Bundesgerichtshof
Urt. v. 21.02.1983, Az.: VIII ZR 4/82
Klage auf Zahlung rückständiger Mietzinsen; Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung; Ende der Unterbrechung wegen fehlenden Betreibens des Prozesses; Unterlassen der Terminbestimmung durch den Vorsitzenden als "Aussetzung oder Ruhen des Verfahrens"; Hemmung der Verjährung aufgrund einer Stundungsabrede
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 21.02.1983
- Aktenzeichen
- VIII ZR 4/82
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1983, 12543
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- KG Berlin - 16.11.1981
- LG Berlin
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- MDR 1983, 747-748 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1983, 2496-2498 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
W. Grundstücksverwaltung GmbH & Co. Baumaschinenhandel KG,
vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin, die W. Grundstücksverwaltung GmbH,
diese vertreten durch ihren Geschäftsführer Dipl.-Ing. Hans G., Wi.straße ... in B.
Prozessgegner
Elisabeth S. geb. K., E. Steig ... in B. (Sp.)
Amtlicher Leitsatz
Die Verantwortung für das Betreiben des Prozesses geht mit der Wirkung des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB vom Gericht auf den Kläger über, wenn das Gericht mit dessen ausdrücklichem Einverständnis von einer Terminsbestimmung auf unbestimmte Zeit absieht. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der Verfahrensweise des Gerichts eine Anregung des Klägers vorausgegangen ist oder ob umgekehrt der Kläger sich mit einer Anregung des Gerichts einverstanden erklärt.
Eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien, das Ruhen des Verfahrens herbeizuführen, enthält nicht ohne weiteres eine Stundung. Ihr kommt regelmäßig nur prozessuale Bedeutung zu.
In dem Rechtsstreit
hat der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 21. Februar 1983
durch
die Richter Merz, Dr. Skibbe, Treier, Dr. Paulusch und Groß
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 16. November 1981 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der Beklagten rückständige restliche Wohnungsmieten für die Zeit vom 1. Januar 1972 bis 15. August 1974 sowie Garagenmiete für die Zeit vom 16. Juli 1972 bis 30. Juni 1973. Da die Klägerin über die Berechtigung der Nachzahlungsforderung mit anderen Mietern im Rechtsstreit lag, schlug die Beklagte auf die Zahlungsaufforderung der von der Klägerin beauftragten Hausverwaltungsfirma mit Schreiben vom 24. Oktober 1974 vor, erst diese Prozesse abzuwarten, und erklärte sich bereit, den Forderungen der Klägerin nachzukommen, sollte der Ausgang dieser Prozesse dazu Anlaß geben. Die Hausverwaltungsfirma lehnte dies unter dem 19. November 1974 ab; sie forderte die Beklagte auf, den überwiegenden Teil ihrer Forderung zu begleichen, und wollte sich lediglich damit einverstanden erklären, der Beklagten einen kleineren Teilbetrag bis zum rechtskräftigen Abschluß des seinerzeit laufenden Prozesses zu stunden. Mit Schreiben vom 8. Dezember 1974 antwortete die Beklagte, sie wolle auf den Vorschlag einer Abzahlungsvereinbarung eingehen und sei bereit, vorbehaltlich juristischer Klärung monatlich 100 DM auf ein Sperrkonto zu zahlen. Zu einer Einigung der Parteien kam es nicht.
Auf die am 9. August 1975 bei dem Landgericht eingegangene Klage vermerkte der Kammervorsitzende am 20. August 1975 in den Gerichtsakten:
"Eine Terminsanberaumung erfolgt nach Rücksprache mit dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin erst nach rechtskräftigem Abschluß des Musterverfahrens "H." ./. M. (25 O 432/74)."
Eine Abschrift dieses Vermerks wurde der Beklagten mit der Klage am 27. August 1975 zugestellt. Auch der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin erhielt eine Abschrift zur Kenntnisnahme.
Der in dem Vermerk genannte Rechtsstreit "H." (später W. Grundstücksverwaltung) gegen Mauritz wurde durch Senatsurteil vom 27. Februar 1980 (VIII ZR 14/79 = WM 1980, 678) im wesentlichen zugunsten der Klägerin rechtskräftig entschieden. Mit am 30. April 1980 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin daraufhin die Anberaumung eines Termins beantragt. Die Beklagte hat die Klageforderung nach Grund und Höhe bestritten und sich zudem auf Verjährung berufen.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte ist in der Revisionsinstanz anwaltlich nicht vertreten. Die Klägerin beantragt deshalb, durch Versäumnisurteil zu entscheiden.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die vierjährige Verjährungsfrist der mit der Klage verfolgten Ansprüche (§ 197 BGB), die spätestens mit dem Schluß des Jahres 1974 begonnen habe (§ 201 Satz 1 BGB), sei zwar durch die Klageerhebung im August 1975 gemäß § 209 Abs. 1 BGB unterbrochen worden. Die Unterbrechung habe aber nach § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB mit Zustellung der Klage am 27. August 1975 wieder geendet, weil der Prozeß seit dieser Zeit von der Klägerin nicht mehr betrieben worden sei. Zum Zeitpunkt des von der Klägerin im April 1980 gestellten Antrags auf Terminsanberaumung sei die vierjährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen gewesen. Eine Hemmung der Verjährung sei nicht eingetreten, weil weder aus dem vorprozessualen Schriftwechsel der Parteien noch aus ihrem Verhalten nach Eingang der Klage eine Stundungsabrede oder ein Stillhalteabkommen zu entnehmen sei.
II.
Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision stand.
1.
Zwar hat die Zustellung der Klage im August 1975 auch ohne gleichzeitige Terminsbestimmung die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet (§§ 253 Abs. 1, 263 Abs. 1 ZPO a.F.) und damit gemäß § 209 Abs. 1 BGB die Verjährung der Ansprüche der Klägerin rechtzeitig unterbrochen (vgl. BGHZ 11, 175, 177 [BGH 21.11.1953 - VI ZR 130/52]; BGH urteil vom 11. Juli 1960 - III ZR 104/59 = NJW 1960, 1947 [BGH 11.07.1960 - III ZR 104/59]).
2.
Es begann aber sofort eine neue Verjährung (§ 217 Halbsatz 2 BGB), weil der Prozeß seit dieser Zeit in Stillstand geriet und deshalb die Unterbrechung der Verjährung endete (§ 211 Abs. 2 Satz 1 BGB).
a)
In dem Unterlassen der Terminsbestimmung durch den Kammervorsitzenden ist keine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 148 ZPO zu sehen, die nach allgemeiner Ansicht nicht die Folge des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB haben würde, weil der Verfahrensstillstand dann auf einem Gerichtsbeschluß, nicht aber auf einer Vereinbarung der Parteien oder ihrer Untätigkeit beruht hätte (vgl. die Motive zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Bd. I S. 333; BGHZ 15, 80, 82; RGZ 72, 185, 187; 145, 239, 240). Zum einen fehlte es an den Voraussetzungen des § 148 ZPO; denn die Entscheidung des "Musterverfahrens" war für den vorliegenden Rechtsstreit nicht vorgreiflich, weil die Feststellungen im ersteren Prozeß nicht das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits betrafen. Eine Aussetzung allein aus Zweckmäßigkeitsgründen sieht das Gesetz nicht vor (vgl. z.B. auch OLG Frankfurt VersR 1972, 471, 472). Dem läßt sich auch nicht entgegenhalten, daß es für die Frage der Anwendbarkeit des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht darauf ankomme, ob eine Aussetzung nach § 148 ZPO zulässig war (so z.B. OLG Cöln OLGE 22, 173; MünchKomm-von Feldmann, BGB, § 211 Rdn. 8); denn es kann zum anderen nicht davon ausgegangen werden, daß das Gericht den Rechtsstreit ausgesetzt hat. Das mag im Einzelfall angenommen werden können, wenn das Gericht eine Sache auf unbestimmte Zeit vertagt, um die Entscheidung eines anderen Rechtsstreits abzuwarten (so OLG Cöln aaO; MünchKomm-von Feldmann aaO; Soergel/Augustin, BGB, 11. Aufl., § 211 Rdn. 9; anders z.B. Johannsen in: RGRK-BGB,12. Aufl., § 211 Rdn. 7; vgl. auch OLG Hamburg DR 1940, 580). Im vorliegenden Falle fehlt es dagegen nicht nur an der Form eines Anordnungsbeschlusses im Sinne des § 148 ZPO. Es hat auch nicht, wie dies für eine Aussetzung zwingend vorgeschrieben ist, das Gericht entschieden, sondern allein der Vorsitzende der Kammer die Verfügung vom 20. August 1975 getroffen. Die Vorschrift des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB ist nicht schon deshalb unanwendbar, weil das unterlassen der Terminsbestimmung in seiner Wirkung einer Aussetzung nahekommen mag (vgl. z.B. OLG Schleswig NJW 1981, 691, 692 [OLG Schleswig 20.11.1980 - 3 W 72/80]; Schneider MDR 1966, 272, 273). Die Rechtfertigung dafür, den durch eine gerichtliche Aussetzung herbeigeführten Verfahrensstillstand nicht den Parteien als Untätigkeit zuzurechnen, greift bei der gegebenen prozessualen Lage nicht ein: Während bei der förmlichen Aussetzung die Parteien objektiv gehindert sind, das Verfahren zu betreiben, weil ihre Prozeßhandlungen gegenüber der anderen Partei ohne rechtliche Wirkung sind (§ 249 Abs. 2 ZPO), und während die Aufhebung der Aussetzungsanordnung nach § 150 ZPO grundsätzlich im Ermessen des Gerichts steht, war die Klägerin nicht gehindert, jederzeit das Verfahren weiterzubetreiben. Das Gericht konnte sich seiner Pflicht zur Terminsbestimmung dann nicht mehr entziehen, wenn das Einverständnis der Klägerin, von der Bestimmung eines Termins abzusehen, entfiel.
b)
Es kann dahinstehen, ob das Unterlassen der Terminsbestimmung als Anordnung des Ruhens des Verfahrens nach § 251 ZPO zu verstehen oder diesem gleichzusetzen ist (vgl. dazu OLG Hamburg DR 1940, 580; Soergel/Augustin aaO). Dagegen spricht allerdings wiederum, daß es an den gesetzlichen Voraussetzungen - zumindest dem erforderlichen ausdrücklichen Antrag der Beklagten - hierfür fehlte und daß nicht das Gericht in Beschlußform entschieden, sondern nur der Kammervorsitzende eine Verfügung getroffen hat. Aber selbst wenn man das Ruhen des Verfahrens und das Absehen von einer Terminsbestimmung der Wirkung nach gleichachten wollte, führt dies nicht zur Unanwendbarkeit des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB. Nach heute ganz überwiegender Ansicht, der sich auch der Senat angeschlossen hat (urteil vom 17. Januar 1968 - VIII ZR 207/65 = LM BGB § 196 Nr. 18 = WM 1968, 281 = Warn 1968 Nr. 15), endet die Verjährungsunterbrechung bei einem Ruhen des Verfahrens, gleichviel, ob es auf einer richterlichen Anordnung oder einem tatsächlichen Stillstand beruht (z.B. RGZ 145, 239, 241 f; 157, 379, 382; Johannsen a.a.O. § 211 Rdn. 4; Staudinger/Dilcher, BGB, 12. Aufl., § 211 Rdn. 6; MünchKomm-von Feldmann a.a.O. § 211 Rdn. 6; Soergel/Augustin a.a.O. § 211 Rdn. 3, 6; Erman/Hefermehl, BGB, 7. Aufl., § 211 Rdn. 3; a.A. RGZ 128, 191, 196). Auch bei der gerichtlichen Anordnung des Ruhens des Verfahrens ist nämlich der Grund des Verfahrensstillstandes der übereinstimmende Antrag der Parteien oder ihr tatsächliches Nichtverhandeln.
c)
Zu Unrecht macht die Revision geltend, daß nicht die Klägerin, sondern der Kammervorsitzende den Stillstand des Verfahrens herbeigeführt habe. Es trifft zwar zu, daß nach nahezu einhelliger Meinung der Stillstand des Verfahrens im Sinne des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB dann nicht auf einer Untätigkeit der Parteien beruht, wenn die Verfahrensleitung ausschließlich beim Gericht lag, das für den Fortgang des Prozesses zu sorgen hatte (z.B. Motive I S. 333; BGH urteil vom 24. März 1977 - III ZR 19/75 = Warn 1977 Nr. 68 = VersR 1977, 646; Urteil vom 19. September 1978 - VI ZR 141/77 = LM BGB § 211 Nr. 12 = JZ 1979, 31; Urteil vom 10. Juli 1979 - VI ZR 81/78 = LM ZPO § 304 Nr. 42 = NJW 1979, 2307 m.abl.Anm. Grunsky, ZZP 93, 179, 180 f; MünchKomm-von Feldmann a.a.O. § 211 Rdn. 7; Johannsen a.a.O. § 211 Rdn. 8; Erman/Hefermehl a.a.O. § 211 Rdn. 7; Soergel/Augustin a.a.O. § 211 Rdn. 8). Richtig ist auch, daß der Kammervorsitzende nach Eingang der Klage grundsätzlich unverzüglich einen möglichst naheliegenden Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen hatte (§§ 216 Abs. 2, 261, 261 a ZPO a.F.). Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Vorsitzende von dieser Verpflichtung nur auf einem von der Prozeßordnung ausdrücklich zur Verfügung gestellten Weg - etwa durch Beschluß des Gerichts nach § 148 ZPO oder § 251 ZPO - entbunden werden konnte oder ob auch das - in der ZPO nicht vorgesehene, durch sie aber auch nicht zwingend untersagte - Unterlassen der Terminsbestimmung jedenfalls dann zulässig ist, wenn die Parteien als Herren des Verfahrens sich damit sei es ausdrücklich einverstanden erklären, sei es dies ohne Widerspruch hinnehmen. Soweit es jedenfalls die Frage der Anwendbarkeit des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB betrifft, geht die Verantwortung für das Betreiben des Prozesses vom Gericht wieder auf den Kläger über, wenn das Gericht mit dessen ausdrücklichem Einverständnis von einer Terminsbestimmung auf unbestimmte Zeit absieht (offengelassen im Urteil des VI. Senats vom 19. September 1978 aaO). Denn es ist Sache des Klägers, dafür Sorge zu tragen, daß sein Anspruch nicht verjährt. Dabei kann es keinen unterschied machen, ob der Verfahrensweise des Gerichts eine Anregung des Klägers vorausgegangen ist (für diesen Fall ebenso BGH Urteil vom 17. Oktober 1975 - I ZR 3/75 = VersR 1976, 36, 37) oder ob umgekehrt der Kläger - wofür hier der Wortlaut des Vermerks vom 20. August 1975 sprechen könnte - sich mit einer Anregung des Gerichts einverstanden erklärt (für diesen Fall offengelassen in BGH Urteil vom 28. September 1978 - III ZR 203/74 = VersR 1979, 348, 349). In beiden Fällen hat es der Kläger in der Hand, auf einer unverzüglichen Terminsbestimmung zu bestehen oder doch - unter Beobachtung des Laufs der Verjährungsfrist - rechtzeitig einen neuen Terminsantrag zu stellen.
d)
Ob es unter den gegebenen Umständen sinnvoll und prozeßwirtschaftlich vernünftig war, den Ausgang des Musterverfahrens abzuwarten, ist ohne Belang; denn dadurch allein wird die Vorschrift des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB noch nicht unanwendbar. Zwar ist Zweck dieser Bestimmung, eine Umgehung der Verjährungsvorschriften zu verhindern. Die Verjährung kann durch Rechtsgeschäfte weder ausgeschlossen noch erschwert werden (§ 225 BGB); dieser Erfolg soll auch nicht auf dem Umweg erreicht werden, daß ein Prozeß begonnen, dann aber nicht mehr betrieben wird (vgl. RGZ 136, 193, 195; 145, 239, 244; 157, 379, 383; BGH Urteil vom 17. Oktober 1975 - I ZR 3/75 = VersR 1976, 36). Nicht aber ist als Voraussetzung der Beendigung der Verjährungsunterbrechung in das Gesetz aufgenommen worden, daß die Parteien den Verfahrensstillstand subjektiv in Umgehungsabsicht herbeigeführt haben müssen. Abgesehen davon, daß wegen der einschneidenden Wirkung des § 211 Abs. 2 BGB sich die Beurteilung der Voraussetzungen dieser Vorschrift nach objektiven Kriterien - nämlich dem Verfahrensstillstand im Verantwortungsbereich der Parteien - empfiehlt (vgl. auch BGH Urteil vom 10. Juli 1979 aaO), weil das Motiv der Parteien für ihre Verfahrensweise oft schwer feststellbar sein wird, kann auch ein bewußtes, aber von keiner besonderen Umgehungsabsicht getragenes Nichtbetreiben des Verfahrens zu der von dem Gesetzgeber mißbilligten Folge führen, daß sich die in den Prozeß gezogenen Ansprüche "verewigen" (vgl. Motive I S. 332).
Der Auffassung des Senats steht die vom Berufungsgericht und der Revision angeführte Entscheidung des VII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 7. Dezember 1978 (VII ZR 278/77 = Warn 1978 Nr. 309 = NJW 1979, 810 = WM 1979, 448) nicht entgegen. Zwar wird in dieser Entscheidung die Vorschrift des § 211 Abs. 2 BGB nur für anwendbar erklärt, wenn die Parteien "ohne triftigen Grund untätig bleiben". Das von dem VII. Zivilsenat als Beleg zitierte Urteil des erkennenden Senats vom 17. Januar 1968 - VIII ZR 207/65 = LM BGB § 196 Nr. 18 = WM 1968, 281 = Warn 1968 Nr. 15 spricht im übrigen allein davon, daß "auch ein Stillstand aus grundloser Untätigkeit der Parteien" die Voraussetzungen des § 211 Abs. 2 BGB erfüllt und macht auch durch die von ihm zitierten Belege - RGZ 157, 379, 381; Soergel/Siebert/Augustin, 10. Aufl., § 211 Anm. 3 -, in denen auf den Grund der Untätigkeit der Parteien nicht abgestellt wird, deutlich, daß die "Grundlosigkeit" der Untätigkeit der Parteien nicht zwingende Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Vorschrift ist. Die Entscheidung des VII. Zivilsenats betraf aber in mehrfacher Hinsicht einen anderen Fall: Dort war gegen ein Teilurteil Berufung eingelegt und der beim Erstgericht verbliebene Verfahrensrest zunächst nicht weiterbetrieben worden. In diesem Falle mögen die engere Beziehung zwischen dem Verfahrensteil, dessen Erledigung abgewartet wird, und dem nicht weiterbetriebenen Verfahrensrest und auch die mit der Aktenversendung an das Rechtsmittelgericht verbundenen praktischen Schwierigkeiten eine andere Beurteilung rechtfertigen (zustimmend z.B. Erman/Hefermehl a.a.O. § 211 Rdn. 3; anders dagegen Planck, BGB, 4. Aufl., § 211 Anm. 2 a.E. m.w.Nachw.). Damals hatte außerdem das Landgericht durch ausdrücklichen Beschluß angeordnet, daß ein neuer Verhandlungstermin nur auf Antrag einer Partei bestimmt werde; dem Antrag des Klägers, das Verfahren fortzuführen, hatte der Kammervorsitzende entgegengehalten, die abzuwartende Entscheidung des Rechtsmittelgerichts sei für den noch nicht entschiedenen Teil vorgreiflich. Dies kann die Beurteilung rechtfertigen, daß die Verfahrensleitung bei dem Gericht verblieben ist und das in diesem Sinne "nicht grundlose" Nichtbetreiben durch die Parteien eine Anwendung des § 211 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht erlaubt.
3.
Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Verjährung nicht gemäß § 202 Abs. 1 BGB gehemmt war.
a)
Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß die Parteien keine Stundungsabrede getroffen haben, wird von der Revision nicht angegriffen. Sie ist aus Rechtsgründen auch nicht zu beanstanden.
Das Angebot der Beklagten in ihrem Schreiben vom 24. Oktober 1974 hat die Beauftragte der Klägerin mit Schreiben vom 19. November 1974 abgelehnt. Auf den erneuten Vorschlag der Beklagten in ihrem Schreiben vom 8. Dezember 1974 ist die Klägerin nicht eingegangen und hat schließlich mit der Klageerhebung ihre Ablehnung zu erkennen gegeben.
Auch dem prozessualen Verhalten der Parteien ist die Vereinbarung einer Stundung nicht zu entnehmen. Selbst die ausdrückliche Vereinbarung der Parteien, das Ruhen des Verfahrens herbeizuführen, enthält nicht ohne weiteres eine Stundung (vgl. z.B. MünchKomm-von Feldmann a.a.O. § 211 Rdn. 6; Staudinger/Dilcher a.a.O. § 211 Rdn. 6). Ihr kommt regelmäßig nur prozessuale Bedeutung zu. Würde man einer derartigen prozessualen Vereinbarung ohne weiteres auch eine materiell-rechtliche Wirkung beilegen, so stünde dies in Widerspruch zu der Vorschrift des § 211 Abs. 2 BGB, die weitgehend gegenstandslos wäre, wenn zugleich mit der Beendigung der Verjährungsunterbrechung eine Hemmung der Verjährung eintreten würde (z.B. RG JW 1916, 1188). Ein über die prozessuale Abrede hinausgehender materiellrechtlicher Inhalt muß daher von der beweispflichtigen Klägerin besonders dargelegt werden (vgl. auch RGZ 73, 394, 395; Soergel/ Augustin a.a.O. § 211 Rdn. 4; Johannsen a.a.O. § 211 Rdn. 7). Dies gilt erst recht, wenn die Beklagte - wie hier - auf die Mitteilung des Gerichts, daß ein Termin vorerst nicht anberaumt werde, lediglich schweigt.
b)
Das Berufungsgericht hat sich vom Abschluß eines Stillhalteabkommens nicht zu überzeugen vermocht. Das beanstandet die Revision zu Unrecht. Ein sog. pactum de non petendo, also der befristete Verzicht auf die Geltendmachung einer Forderung, setzt voraus, daß der Schuldner vorübergehend zur Verweigerung der Zahlung berechtigt sein soll (z.B. Senatsurteil vom 12. Januar 1977 - VIII ZR 252/75 = WM 1977, 311, 312). Die tatrichterliche Auslegung des Verhaltens der Parteien dahin, daß ein derartiger rechtsverbindlicher Wille nicht erkennbar sei, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Mit dem Berufungsgericht ist bereits zu bezweifeln, ob in der Rücksprache zwischen dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin und dem Kammervorsitzenden ein materiell-rechtliches Angebot der Klägerin an die Beklagte zu sehen ist. Jedenfalls aber fehlt es an einer Annahmeerklärung der Beklagten. Sie hat in keiner Weise auf die Mitteilung des Gerichts reagiert (insofern anders als in BGH Urteil vom 28. September 1978 - III ZR 203/74 = VersR 1979, 348). Auch zwischen den Parteien selbst ist es zu keinem Kontakt mehr gekommen (insofern anders in KG MDR 1972, 514). Der Umstand allein, daß die Untätigkeit der Klägerin im Interesse der Beklagten gelegen haben mag, reicht für die Annahme einer Willenserklärung nicht aus. Daß im Falle des Verfahrensstillstandes die Untätigkeit der Parteien keine Verjährungshemmung zur Folge hat, zeigt auch hier die Vorschrift des § 211 Abs. 2 BGB (vgl. RG JW 1916, 1188).
Aus den früheren Angeboten der Beklagten vom 24. Oktober und 8. Dezember 1974 folgt nichts anderes. Nicht nur hatte die Klägerin diese Angebote mit der Wirkung des § 146 BGB abgelehnt. Auch die Sachlage hatte sich inzwischen dadurch geändert, daß die Klägerin Klage erhoben hatte.
c)
Es kann dahinstehen, ob eine zeitlich befristete Hemmung deshalb anzunehmen wäre, weil das Unterlassen der Terminsbestimmung in seiner Wirkung der Anordnung des Ruhens des Verfahrens nahekommt. Hat das Gericht nach § 251 ZPO das Ruhen des Verfahrens angeordnet, so kann die Verjährung während der Sperrfrist des § 251 Abs. 2 ZPO gehemmt sein (vgl. z.B. Senatsurteil vom 17. Oktober 1968 a.a.O. unter II. 4. b). Selbst wenn man eine derartige Sperrfrist auch hier annehmen wollte, wäre sie spätestens Ende November 1975 abgelaufen, so daß der im April 1980 von der Klägerin gestellte Antrag auf Terminsbestimmung die bereits verstrichene Verjährungsfrist nicht mehr gemäß § 211 Abs. 2 Satz 2 BGB unterbrechen konnte.
4.
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung verstoße nicht gegen Treu und Glauben, greift die Revision nicht an. Ihr ist auch beizupflichten. Ebenso wie die Vereinbarung über das Ruhen des Verfahrens (vgl. dazu z.B. RG JW 1916, 1188; RGZ 145, 239, 245; OLG Cöln OLGE 22, 173, 174) oder das Einverständnis des Schuldners mit dem Nichtbetreiben des Prozesses (vgl. dazu RG JW 1938, 1592, 1594, insoweit in RGZ 157, 379 nicht abgedruckt; RG JW 1936, 315) begründet auch die bloße Untätigkeit der Beklagten auf die Mitteilung des Gerichts, keinen Termin anberaumen zu wollen, nicht die Einrede des Rechtsmißbrauchs bei einer späteren Ausübung des Rechts nach § 222 BGB. Auch dies ergibt sich daraus, daß andernfalls die Bestimmung des § 211 Abs. 2 BGB kaum Bedeutung hätte. Die Beklagte war zu einer Reaktion auf die Mitteilung des Gerichts nicht verpflichtet. Mit ihrem Schweigen hat sie der Klägerin keine Veranlassung zu der Annahme gegeben, sie werde sich später nicht auf Verjährung berufen. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, entweder eine materiell-rechtliche Vereinbarung über ein Stillhalteabkommen herbeizuführen oder rechtzeitig das Verfahren weiterzubetreiben.
Daran ändert nichts, daß die Entscheidung eines "Musterprozesses" abgewartet werden sollte.
III.
Da die Revision erfolglos geblieben ist, hat die Klägerin auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Dr. Skibbe
Treier
Dr. Paulusch
Groß