Bundesgerichtshof
Urt. v. 16.04.1993, Az.: V ZR 87/92
Vermögensfragen; Schenkung; Unredlichkeit; Übergangsregelung; Zwangsveräußerung; DDR; Berufung
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 16.04.1993
- Aktenzeichen
- V ZR 87/92
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1993, 15120
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BGHZ 122, 204 - 211
- BB 1993, 1762 (amtl. Leitsatz)
- DB 1993, 1820-1821 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1994, 60-62 (Volltext mit amtl. LS)
- NJ 1993, 418-419 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1993, 2050-2052 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW-RR 1993, 1291 (amtl. Leitsatz)
- WM 1993, 1289-1291 (Volltext mit amtl. LS)
- ZBB 1993, 186
- ZIP 1993, 1030-1032 (Volltext mit amtl. LS)
- ZIP 1993, A70 (Kurzinformation)
Amtlicher Leitsatz
1. Haben die Parteien, um die Folgen der Zwangsveräußerung des in der ehemaligen DDR gelegenen Grundbesitzes für den Ausreisewilligen abzumildern, eine Schenkung beurkunden lassen, tatsächlich aber eine Gegenleistung des Erwerbers vereinbart, so ist die Berufung auf den hierdurch begründeten zivilrechtlichen Mangel durch das VermG ausgeschlossen.
2. Der Rechtserwerb ist nicht unredlich i. S. des VermG, wenn der Erwerber, um die Folgen der Zwangsveräußerung für den Ausreisewilligen abzumildern, mit diesem einen notariellen Schenkungsvertrag über Grundvermögen in der ehemaligen DDR geschlossen, tatsächlich aber die Erbringung einer Gegenleistung vereinbart hat; Unredlichkeit liegt in diesem Fall vor, wenn der Erwerber sich nur zum Schein über die Unvollständigkeit der Beurkundung hinweggesetzt, in Wirklichkeit aber die Absicht gehabt hat, die formwidrig vereinbarte Gegenleistung dem Veräußerer vorzuenthalten.
3. Ist die Berufung auf die zivilrechtlichen Mängel eines Veräußerungsgeschäfts durch das VermG ausgeschlossen, so stehen dem Veräußerer bei einer Leistungsstörung gegen den redlichen Erwerber die hierfür nach dem Zivilrecht vorgesehenen Ansprüche zu.
Tatbestand:
Die Parteien schlossen am 25. März 1982 vor dem Staatlichen Notariat in M. einen Vertrag, wonach der Kläger und seine Ehefrau zwei zur ehelichen Vermögensgemeinschaft gehörende Grundstücke (Einfamilienhaus mit Garten) dem Beklagten, einem Neffen des Klägers, schenkten. Der Beklagte übernahm das zugunsten der Eltern des Klägers eingetragene lebenslängliche Insitzrecht samt den ihm zugrundeliegenden persönlichen Verpflichtungen. Außerdem verpflichtete er sich, die Grundstücke nur innerhalb der Familie des Klägers zu verkaufen. Der Schenkungsvertrag wurde beurkundet, um dem Kläger und seiner Ehefrau die legale Ausreise aus der DDR zu ermöglichen und zugleich den Zwang zum Verkauf an einen bestimmten Dritten oder zugunsten des Volkseigentums abzuwenden. Der Beklagte wurde als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Er nutzt das Haus als Wohnung.
Der Kläger hat behauptet, die Beurkundung sei gegen das mündliche Versprechen des Beklagten vorgenommen worden, monatlich 200 Mark der DDR auf das Sparkonto eines Treuhänders einzuzahlen. Die Veräußerung sei deshalb unwirksam. Unstreitig hat der Beklagte keine Zahlung geleistet.
Über einen Antrag des Klägers auf Rückübertragung der Grundstücke nach dem Vermögensgesetz ist bisher nicht entschieden worden.
Das Kreisgericht hat der auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs zugunsten des Klägers und seiner Ehefrau gerichteten Klage stattgegeben. Das Bezirksgericht hat sie abgewiesen.
Mit der Revision verfolgt der Kläger den Berichtigungsantrag weiter. Der Beklagte beantragt Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
Die Revision bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
I. 1. Das Berufungsgericht hat die Bekundungen der in erster Instanz vernommenen Zeugen dahin gewürdigt, daß sich nicht feststellen lasse, ob der Beklagte die Erklärung, er verpflichte sich zur Zahlung, abgegeben habe. Es müsse daher davon ausgegangen werden, daß der Schenkung keine Bedingung oder Auflage, die nach dem Zivilrecht der DDR zur Nichtigkeit des Geschäfts geführt hätte, beigefügt worden sei.
2. Dies hält den Verfahrensrügen nicht stand.
Die Revision rügt zu Recht, daß das Berufungsgericht die protokollierte Aussage des Zeugen R. C. anders verstanden hat als das Berufungsgericht, ohne den Zeugen, wie es in diesem Falle nach § 398 ZPO geboten war, erneut zu vernehmen (vgl. BGH, Urt. v. 3. April 1984, VI ZR 195/82, NJW 1984, 2629; v. 29. Januar 1991, IX ZR 76/90, BGHR ZPO § 398 Abs. 1 - Ermessen 10). Im Protokoll des Kreisgerichts vom 8. August 1991 ist als Aussage des Zeugen festgehalten, dieser habe bei einem Besuch in der damaligen DDR den Beklagten im Auftrag des Klägers auf den Umstand angesprochen, daß kein Geld bezahlt worden sei. Der Beklagte habe hierauf erwidert: "Alles okay. Das geht dich jedoch nichts an, da es eine Vereinbarung mit deinem Vater ist". Das Kreisgericht hat diese Bekundung so verstanden, daß der Zeuge die Existenz der mündlichen Vereinbarung, von der ihn der Kläger und dessen Ehefrau zuvor in Kenntnis gesetzt hätten, von dem Beklagten bestätigt erhalten habe. Demgegenüber versteht das Berufungsurteil den Zeugen dahin, daß der Beklagte ihm lediglich mitgeteilt habe, "diese Geschichte gehe nur ihn und seinen Vater etwas an". Dies war allein aufgrund der gerichtlichen Niederschrift nicht statthaft.
Ein weiterer Verstoß gegen § 398 ZPO besteht darin, daß das Berufungsgericht die Aussage des Zeugen T. im Zusammenhang der Beweisgründe unzulässig neu bewertet, ihr nämlich bei der Würdigung der Bekundung des Zeugen C. ein vom Urteil der ersten Instanz abweichendes Gewicht beigemessen hat. Das Kreisgericht hat der Bekundung T. "erhebliche Bedeutung" zugemessen, weil dieser "anschaulich und widerspruchsfrei geschildert" habe, wie er "Kenntnis von den Umständen der Zahlungsvereinbarung und deren Realisierung" erhalten habe und "wie er unter den gegebenen Bedingungen mit dem angelegten Sparbuch verfahren" sei. Durch diese Aussage werde die Bekundung des Zeugen C. bestätigt. Das Berufungsurteil hebt demgegenüber nur darauf ab, daß der Zeuge T. zur Haupttatsache, der Vereinbarung der Parteien über die Geldzahlung, nichts habe sagen können. Diese Verschiebung der Gewichte, welche die Indizwirkung der von dem Zeugen bekundeten Umstände in den Hintergrund treten läßt, wäre nicht ohne dessen erneute Vernehmung statthaft gewesen (BGH, Urt. v. 3. November 1987, VI ZR 95/87 und v. 12. November 1991, VI ZR 369/90, BGHR ZPO § 398 Abs. 1 - Ermessen 3 und 13). Den Verfahrensfehler hat die Revision, wie sich aus dem Zusammenhang ihrer Gründe ergibt, ebenfalls gerügt.
II. Das Berufungsurteil stellt sich indessen aus einem anderen Grunde als richtig dar (§ 563 ZPO), denn der geltend gemachte Berichtigungsanspruch ist durch das Vermögensgesetz ausgeschlossen.
1. Aus zivilrechtlicher Sicht steht dem Kläger, wenn sein Vortrag den Tatsachen entspricht, gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Grundbuchberichtigungsanspruch nach Art. 233 § 2 EGBGB, § 894 BGB zu (zu seiner Befugnis, den Anspruch allein geltend zu machen, vgl. Bosch, FamRZ 1991, 1001, 1005 m.w.N.). Hierbei kann dahinstehen, ob das behauptete Zahlungsversprechen des Beklagten, wovon das Berufungsurteil ausgeht, eine Auflage (bzw. seine Erfüllung eine Bedingung) des Geschäftes darstellt oder ob es eine Gegenleistung für die Überlassung der Grundstücke zum Inhalt hat. Im einen Falle läge eine bereits nach §§ 282 Abs. 2, 68 Abs. 1 Nr. 1 ZGB nichtige Schenkung, im anderen ein ganz oder teilweise entgeltliches Geschäft vor, welches, weil nicht vollständig beurkundet, nach §§ 297, 66 Abs. 2 ZGB unwirksam wäre. Die beurkundete Schenkung wäre, da beiderseits ohne die Nebenbestimmung nicht gewollt, auch nach dem Recht der DDR nicht zustande gekommen (Senatsurt. v. 19. März 1993, V ZR 247/91V ZR 247/91, zur Veröffentlichung bestimmt). Ob die Übernahme der persönlichen Verpflichtungen aus dem Insitzrecht und die schuldrechtliche Veräußerungsbeschränkung, die im Sinne des § 525 BGB Auflagen darstellen würden (Senatsurt. v. 7. April 1989, V ZR 252/87, NJW 1989, 2122 [BGH 07.04.1989 - V ZR 252/87]; Staudinger/Reuss, BGB, 12. Aufl., § 525 Rdn. 9), zusätzlich zur Nichtigkeit einer Schenkung geführt hätten, kann offenbleiben. Da mithin nach dem Vortrag des Klägers kein wirksamer Vertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist, hätte der Beklagte nach dem Zivilrecht der DDR, dem die Trennung des verpflichtenden von dem verfügenden Geschäft fremd war (Kollektivkommentar zum ZGB, 2. Aufl., § 26 Anm. 1. 1), kein Eigentum erworben.
2. Nach der Rechtsprechung des Senats schließt der Restitutionsanspruch wegen unlauterer Machenschaften (§§ 1 Abs. 3, 3 Vermögensgesetz), der vor allem den hier vorliegenden Fall erfaßt, daß Grundeigentum auf staatlichen Druck zur Erlangung der Ausreisegenehmigung aus der DDR veräußert werden mußte (Amtl. Erläuterungen, BT-Drucks. 11/7817 S. 3), zivilrechtliche Rechtsbehelfe und Ansprüche, die ihren Grund in der Machenschaft haben, aus; dies gilt namentlich für die Anfechtung des Geschäfts wegen Drohung nach § 70 ZGB oder für die Geltendmachung seiner Nichtigkeit wegen Sittenverstoßes gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 2 ZGB i.V. mit dem Verfassungsgrundsätzegesetz der DDR vom 17. Juni 1990 - GBl I, 299 (Urt. v. 3. April 1992, V ZR 83/91V ZR 83/91, BGHZ 118, 34 [BGH 03.04.1992 - V ZR 83/91] = NJW 1992, 1757). Ausgeschlossen ist, wie der Senat bereits entschieden hat, auch der Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs (Senatsbeschl. v. 8. Oktober 1992, V ZR 44/92, unveröffentl.). Andererseits ist dem Veräußerer die Berufung auf zusätzliche zivilrechtliche Mängel des Geschäfts, die bereits nach dem Recht der DDR zur Unwirksamkeit des Erwerbs geführt hätten, durch das Vermögensgesetz nicht verschlossen (Senatsurt. und -beschl. v. 12. November 1992, V ZR 230/91V ZR 230/91 und V ZB 22/92V ZB 22/92, WM 1993, 26 und 30; Urt. v. 19. Februar 1993, V ZR 269/91V ZR 269/91; jeweils zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt).
Der Mangel des Vertrags der Parteien kann ausschließlich darin bestehen, daß diese, mit der Folge der Unwirksamkeit des Vereinbarten, das, was sie tatsächlich gewollt haben, nicht vollständig beurkunden ließen. Zu der wegen des staatlichen Drucks zum Abschluß des Geschäfts möglichen Anfechtung nach § 70 Abs. 1 Satz 2 ZGB ist es nicht gekommen. Die Nichtigkeit des Geschäfts ist mithin auf einen zu den zivilrechtlichen Auswirkungen der Machenschaft selbst hinzutretenden, zusätzlichen Mangel zurückzuführen. Seine Besonderheit besteht indessen, abweichend von den vom Senat bisher entschiedenen Fällen, darin, daß die Mangelhaftigkeit in einer inneren Wechselbeziehung mit dem Unrechtstatbestand steht (vgl. dazu auch Senatsurt. v. 19. März 1993, V ZR 247/91V ZR 247/91, zur Veröffentlichung bestimmt). Die Parteien haben ihren Willen, mit der Veräußerung des Grundeigentums eine Geldleistung des Beklagten zu verbinden, deshalb verborgen gehalten, weil sie den Bedingungen, die in der DDR für das dem Kläger aufgezwungene Geschäft galten, so weit als möglich ausweichen wollten.
Nach § 297 Abs. 1 Satz 2 ZGB und nach der Grundstücksverkehrsordnung vom 15. Dezember 1977 (GBl I 73) waren Verträge, durch die Eigentum an einem Grundstück übertragen werden sollte, genehmigungspflichtig. Das Genehmigungserfordernis diente der staatlichen Leitung und Kontrolle des Grundstücksverkehrs. Die Genehmigung wurde nach § 3 der Verordnung nur erteilt, wenn die vorgesehene Rechtsänderung oder Rechtsbegründung mit den staatlichen und gesellschaftlichen Aufgaben und Erfordernissen übereinstimmte und die sich aus dem Eigentum gegenüber der sozialistischen Gesellschaft ergebenden Rechte und Pflichten gewahrt wurden. Insbesondere setzte die Genehmigung die preisrechtliche Unbedenklichkeit des Geschäfts voraus, wodurch die Durchsetzung der Preisanordnung Nr. 415 vom 6. Mai 1955 (GBl I 330) gesichert werden sollte, die bei eigengenutzten Grundstücken auf Einheitswerte aus dem Jahre 1936 zurückgriff. Der Sicherung der staatlichen Ziele diente ein umfassendes Vorerwerbsrecht zugunsten des Volkseigentums oder anderen sozialistischen Eigentums (§§ 11 ff der Verordnung), welches den Eigentümer auf eine Entschädigung nach dem preisrechtlich gebundenen Grundstückswert verwies. Diesen Beschränkungen versuchten die Beteiligten vielfach dadurch auszuweichen, daß sie bei Kaufverträgen eine vom beurkundeten Preis abweichende Geldzahlung, in manchen Fällen auch in Devisen, vereinbarten (zu den zivilrechtlichen Auswirkungen einer Unterverbriefung des Kaufpreises vgl. § 305 Abs. 3 ZGB) oder überhaupt statt des gewollten entgeltlichen Geschäfts eine Schenkung beurkunden ließen. Die letzte Möglichkeit konnte sich insbesondere dann anbieten, wenn die Veräußerung zwischen Familienangehörigen stattfand. Sie hatte zudem den Vorteil, daß sie bereits dem äußeren Erscheinungsbild nach eine Gewinnerzielungsabsicht ausschloß und deshalb, jedenfalls bei Hinzutreten eines persönlichen Nutzungsbedürfnisses des Erwerbers, eine Versagung der Genehmigung oder die Ausübung des Vorkaufsrechtes weniger wahrscheinlich machte. In dieser Weise sind auch die Parteien, die damit zugleich das Insitzrecht der Eltern des Klägers sichern wollten, vorgegangen. Der Erwerb durch einen Dritten oder zugunsten des Volkseigentums hätte die weitere Ausübung dieses Rechtes gefährdet. Aufgrund der Verordnung über die Lenkung des Wohnraumes vom 14. September 1967 (GBl II 1) hätte über die den Eltern zustehenden Räume staatlicherseits verfügt werden können.
War, wie der Kläger behauptet, die Beurkundung des nicht Gewollten gerade das von den Parteien gewählte Mittel, um die Folgen einer Zwangsveräußerung abzumildern, so steht sie mit dieser - aus der Sicht des Vermögensgesetzes - in einem untrennbaren Zusammenhang. Die innere Wechselbeziehung zwischen der unlauteren Machenschaft und der zu ihrer (teilweisen) Abwehr getroffenen Gegenmaßnahme läßt die durch das Gegenmittel ausgelöste Nichtigkeitsfolge als Bestandteil des Teilungsunrechts erscheinen. Die Nichtigkeit des Geschäfts ist in diesem Falle, was der Senat in den Entscheidungen vom 12. November 1992 für maßgeblich gehalten hat, aus dem Bereich des allgemeinen Verkehrsrisikos in der Zeit der DDR herausgerückt. Die Erschütterung der Vermögensposition des Beklagten ist für diesen - hierin spiegeln sich die Grenzen des von ihm übernommenen Risikos wider - erst mit dem Umbruch in der DDR spürbar geworden. Vor dem Übergang zu rechtsstaatlichen Verhältnissen war die Geltendmachung der Unwirksamkeit des Beurkundeten und des wirklich Gewollten für die Beteiligten kein praktikabler Behelf.
Hierin unterscheidet sich das Streitverhältnis der Parteien im Ergebnis nicht von dem vom Senat am 3. April 1992 entschiedenen Grundfall, in dem es lediglich um die Anfechtbarkeit wegen der staatlichen Machenschaft ging. Eine Verschiedenheit ergibt sich nur daraus, daß das eine Mal die tatsächlichen Verhältnisse in der DDR die Berufung auf den Verstoß des Staates gegen seine Rechtsvorschriften und damit die Anfechtung nicht zuließen, das andere Mal die Parteien gerade aus diesem Grunde ihrerseits von dem gesetzten Recht abwichen und diese Abweichung für sich als verbindlich ansahen. Von der Zielsetzung des Vermögensgesetzes her, Teilungsunrecht wieder gutzumachen (§§ 1, 3 VermG), aber auch dem redlichen Erwerb Bestandsschutz zu verleihen (§ 4 Abs. 2 und 3 VermG), wäre es ungereimt, in dem einen Falle die zivilrechtlichen Behelfe im Interesse des Fortbestehens redlich erworbener Positionen auszuschließen, ihnen im anderen dagegen keine Schranken zu setzen. Der Erwerber, der unter Hintansetzung zivilrechtlicher Vorschriften dem zum Verkauf seines Grundbesitzes Genötigten eine Erleichterung seiner Lage verschafft hat, ist nicht weniger schutzwürdig als derjenige, der nach den geltenden Bestimmungen Eigentum zum Festpreis gekauft oder sich dieses hat schenken lassen. Das Vermögensgesetz schließt daher auch in seinem Falle die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche aus.
Dieses Ergebnis wird durch eine Kontrollüberlegung zu den Möglichkeiten, die das Vermögensgesetz für den Ausgleich der Konfliktlage bereithält, bestätigt. Das Wissen des Erwerbers um den zivilrechtlichen Mangel steht danach dem Bestandsschutz der erlangten Vermögensposition nicht entgegen. Die Unredlichkeit des Erwerbs ist nach § 4 VermG durch dessen innere Beziehung zu der Machenschaft gekennzeichnet, die den Restitutionsanspruch begründet (Senatsbeschl. v. 12. November 1992). An ihr fehlt es, wenn die bewußte Abweichung von den zivilrechtlichen Vorschriften dazu diente, die Auswirkungen der Manipulation zum Vorteil des Genötigten zu begrenzen. Das Vermögensgesetz knüpft den von ihm angestrebten sozial-verträglichen Ausgleich (vgl. Gemeinsame Erklärung v. 15. Juni 1990, BGBl II 1237) für diesen Fall nicht an die äußere Ordnungsfunktion der Vorschriften der DDR über den Grundstücksverkehr, sondern an das Recht des vom Staat zur Aufgabe seines Eigentums Genötigten an; es geht dabei von der Legitimität der Abwehr der in § 1 Abs. 3 von ihm selbst als staatliches Unrecht qualifizierten Machenschaften aus (zum Normkonflikt bei der Verteidigung individueller Rechtsgüter vgl. Nachw. bei Herzog in Maunz-Dürig, Komm. z. GG, Art. 20 Abs. IV). Deshalb ist umgekehrt derjenige im Sinne des Vermögensgesetzes unredlich, der sich nur zum Schein über die Unvollständigkeit der Beurkundung hinweggesetzt hat, tatsächlich aber die formwidrig vereinbarte Gegenleistung dem Veräußerer vorenthalten wollte. Er hat sich durch eine zusätzliche Täuschung des Genötigten die staatliche Manipulation zunutze gemacht. Daß er hierbei in äußerlicher Übereinstimmung mit dem Zivilrecht der DDR gehandelt hat, steht dem Rückübertragungsanspruch des Veräußerers nach §§ 1 Abs. 3, 3 VermG nicht entgegen.
Tritt schließlich in dem Falle, daß der Rückübertragungsanspruch scheitert, eine Leistungsstörung des redlichen Erwerbers auf, ist der Veräußerer nicht schutzlos gestellt. Der durch das Vermögensgesetz bewirkte sachlich-rechtliche Ausschluß der mit der Machenschaft zusammenhängenden Unwirksamkeitsgründe hat als Gegenwirkung den zivilrechtlichen Bestand des Geschäfts zur Folge. Der Veräußerer kann mithin die sich aus der nach Art. 232 EGBGB maßgeblichen Zivilrechtsordnung ergebenden Rechte geltend machen.