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Bundesgerichtshof
Urt. v. 25.03.1982, Az.: III ZR 198/80

Objektive und subjektive Voraussetzungen der wirtschaftlichen Einheit von Kaufvertrag und Darlehensvertrag beim Finanzierungskauf; Ausschluss des Einwendungsdurchgriffs durch Allgemeine Geschäftsbedingungen bei wirtschaftlicher Einheit von Kaufvertrag und Darlehensvertrag beim finanzierten Kauf; Gesetzliche Grundlage des Einwendungsdurchgriffs ; Leistungsverweigerungsrecht des Darlehensnehmers (Käufers) bei Auszahlung der Kreditsumme an den in Konkurs gefallenen Verkäufer ohne Nachprüfung der Lieferung der Kaufsache; Gefährdung des Vertragszwecks bei Auschluss des Einwendungsrechts des Darlehensnehmers durch Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
25.03.1982
Aktenzeichen
III ZR 198/80
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1982, 12713
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG München - 25.11.1980

Fundstellen

  • BGHZ 83, 301 - 310
  • JZ 1982, 509-510 (Volltext mit amtl. LS)
  • Lindacher, JR 83, 20
  • MDR 1982, 732-733 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1982, 1694-1696 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZIP 1982, 667-670

Prozessführer

Georg L., A. straße ...

Prozessgegner

B. bank AG,
vertreten durch die Vorstandsmitglieder Dr. Wilhelm A. und Dr. Walter U., T. straße ..., M.

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Wenn beim finanzierten Kauf die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der wirtschaftlichen Einheit von Kauf- und Darlehensvertrag vorliegen, kann der Einwendungsdurchgriff nicht durch AGB ausgeschlossen werden.

  2. 2.

    Zur Frage eines Vertragsschlusses durch schlüssiges Verhalten, wenn ein Grundstückseigentümer fortfährt, seine Abwasser in eine gemeindliche Kanalisation zu leiten, nachdem deren Benutzung statt bisher öffentlich-rechtlich nunmehr privatrechtlich geregelt worden ist.

  3. 3.

    Zur Wirkung vorformulierter Hinweisklauseln auf die subjektiven Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs.

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 1982
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Nüßgens
und die Richter Dr. G. Krohn, Kröner, Dr. Scholz-Hoppe und Dr. Halstenberg
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. November 1980 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Beklagte schloß am 5. Oktober 1978 mit der Firma Te. GmbH einen Kaufvertrag über zwei Automaten zum Verkauf von Briefmarkenpäckchen für Sammler. Am gleichen Tage ging er gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Firma Te. zur nahegelegenen Filiale der Klägerin, die bereits wiederholt Kaufverträge von Kunden der Firma Te. finanziert hatte. Dort unterschrieb der Beklagte ein Darlehensantragsformular, in das maschinenschriftlich eingetragen war, die Darlehenssumme von 11.600 DM solle von der Klägerin unmittelbar auf ein Konto der Firma Te. GmbH überwiesen werden. Als "Teilzahlungsbetrag (= Barzahlungspreis + Kreditkosten)" waren 13.613,80 DM, als effektiver Jahreszins 8,5 % angegeben. Das Darlehen sollte in 48 Monatsraten zurückgezahlt werden. Aus dem Antrag ergab sich, daß der Beklagte als Kraftfahrer monatlich 1.300 DM verdiente. Der Antrag enthielt eine Abtretung des pfändbaren Teils seiner Lohnansprüche, jedoch keine Angaben über den Kaufgegenstand und keine Sicherungsübereignung. Im letzten Teil des Formulars, anschließend an Nr. 36 der Darlehensbedingungen, befand sich - dicker gedruckt - folgender Hinweis:

Achtung! Auch bei Nichterhalt der Ware oder Erhalt mangelhafter Ware und bei wirksamer Anfechtung des Kaufvertrages hat der Käufer (Darlehensnehmer) das Darlehen voll zurückzuzahlen.

2

Danach folgte noch - unmittelbar über der Unterschrift des Beklagten und durch Umrandung hervorgehoben - die Erklärung, der Käufer sei berechtigt, "seine auf den Kauf- und Darlehensvertragsabschluß gerichtete Willenserklärung" gegenüber der Bank innerhalb einer Woche seit Aushändigung des Antrages auf Vertragsabschluß schriftlich zu widerrufen. Auf einem gesonderten Formular wurde diese Belehrung über das Widerrufsrecht noch einmal wiederholt und vom Beklagten durch Unterschrift bestätigt.

3

In der Folgezeit überwies die Klägerin den Darlehensbetrag an die Firma Te., die jedoch nach der Behauptung des Beklagten die Automaten nicht lieferte. Über ihr Vermögen wurde am 9. Juli 1979 der Konkurs eröffnet.

4

Der Beklagte zahlte nur zwei Darlehensraten an die Klägerin. Als Mahnungen zu weiteren Zahlungen fruchtlos blieben, kündigte die Klägerin die restliche Darlehensschuld. Mit der Klage hat sie die Zahlung von 12.009,31 DM verlangt.

5

Der Beklagte hat geltend gemacht: Kauf- und Darlehensvertrag bildeten eine Einheit; deshalb könne er der Klägerin die Nichtlieferung der Automaten entgegenhalten.

6

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

8

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Auch wenn man die vom Beklagten vorgetragenen Umstände des Vertragsabschlusses zugrunde lege, könne der Beklagte der Klägerin Einwendungen aus dem Kaufvertrag nicht entgegenhalten, da die Klägerin und die Firma Te. ihm nicht als einheitlicher Vertragspartner gegenübergetreten seien und er außerdem im Darlehensantrag deutlich und unübersehbar darauf aufmerksam gemacht worden sei, daß er das Darlehen selbst dann zurückzahlen müsse, wenn er die Ware nicht erhalten habe. Der entsprechende Vermerk sei unter dem Gesichtspunkt des AGBG nicht zu beanstanden. Auch im übrigen liege eine Verletzung von Aufklärungspflichten nicht vor.

9

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind nicht frei von Rechtsirrtum.

10

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind Kauf- und Darlehensvertrag beim finanzierten Kauf trotz ihrer engen Verbindung als zwei rechtlich selbständige Verträge zu werten. Unter besonderen Umständen kann der Käufer, der, wie der Beklagte, nicht als Kaufmann im Handelsregister eingetragen ist, dem Kreditgeber jedoch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bestimmte Einwendungen aus dem Kaufvertrag entgegensetzen, wenn andernfalls die Risiken der an einem solchen Geschäft Beteiligten nicht angemessen verteilt wären. Die Aufspaltung eines wirtschaftlich einheitlichen Vorgangs in zwei rechtlich selbständige Verträge darf nicht einseitig zu Lasten des Käufers/Kreditnehmers gehen (BGHZ 47, 233, 237; Senatsurteile vom 21. Juni 1979 - III ZR 62/78 - WM 1979, 1180 - BB 1979, 1580; vom 7. Februar 1980 - III ZR 141/78 = NJW 1980, 1155 = WM 1980, 327; vom 19. November 1981 - III ZR 87/80 = Betrieb 1982, 426 m.w.Nachw.).

11

Die erforderliche wirtschaftliche Einheit ist zu bejahen, wenn über ein Zweck-Mittel-Verhältnis hinaus die beiden Geschäfte innerlich derart verbunden sind, daß keines ohne das andere geschlossen worden wäre. Diese Feststellung setzt voraus, daß objektiv bestimmte Umstände - Verbindungselemente - vorliegen (vgl. Senatsurteil vom 2. Oktober 1980 - III ZR 124/79 m.w.Nachw.) und dadurch subjektiv beim Darlehensnehmer - für den Darlehensgeber erkennbar - der Eindruck erweckt wird, Verkäufer und Darlehensgeber ständen ihm als einheitlicher Vertragspartner gegenüber.

12

1.

Die objektiven Umstände, die Kauf- und Darlehensvertrag zu einer wirtschaftlichen Einheit verbinden, sind nicht wie notwendige Tatbestandsmerkmale abschließend zu umschreiben. Sie können vielmehr im Einzelfall verschieden sein. Einzelne Umstände, die sonst in der Regel auf die enge Verbindung hinweisen, können durchaus fehlen, wenn die wirtschaftliche Einheit sich nur aus anderen Umständen ergibt (BGHZ 47, 255 [BGH 20.02.1967 - III ZR 260/64]/56).

13

Daher ist es nicht entscheidend, daß die Klägerin der Firma Te. keine Formulare für den Darlehensvertrag überlassen hatte und die Kreditverhandlungen nicht durch diese Firma allein führen ließ. Auch kommt es nicht darauf an, ob der Kreditgewährung ein "Einreichungsvertrag" (Rahmenvertrag) zwischen Bank und Verkäufer zugrunde lag. Notwendig war schließlich auch nicht, daß die einzelnen Kaufgegenstände im Darlehensvertrag genannt und der Bank zur Sicherheit übereignet wurden (Senatsurteile vom 21. Juni 1979 a.a.O. und vom 6. Dezember 1979 - III ZR 46/78 = NJW 1980, 938).

14

Als hinreichende Verbindungselemente sind hier nach der revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Darstellung des Beklagten folgende Umstände zu bewerten:

15

a)

Der Beklagte hat sich den erforderlichen Kredit nicht auf eigene Anregung und durch selbständige, vom Kauf unabhängige Verhandlungen "auf eigene Faust" beschafft, sondern durch die Inanspruchnahme der von der Firma Te. gewiesenen Kreditmöglichkeit (vgl. Senatsurteil vom 20. März 1980 - III ZR 172/78 - NJW 1980, 1514, 1516). Das war für die Klägerin auch erkennbar, weil der Geschäftsführer der Firma Te. persönlich ihr - wie vorher bereits andere Kunden - auch den Beklagten, zu dem sie noch keinerlei Geschäftsbeziehungen hatte, zum Abschluß des Kreditvertrags zuführte. Die Behauptung des Beklagten, ihm sei bereits ein ausgefüllter Darlehensvertrag vorgelegt worden, spricht dafür, daß die Klägerin zuvor schon die notwendigen Angaben von der Firma Te. unmittelbar erhalten hatte. Auch wenn die Kaufgegenstände im Vertrag nicht ausdrücklich genannt wurden, wußte die Klägerin, daß das Darlehen der Finanzierung eines Automatenkaufs dienen sollte.

16

b)

Nach dem Kreditvertrag war die Darlehenssumme unmittelbar auf ein Konto der Firma Te. zu überweisen; das konnte sofort geschehen, ohne vorherigen Nachweis der Lieferung des gekauften Automaten. Dadurch wurde der Beklagte von jeder freien Verfügung über das Darlehen ausgeschlossen und ihm die Möglichkeit genommen, gegenüber dem Verkäufer sein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB geltend zu machen. Die entscheidende Bedeutung dieser Vertragsbestimmung hat der Senat bereits früher im Zusammenhang mit der Anwendung des Abzahlungsgesetzes gemäß § 6 AbzG dargelegt (Urteil vom 6. Dezember 1979 - III ZR 46/78 - NJW 1980, 938 = WM 1980, 159). Für die Frage des Einwendungsdurchgriffs gilt nichts anderes; denn die Verbindung von Kauf- und Darlehensvertrag zu einer wirtschaftlichen Einheit ist die entscheidende Voraussetzung für den Schutz des Abzahlungsgesetzes ebenso wie für das Recht, Einwendungen aus dem Kaufvertrag gegenüber dem Darlehensgeber zu erheben.

17

Zu Unrecht fordert das Berufungsgericht, Klägerin und Verkäufer müßten den Beklagten "gegen seine Intentionen" zum Verzicht auf die freie Verfügung über die Darlehensvaluta gebracht haben. Wenn ein entscheidendes Merkmal der wirtschaftlichen Einheit gerade darin liegt, daß der Kreditnehmer den Darlehensvertrag nur schließt, um den Kaufpreis bezahlen zu können, kann es nicht gegen diese wirtschaftliche Einheit sprechen, wenn der Käufer eine unmittelbare Auszahlung des Kreditbetrags an den Verkäufer von vornherein billigt. Der Schutz des Einwendungsdurchgriffs kann einem Käufer/Kreditnehmer nicht deswegen versagt werden, weil er die Risiken der rechtlichen Aufspaltung des wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts gar nicht erkennt und daher die Vereinbarung der Direktüberweisung als selbstverständlich hinnimmt.

18

c)

Die Klägerin selbst hat Kauf- und Darlehensvertrag als Einheit behandelt, indem sie in dem von ihr formulierten Kreditantrag und in ihrem Sonderformular den Beklagten als "Käufer (Darlehensnehmer)" bezeichnete und ihn über sein Recht belehrte, seine "auf den Kauf- und Darlehensvertragsabschluß gerichtete Willenserklärung" gegenüber der Bank zu widerrufen. Wenn die Klägerin - wie das Berufungsgericht feststellt - diese Belehrung in den Vertrag aufnahm, weil sie mit der Möglichkeit rechnete, Kauf- und Darlehensvertrag seien als wirtschaftliche Einheit zu würdigen, so kann sie sich später nicht auf den Standpunkt stellen, für sie habe es sich um einen reinen Personalkredit ohne jede Beziehung zu einem bestimmten Kaufvertrag gehandelt.

19

2.

Die angeführten Verbindungselemente reichen nicht nur objektiv aus, um die wirtschaftliche Einheit von Kauf- und Darlehensvertrag zu begründen; sie waren auch geeignet, dem Beklagten subjektiv den Eindruck zu vermitteln, Bank und Verkäuferfirma ständen ihm gemeinsam als Vertragspartner gegenüber. Die gegenteiligen Ausführungen des Berufungsgerichts sind rechtlich nicht zu billigen. Dabei ist dem angefochtenen Urteil nicht eindeutig zu entnehmen, ob das Berufungsgericht, obwohl keine Beweisaufnahme erfolgt war, die tatsächliche Feststellung treffen wollte, der Beklagte habe die völlige Selbständigkeit des Darlehensvertrages erkannt, oder ob es nur ausführen wollte, er habe sie aufgrund der vorliegenden Umstände erkennen müssen. Soweit es sich nur um eine rechtliche Würdigung im letztgenannten Sinne handelt, verkennt sie die Bedeutung der unter 1. dargelegten objektiven Verbindungselemente. Soweit das Berufungsgericht tatsächliche Feststellungen zur subjektiven Seite treffen wollte, ist nicht auszuschließen, daß diese Feststellungen durch die materiell fehlerhafte Würdigung der objektiven Verbindungselemente beeinflußt worden sind.

20

3.

Dem Beklagten kann die Berufung darauf, daß er die Ware nicht erhalten habe, auch nicht deswegen versagt werden, weil die Klägerin in ihr Darlehensformular den Hinweis aufgenommen hat, er müsse auch bei Nichterhalt der Ware das Darlehen voll zurückzahlen.

21

a)

Das Berufungsgericht prüft diesen Vermerk als Vertragsbestandteil unter dem Gesichtspunkt des AGBG und führt in diesem Zusammenhang aus, selbst wenn Kauf- und Darlehensvertrag eine wirtschaftliche Einheit bildeten, könnte die Rechtsfolge des Einwendungsdurchgriffs durch AGB vermieden werden, weil es sich nur um eine von der Rechtsprechung entwickelte Einrede, nicht aber um eine Abweichung vom Gesetz im Sinne des § 9 AGBG handele. Diese Auffassung verkennt, daß die Rechtsprechung zum Einwendungsdurchgriff ihre Grundlage in § 242 BGB und damit im Gesetz findet. Schon nach seinem Wortlaut verbietet § 9 AGBG nicht nur Abweichungen von Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (Abs. 2 Nr. 1), sondern auch Einschränkungen von Rechten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben (Abs. 2 Nr. 2). Es ist anerkannt, daß unter diese Bestimmung auch Leistungs- und Schutzpflichten aus § 242 BGB fallen, wenn sie nur im Hinblick auf den Vertragszweck so wesentlich sind, daß eine Freizeichnung des AGB-Verwenders die angemessene Risikoverteilung empfindlich stören würde (so Ulmer/Brandner/Hensen AGBG 3. Aufl. § 9 Rdz. 62). Wenn die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der wirtschaftlichen Einheit zwischen Kauf- und Darlehensvertrag vorliegen, steht dem Käufer nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gegenüber der Bank, die den Kreditbetrag ohne Lieferungsnachweis an den Verkäufer ausgezahlt hat, das Recht zu, die Darlehensrückzahlung zu verweigern, wenn der Verkäufer in Konkurs gefallen ist und daher endgültig feststeht, daß es zu einer Warenlieferung nicht mehr kommen wird (Senatsurteil vom 13. November 1975 - III ZR 104/72 - WM 1975, 1298). Dieses Recht zur Leistungsverweigerung ergibt sich aus der Natur des konkreten Darlehensvertrages, die geprägt ist durch den Zweck, dem Darlehensnehmer den Erwerb der Kaufsache im Wege eines finanzierten Kaufs zu ermöglichen. Dieser Vertragszweck ist gefährdet, wenn dem Darlehensnehmer sein Einwendungsrecht durch eine AGB-Klausel genommen wird. Wenn die individuell vereinbarte Eigenart eines finanzierten Kaufs es gemäß § 242 BGB gebietet, nicht den Käufer, sondern den Kreditgeber mit dem Risiko einer Insolvenz des Verkäufers zu belasten, so verändert eine anderweitige Risikoverteilung die Natur dieses Vertrages.

22

b)

Zu prüfen bleibt jedoch, ob nicht ein - auch einseitiger - Hinweis des Kreditgebers rein tatsächlich der Feststellung der subjektiven Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs entgegenstehen kann, weil er dem durch die objektiven Verbindungselemente veranlaßten Eindruck des Käufers/Kreditnehmers, Verkäufer und Bank ständen ihm gemeinsam als Vertragspartner gegenüber, entgegenwirkt und dem Kreditnehmer klarmacht, daß die Bank mit ihm nur einen in jeder Hinsicht selbständigen Darlehensvertrag schließen und sich keinerlei Einwendungen aus dem Kaufvertrag aussetzen will.

23

Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob dieses Ziel durch vorformulierte Hinweise überhaupt erreicht werden kann; bei solchen Hinweisen besteht - ebenso wie bei AGB - fast stets die Gefahr, daß sie vom Vertragsgegner übersehen oder nicht in ihrer ganzen Tragweite verstanden werden. Es ist nicht Aufgabe des Senats, geeignete Formulierungen für eine umfassende Hinweisklausel zu suchen und vorzuschlagen. Möglicherweise kann ein Kreditgeber sein Ziel der völligen Unabhängigkeit des Darlehensvertrages nur dadurch erreichen, daß er alle objektiven Verbindungselemente vermeidet.

24

Auf keinen Fall war der hier im Kreditformular der Klägerin gegebene Hinweis geeignet, beim Beklagten die Vorstellung, Verkäuferfirma und Bank gehörten zusammen, eindeutig und mit Sicherheit auszuschließen. Dieser Hinweis ist zwar dick gedruckt und wird mit dem Wort "Achtung!" eingeleitet. Trotzdem erscheint ein Übersehen nicht ausgeschlossen, weil dieser Hinweis unmittelbar an die umfangreichen Darlehensbedingungen der Klägerin anschließt, von denen mehrere ebenfalls durch unterschiedliche Druckstärke (Nr. 29, 30) oder Umrandung (Nr. 27) hervorgehoben sind; dadurch wird die Wirkung der einzelnen Hervorhebung relativiert und geschmälert. Außerdem folgt dem Hinweis noch die Belehrung des Kreditnehmers über das Widerrufsrecht; sie zieht seine Aufmerksamkeit in stärkerem Maße auf sich, weil sie unmittelbar über seiner Unterschrift steht und ebenfalls durch eine zusätzliche Umrandung besonders hervorgehoben wird. Hinzukommt, daß diese Belehrung in ihrem Text von der "auf den Kauf- und Darlehensvertragsschluß gerichteten Willenserklärung" spricht, damit den Eindruck der Einheit von Kauf- und Darlehensvertrag verstärkt und so dem mit der vorausgehenden Hinweisklausel erstrebten Aufklärungszweck genau entgegenwirkt.

25

4.

Nicht durchdringen kann der Beklagte, soweit er unabhängig vom Einwendungsdurchgriff der Klägerin die Verletzung sonstiger vorvertraglicher oder vertraglicher Pflichten vorwerfen und daraus einen Schadensersatzanspruch herleiten will.

26

Mit Recht hat das Berufungsgericht unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 20. März 1980 (NJW 1980, 1514, 1517) eine Verpflichtung der Klägerin verneint, den Beklagten darüber zu belehren, daß seine Erwartung, er werde bei ordnungsgemäßer Lieferung der Automaten aus dem Verkaufsgewinn die monatlichen Darlehensraten bestreiten können, höchst zweifelhaft war. Das wirtschaftliche Risiko eines wirksam zustande gekommenen und ordnungsgemäß abgewickelten finanzierten Kaufs muß der Käufer selbst tragen.

27

Soweit der Beklagte mit der Revision geltend macht, die Klägerin habe sich vor Auszahlung des Darlehensbetrages an die Firma Te. über deren allgemeine Geschäftslage informieren und von ihr einen Nachweis der Lieferung der gekauften Automaten fordern müssen, gilt folgendes: Wenn die Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs vorliegen, braucht der Beklagte schon aus diesem Grunde nicht zu zahlen; es ist ihm daher insoweit kein Schaden entstanden; die Folgen der Nichtlieferung treffen die Klägerin. Falls aber die Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs zu verneinen sind, also ein vom Kaufvertrag völlig unabhängiger Darlehensvertrag geschlossen wurde, bestand keine Verpflichtung der Klägerin, die Erfüllung des Automatenkaufvertrages durch die Firma Te. zu überwachen und zu sichern.

28

III.

Da ausreichende Feststellungen zur abschließenden Beurteilung der Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs bisher nicht getroffen worden sind, ist die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Soweit der Sachvortrag des Beklagten streitig bleibt, muß darüber Beweis erhoben werden. Dabei hat der Beklagte Gelegenheit, seinen in der Revisionsverhandlung vorgebrachten Hinweis auf das vor dem Senat anhängige Parallelverfahren III ZR 75/81 = 14 U 194/80 OLG München und auf die darin von einem anderen Senat des OLG München durchgeführte Beweisaufnahme zu wiederholen und vom Berufungsgericht würdigen zu lassen. Falls die Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs zu bejahen sind, muß geklärt werden, ob die Klägerin weiterhin bestreiten will, daß der Beklagte die Automaten nicht erhalten hat (vgl. Klagebegründung vom 13. Dezember 1979 unter 2); gegebenenfalls muß auch darüber der angebotene Beweis erhoben werden.

Nüßgens
Krohn
Kröner
Scholz-Hoppe
Halstenberg