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Bundesgerichtshof
Urt. v. 16.01.1992, Az.: 4 StR 509/91

Beihilfe zum Betrug; Strafaussetzung zur Bewährung; Verletzung sachlichen Rechts; Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr; Unterlassene Prüfung der Voraussetzung eines Straftatbestands

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
16.01.1992
Aktenzeichen
4 StR 509/91
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1992, 12006
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Bielefeld - 07.03.1991

Fundstellen

  • DAR 1993, 164 (Kurzinformation)
  • DAR 1993, 163-164 (Kurzinformation)
  • DAR 1992, 267-268 (Volltext mit amtl. LS)
  • NStZ 1992, 233-234 (Volltext mit amtl. LS)
  • NZV 1992, 326 (amtl. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand

Betrug u.a.

In der Strafsache
hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs
in der Sitzung vom 16. Januar 1992,
an der teilgenommen haben:
Vizepräsident des Bundesgerichtshofs Salger als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Meyer-Goßner Nehm Maatz Basdorf als beisitzende Richter,
Staatsanwalt ... als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte ... als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 7. März 1991 mit den Feststellungen aufgehoben,

    1. a)

      soweit es die Angeklagten ... und ... betrifft,

    2. b)

      hinsichtlich des Angeklagten ..., soweit dieser wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt worden ist, sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe.

  2. 2.

    Auf die Revisionen der Angeklagten ... und ... wird das vorbezeichnete Urteil mit den Feststellungen aufgehoben

    1. a)

      hinsichtlich des Angeklagten ... in den Aussprüchen über die Einzelstrafe wegen Beihilfe zum Betrug und über die Gesamtstrafe,

    2. b)

      hinsichtlich der Angeklagten ... und ..., soweit diesen Strafaussetzung zur Bewährung versagt worden ist.

  3. 3.

    Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten ... und ... werden verworfen.

  4. 4.

    Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

1

I.

1.

Die Strafkammer hat den Angeklagten S. wegen Betruges in Tateinheit mit Meineid zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, den Angeklagten M. wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, den Angeklagten B. wegen Beihilfe zum Betrug zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten und den Angeklagten Sch. wegen Meineides (Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten) und Beihilfe zum Betrug (Einzelfreiheitsstrafe von vier Monaten) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt; nur beim Angeklagten M. hat sie die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt.

2

Gegen das Urteil der Strafkammer, soweit es die Angeklagten M., B. und Sch. betrifft, richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der die Verletzung sachlichen Rechts gerügt wird. Ausdrücklich beanstandet die Staatsanwaltschaft lediglich, daß diese drei Angeklagten neben der Verurteilung wegen Betruges beziehungsweise wegen Beihilfe hierzu nicht auch wegen Anstiftung oder Beihilfe zum gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr verurteilt worden sind. Wie der Sitzungsvertreter des Generalbundesanwalts in der Hauptverhandlung klargestellt hat, werden Schuldspruch und Strafausspruch hinsichtlich des Angeklagten Sch. wegen Meineides mit dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft nicht angegriffen.

3

Ferner haben die Angeklagten S., B. und Sch. gegen ihre Verurteilung jeweils in vollem Umfang Revision eingelegt. Sie erheben ebenfalls die Sachrüge; der Angeklagte Sch. beanstandet darüber hinaus das Verfahren.

4

2.

Die Strafkammer ist von folgenden Feststellungen ausgegangen:

5

Der Angeklagte M. war Eigentümer eines Pkw Porsche. Da es ihm nicht gelang, diesen zu einem nach seiner Ansicht angemessenen Preis zu verkaufen, entschloß er sich, einen Verkehrsunfall zu verursachen, um den Schaden mit der Versicherung abzurechnen und das vollkaskoversicherte Fahrzeug auf diese Weise zu "verwerten" (UA 7). Die Angeklagten B. und Sch., die von diesem Vorhaben in Kenntnis gesetzt worden waren, vermittelten M. den Angeklagten S., der den Unfall herbeiführen sollte. Nach einer Besprechung sämtlicher Beteiligter am Abend des 9. November 1988, bei der die Unfallörtlichkeit festgelegt wurde, stellte Meyer den Porsche auf dem Südring in Bielefeld auf einem Parkstreifen so ab, daß er mit der linken Heckseite noch geringfügig in die Fahrbahn hineinragte, und hielt sich in der Nähe des Fahrzeugs auf; B. und Sch. beobachteten das Geschehen von einem anderen Pkw aus. S., der für seine Mitwirkung 1.500 DM erhalten hatte, fuhr sodann in einem gemieteten Lkw mit einer Geschwindigkeit von 47 km/h gegen die linke hintere Seite des Porsche und streifte an diesem entlang. Dabei verlor er die Kontrolle über den Lkw, kam nach rechts von der Fahrbahn ab, beschädigte zwei Peitschenlampen und erfaßte nach ca. 35 m auf dem Grundstück eines Einkaufsmarktes eine Fußgängerin, die dadurch tödliche Verletzungen erlitt (UA 9).

6

Seinem Tatplan entsprechend verlangte M. sodann Schadensersatz von der Haftpflichtversicherung der Lkw-Halterin. Da diese jegliche Leistungen verweigerte, erhob er Klage auf Zahlung von ca. 26.000 DM. Dabei bestritt er, daß es sich um einen fingierten Unfall gehandelt habe, und bot als Zeugen den Fahrer S. an. Dieser war bereits am 17. Juli 1989 aufgrund des Unfallgeschehens wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt worden; die hiergegen von der Staatsanwaltschaft eingelegte Berufung wurde später zurückgenommen. Am 30. November 1989 wurde S. von der Zivilkammer des Landgerichts als Zeuge vernommen. Zuvor hatten sich M. und er gegenseitig ermuntert, "die Sache durchzustehen". Bei seiner Vernehmung gab S. an, daß er M. bis zum Unfall nicht gekannt habe und ihm erst danach begegnet sei (UA 10). Auf diese Aussage hin wurde der über sein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 384 Nr. 2 ZPO belehrte Zeuge vereidigt. Während des von M. eingeleiteten Zivilverfahrens hatte die Halterin des Lkw Klage auf Zahlung des ihr entstandenen Schadens von ca. 33.000 DM gegen M. und S. erhoben. In diesem Verfahren wurde S. ebenfalls am 30. November 1989 uneidlich als Partei vernommen. Auch hier gab er an, M. vor dem Unfall nicht gekannt zu haben (UA 10, 11). Aufgrund der Aussagen des S. sprach die Zivilkammer den von M. geltend gemachten Betrag durch vorläufig vollstreckbares Endurteil im wesentlichen zu und wies die Zahlungsklage der Lkw-Halterin ab.

7

Der Angeklagte Sch. nahm nunmehr Kontakt zum anwaltlichen Vertreter der Lkw-Halterin auf, die - wie auch die Haftpflichtversicherung im anderen Prozeß - gegen das Urteil der Zivilkammer Berufung eingelegt hatte. Sch. offenbarte diesem gegenüber, daß es sich um einen fingierten Unfall gehandelt habe, und verlangte für diese Information 30.000 DM. Nachdem die Haftpflichtversicherung und die Lkw-Vermieterin gemeinsam 10.000 DM an ihn bezahlt hatten, schilderte Sch. den Unfall und die hierzu getroffenen Absprachen dem Staatsanwalt, verschwieg dabei jedoch seine eigene Beteiligung. Diese Angaben wiederholte er anläßlich einer ermittlungsrichterlichen Zeugenvernehmung, nachdem er gemäß § 55 StPO belehrt worden war. Er wurde auf seine Aussage hin vereidigt.

8

Wegen des Bekanntwerdens dieser Umstände ließ M. durch das Oberlandesgericht im ersten Zivilverfahren ein klageabweisendes Versäumnisurteil gegen sich ergehen. Im zweiten Prozeß wurde auf gleiche Weise der Klage im Berufungsverfahren stattgegeben.

9

II.

Revision der Staatsanwaltschaft

10

1.

Revision der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten M.

11

a)

Soweit sich die Staatsanwaltschaft dagegen wendet, daß der Angeklagte M. nicht auch wegen Beteiligung am gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr verurteilt worden ist, hat das Rechtsmittel keinen Erfolg, weil es diesbezüglich an der Verfahrensvoraussetzung einer zugelassenen Anklage fehlt. Lediglich hinsichtlich des Anklagevorwurfs des (versuchten) Prozeßbetruges hatte die Strafkammer das Hauptverfahren gegen M. eröffnet. Hinsichtlich des weiteren Anklagevorwurfs der Anstiftung zum gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr - in Tatmehrheit zum (versuchten) Betrug - hat sie im Eröffnungsbeschluß hinreichende Anhaltspunkte hierfür verneint. Damit hat sie insoweit die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt; denn dieser Vorwurf betrifft eine andere Tat (§ 264 StPO). - Über die von der Staatsanwaltschaft gegen die teilweise Nichteröffnung erhobene sofortige Beschwerde hat das zuständige Oberlandesgericht noch nicht entschieden. -

12

Ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr und der anschließende geplante Prozeßbetrug stehen materiellrechtlich zueinander - nicht anders als die Vorbereitungshandlung des Versicherungsbetruges gemäß § 265 StGB und der anschließende Betrug zum Nachteil der Versicherung (vgl. BGHSt 11, 398, 399; BGH NJW 1951, 204, 205; Urteil vom 11. Mai 1976 - 1 StR 612/75; Lackner in LK StGB 10. Aufl. § 265 Rdn. 11) - im Verhältnis der Tatmehrheit (Senatsurteil vom 12. Dezember 1991 - 4 StR 488/91; Fleischer NJW 1976, 878, 881). Regelmäßig sind sachlich-rechtlich selbständige Taten aber auch prozessual selbständig (BGHSt 35, 14, 19 [BGH 24.07.1987 - 3 StR 36/87];  36, 151, 154). Ein Ausnahmefall, in dem sie gleichwohl eine Tat im verfahrensrechtlichen Sinne darstellen, liegt hier nicht vor.

13

Es genügt nämlich nicht, daß der Angeklagte im Zuge der Verwirklichung eines Gesamtplanes tätig geworden ist (BGHSt 13, 21, 26; BGH NJW 1981, 997 [BGH 15.01.1981 - 4 StR 652/80]; NStZ 1983, 87). Erforderlich wäre vielmehr, daß die einzelnen Handlungen äußerlich ineinander übergehen und innerlich derart miteinander verknüpft sind, daß der Unrechts- und Schuldgehalt der einen nicht ohne die Umstände, die zu der anderen Handlung geführt haben, richtig gewürdigt werden kann und ihre getrennte Würdigung als unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs empfunden werden würde (BGH NJW 1981, 997 [BGH 15.01.1981 - 4 StR 652/80]; Hürxthal in KK-StPO 2. Aufl. § 264 Rdn. 5; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg StPO 24. Aufl. § 264 Rdn. 5; Kleinknecht/Meyer StPO 40. Aufl. § 264 Rdn. 3 jeweils m.w.Nachw.). Das ist hier indes nicht der Fall.

14

Der Lebensvorgang, der der zugelassenen Anklage zugrunde liegt (Prozeßbetrug zum Nachteil der Halterin des Lkw und ihrer Haftpflichtversicherung), unterscheidet sich bei M. nach Ort und Tatumständen schon äußerlich von dem Geschehen, das die Beschwerdeführerin als gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr würdigt. Hinzu kommt, daß die Handlungen zeitlich eindeutig voneinander abgesetzt sind, da der Betrug erst mit dem Anfordern der Versicherungssumme (BGH NJW 1952, 430, 431; BGHSt 11, 398, 399; OLG Koblenz VRS 53, 27, 28) beziehungsweise der Abwehr der geltend gemachten Schadensersatzansprüche beginnt. In diesem Zeitraum zwischen der Vollendung des einen und dem Beginn des anderen Delikts wird der Täter regelmäßig auch eine sorgfältige Prüfung dahingehend vornehmen, ob die weitere Ausführung des Gesamtplanes noch aussichtsreich ist (Lackner in LK StGB 10. Aufl. § 265 Rdn. 11). Dies wird im vorliegenden Fall besonders deutlich, weil der Angeklagte wegen des tödlichen Ausgangs des herbeigeführten Unfalles mit einer besonders intensiven Aufklärung des Unfallgeschehens durch die Ermittlungsbehörden rechnen mußte. Der sich daraus ergebende neue Entschluß setzt einen Tathergang in Lauf, der sich von dem vorangegangenen Geschehen augenfällig abhebt. Auch die Verschiedenartigkeit der angegriffenen Rechtsgüter - einerseits das Vermögen, andererseits die Sicherheit des Straßenverkehrs - spricht dagegen, die Identität der Tat noch als gewahrt anzusehen (vgl. BGH NStZ 1989, 37).

15

Eine Beteiligung M. an dem fingierten Verkehrsunfall unterlag daher nicht der Kognition der Strafkammer in dem angefochtenen Urteil.

16

b)

Dagegen hat die Revision der Staatsanwaltschaft - dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend - aus einem anderen Grunde Erfolg, weil die Strafkammer eine Beteiligung des Angeklagten M. am Meineid des Angeklagten S. nicht geprüft hat.

17

Nach den Feststellungen war Teil des von M. im Zivilverfahren verfolgten Planes, das Prozeßergebnis zu seinen Gunsten durch die falsche Aussage des von ihm als Zeugen benannten S. zu beeinflussen. Hierzu ermunterten sich M. und S. vor dessen Aussage gegenseitig, "die Sache durchzustehen" (UA 10). Dieses Verhalten des Angeklagten M. als Bestimmen oder Fördern des Tatentschlusses zur Begehung des Aussagedeliktes durch Savrda zu würdigen, lag auf der Hand (vgl. BGHSt 2, 129, 131 f;  17, 321, 323 [BGH 06.04.1962 - 4 StR 32/62];  Dreher/Tröndle StGB 45. Aufl. § 154 Rdn. 24; Lenckner in Schönke/Schröder StGB 24. Aufl. vor §§ 153 ff Rdn. 34). Eine Einflußnahme des Angeklagten M. auf den als Zeugen benannten S. bildete ein Teilgeschehen im Rahmen des Prozeßbetruges und stünde mit diesem in Tateinheit (BGHR StGB § 52 Abs. 1, Handlung, dieselbe 12); damit wäre sie auch Teil der angeklagten Tat im Sinne des § 264 StPO. Der Rechtsfehler zieht die Aufhebung des gesamten Schuldspruchs gegen M. nach sich.

18

2.

Revision der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten B. und Sch.

19

a)

Abweichend von der Beurteilung für den Angeklagten M. betreffen bei den Angeklagten B. und Sch. die jeweils abgeurteilte Beihilfe zum Betrug und eine mögliche Beihilfe zu einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, deren Nichtaburteilung die Staatsanwaltschaft beanstandet, dieselbe Tat. Die Prüfung prozessualer Tatidentität hat ebenso wie die materielle Konkurrenz für jeden Beteiligten gesondert zu erfolgen (vgl. BGHR StGB § 52 Abs. 1, Handlung, dieselbe 10 und 23).

20

Bei den Angeklagten B. und Sch. hat die Strafkammer eine Beihilfe zum Betrug darin gesehen, daß sie in der Kenntnis, daß ein Verkehrsunfall fingiert und der Schaden mit der Versicherung abgerechnet werden solle, den Fahrer des Unfallwagens vermittelten (UA 7) und an der Planung darüber mitwirkten, wo der Unfall stattfinden sollte (UA 8; s. a. UA 16, 17). In demselben Verhalten dieser beiden Angeklagten, die nach den Feststellungen beim Geltendmachen der Versicherungsleistungen keine weiteren Aktivitäten entfaltet haben, läge zugleich ihre Beteiligung am gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Sie hätten deshalb durch dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze verletzt, so daß bei ihnen sachlich-rechtlich Tateinheit und damit eine prozessuale Tat gegeben wäre, die von der gegen sie zugelassenen Anklage miterfaßt wäre.

21

b)

Die Erwägungen, mit denen die Strafkammer einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und demgemäß eine Beteiligung der Angeklagten B. und Sch. hieran verneint hat, sind rechtlich nicht unbedenklich.

22

aa)

Allerdings könnten die getroffenen Feststellungen eine Verurteilung wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315 b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 StGB i.V.m. § 315 Abs. 3 StGB nicht tragen, soweit sich ein Gefährdungsvorsatz lediglich auf die Beschädigung der beteiligten Fahrzeuge und die Gefährdung des Fahrers S. bezogen hat. Das genügt zur Verwirklichung dieses Tatbestandes nicht.

23

Mangels Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs scheidet eine Anwendung des § 315 b StGB aus, wenn bei einem absichtlich herbeigeführten Unfall lediglich die Tatteilnehmer und ihre Sachen gefährdet worden sind (BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Gefährdung 1). Dabei kommt es nicht darauf an, daß der von S. gelenkte Lkw nicht in dessen Eigentum stand. Die vom Senat für die Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315 c StGB in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung, daß die Gefährdung des vom Täter geführten Fahrzeugs unabhängig von den Eigentumsverhältnissen zur Sachgefährdung nicht ausreicht (BGHSt 11, 148, 150 [BGH 18.12.1957 - 4 StR 554/57];  27, 40, 43;  Jagusch/Hentschel Straßenverkehrsrecht 31. Aufl. § 315 c StGB Rdn. 4; Dreher/Tröndle StGB 45. Aufl. § 315 c Rdn. 17 jeweils m.w.Nachw.), gilt angesichts des gleichen Schutzgutes, nämlich der Sicherheit des Straßenverkehrs (vgl. BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Konkurrenzen 2), auch im Anwendungsbereich des § 315 b StGB (so auch Jagusch/Hentschel a.a.O. § 315 b StGB Rdn. 6).

24

bb)

Rechtsfehlerhaft hat es die Strafkammer jedoch unterlassen, die Voraussetzungen des § 315 b StGB wegen Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer infolge der absichtlich herbeigeführten Beschädigung des Porsche, naheliegend ein Vergehen gemäß § 315 b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 StGB, und folglich eine strafbare Beteiligung der Angeklagten B. und Sch. hieran hinreichend zu prüfen.

25

Für eine vorsätzliche Begehung, die die Strafbarkeit wegen Anstiftung oder Beihilfe eröffnet, reichen ein zumindest bedingt vorsätzlicher Eingriff im Sinne des § 315 b Abs. 1 StGB und eine dadurch fahrlässig verursachte Gefahr für die körperliche Unversehrtheit Dritter oder fremde Sachen von bedeutendem Wert aus (§§ 315 b Abs. 4, 11 Abs. 2 StGB; vgl. Gramer in Schönke/Schröder StGB 24. Aufl. § 315 b Rdn. 13; Rüth in LK StGB 10. Aufl. § 315 b Rdn. 30).

26

Insoweit bedarf es, wie die Staatsanwaltschaft zu Recht beanstandet, weiterer Feststellungen tatsächlicher Art, insbesondere ist eine möglichst genaue Darstellung der Verkehrslage und Verkehrsverhältnisse bezogen auf den ruhenden und fließenden Verkehr zum Unfallzeitpunkt erforderlich. Für die Frage fahrlässig verursachter Gefährdung kann hier auch von Bedeutung sein, aufgrund welcher Erwägungen der Beteiligten die Verlegung des Unfallortes an den Südring erfolgte. Letztlich ist zu erwägen, daß der Porsche durch den Unfall "verwertet" werden sollte, was nicht nur eine beabsichtigte erhebliche Beschädigung, sondern weitere schwere Folgen für Dritte nahelegte.

27

Auf der Grundlage der in diesem Zusammenhang zu treffenden Feststellungen wird zu prüfen sein, ob eine nebentäterschaftlich begangene fahrlässige Tötung in Betracht kommt (vgl. dazu BGH VRS 18, 415, 421 f; Gramer in Schönke/Schröder StGB 24. Aufl. § 25 Rdn. 100 f; Roxin in LK StGB 10. Aufl. § 25 Rdn. 160). Schließlich hat die Strafkammer verkannt, daß hinsichtlich des gemieteten Lkw keine straflose Sachbeschädigung vorliegt, da hierfür die "Einwilligung des Nichteigentümers" ohne Bedeutung ist (Rüth in LK StGB § 315 b Rdn. 8).

28

c)

Die Verneinung einer Beteiligung der Angeklagten Sch. und B. am gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr zieht die Aufhebung des diese beiden Angeklagten betreffenden - für sich genommen rechtsfehlerfreien - Schuldspruchs wegen Beihilfe zum Betrug und der deswegen verhängten (Einzel-)Strafen nach sich, da diese Straftaten im Verhältnis der Tateinheit zueinander stünden, ferner beim Angeklagten Sch. die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.

29

III.

Revisionen der Angeklagten 1. Revision des Angeklagten S.

30

Das Rechtsmittel des Angeklagten S. hat nur insoweit Erfolg, als ihm eine Strafaussetzung zur Bewährung versagt wurde; im übrigen ist es unbegründet.

31

a)

Die Überprüfung des Schuldspruchs hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil dieses Angeklagten ergeben. Insbesondere begegnet die Annahme eines vollendeten Betruges keinen rechtlichen Bedenken.

32

Es entspricht ständiger Rechtsprechung und ganz überwiegender Meinung im Schrifttum, daß zumindest eine schadensgleiche Vermögensgefährdung bereits durch den Erlaß eines noch nicht rechtskräftigen, aber vorläufig vollstreckbaren Urteils eintritt (RGSt 75, 399; RG JW 1927, 905; BGH bei Dallinger MDR 1956, 10; Lackner in LK StGB 10. Aufl. § 263 Rdn. 316; Gramer in Schönke/Schröder StGB 24. Aufl.

33

§ 263 Rdn. 76, 144; Otto, Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschadens, Berlin 1970, S. 280; Riemann, Vermögensgefährdung und Vermögensschaden, Heidelberg, 1989, S. 146 f, 149). Darauf, ob das Urteil in der Berufungsinstanz abgeändert wurde, kommt es nicht an, da bereits die vorläufige Vollstreckbarkeit eine unmittelbare Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen des Betroffenen eröffnet hat (Koffka ZStW 54 < 1935> , 44, 59;  Riemann a.a.O. S. 148 f). Die vom Landgericht zitierten Entscheidungen (RGSt 72, 150, 151; BGH bei Holtz MDR 1975, 197; vgl. auch BGHR StGB § 52 Abs. 1, Handlung, dieselbe 12), die ausschließlich die Frage der Beendigung des Versuchs des Prozeßbetrugs in Fällen betreffen, in denen sich der Richter nicht täuschen ließ, besagen nichts anderes.

34

Auch der Umstand, daß das erstinstanzliche Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar war, rechtfertigt keine andere Beurteilung. In den Fällen des sogenannten Beweismittelbetruges wird eine als Vermögensschädigung anzusehende Vermögensgefährdung bereits dann angenommen, wenn sich im Vorfeld eines Prozesses die Prozeßlage durch die Täuschung mit Aussicht auf Erfolg verbessert (vgl. BGHSt 21, 112, 113 f; Lackner in LK StGB 10. Aufl. § 263 Rdn. 248, 304, 315). Dies muß erst recht dann gelten, wenn die Täuschung durch das ergangene Urteil zumindest vorläufig erfolgreich war; denn in dieser Situation wird der im Zivilverfahren Unterlegene prüfen, ob das Berufungsverfahren Aussicht auf Erfolg verspricht. So mußten die Betroffenen im vorliegenden Fall berücksichtigen, daß die Beweislage unverändert blieb, ihnen insbesondere weiterhin keine "neutralen"

35

Tatzeugen zur Verfügung standen. Die vage Hoffnung auf eine Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils im Berufungsverfahren vermochte daher die schadensgleiche Vermögensgefährdung nicht zu beseitigen (vgl. BGHSt 34, 394, 396 [BGH 09.07.1987 - 4 StR 216/87] = StV 1989, 478 mit Anm. Sonnen).

36

b)

Der Strafausspruch begegnet keinen Bedenken, insbesondere ist die Ablehnung eines minder schweren Falles des Meineides aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Strafkammer hat eine - wenn auch knappe - Würdigung der erschwerenden Umstände und der Milderungsgründe vorgenommen und - wie der Gesamtzusammenhang erkennen läßt - auch berücksichtigt, daß die Anwendung des § 157 StGB ein wesentlicher Umstand im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung sein kann (UA 17). Die auf dieser Grundlage vom Tatrichter nach pflichtgemäßem Ermessen getroffene Wertung ist vom Revisionsgericht nur begrenzt nachprüfbar. Weist sie - wie hier - keine Rechtsfehler auf, so ist sie auch dann hinzunehmen, wenn andere Entscheidungen ebenso möglich gewesen wären (BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall, Gesamtwürdigung, fehlerfreie 1 m.w.Nachw.).

37

c)

Dagegen kann die Versagung der Aussetzung der verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten zur Bewährung keinen Bestand haben. Hierzu führt die Strafkammer aus, daß dem Angeklagten zwar eine günstige Prognose gestellt werden könne, jedoch besondere Umstände, die "ausnahmsweise" eine Strafaussetzung ermöglichen würden, nicht gegeben seien; vielmehr lägen nur durchschnittliche Milderungsgründe vor, die der Tat nicht den Charakter einer "Ausnahmetat" gäben (UA 18). Damit hat die Strafkammer zu hohe Anforderungen an das Vorliegen besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB gestellt. Denn diese erfordern nicht, daß die Milderungsgründe der Tat Ausnahmecharakter verleihen (BGHR StGB § 56 Abs. 2, Gesamtwürdigung 4; Umstände, besondere 1, 10), vielmehr können durchschnittliche und einfache Milderungsgründe durch ihr Zusammentreffen das Gewicht besonderer Umstände erlangen (BGHR StGB § 56 Abs. 2 Gesamtwürdigung 4; Gesamtwürdigung, unzureichende 7; Umstände, besondere 6, 7). Diese Bewertung aufgrund einer Abwägung der bedeutsamen Umstände, insbesondere auch des Geständnisses des nicht vorbestraften Angeklagten, dessen Lebensverhältnisse sich stabilisiert haben (vgl. BGHR StGB § 56 Abs. 2 Gesamtwürdigung, unzureichende 1, 2 und 8), wird die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer vorzunehmen haben.

38

Andererseits wird jedoch - wie auch bei den anderen Angeklagten - die Frage, ob die Verteidigung der Rechtsordnung unter Berücksichtigung der besonderen Sozialschädlichkeit und Häufung solcher Straftaten (vgl. dazu Fleischer NJW 1976, 878) die Vollstreckung gebietet, zu prüfen sein (§ 56 Abs. 3 StGB).

39

2.

Revision des Angeklagten B.

40

Das Rechtsmittel des Angeklagten B. hat einen entsprechenden Teilerfolg. Der Schuldspruch läßt keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil erkennen. Auch der Strafausspruch begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, insbesondere ist die Verhängung der kurzen Freiheitsstrafe von vier Monaten im Hinblick auf die überwiegend einschlägigen Vorstrafen nicht zu beanstanden (§ 47 Abs. 1 StGB).

41

Dagegen kann auch bei diesem Angeklagten die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung keinen Bestand haben. Die Strafkammer hat entscheidend zu Lasten des Angeklagten gewertet, er sei "Bewährungsversager" (UA 19). Wenn damit, wie üblich, gemeint sein sollte, er habe die Tat während einer laufenden Bewährungsfrist begangen, so wird dies von den getroffenen Feststellungen nicht getragen (UA 5, 6). Daß zwischen 1981 und 1987 zweimal die Aussetzung der Vollstreckung eines Strafrestes widerrufen werden mußte, rechtfertigt hier nicht ohne nähere Darlegung die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung. Die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer wird eine die konkreten Gegebenheiten des Falles berücksichtigende Gesamtwürdigung (§ 56 Abs. 1 Satz 2 StGB) vorzunehmen haben, bei der auch das Geständnis sowie der geringe Tatbeitrag dieses Angeklagten Berücksichtigung finden müssen.

42

3.

Revision des Angeklagten Sch.

43

Auch die Revision des Angeklagten Sch. hat einen Teilerfolg. Gegen den Rechtsfolgenausspruch bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken, soweit wegen Beihilfe zum Betrug als Einzelstrafe eine kurze Freiheitsstrafe verhängt und Strafaussetzung zur Bewährung versagt wurde.

44

a)

Die von diesem Angeklagten erhobene Verfahrensrüge ist nicht gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ausgeführt und damit unzulässig.

45

b)

Der Schuldspruch weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Auch die Strafzumessungserwägungen sind frei von Rechtsfehlern, soweit gegen den Angeklagten wegen Meineides eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten festgesetzt wurde. Insbesondere hat die Strafkammer zu Recht eine Strafrahmenmilderung nach §§ 157 Abs. 1, 49 Abs. 2 StGB abgelehnt.

46

Um die Annahme eines Aussagenotstandes gemäß § 157 Abs. 1 StGB zu rechtfertigen, braucht das Selbstbegünstigungsmotiv nicht der einzige oder der Hauptbeweggrund zu sein (BGHR StGB § 157 Abs. 1 Selbstbegünstigung 1, 2). Zwar hat die Strafkammer die Versagung der Strafrahmenmilderung darauf gestützt, daß der Angeklagte seine Aussage freiwillig und aus finanziellen Motiven gemacht habe (UA 20); dies läßt jedoch nicht besorgen, daß sie rechtsfehlerhaft § 157 Abs. 1 StGB für unanwendbar gehalten hat. Sie hat vielmehr aufgrund der schuldhaften und von selbstsüchtigen Motiven getragenen Herbeiführung des Aussagenotstandes durch den vor seiner Zeugenaussage nach § 55 StPO belehrten Angeklagten von dem ihr in § 157 Abs. 1 StGB eingeräumten Ermessen keinen Gebrauch gemacht. Dies begegnet keinen Bedenken (vgl. Lenckner in Schönke/Schröder StGB 24. Aufl. § 157 Rdn. 11).

47

c)

Die vom Landgericht wegen Beihilfe zum Betrug verhängte Freiheitsstrafe von vier Monaten kann dagegen nicht bestehenbleiben. Die Strafkammer hat auf diese Einzelstrafe erkannt, ohne sich mit der Vorschrift des § 47 Abs. 1 StGB auseinanderzusetzen. Dies war hier schon deswegen geboten, weil der Angeklagte nicht vorbestraft und geständig ist. Die gleichzeitige Verurteilung zu einer höheren Freiheitsstrafe macht die Prüfung des § 47 Abs. 1 StGB nicht entbehrlich; eine solche hat vielmehr für jede einzelne Tat stattzufinden (BGHSt 24, 164, 165; BGHR StGB § 47 Abs. 1 Umstände 4).

48

Die Aufhebung des Einzelstrafausspruchs zieht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe nach sich. Über die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung, zu welcher die Strafkammer auch bei diesem Angeklagten rechtsfehlerhafte Ausführungen gemacht hat (viermalige Betonung des fehlenden Ausnahmecharakters der Tat; UA 21), wird die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer zu befinden haben.

Salger
Meyer-Goßner
Nehm
Maatz
Basdorf