pauschalen Behauptungen des Vermieters, die Wohnung werde nicht zu Wohnzwecken genutzt, könnten nicht ausreichen, um die Aufhebung für den gesamten Bewilligungszeitraum zu rechtfertigen, zumal nicht erforderlich sei, dass der Leistungsempfänger sich über 24 Stunden in der Unterkunft aufhalte. Sämtliche Fragen seien über den Einzelfall hinaus für eine Vielzahl von Leistungsberechtigten von grundsätzlicher Bedeutung.

II

4

Die Beschwerde ist unzulässig, weil der vom Kläger allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.

5

Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - ggf sogar des Schrifttums - angeben, welche Rechtsfrage sich stellt, dass diese noch nicht geklärt ist, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfrage aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59 und 65). Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer deshalb eine konkrete Frage formulieren, deren (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit und (konkrete) Klärungsfähigkeit (= Entscheidungserheblichkeit) sowie deren über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (Breitenwirkung) darlegen.

6

Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht. Wegen der zunächst gestellten Fragen, welche Anforderungen an Art und Umfang der Nutzung einer Unterkunft zu Wohnzwecken zu stellen sind, ist die abstrakte Klärungsbedürftigkeit nicht ausreichend dargelegt. Der Kläger bezieht sich im Ausgangspunkt seiner Beschwerdebegründung auf die Rechtsprechung des BSG zum Begriff der Unterkunft und den insoweit geschützten unterschiedlichen privaten Wohnzwecken (vgl für die Grundsicherung für Arbeitsuchende BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 14 RdNr 13 ff in Abgrenzung zu BSG SozR 4-4200 § 16 Nr 1 RdNr 15). Es fehlen aber jedwede Darlegungen dazu, dass sich im Anschluss an diese Rechtsprechung weitere Rechtsfragen wegen der Abgrenzung einer zu Wohnzwecken genutzten Unterkunft zu sonstigen Räumlichkeiten, deren Nutzung keine Aufwendungen iS des § 35 SGB XII auslösen, überhaupt noch ernsthaft stellen. Der Kläger trägt insoweit nur vor, die vorliegende Konstellation sei so noch nicht entschieden worden, legt aber nicht dar, aus welchen Gründen die von der Rechtsprechung bisher entwickelten Kriterien für eine solche Entscheidung im vorliegenden Einzelfall nicht ausreichend sein sollten und der Fortentwicklung bedürften.

7

Wegen der weiteren Fragen, ob der Annahme eines ständigen Aufenthalts in einer zu Wohnzwecken genutzten Unterkunft ein gelegentliches Übernachten bei einer Bekannten entgegensteht, und wie hoch der zeitliche Anteil des Aufenthalts in einer gemieteten Wohnung sein muss, fehlt es zudem an ausreichenden Darlegungen ihrer Klärungsfähigkeit. Ausgehend von seinem Vorbringen, er habe das Haus angemietet und dort Möbel und andere persönliche Gegenstände untergebracht, trägt der Kläger selbst schon nicht vor, der Aufenthalt in der Wohnung stehe als Wohnzweck insoweit im Vordergrund. Weshalb es dann vorliegend überhaupt auf die Frage der Notwendigkeit eines ständigen Aufenthalts in einer Unterkunft sowie die Frage nach Kriterien für eine Entscheidung insoweit ankommen soll, wird nicht erkennbar.

8

Im Kern bemängelt der Kläger lediglich eine falsche Entscheidung des LSG unter angeblich fehlerhafter Sachverhaltswürdigung (vgl dazu nur Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 305 mwN). Dies wird insbesondere mit der weiteren Frage deutlich, ob der Wasserverbrauch in einer Wohnung Rückschlüsse auf deren Nutzung als Wohnraum zulasse. Eine (behauptete) fehlerhafte Beweiswürdigung kann aber nicht zur Zulassung der Revision führen, was schon daraus ersichtlich wird, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) gestützt werden kann. Die Verletzung von Verfahrensrecht macht der Kläger ohnehin nicht geltend.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Krauß
Siefert
Söhngen

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