Bundesgerichtshof
Urt. v. 16.01.1992, Az.: I ZR 36/90
„Seminarkopien“
Haftung für Urheberrechtsverletzungen, die ein im Landesdienst stehender Professor einer Hochschule des Landes Nordrhein-Westfalen in Ausübung des ihm anvertrauten Amtes durch den Professor; Haftung für Urheberrechtsverletzungen, die ein im Landesdienst stehender Professor einer Hochschule des Landes Nordrhein-Westfalen in Ausübung des ihm anvertrauten Amtes durch das Land.; Verdrängung des urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs durch die Amtshaftung; Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des Urhebergesetzes; Arbeitnehmer als Person, die aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen zu Dienstleistungen verpflichtet ist; Urheberrechtsverletzung durch Vervielfältigen und Verbreiten von Ablichtungen aus einem Buch
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 16.01.1992
- Aktenzeichen
- I ZR 36/90
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1992, 16380
- Entscheidungsname
- Seminarkopien
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Hamm - 21.11.1989
- LG Bochum
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- AfP 1992, 244-247
- BGHWarn 1992, 16-20
- GRUR 1993, 37-40 (Volltext mit amtl. LS) "Seminarkopien"
- JurBüro 1992, 459 (Kurzinformation)
- MDR 1992, 760-761 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1992, 1310-1312 (Volltext mit amtl. LS) "Seminarkopien"
- NVwZ 1992, 707 (amtl. Leitsatz)
- WRP 1992, 373-376 (Volltext mit amtl. LS) "Seminarkopien"
- ZBR 1992, 287
Verfahrensgegenstand
Seminarkopien
Prozessführer
Verlag Walter de G. & Co.,
vertreten durch die persönlich haftenden Gesellschafter Dr. Kurt-Georg C., Dr. Helwig H. und Dr. Kurt L., G., Straße 13, Berlin,
Prozessgegner
1. Universität Gesamthochschule E. des Landes Nordrhein-Westfalen,
vertreten durch den Rektor der Universität Gesamthochschule E., U., E.,
2. Prof. Dr. Peter C., H., B.,
Amtlicher Leitsatz
- a)
Für Urheberrechtsverletzungen, die ein im Landesdienst stehender Professor einer Hochschule des Landes Nordrhein-Westfalen in Ausübung des ihm anvertrauten Amtes begeht, haftet nicht dieser selbst, sondern das Land.
- b)
Der urheberrechtliche Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG wird durch die Amtshaftung nach § 839 BGB i.V. mit Art. 34 GG nicht verdrängt.
- c)
Der weit auszulegende Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des § 100 UrhG erfaßt alle Personen, die aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses in einem Unternehmen zu Dienstleistungen verpflichtet sind.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
auf die mündliche Verhandlung vom 16. Januar 1992
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Piper und
die Richter Dr. Teplitzky, Dr. Erdmann, Dr. v. Ungern-Sternberg und Starck
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 21. November 1989 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht hinsichtlich beider Beklagten die Klageanträge 1. (Unterlassungsanspruch) und 4. (Urteilsbekanntmachung) und hinsichtlich der Beklagten zu 1 den Klageantrag 2. (Zahlungsanspruch) abgewiesen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Der klagende Verlag hat im Jahre 1981 das Buch "Iwein" in dritter Auflage herausgebracht. Das Buch enthält neben dem Urtext von Hartmann von Aue die Übersetzung von Thomas Cramer sowie wissenschaftliche Beiträge.
Der Beklagte zu 2 war aufgrund zeitlich befristeter Berufung in das Beamtenverhältnis bis zum 23. Juni 1989 Professor an der Gesamthochschule E., der Beklagten zu 1. Im Wintersemester 1988/89 leitete er einen aus Vorlesung und Seminaren bestehenden Grundkurs Mediävistik, in dem beispielhaft das Werk "Iwein" behandelt werden sollte. In einer öffentlichen Ankündigung der Lehrveranstaltung (einem nicht offiziellen Vorlesungsverzeichnis) wies der Beklagte zu 2 auf die Ausgabe des Klägers und deren Buchhandelspreis von 42,00 DM hin mit dem Zusatz "zu Beginn des Semesters wird eine Photokopie für sehr viel weniger Geld zu haben sein". Von der zentralen Fotokopierstelle der Beklagten zu 1 ließ der Beklagte zu 2 aus der Ausgabe des Klägers jedenfalls 140 Ablichtungen des Urtextes von Hartmann von Aue und der synoptisch gegenübergestellten Übersetzung (Seiten 1 bis 159 des Buches) fertigen. Davon wurden 136 Exemplare zum Selbstkostenpreis von 5,00 DM verkauft. Der Erlös floß dem Haushalt des Fachbereichs zu.
Der Kläger sieht in der Vervielfältigung und Verbreitung der Ablichtungen aus dem von ihm verlegten Buch eine Verletzung ihm zustehender urheberrechtlicher Nutzungsrechte, für die er die Beklagten zu 1 und 2 verantwortlich macht.
Er hat - soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung - beantragt,
- 1.
die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, den Text und die Übersetzung des Werkes Hartmann von Aue: "Iwein. Urtext und Übersetzung", erschienen im Verlag Walter de G. & Co., B., ganz oder auszugsweise zu fotokopieren und die hergestellten Kopien anzubieten und zu verteilen,
- 2.
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 4.284,00 DM nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
- 3.
...
- 4.
dem Kläger die Befugnis zuzusprechen, nach Rechtskraft des Urteils dieses in einer von ihm noch zu benennenden Zeitschrift auf Kosten der Beklagten bekanntzumachen.
Die Beklagte zu 1 hat sich mit der Begründung verteidigt, sie hafte nicht für das Verhalten des Beklagten zu 2, der als Privatperson gehandelt habe und dessen Anstellungskörperschaft das Land Nordrhein-Westfalen sei.
Der Beklagte zu 2 hat bestritten, daß der Kläger hinsichtlich der vervielfältigten Teile des Buches Rechte geltend machen könne. Der Abdruck des Urtextes sei keine wissenschaftliche Ausgabe im Sinne des § 70 UrhG, die Übersetzung urheberrechtlich nicht schutzfähig. Weiter hat der Beklagte zu 2 vorgetragen, er habe die Ablichtungen in Ausübung des ihm anvertrauten öffentlichen Amtes herstellen und verteilen lassen; er hafte daher gemäß § 839 BGB i.V. mit Art. 34 GG nicht selbst für einen dem Kläger etwa entstandenen Schaden.
Beide Beklagten haben die Schadensberechnung des Klägers bestritten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit seiner zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt der Kläger seine Klageanträge 1, 2 und 4 weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat teilweise Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zutreffend - und von den Parteien nicht beanstandet - angenommen, daß der ordentliche Rechtsweg zulässig ist (§ 104 Satz 1 UrhG; vgl. dazu BGH, Urt. v. 04.06.1987 - I ZR 117/85, GRUR 1988, 206, 207 - Kabelfernsehen II).
II.
Klage gegen den Beklagten zu 2
1.
Die Frage, ob der Kläger an denjenigen Teilen des von ihm verlegten Buches, die der Beklagte zu 2 vervielfältigen und verbreiten ließ, Rechte nach dem Urheberrechtsgesetz geltend machen kann, hat das Berufungsgericht nicht geprüft. In der Revisionsinstanz ist dies daher zugunsten des Klägers zu unterstellen.
2.
a)
Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der Beklagte zu 2 für eine Urheberrechtsverletzung durch Vervielfältigen und Verbreiten der Ablichtungen aus dem vom Kläger verlegten Buch nicht selbst gemäß § 97 UrhG schadensersatzpflichtig sei, sondern daß allein die Haftung des Landes Nordrhein-Westfalen als seiner Anstellungskörperschaft in Betracht komme. Der Beklagte zu 2 habe als Professor hoheitlich in Ausübung des ihm übertragenen Amtes gehandelt. Die Planung und Ankündigung seiner Lehrveranstaltung sei wie die Auswahl des Lehrstoffs ein wesentlicher Teil seiner dienstlichen Tätigkeit in der Lehre gewesen. Auch die Fertigung von Ablichtungen wesentlicher Teile des vom Kläger verlegten Buches und deren Weitergabe an Teilnehmer der Lehrveranstaltung zum Selbstkostenpreis sei der dienstlichen Tätigkeit des Beklagten zu 2 zuzurechnen. Die behauptete Rechtsverletzung habe in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit der Planung und der Vorbereitung der für das Wintersemester 1988/89 angekündigten Lehrveranstaltung gestanden. Ziel des Beklagten zu 2 sei es gewesen, Lernmittel für die Studenten bereitzustellen, um diesen die qualifizierte Mitarbeit im Rahmen der Lehrveranstaltung zu ermöglichen. Dazu habe er durch die zentrale Fotokopierstelle der Beklagten zu 1 Ablichtungen fertigen und seinem Fachbereich in Rechnung stellen lassen. Die beim Verkauf eingenommenen Gelder seien dem Fachbereich zugeflossen.
b)
Diese Beurteilung ist rechtsfehlerfrei. Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 2 zu. Falls die sonstigen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs gegeben sind, haftet gemäß § 839 Abs. 1 BGB i.V. mit Art. 34 GG statt des Beklagten zu 2 das Land Nordrhein-Westfalen, in dessen Dienst der Beklagte zu 2 im Zeitpunkt der vom Kläger behaupteten Urheberrechtsverletzung (§ 16 Abs. 1, § 17 Abs. 1 UrhG) gestanden hat.
Der Beklagte zu 2 war zu dieser Zeit von dem Land Nordrhein-Westfalen als Professor in ein befristetes Beamtenverhältnis berufen worden (§ 50 Abs. 1 des Gesetzes über die wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen vom 20. November 1979, GV NW S. 926 - WissHG) und war damit Beamter im staatsrechtlichen Sinn. Durch seine Lehrtätigkeit nahm er eine öffentlich-rechtliche Aufgabe der Beklagten zu 1 wahr, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. §§ 2, 3, 48 WissHG; § 2 Abs. 1, § 43 HRG). Auch bei der Ankündigung und Vorbereitung seiner Lehrveranstaltung "Grundkurs Mediävistik" handelte der Beklagte zu 2 in Ausübung des ihm anvertrauten Amtes.
Ob ein bestimmtes Verhalten einer Person als Ausübung eines öffentlichen Amtes anzusehen ist, bestimmt sich danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn die Person tätig wurde, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist, und - falls dies zutrifft - ob zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, daß die Handlung ebenfalls noch als dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muß (st. Rspr.; vgl. BGHZ 108, 230, 232; BGH, Urt. v. 21.03.1991 - III ZR 77/90, NJW 1991, 2954, jeweils m.w.N.; vgl. auch RGRK/Kreft, BGB, 12. Aufl., § 839 Rdn. 118 f.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, wie sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt. Die Ablichtungen wurden ausschließlich als Lehrmaterial für die Zwecke des geplanten Grundkurses in der dafür benötigten Anzahl und unter Benutzung von Hochschuleinrichtungen hergestellt und verbreitet. Dieser enge Bezug zu der vom Beklagten zu 2 vorbereiteten eigentlichen Hoheitstätigkeit, der Lehrveranstaltung, weist auch die Herstellung und Verbreitung der Ablichtungen aus dem vom Kläger verlegten Buch dem Bereich hoheitlicher Betätigung zu. Mit Fiskalmaßnahmen wie der Beschaffung von Verwaltungshilfsmitteln (z.B. Schreibmaterial), die nicht Ausübung öffentlicher Gewalt sind, kann die vom Beklagten zu 2 vorliegend veranlaßte Herstellung und Verbreitung von Ablichtungen nicht verglichen werden (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 04.03.1982 - III ZR 150/80, VersR 1982, 498, 499; Urt. v. 12.12.1991 - III ZR 10/91, Umdr. S. 14 - zur Veröffentlichung vorgesehen),
Zu den Amtspflichten des Beklagten zu 2 bei der Wahrnehmung seiner hoheitlichen Lehrtätigkeit gehörte auch die Pflicht, sich aller Eingriffe in fremde Rechte zu enthalten, die eine unerlaubte Handlung im Sinne des bürgerlichen Rechts darstellen. Dazu gehören auch Eingriffe in die durch das Urheberrechtsgesetz (§ 97 UrhG) geschützten Rechte (v. Gamm, Urheberrechtsgesetz, Einf. Rdn. 137 f.; Schricker/Wild, Urheberrecht, § 97 Rdn. 35). Ein Beamter, der in Ausübung seines öffentlichen Amtes eine unerlaubte Handlung in diesem Sinn begeht, verletzt dadurch zugleich eine ihm dem Träger des Rechts oder Rechtsguts gegenüber obliegende Amtspflicht (BGHZ 78, 274, 279 [BGH 25.09.1980 - III ZR 74/78]; BGH, Urt. v. 12.12.1991 - III ZR 10/91, Umdr. S. 12 - zur Veröffentlichung vorgesehen, jeweils m.w.N.).
Neben einer etwaigen - aus § 839 Abs. 1 BGB i.V. mit Art. 34 GG folgenden - Haftung des Landes Nordrhein-Westfalen kommt eine eigene Schadensersatzhaftung des Beklagten zu 2 gegenüber dem Kläger nicht in Betracht (vgl. GSZ BGHZ 34, 99, 104; BGH, Urt. v. 16.11.1965 - VI ZR 107/64, VersR 1966, 262, 264; Urt. v. 30.09.1970 - III ZR 81/67, NJW 1971, 43, 44).
Ein Bereicherungsanspruch ist gegen den Beklagten zu 2 schon deshalb nicht gegeben, weil dieser selbst nichts im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB erlangt hat.
Das Berufungsgericht hat danach zu Recht den Zahlungsanspruch gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen.
3.
a)
Einen Unterlassungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 2 hat das Berufungsgericht mit der Begründung verneint, auch ein Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG sei ein deliktischer Anspruch, der wie alle anderen Ansprüche aus unerlaubter Handlung durch die Vorschrift des § 839 BGB verdrängt werde. Dem kann nicht zugestimmt werden.
b)
Für den urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG gelten die Amtshaftungsgrundsätze nicht. Dieser Anspruch dient der Abwehr von Eingriffen in die durch das Urheberrechtsgesetz geschützten Immaterialgüterrechte. Er ist in die Zukunft gerichtet und soll im Fall der Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr künftige Verletzungshandlungen unterbinden. Damit entspricht er dem Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB, der vor Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetzes (in entsprechender Anwendung) Grundlage für den Unterlassungsanspruch gegenüber Beeinträchtigungen des Urheberrechts war (BGHZ 17, 266, 291 f. - Grundig-Reporter), Denn diese Rechtslage hat durch das Urheberrechtsgesetz keine Einschränkungen erfahren.
Dem im Jahre 1988 durch Klage anhängig gemachten Unterlassungsanspruch stand nicht entgegen, daß der Beklagte zu 2 noch bis zum 23. Juni 1989 als Professor tätig war und die Zuerkennung des Anspruchs daher auch auf seine Amtsführung Einfluß nehmen konnte. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß die Betätigung der öffentlichen Hand je nach der Beziehung, in der sie Wirkungen äußert, einmal als hoheitlich, zum anderen als privatrechtlich zu qualifizieren sein kann (GSZ BGHZ 66, 229, 237 - Studentenversicherung; BGHZ 82, 375, 383 - Brillen-Selbstabgabestellen; GmS-OGB BGHZ 102, 280, 285 ff. - Rollstühle; BGHZ 110, 278, 284 - Werbung im Programm; BGHZ 110, 371, 380 f. - Sportübertragungen; BGH, Urt. v. 23.05.1985 - I ZR 18/83, GRUR 1985, 1063 = WRP 1985, 694, 695 - Landesinnungsmeister; Urt. v. 04.06.1987 - I ZR 117/85, GRUR 1988, 206, 208 - Kabelfernsehen II). Dies gilt auch für Tätigkeiten zur Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Lehraufgabe der Hochschulen. Haben diese urheberrechtliche Auswirkungen, so begegnen sich die öffentliche Hand und die Urheberrechtsberechtigten auf der Ebene der Gleichordnung. Die öffentliche Hand steht insoweit grundsätzlich nicht anders da als ein privater Nutzer. Benötigt sie zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags Leistungen, für deren Beschaffung ihr hoheitliche Mittel nicht zu Gebote stehen, so muß sie sich in diesem Bereich nach den für jedermann geltenden Bestimmungen, also auf privatrechtlicher Ebene, versorgen (BGH GRUR 1988, 206, 208 - Kabelfernsehen II). Da auch die öffentliche Hand verpflichtet ist, das Urheberrecht zu beachten, ist sie grundsätzlich auch dem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch ausgesetzt, wenn von ihr Eingriffe in urheberrechtlich geschützte Rechte zu befürchten sind.
Stand dem Kläger gegen den Beklagten zu 2 aufgrund einer Urheberrechtsverletzung ein Unterlassungsanspruch zu, ist die Wiederholungsgefahr als Voraussetzung für das Fortbestehen des Unterlassungsanspruchs nicht ohne weiteres deshalb entfallen, weil der Beklagte zu 2 inzwischen aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden ist. Abgesehen von der - nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand nicht auszuschließenden - Möglichkeit, daß der Beklagte zu 2 erneut Lehraufgaben an einer Hochschule übernimmt, war die Benutzung des vom Kläger verlegten Buches durch den Beklagten zu 2 nicht derart mit seiner beruflichen Stellung bei der Beklagten zu 1 verknüpft, daß eine Wiederholung der beanstandeten Vervielfältigung und Verbreitung durch ihn selbst nach seinem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis nicht mehr in Betracht kommen könnte.
Ein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten zu 2 aus § 97 Abs. 1 UrhG ist danach nicht ausgeschlossen. Ob er besteht, hängt von weiteren Feststellungen ab, insbesondere von der Frage, ob der Kläger durch das Urheberrechtsgesetz geschützte Rechte geltend machen kann.
Aufgrund der erneuten Verhandlung wird das Berufungsgericht auch über den Antrag auf Bekanntmachung des Urteils zu entscheiden haben.
III.
Klage gegen die Beklagte zu 1
1.
Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, daß der Kläger aus einer ihm gegenüber begangenen Amtspflichtverletzung des Beklagten zu 2 keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1 herleiten könne, weil dafür nur das Land Nordrhein-Westfalen, das ihn in sein Amt berufen hat, hafte (vgl. oben II. 2.). Darauf, daß die konkrete Aufgabe, bei deren Erfüllung die Amtspflichtverletzung begangen wurde, nicht in den Aufgabenkreis des Landes Nordrhein-Westfalen, sondern der Beklagten zu 1 fällt, kommt es nicht an (vgl. BGHZ 77, 11, 15 f. [BGH 28.02.1980 - III ZR 103/78]; 99, 326, 330; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 4. Aufl., S. 94).
2.
Ein Amtshaftungsanspruch aus § 839 BGB i.V. mit Art. 34 GG, wie er hier gegen das Land Nordrhein-Westfalen wegen des Handelns des Beklagten zu 2 in Betracht kommt, schließt die Geltendmachung eines Bereicherungsanspruchs wegen Eingriffs in urheberrechtlich geschützte Rechte nicht aus (vgl. dazu BGHZ 82, 299, 306 [BGH 24.11.1981 - X ZR 7/80] - Kunststoffhohlprofil II; 99, 244, 248 - Chanel No. 5; Schricker/Wild a.a.O. § 97 Rdn. 86). Das Berufungsgericht hätte daher den Klageantrag gegebenenfalls auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt prüfen müssen und Zweifel durch Ausübung des Fragerechts im Rahmen seiner Aufklärungspflicht beseitigen müssen (vgl. BGHZ 71, 86, 97 [BGH 14.02.1978 - X ZR 19/76] - Fahrradgepäckträger II). Ein etwaiger Bereicherungsanspruch des Urheberberechtigten richtet sich gegen die Beklagte zu 1, die durch einen vom Beklagten zu 2 veranlaßten Rechtseingriff, der zur Erfüllung ihrer Lehraufgabe vorgenommen wurde, bereichert wäre (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 21.09.1978 - X ZR 56/77, GRUR 1979, 48, 50 - Straßendecke; Benkard/Rogge, Patentgesetz, 8. Aufl., § 139 PatG Rdn. 83).
Das erneute Berufungsverfahren wird Gelegenheit geben, gegebenenfalls auch die Frage zu erörtern, ob auch eine Schadensersatzhaftung der Beklagten zu 1 für die Handlungen der Bediensteten, die neben dem Beklagten zu 2 bei den beanstandeten Vervielfältigungs- und Verbreitungshandlungen mitgewirkt haben, in Betracht kommt.
3.
Das Berufungsgericht hat den vom Kläger gegen die Beklagte zu 1 geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG deshalb verneint, weil die Amtshaftung auch Unterlassungsansprüche verdränge. Dies trifft - wie dargelegt (oben II. 3. b) - nicht zu. Sind durch das Vervielfältigen und das Verbreiten eines Teiles des von dem Kläger verlegten Buches dessen Rechte verletzt worden, kann auch die Beklagte zu 1 auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Sie haftet nach § 97 Abs. 1 i.V. mit § 100 UrhG, der auch auf Körperschaften des öffentlichen Rechts anzuwenden ist, auf Unterlassung, wenn Rechte, die nach dem Urheberrechtsgesetz geschützt sind, durch ihre Arbeitnehmer oder Beauftragten widerrechtlich verletzt werden. Die Vorschrift des § 100 UrhG soll den Inhaber eines Unternehmens daran hindern, sich bei ihm zugute kommenden Urheberrechtsverletzungen von Angestellten oder Beauftragten auf das Handeln abhängiger Dritter zu berufen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zum Urheberrechtsgesetz, BT-Drucks. IV/270 S. 104; vgl. weiter Schricker/Wild a.a.O. § 100 Rdn. 1). Der Begriff des Arbeitnehmers ist deshalb - ebenso wie der Begriff des Angestellten im Sinne des § 13 Abs. 4 UWG - weit auszulegen (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 31.05.1990 - I ZR 228/88, GRUR 1990, 1039, 1040 = WRP 1991, 79, 80 - Anzeigenauftrag (zu § 13 Abs. 4 UWG)). Er erfaßt alle Personen, die aufgrund eines entgeltlichen oder unentgeltliche Beschäftigungsverhältnisses zu Dienstleistungen in einem Unternehmen verpflichtet sind (vgl. dazu Groß komm/Erdmann, UWG, § 13 Rdn. 153). Dazu gehören diejenigen Bediensteten der Beklagten zu 1, welche die Anordnung des Beklagten zu 2 die Vervielfältigungsstücke zu fertigen und öffentlich anzubieten, ausgeführt haben (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 09.06.1983 - I ZR 70/81, GRUR 1984, 54, 55 - Kopierläden), aber auch dieser selbst als Beamter der Beklagten zu 1. Der Beklagte zu 2 war zwar als Professor bei der Wahrnehmung seiner Lehraufgabe selbständig (§§ 4, 48 WissHG; § 3 Abs. 3 § 43 HRG). Er unterlag jedoch hinsichtlich der Rechtmäßigkeit seiner Amtsführung, auch soweit es um die Wahrung von Urheberrechten ging, der Dienstaufsicht. Allein durch das Ausscheiden des Beklagten zu 2 aus dem Beamtenverhältnis is die Wiederholungsgefahr auch hinsichtlich der Beklagten zu 1 nicht entfallen, da eine erneute Vervielfältigung und Verbreitung durch andere Bedienstete der Beklagten zu 1 dadurch nicht ausgeschlossen ist.
Das Berufungsgericht wird deshalb über den geltend gemachten Unterlassungsanspruch ebenso wie über den Antrag, dem Kläger die Befugnis zuzusprechen, das Urteil bekanntzumachen, erneut zu entscheiden haben.
IV.
Das Berufungsurteil ist danach im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als es nicht bereits rechtskräftig ist (Klageantrag 3) und die Klage gegen den Beklagten zu 2 nicht zu Recht als unbegründet abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Teplitzky
Erdmann
v. Ungern-Sternberg
Starck