Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Urt. v. 12.01.1994, Az.: XII ZR 167/92

Revision; Zurückverweisung; Unzulässiges erstinstanzliches Teilurteil

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
12.01.1994
Aktenzeichen
XII ZR 167/92
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1994, 15259
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • MDR 1994, 613 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1994, 2236 (amtl. Leitsatz)
  • NJW-RR 1994, 379-381 (Volltext mit amtl. LS)
  • SGb 1994, 378 (amtl. Leitsatz)
  • WM 1994, 865-868 (Volltext mit amtl. LS)
  • WuM 1994, 203-205 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Zur Zulässigkeit einer Zurückverweisung durch das Revisionsgericht an die erste Instanz, wenn die erste Instanz ein unzulässiges Teilurteil erlassen hat.

Tatbestand:

1

Der Kläger ist Eigentümer eines Hauses in W.-B.. Durch Vertrag vom 15. Februar 1976 vermietete er ein in diesem Hause gelegenes Ladenlokal an den Beklagten. Der Mietvertrag war befristet bis zum 1. Oktober 1986 und sollte sich jeweils um ein Jahr verlängern, wenn nicht eine Partei spätestens 12 Monate vor Ablauf der Mietzeit der Verlängerung widersprechen würde. Der Beklagte vermietete das Ladenlokal weiter. Als der Kläger im Jahre 1978 erfuhr, daß die Untermiete inzwischen deutlich höher war als die Miete, verlangte er von dem Beklagten einen "Untervermietungszuschlag". Als der Beklagte sich weigerte, diesen Zuschlag zu zahlen, erklärte der Kläger mit Schreiben vom 28. Februar 1979 die fristlose Kündigung des mit dem Beklagten bestehenden Mietvertrages und veranlaßte die Untermieter, mit ihm einen direkten Mietvertrag abzuschließen und die Miete direkt an ihn zu zahlen. Er entwarf den Untermietern ein Schreiben, in welchem sie die Anfechtung des mit dem Beklagten geschlossenen Untermietvertrages wegen arglistiger Täuschung erklärten mit der Begründung, der Beklagte sei zur Untervermietung nicht berechtigt gewesen. Die Untermieter zahlten mindestens von März 1979 bis Dezember 1980 die Miete an den Kläger, an den Beklagten zahlten sie seit März 1979 nichts mehr.

2

Der Beklagte erwirkte gegen den Kläger ein inzwischen rechtskräftiges Urteil vom 30. April 1981, in dem festgestellt wurde, daß das Mietverhältnis zwischen den Parteien fortbestehe. Im Frühjahr 1981 räumten die Untermieter das Lokal und tauchten unter. Der Beklagte kündigte ihnen daraufhin - zu Händen ihrer Zustellungsbevollmächtigten - fristlos. Der Kläger vermietete das Ladenlokal zum 1. Mai 1981 an einen neuen Mieter zum Betrieb eines Obst- und Gemüsehandels weiter, konnte es diesem neuen Mieter aber nicht übergeben, weil der Beklagte es wieder in Besitz genommen hatte.

3

Der Beklagte erwirkte gegen die Untermieter wegen rückständigen Mietzinses einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid über 72.835,71 DM (zuzüglich Mehrwertsteuer und Zinsen). Er konnte bis heute aus diesem Titel aber nur wegen eines geringen Betrages vollstrecken, der auf die Vollstreckungskosten verrechnet wurde.

4

Mit Schreiben vom 27. Dezember 1984 widersprach der Kläger einer Verlängerung des Mietvertrages über den 1. Oktober 1986 hinaus, dennoch räumte der Beklagte das Ladenlokal zu diesem Termin nicht.

5

Mit der im Jahre 1987 erhobenen Klage verlangte der Kläger die Räumung des Ladenlokals. Der Beklagte machte im Wege der Widerklage u.a. Schadensersatzansprüche geltend, weil seine Untermieter wegen der Intervention des Klägers den Mietzins an den Kläger statt an ihn gezahlt hatten. Der Kläger erklärte gegenüber den mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüchen hilfsweise die Aufrechnung mit angeblichen Schadensersatzansprüchen, die er daraus herleitete, daß der Beklagte ihm den Besitz an dem Ladenlokal vorenthalten habe. Später erweiterte er die Klage um diese Schadensersatzansprüche.

6

Durch ein erstes Teilurteil, das inzwischen rechtskräftig ist, hat das Landgericht der Räumungsklage stattgegeben. Durch ein zweites Teilurteil hat es die Widerklage abgewiesen. Der Beklagte hat dieses zweite Teilurteil mit seiner Berufung nur angefochten, soweit die erwähnte Schadensposition (ihm entgangener Mietzins) abgewiesen worden ist. Diesen Teil der Widerklageforderung hatte das Landgericht mit der Begründung abgewiesen, insofern sei dem Beklagten kein Schaden entstanden, weil seine Ansprüche gegen seine Untermieter - inzwischen tituliert - weiterbestanden hätten und weil seine Untermieter durch die von ihnen an den Kläger direkt geleisteten Zahlungen von dieser Verpflichtung nicht frei geworden seien. In der Berufungsinstanz hat der Beklagte die Widerklage erhöht. Das Berufungsgericht hat die Widerklageforderung für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt und die Sache wegen des Betragsverfahrens an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag auf Zurückweisung der Berufung und, soweit die Widerklage in zweiter Instanz erhöht worden ist, auf Abweisung der Widerklage weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

8

1. Das Berufungsgericht führt aus, der Kläger sei nicht berechtigt gewesen, den Mietvertrag mit Rücksicht auf die Weigerung des Beklagten, wegen der Untervermietung eine höhere Miete zu zahlen, fristlos zu kündigen. Daß er es dennoch getan habe und dann mit den Untermietern des Beklagten einen direkten Hauptmietvertrag abgeschlossen habe, stelle eine positive Vertragsverletzung dar, die ihn zum Schadensersatz verpflichte. Ein Schaden sei dem Beklagten entstanden, weil der Kläger durch sein vertragswidriges Verhalten die Untermieter bewegt habe, von März 1979 bis Oktober 1981 den Mietzins direkt an ihn - den Kläger - zu zahlen statt an den Beklagten. Es beeinträchtige den Schadensersatzanspruch des Beklagten nicht, daß er gegen die Untermieter einen vollstreckbaren Titel wegen der nicht an ihn gezahlten Miete in Händen habe. Dieser Titel sei nämlich wertlos, weil aus ihm unstreitig nicht vollstreckt werden könne. Daß der Beklagte zunächst eine außergerichtliche Regelung angestrebt und erst im Jahre 1981 einen Zahlungsbefehl gegen seine Untermieter beantragt habe, könne ihm nicht als mitwirkendes Verschulden angerechnet werden. Die Schadensersatzansprüche des Beklagten seien auch nicht verjährt, da solche Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung nicht in entsprechender Anwendung des § 558 BGB in sechs Monaten, sondern in 30 Jahren verjährten.

9

Der Kläger habe zwar zunächst gegenüber der Widerklageforderung hilfsweise die Aufrechnung erklärt mit den angeblichen Schadensersatzansprüchen, die er nun - ungekürzt - mit der Klage geltend mache. Im Termin vor dem Berufungsgericht habe der Prozeßbevollmächtigte des Klägers auf Befragen des Gerichts "klargestellt", daß der Kläger diese Hilfsaufrechnung aufrechterhalte, seine Klageforderung aber dennoch nicht reduzieren wolle. Das mit der Klage geltend gemachte "Zahlungsbegehren schließe aber eine gleichzeitige Hilfsaufrechnung in demselben Prozeß, weil in sich widersprüchlich, aus". Das Berufungsgericht gehe deshalb davon aus, "daß der Kläger bei objektivierter Betrachtungsweise (Empfängerhorizont) die Hilfsaufrechnung durch die spätere klageweise Geltendmachung des Aufrechnungsbetrages fallengelassen" habe. Dem stehe nicht entgegen, daß der Kläger im Termin vor dem Berufungsgericht erklärt habe, vorsorglich an der erstinstanzlichen Hilfsaufrechnung festzuhalten, da er nach dem entsprechenden Hinweis des Senates keine Klageermäßigung vorgenommen habe und es zudem einer erneuten Aufrechnungserklärung bedurft hätte, nachdem die erstinstanzliche Aufrechnung fallengelassen worden sei.

10

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten nicht in allen Punkten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

11

2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die mit der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzforderung sei - vorbehaltlich der von dem Kläger erklärten Hilfsaufrechnung - dem Grunde nach gerechtfertigt.

12

a) § 9 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrages enthält eine vorgedruckte Untervermietungsklausel. Darin ist vorgesehen, daß der Beklagte im Falle der Untervermietung einen Untermietzuschlag zahlen müsse. Der Kläger hat die Klausel mit dem handschriftlichen Zusatz versehen: "Untervermietung gestattet". Das Berufungsgericht entnimmt diesem Zusatz, daß die Untervermietung entgegen der vorgedruckten Fassung des Vertrages uneingeschränkt und ohne Aufpreis gestattet sein sollte. Gegen diese Annahme wendet sich der Kläger ohne Erfolg. Das Berufungsgericht kommt zu diesem Ergebnis aufgrund einer Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages. Die Auslegung eines Vertrages ist eine tatrichterliche Würdigung und unterliegt der revisionsrechtlichen Überprüfung nur darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf gerügten Verfahrensfehlern beruht (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, zuletzt Urteil vom 25. Februar 1992 - X ZR 88/90 - BGHR ZPO § 549 Abs. 1 Vertragsauslegung 1 = NJW 1992, 1967, 1968 m.N.). Einen revisionsrechtlich relevanten Auslegungsfehler des Berufungsgerichts zeigt die Revision nicht auf. Zu Unrecht meint sie, das Berufungsgericht habe den Vortrag des Klägers, der handschriftlich hinzugefügte Passus sei anders zu verstehen, übergangen. Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang keinen Vortrag des Klägers außer acht gelassen, es hat sich lediglich der von dem Kläger vorgetragenen Auslegung des Vertrages nicht angeschlossen.

13

b) Zu Unrecht meint die Revision auch, der Kläger habe die von ihm erteilte Genehmigung zur Untervermietung zumindest wirksam widerrufen. Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie die Revision meint - das Schreiben des Klägers vom 28. Februar 1979 einen solchen Widerruf enthält. Nach der rechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Mietvertrages durch das Berufungsgericht haben sich die Parteien in diesem Mietvertrag geeinigt, daß der Beklagte zur Untervermietung berechtigt sein sollte. Diese Vereinbarung konnte der Kläger nicht durch eine einseitige Erklärung beseitigen.

14

c) Zu Unrecht meint die Revision weiter, das Berufungsgericht habe nicht hinreichend dargelegt, daß dem Beklagten überhaupt ein Schaden entstanden sei. Solange nicht endgültig feststehe, ob der Beklagte aus seinem Titel gegen seine Untermieter nicht doch noch vollstrecken könne, könne ihm auch kein Schadensersatzanspruch gegen den Kläger zustehen. Ein Schaden ist dem Beklagten durch das vertragswidrige Verhalten des Klägers insofern entstanden, als die Untermieter über längere Zeit die Miete statt an ihn an den Kläger gezahlt haben. Daß der Beklagte wegen der ihm entgangenen Miete nach wie vor einen titulierten Anspruch gegen seine Untermieter hat, steht der Annahme eines Schadens - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht entgegen, weil dieser Titel wirtschaftlich wertlos ist.

15

d) Entgegen den Ausführungen der Revision ist das Berufungsgericht auch zu Recht davon ausgegangen, daß der mit der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht der kurzen Verjährungsfrist des § 558 Abs. 1 BGB unterliegt. Nach dieser Vorschrift verjähren in sechs Monaten (außer bestimmten Ansprüchen des Vermieters) "die Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung". Mit der Widerklage macht der Beklagte als Mieter Schadensersatzansprüche im Anschluß an eine unberechtigte fristlose Kündigung geltend. Derartige Schadensersatzansprüche werden von § 558 Abs. 1 BGB nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht erfaßt (vgl. Emmerich/Sonnenschein, Miete, 6. Aufl. 1991, § 558 Rdn. 6 a). Die gegenteilige Auffassung der Revision wird - soweit ersichtlich - in Rechtsprechung und Literatur nicht vertreten.

16

3. Dagegen rügt die Revision mit Erfolg, das Berufungsgericht sei verfahrensfehlerhaft davon ausgegangen, der Kläger habe seine gegenüber der mit der Widerklage geltend gemachten Schadensersatzforderung erklärte Hilfsaufrechnung fallengelassen. Eine entsprechende Erklärung hat der Kläger nicht abgegeben. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichts hat im Gegenteil der Prozeßbevollmächtigte des Klägers auf Befragen ausdrücklich erklärt, er halte an der in erster Instanz erklärten Hilfsaufrechnung fest, wolle die Klageforderung aber dennoch nicht ermäßigen. Die Annahme des Berufungsgerichts, "bei objektivierter Betrachtungsweise (Empfängerhorizont)" müsse man dennoch davon ausgehen, daß der Kläger die erklärte Hilfsaufrechnung fallengelassen und nicht erneut die Aufrechnung erklärt habe, ist nicht zu rechtfertigen.

17

Das Berufungsgericht stützt seine Auffassung auf die Rechtsansicht, man könne in einem Zivilprozeß mit einer rechtshängigen Forderung nicht die Aufrechnung erklären.

18

Diese Rechtsansicht ist unzutreffend. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß die Rechtshängigkeit einer Forderung ihren Inhaber nicht hindert, mit dieser Forderung die Aufrechnung gegen eine Gegenforderung zu erklären, die gegen ihn einklagt wird (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1977 - VIII ZR 20/86 - NJW 1977, 1687; Urteil vom 29. Januar 1986 - VIII ZR 298/84 - NJW 1986, 2767; MünchKomm-ZPO/Peters, § 145 Rdn. 30; Zöller/Greger, ZPO, 18. Aufl. § 145 Rdn. 18). Ebenso ist es zulässig, im Prozeß hilfsweise die Aufrechnung zu erklären und gleichzeitig die Gegenforderung zum Gegenstand einer Widerklage zu machen (BGH, Urteil vom 10. Juli 1961 - VIII ZR 64/60 - NJW 1961, 1862; MünchKomm-ZPO/Peters § 145 Rdn. 29; Zöller/Greger aaO.).

19

Das Berufungsgericht beruft sich für seine gegenteilige Ansicht zu Unrecht auf die Entscheidung BGHZ 57, 242 ff [BGH 11.11.1971 - VII ZR 57/70] (= NJW 1972, 450 ff). In dieser Entscheidung wird im Gegenteil die oben wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestätigt.

20

Selbst wenn seine Ansicht richtig wäre, hätte das Berufungsgericht daraus allenfalls herleiten können, die von dem Kläger erklärte Hilfsaufrechnung sei nicht zulässig. Es hätte aus dieser Rechtsansicht aber nicht herleiten dürfen, die von dem Kläger erklärte und ausdrücklich aufrechterhaltene Hilfsaufrechnung sei von ihm fallengelassen worden.

21

4. Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht hätte sich mit der vom Kläger erklärten Hilfsaufrechnung befassen müssen. Die Sache ist auch nicht aus einem anderen Grund zu einer abschließenden Entscheidung reif und muß deshalb zurückverwiesen werden.

22

Die Entscheidung über die Hilfsaufrechnung kann nicht dem Betragsverfahren überlassen werden. Bei einer Aufrechnung des (Wider-)Beklagten mit rechtlich zusammenhängenden (konnexen) Gegenforderungen darf die (Wider-)Klageforderung nur dann dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt werden, wenn anzunehmen ist, daß sie die zur Aufrechnung gestellte Forderung übersteigt (BGH, Urteil vom 14. Juni 1962 - II ZR 117/61 - NJW 1962, 1618; Zöller/Vollkommer aaO. § 304 Rdn. 8). In diesem Fall ist nämlich damit zu rechnen, daß in dem Betragsverfahren trotz der Aufrechnung ein bestimmter Betrag zuzusprechen ist. Im vorliegenden Falle werden die Forderung und die Gegenforderung auf denselben Vertrag gestützt und insofern besteht Konnexität. Die Forderung, mit der der Kläger hilfsweise die Aufrechnung erklärt hat, ist nominell wesentlich höher als die mit der Widerklage geltend gemachte Forderung des Beklagten. Es ist somit zumindest nicht auszuschließen, daß durch die erklärte Hilfsaufrechnung die mit der Widerklage geltend gemachte Forderung völlig erloschen ist.

23

5. Die Sache ist nicht an das Berufungsgericht, sondern an das Landgericht zurückzuverweisen. Schon das erstinstanzliche Verfahren litt nämlich an einem wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 539 ZPO, aufgrund dessen das Berufungsgericht nach dieser Vorschrift gehalten war, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen. Das Landgericht hätte wegen der Gefahr widersprechender Entscheidungen kein Teilurteil erlassen dürfen. Das Gesetz sieht zwar in § 301 Abs. 1 ZPO vor, daß über eine Widerklage vorab durch Teilurteil entschieden werden kann. Ein solches Teilurteil darf aber nur erlassen werden, wenn die Entscheidung über die Widerklage unabhängig davon ist, wie der Streit über den Rest ausgeht, wenn also die Gefahr widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: BGHZ 20, 311, 312 ff [BGH 30.04.1956 - II ZR 217/54];  107, 236, 242 f; Senatsurteil vom 29. Oktober 1986 - IVb ZR 88/85 - BGHR ZPO § 301 Abs. 1 Unterhaltsabänderung 1 = NJW 1987, 441 m.N.). Diese Grundsätze lassen es nicht zu, über eine Widerklage durch Teilurteil zu entscheiden, wenn gegenüber der Widerklageforderung - wie im vorliegenden Fall - mit einem Teil der Klageforderung die Aufrechnung erklärt ist und wenn die Entscheidung über die Widerklage von dieser Aufrechnung abhängt. Würde nämlich in einem solchen Fall über die Widerklage durch Teilurteil entschieden, so bestünde die Gefahr, daß über den Teil der Klageforderung, mit dem aufgerechnet worden ist, anders entschieden wird als über den restlichen Teil.

24

Dem steht nicht entgegen, daß das Landgericht davon ausgegangen ist, es komme materiellrechtlich auf die vom Kläger erklärte Hilfsaufrechnung nicht an, weil die Widerklageforderung schon nicht schlüssig vorgetragen sei. Aus der Sicht des Landgerichts bestand zwar die Gefahr widersprechender Entscheidungen nicht. Ein Teilurteil ist aber schon dann unzulässig, wenn sich durch die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung im Instanzenzug die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ergeben kann (vgl. Senatsurteil vom 29. Oktober 1986 aaO.; BGH, Urteil vom 10. Oktober 1991 - III ZR 93/90 - BGHR ZPO § 301 Abs. 1 Schadensersatz 3 = WM 1992, 203, 205, jeweils m.N.; Zöller/Vollkommer aaO. § 301 Rdn. 7). Daß im vorliegenden Fall eine solche Gefahr bestand, ergibt sich aus der Entscheidung des Berufungsgerichts.

25

Der Erlaß eines unzulässigen Teilurteils stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel i.S.d. § 539 ZPO dar (MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher § 539 Rdn. 24 m.N.; Thomas/Putzo, ZPO 18. Aufl. § 539 Rdn. 8). Zwar wäre das Berufungsgericht im vorliegenden Fall ausnahmsweise befugt gewesen, zur Beseitigung des Verfahrensfehlers den im ersten Rechtszug anhängig gebliebenen Teil des Rechtsstreits an sich zu ziehen und gemäß § 540 ZPO darüber mitzuentscheiden (BGH, Urteil vom 19. November 1959 - III ZR 93/59 - NJW 1960, 339, 340; Urteil vom 10. Oktober 1991 aaO. S. 206). Eine solche Verfahrensweise wäre aber nicht sachdienlich gewesen. Sie hätte nämlich zur Folge gehabt, daß ohne sachlich gerechtfertigten Grund praktisch der gesamte nach dem ersten Teilurteil anhängig gebliebene Prozeß erst in zweiter Instanz begonnen hätte.

26

Hat das Berufungsgericht eine an sich gebotene Zurückverweisung an die erste Instanz unterlassen, so ist diese Entscheidung durch das Revisionsgericht nachzuholen (vgl. BGHZ 16, 71, 82;  101, 134, 141 ff; BGH, Urteil vom 13. April 1992 - II ZR 105/91 - BGHR ZPO § 565 Abs. 3 Nr. 1 Prozeßvoraussetzung, fehlende 1 = NJW 1992, 2099, 2100 m.w.N.). Das Urteil des V. Senats vom 22. März 1991 (V ZR 16/90 - BGHR ZPO § 301 Abs. 1 Zurückverweisung 1 = NJW 1991, 2082) steht dem nicht entgegen. In diesem Urteil ist ausgeführt, da der Erlaß eines unzulässigen Teilurteils durch die erste Instanz vom Revisionsgericht nur auf eine entsprechende Rüge hin zu berücksichtigen sei, könne ohne eine solche Rüge der Rechtsstreit dann nicht wegen des in dem Erlaß des unzulässigen Teilurteils liegenden Verfahrensverstoßes direkt an die erste Instanz zurückverwiesen werden, wenn die Sache aus anderen Gründen aufzuheben sei. Die Sache müsse in einem solchen Fall an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden und nur dieses könne sie u.U. nach § 539 ZPO an das Landgericht weiterverweisen.

27

Es kann offenbleiben, ob der erkennende Senat sich dieser Rechtsansicht anschließen kann. Bedenken könnten bestehen, weil das Revisionsgericht, wenn das Berufungsurteil aufzuheben ist, zu überprüfen hat, ob es nach § 565 Abs. 3 ZPO selbst abschließend entscheiden kann. Nach der oben zitierten ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann eine solche, die Entscheidung des Berufungsgerichts ersetzende Entscheidung des Revisionsgerichts auch in einer Zurückverweisung an das Landgericht nach § 539 ZPO bestehen. Da das Berufungsgericht nach dieser Vorschrift wegen eines Verfahrensverstoßes der ersten Instanz auch ohne Rüge zurückverweisen kann, leuchtet es nicht ohne weiteres ein, daß das Revisionsgericht, wenn es die Entscheidung des Berufungsgerichts zu ersetzen hat, eine entsprechende Entscheidung nur auf eine Rüge hin erlassen darf.

28

Diese Frage kann aber dahingestellt bleiben, weil im hier zu entscheidenden Fall der Beklagte vorsorglich (für den Fall, das seinem Antrag auf Zurückweisung der Revision nicht entsprochen werde) den Erlaß eines Teilurteils gerügt hat.