Bundesgerichtshof
Urt. v. 06.04.1995, Az.: III ZR 183/94
Öffentlich ausgeschriebene Stelle; Kommunalverwaltung; Amtspflicht; Mitteilungspflicht gegenüber Mitbewerbern; VereitelteKonkurrentenklage; Amtspflichtwidrige vorzeitige Ernennung; Beweislast
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 06.04.1995
- Aktenzeichen
- III ZR 183/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 15182
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlage
Fundstellen
- BGHZ 129, 226 - 236
- DVBl 1995, 922-925 (Volltext mit amtl. LS)
- DÖV 1995, 693-696 (Volltext mit amtl. LS)
- JR 1996, 110-114
- JZ 1996, 147-149 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- JZ 1996, 146-149
- MDR 1996, 368-370 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1995, 2344-2346 (Volltext mit amtl. LS)
- NVwZ 1995, 1034 (amtl. Leitsatz)
- VersR 1995, 918-920 (Volltext mit amtl. LS)
- WM 1995, 1244-1247 (Volltext mit amtl. LS)
- zfs 1996, 45-47 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
1. Zu den Amts- (insbesondere Mitteilungs-)pflichten, die im Verfahren betreffend die Besetzung einer öffentlich ausgeschriebenen Stelle der Kommunalverwaltung gegenüber konkurrierenden Mitbewerbern wahrzunehmen sind.
2. Zur Darlegungs- und Beweislast im Amtshaftungsprozeß, wenn eine verwaltungsgerichtliche Konkurrentenklage durch amtspflichtwidrige vorzeitige Ernennung eines Mitbewerbers vereitelt worden ist.
Tatbestand:
Der beklagte Landkreis schrieb im März 1992 die "Leitung des Dezernates für Soziales, Jugend- und Gesundheit, sowie ggf. Rechtsamt, Ordnungsverwaltung, Umweltschutz und Regionalplanung" (Dienstposten einer Leitenden Kreisverwaltungsdirektorin oder eines Leitenden Kreisverwaltungsdirektors nach Besoldungsgruppe A 16) öffentlich zur Neubesetzung aus. Auf diese Ausschreibung gingen insgesamt 18 Bewerbungen ein, darunter diejenige des Klägers.
Der im Jahre 1950 geborene Kläger, der 1977 die zweite juristische Staatsprüfung bestanden hatte und anschließend zwei Jahre als Richter und Staatsanwalt tätig gewesen war, stand seit 1979 im höheren Verwaltungsdienst der Stadt S., seit 1980 als Beamter auf Lebenszeit und seit 1986 als Städtischer Oberrat. Der Kreisausschuß des Beklagten beschloß am 13. Mai 1992, drei Bewerberinnen und drei Bewerber zu Vorstellungsgesprächen einzuladen. Dem Kläger wurde mit Schreiben vom 14. Mai 1992 mitgeteilt, daß er nicht eingeladen werde, daß damit aber die endgültige Entscheidung über die Besetzung der Stelle noch nicht gefallen sei. Mit Schreiben vom 25. Mai 1992 erhielt der Kläger eine endgültige Absage.
Mitte Juni 1992 wurde in der örtlichen Presse berichtet, daß der Kreisausschuß sich mehrheitlich für eine 31-jährige Städtische Assessorin von der G. Stadtverwaltung ausgesprochen habe, deren endgültige Wahl durch den Kreistag am 24. Juni 1992 anstehe und die die Leitung des Dezernates am 1. September 1992 übernehmen solle. Daraufhin legte der Kläger mit Schreiben vom 18. Juni 1992, bei dem Beklagten eingegangen am folgenden Tage, gegen die Ablehnung seiner Bewerbung und die Auswahlentscheidung Widerspruch ein und bat zugleich um rechtzeitige Mitteilung, wann eine Ernennung der ausgewählten Bewerberin beabsichtigt sei, um es ihm zu ermöglichen, sich ggf. um einstweiligen Rechtsschutz zu bemühen. Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 23. Juni 1992, daß der Kreistag in seiner Sitzung vom nächsten Tage über die Besetzung der Stelle entscheiden und eine Ernennung kurzfristig erfolgen werde, da die ausgeschriebene Stelle bereits seit dem 1. Februar 1992 vakant sei. Dementsprechend beschloß der Kreistag am 24. Juni 1992 mehrheitlich die Ernennung der vorgeschlagenen Bewerberin. Der Oberkreisdirektor händigte ihr unmittelbar nach der Sitzung die Ernennungsurkunde aus.
Der Kläger nimmt nunmehr den Beklagten auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung in Anspruch. Er lastet dem Beklagten an, ihn bei der Besetzung der Stelle zu Unrecht übergangen zu haben, und macht geltend, ihm habe nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Vorzug vor der tatsächlich ernannten Bewerberin gebührt. In diesem Zusammenhang wirft er dem Beklagten insbesondere vor, daß dieser ihm das Ergebnis des Auswahlverfahrens nicht rechtzeitig vor der Ernennung der Mitbewerberin mitgeteilt und ihm so die Möglichkeit genommen habe, rechtzeitig einen verwaltungsgerichtlichen Rechtsbehelf zu ergreifen.
Das Landgericht hat die auf Zahlung und Feststellung gerichtete Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat ihr in vollem Umfang stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das Berufungsgericht läßt dahinstehen, ob ein amtspflichtwidriges Verhalten von Amtsträgern des Beklagten gegenüber dem Kläger darin gelegen hat, daß dieser nicht zu dem Vorstellungsgespräch eingeladen, ihm vielmehr eine endgültige Absage erteilt und ihm die Mitbewerberin vorgezogen worden ist. Es erblickt eine zum Schadensersatz verpflichtende Amtspflichtverletzung jedenfalls darin, daß der Oberkreisdirektor des Beklagten es unterlassen habe, den Kläger rechtzeitig von der beabsichtigten Ernennung der Mitbewerberin in Kenntnis zu setzen, und diese Ernennung gleichwohl vollzogen habe.
Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
1. Die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle hatte sich an den durch Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu orientieren. Diese Bestimmung gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Maßgabe der vorgenannten Kriterien (vgl. BVerfG, Beschluß vom 19. September 1989 - 2 BvR 1576/88 = NJW 1990, 501 [BVerfG 19.09.1989 - 2 BvR 1576/88] m.w.N.). Dies gilt - wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt - unabhängig davon, ob der Bewerber um das Amt bereits Bediensteter des Dienstherrn ist, der das Amt zu vergeben hat, oder ob es sich um einen außenstehenden Bewerber handelt.
2. Eine Entscheidung, durch die unter Verstoß gegen die vorgenannten Kriterien eine ausgeschriebene Stelle einem schlechter qualifizierten Mitbewerber übertragen wird, kann daher die Verletzung eines vom Grundgesetz gewährleisteten subjektiven Rechts des besserqualifizierten unterlegenen Bewerbers durch die öffentliche Gewalt darstellen. Der unterlegene Bewerber muß daher gegen diese Rechtsverletzung (Primär-)Rechtsschutz in Anspruch nehmen können, und die ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe müssen den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG an einen effektiven Rechtsschutz genügen (vgl. BVerfG aaO.). Ein derartiger Rechtsbehelf ist die beamtenrechtliche Konkurrentenklage, mit der der unterlegene Bewerber Rechtsschutz gegen die Ablehnung seiner Bewerbung begehren und die vorausgegangene Auswahlentscheidung auch auf einen möglichen Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GGüberprüfen lassen kann.
3. Eine solche Klage kann indessen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 80, 127 [BVerwG 25.08.1988 - 2 C 62/85]; Urteil vom 9. März 1989 - 2 C 4.87 = DVBl. 1989, 1150), die auch die Billigung des Bundesverfassungsgerichts gefunden hat (NJW 1990, 501 [BVerfG 19.09.1989 - 2 BvR 1576/88]), nach der endgültigen Besetzung der umstrittenen Planstelle durch den erfolgreichen Mitbewerber von vornherein keinen Erfolg mehr haben, da dessen Beförderung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Dies schränkt den Rechtsschutz des unterlegenen Mitbewerbers nicht unzumutbar ein, da dieser die Schaffung vollendeter Tatsachen durch Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (insbesondere durch den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO) zu verhindern suchen kann. Dies setzt allerdings voraus, daß der unterlegene Bewerber innerhalb einer für seine Rechtsschutzentscheidung ausreichenden Zeitspanne vor der Ernennung des Mitbewerbers durch eine Mitteilung des Dienstherrn Kenntnis vom Ausgang des Auswahlverfahrens erlangt. Diese Pflicht des Dienstherrn folgt unmittelbar aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG; denn das dem gerichtlichen Rechtsschutzverfahren vorgelagerte Verwaltungsverfahren darf nicht so ausgestaltet sein, daß es den gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert. Dies aber wäre der Fall, wenn der unterlegene Mitbewerber erst nach der Ernennung des Mitbewerbers vom Ausgang des Stellenbesetzungsverfahrens erführe (BVerfG aaO.; vgl. auch BGH Beschluß vom 28. März 1991 - NotZ 27/90 = BGHR BNotO § 111 Abs. 4 Satz 2 Anordnung, einstweilige 1).
a) Diese Grundsätze, die das Bundesverfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht (jeweils aaO.) für den Fall entwickelt haben, daß der unterlegene Bewerber bereits in den Diensten des betreffenden Dienstherrn steht, gelten auch für den hier zu beurteilenden Fall, in dem es um die Bewerbung eines Außenstehenden geht. Denn auch der außenstehende Bewerber genießt den Schutz des Art. 33 Abs. 2 GG. Daraus folgt, daß auch im vorliegenden Fall den beklagten Landkreis gegenüber dem Kläger die Verpflichtung traf, ihn innerhalb einer für seine Rechtsschutzentscheidung ausreichenden Zeitspanne vor der Ernennung des Mitbewerbers vom Ausgang des Auswahlverfahrens in Kenntnis zu setzen. Der "Ausgang" des Auswahlverfahrens erschöpfte sich dabei - entgegen der Auffassung der Revision - für den Kläger nicht in der (negativen) Mitteilung, daß die Wahl nicht auf ihn gefallen war, sondern mußte auch das positive Ergebnis der beabsichtigten Stellenbesetzung umfassen. Nur so wurde der Kläger nämlich in die Lage versetzt, die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs abschätzen zu können. Anderenfalls würde ihm nämlich zugemutet, die ihn belastende negative Entscheidung gleichsam "auf Verdacht" angreifen zu müssen; dies würde nach den Grundsätzen, die der erkennende Senat über die Notwendigkeit der Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz aufgestellt hat (Senatsurteil BGHZ 113, 17, 24) [BGH 15.11.1990 - III ZR 302/89], die Anforderungen überspannen, die an den Betroffenen zur Wahrnehmung seiner eigenen Interessen billiger- und zumutbarerweise gestellt werden müssen.
b) Wie diese Mitteilung im einzelnen ausgestaltet sein muß, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Insbesondere kann dahingestellt bleiben, ob der erfolgreiche Mitbewerber stets namentlich benannt werden muß und/oder ob es erforderlich und ausreichend ist, zumindest in groben Zügen die Gründe für die Endentscheidung darzulegen. Hier genügt vielmehr die Feststellung, daß die bloße Erklärung, die Wahl sei nicht auf den Kläger gefallen, für sich allein genommen keine ordnungsgemäße, den Anforderungen an die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes genügende Erfüllung dieser Mitteilungspflicht war.
c) Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, daß der Kläger die erforderlichen Kenntnisse durch die Pressenotiz zum 16. Juni 1992 erhalten habe. Denn die Zeitspanne, die zwischen dieser Kenntniserlangung und dem tatsächlichen Vollzug der Ernennung der Mitbewerberin lag, war zu kurz, um dem Kläger eine sachgemäße Rechtsschutzentscheidung zu ermöglichen. Im wissenschaftlichen Schrifttum werden insoweit Zeitspannen von mindestens zwei Wochen für erforderlich gehalten (vgl. etwa Wittkowski, NJW 1993, 817, 819 m.w.N.; s. auch die Feststellung des Berufungsgerichts, wonach im Geschäftsbereich des Niedersächsischen Ministeriums der Justiz diese Frist ebenfalls auf mindestens zwei Wochen angesetzt wird).
d) Die Mitteilungspflicht des Beklagten entfiel hier nicht deshalb, weil dieser die Bewerbung des Klägers bereits mit Schreiben vom 25. Mai 1992 abschlägig beschieden hatte; denn dies allein versetzte den Kläger noch nicht in die Lage, die vom Beklagten beabsichtigte oder getroffene Auswahlentscheidung zu überprüfen und die Erfolgsaussicht einer Konkurrentenklage zu beurteilen. Auch kam dem Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 25. Mai 1992 keine aufschiebende Wirkung in bezug auf die endgültige Stellenbesetzung nach Abschluß des behördeninternen Auswahlverfahrens zu (vgl. Günther, NVwZ 1986, 697, 700 f.; s. auch Wittkowski aaO. S. 819; Schnellenbach, DÖD 1990, 153, 156). An dieser Beurteilung hat die durch das Vierte Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2809) eingefügte Vorschrift des § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO nichts geändert.
e) Hinzu kommt hier, daß der Kläger in seinem Widerspruchsschreiben vom 18. Juni 1992 um rechtzeitige Mitteilung gebeten hatte, wann eine Ernennung beabsichtigt sei, um es ihm zu ermöglichen, sich ggf. um einstweiligen Rechtsschutz zu bemühen. Nachdem in den vorangegangenen Verfahrensstadien der Grundrechtsschutz des Klägers durch Gewährung der verfahrensmäßigen Rechtsschutzgarantien wie dargelegt nicht in vollem Umfang gewahrt worden war, wäre es von der Sache hier geboten gewesen, spätestens jetzt eine dem Rechtsschutzinteresse des Klägers genügende Zeitspanne zuzuwarten, ehe endgültig vollendete Tatsachen geschaffen wurden. Dem steht nicht entgegen, daß dem ausgewählten Bewerber grundsätzlich ein Anspruch auf unverzügliche Aushändigung der Ernennungsurkunde zustand (vgl. Senatsurteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 182/82 = MDR 1984, 205). Das entsprechende Interesse überwog jedenfalls nicht dasjenige des Konkurrenten an der Absicherung seiner verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzmöglichkeit. Im übrigen ergibt sich aus dem eigenen Vortrag des Beklagten, daß die ursprüngliche Beschlußvorlage des Kreisausschusses lediglich eine Einstellung der Mitbewerberin "zum frühestmöglichen Zeitpunkt" unter gleichzeitiger Abordnung an ihren ehemaligen Dienstherrn bis zur Übertragung der Dezernatsleitung zum 1. September 1992 vorgesehen hatte. Der sofortige Vollzug der Ernennung schon am 24. Juni 1992 war dementsprechend nicht durch ein dringendes dienstliches Bedürfnis veranlaßt.
f) Eine wertende Betrachtung des gesamten Stellenbesetzungsverfahrens ergibt somit, daß die verfahrensmäßigen Rechtsschutzgarantien des Klägers seitens des Beklagten pflichtwidrig mißachtet worden sind. Das Berufungsgericht hat darin zu Recht den Tatbestand einer Amtspflichtverletzung im Sinne des § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG erblickt. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht hervorgehoben, daß die beteiligten Amtsträger des Beklagten, insbesondere den Oberkreisdirektor, ein Schuldvorwurf trifft. Ihnen hätte bei Anlegung des im Amtshaftungsrecht geltenden objektivierten Sorgfaltsmaßstabs (vgl. dazu z.B. Senatsurteil BGHZ 106, 323, 329/330 m.w.N.) nicht verborgen bleiben können, daß nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19. September 1989 (aaO.) auf die berechtigten Belange des Klägers in der Weise Rücksicht zu nehmen war, daß ihm innerhalb einer für seine Rechtsschutzentscheidung ausreichenden Zeitspanne die erforderlichen Mitteilungen gemacht wurden.
4. Diese verletzte Amtspflicht bestand auch zugunsten des Klägers als eines geschützten "Dritten". Dies ergibt sich schon daraus, daß sie dem unmittelbaren Individualinteresse des Klägers diente.
5. Das Berufungsgericht hat aufgrund des seiner Beurteilung unterliegenden Sach- und Streitstandes, der auch für das Revisionsverfahren maßgeblich ist (§ 561 ZPO), mit Recht festgestellt, daß die Amtspflichtverletzung für den vom Kläger behaupteten Schaden ursächlich geworden ist.
a) Zur Beantwortung der Frage, ob die Amtspflichtverletzung den behaupteten Schaden verursacht hat, ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten des Amtsträgers genommen hätten und wie sich in diesem Falle die Vermögenslage des Verletzten darstellen würde. Insoweit obliegt dem Anspruchsteller grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast. Stehen allerdings die Amtspflichtverletzung und eine zeitlich nachfolgende Schädigung fest, kann - sofern dafür nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung oder Wahrscheinlichkeit besteht - der öffentlichen Körperschaft der Nachweis überlassen werden, daß der Schaden nicht auf die Amtspflichtverletzung zurückzuführen ist. Dem Schädiger kommen darüber hinaus die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO zugute, die auch die Anforderungen an die Darlegung verringern (vgl. Senatsurteile vom 22. Mai 1986 - III ZR 237/84 = NJW 1986, 2829, 2831; vom 8. Juni 1989 - III ZR 63/88 = NJW 1989, 2945, 2946, vom 6. Oktober 1994 - III ZR 134/93 = WM 1995, 64, 66).
b) Dementsprechend bedarf es im vorliegenden Fall der Prüfung, ob die rechtzeitige Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes zu einer Neudurchführung des Stellenbesetzungsverfahrens und als deren Ergebnis schließlich zu einer Auswahl gerade des Klägers für den in Rede stehenden Dienstposten geführt hätte. Der Kläger hatte dazu unter Bezugnahme auf seine Bewerbungsunterlagen und die darin enthaltenen Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsnachweise vorgetragen, daß er im Vergleich zu der tatsächlich ernannten Mitbewerberin, aber auch im Vergleich zu allen anderen Bewerbern, für die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle am besten geeignet gewesen sei und daß bei sachgerechtem Vorgehen des Beklagten die Auswahl auf ihn hätte fallen müssen. Damit hat der Kläger - wie das Berufungsgericht zu Recht festgestellt hat - den an seine Darlegungslast zu stellenden Anforderungen genügt. Eine weitere Substantiierung seines Vortrags im Hinblick auf seine den jeweiligen Mitbewerbern überlegene Eignung war, entgegen der Auffassung der Revision, nicht zu verlangen.
aa) Die Entscheidung über die Einstellung oder Beförderung eines Bewerbers und die Auswahl unter mehreren Bewerbern liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn; die insoweit vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar, insbesondere darauf, ob sachwidrige Erwägungen angestellt wurden. Dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn ist es auch überlassen, welchen sachlichen Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimißt und in welcher Weise er das grundrechtsgleiche Zugangsrecht verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt wird (vgl. BVerwGE 68, 109, 110; BVerwG DVBl. 1994, 118, 119; BVerfGE 39, 334, 354) [BVerfG 22.05.1975 - 2 BvL 13/73]. Führt dieser Leistungsvergleich zu einer im wesentlichen gleichen Eignung der Bewerber für das zu besetzende Amt, kann der Dienstherr die Auswahl nach weiteren sachgerechten Merkmalen treffen (vgl. BVerwGE 80, 123, 126 [BVerwG 25.08.1988 - 2 C 51/86]; BVerwG DVBl. 1994, 118, 119).
bb) Mit Rücksicht auf den weiten Ermessens- und Beurteilungsspielraum des Dienstherrn wird es sich indessen ohne entsprechende Aufklärung regelmäßig der Kenntnis des erfolglosen Bewerbers entziehen, nach welchen Kriterien die konkrete Auswahlentscheidung getroffen wurde. Dies gilt im besonderen Maße für "außenstehende" Bewerber, denen die Interna betreffend das Bewerberfeld und die Verwaltungspraxis der Einstellungsbehörde nicht zugänglich geworden sein dürften. Dies muß im Amtshaftungsprozeß zu einer sachgerechten Modifizierung und Einschränkung der den unterlegenen Bewerber treffenden Darlegungs- und Beweislast führen. In diesem Sinne hat der Senat für die - in der Problematik ähnlich liegende - Frage nach dem hypothetischen Ausgang eines Wahl- oder Prüfungsverfahrens ausgesprochen, daß dem durch eine Fürsorgepflichtverletzung seines Dienstherrn oder die Mitwirkung eines voreingenommenen Prüfers in Beweisnot geratenen Geschädigten bis zur Umkehr der Beweislast gehende Beweiserleichterungen zugebilligt werden können (vgl. Senatsurteile vom 8. Dezember 1977 - III ZR 46/75 = LM BGB § 839 (Fd) 19 und vom 3. März 1983 - III ZR 34/82 = NJW 1983, 2241, 2242) [BGH 03.03.1983 - III ZR 34/82].
cc) Die hier in Rede stehende Amtspflicht zielte - wie dargelegt - gerade auf die prozessuale Absicherung des dem Bewerber um eine Beamtenstelle verfassungsrechtlich garantierten Zugangsrechts; spätestens im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren hätte - von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO) - eine Aufklärung der Auswahlkriterien des Beklagten und deren sachgerechte Abwägung im Rahmen des Stellenbesetzungsverfahrens erfolgen müssen. Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, daß ein Bewerber, der durch eine Amtspflichtverletzung, wie sie hier in Rede steht, vor vollendete Tatsachen gestellt worden ist, im allgemeinen praktisch nicht die Möglichkeit hat, konkret darzulegen, daß bei pflichtgemäßer Durchführung des Auswahlverfahrens seine Bewerbung hätte Erfolg haben müssen. Deshalb ist es in einem solchen Fall geboten, daß der auf Schadensersatz verklagte Dienstherr seinerseits substantiiert darlegt, wie sich die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten entwickelt hätten, um dem Kläger die Chance zu geben, hierauf durch den Vortrag von Einzelheiten zu erwidern. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Sachvortrag des Beklagten sei in dieser Beziehung mangels Substanz unerheblich, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Den Ausführungen des Beklagten ist nicht zu entnehmen welche konkreten Eignungsbeurteilungen und Auswahlerwägungen seiner Entscheidung, der Mitbewerberin den Vorzug vor dem Kläger zu geben, zugrundelagen. Die Notwendigkeit konkreter Darlegungen mußte sich dem Beklagten hier auch deswegen aufdrängen, weil der Kläger nach seinem beruflichen Werdegang für die ausgeschriebene Stelle ersichtlich qualifiziert war, die Ernennung der Mitbewerberin, einer jungen Probebeamtin mit nur begrenzter Berufserfahrung im Bereich der Kommunalverwaltung, dagegen zumindest nicht dem Leitbild der einschlägigen Laufbahnvorschriften entsprach. Demgemäß hat das Berufungsgericht dem Beklagten durch Beschluß vom 4. Januar 1994 zu Recht aufgegeben, seine Auswahlentscheidung zu erläutern. Darauf hat der Beklagte lediglich mit allgemeinen Ausführungen, insbesondere zum Gang des Auswahlverfahrens, zum Ermessen der Einstellungsbehörde sowie zur Darlegungs- und Beweislast geantwortet. Zu der Frage, wie der Kläger im Falle sachgemäßer Beurteilung bei einem Leistungs- und Eignungsvergleich mit den weiteren Mitbewerbern abgeschnitten hätte, fehlt seitens des Beklagten jegliches substantiierte Vorbringen.
6. Der Amtshaftungsanspruch des Klägers scheitert hier auch nicht daran, daß dieser es unterlassen hätte, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (§ 839 Abs. 3 BGB). Wie sich aus den vorausgegangenen Darlegungen ergibt, ist dem Kläger seitens des Beklagten die Möglichkeit einer sachgemäßen Rechtsschutzentscheidung vorenthalten worden.
Insbesondere brauchte er, nachdem er den Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, er wolle gegebenenfalls einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen, nicht damit zu rechnen, daß der Beklagte als eine dem Rechtsstaatsprinzip verpflichtete öffentlich-rechtliche Körperschaft diese Möglichkeit durch sofortige Aushändigung der Ernennungsurkunde an die Mitbewerberin vereiteln werde. Deshalb kann dem Kläger das Unterlassen eines Rechtsbehelfs nicht als Verschulden gegen sich selbst angelastet werden.
7. Der Schaden ist in der zuerkannten und festgestellten Höhe unstreitig.
8. Nach alledem ist der Amtshaftungsklage mit Recht stattgegeben worden; das Berufungsurteil war unter Zurückweisung der Revision zu bestätigen.