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Bundesgerichtshof
Urt. v. 20.11.1980, Az.: VII ZR 70/80

Gewährung eines Kredits; Vorliegen einer Globalzession; Abtretung von Forderungen ; Geltendmachung eingezogener Drittforderungen unter verlängertem Eigentumsvorbehalt ; Verpflichtung zur Freigabe von Sicherheiten

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
20.11.1980
Aktenzeichen
VII ZR 70/80
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1980, 11923
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Hamm - 10.01.1980
LG Bielefeld

Fundstellen

  • BGHZ 79, 16 - 25
  • DB 1981, 634-636 (Volltext mit amtl. LS)
  • JZ 1981, 224-227 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1981, 308 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1981, 816-818 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

Firma Rudolf V. GmbH & Co KG,
vertreten durch die Rudolf V. Beteiligungsgesellschaft mbH,
diese vertreten durch die Geschäftsführer Rudolf und Werner V., Im N., L.

Prozessgegner

Sparkasse M.-L., Zweckverbandssparkasse des Kreises M.-L. und der Städte M. und P.,
vertreten durch den Vorstand Direktor S., O. Str. ..., L.

Amtlicher Leitsatz

Zur Bestimmbarkeit der Vorausabtretung von Teilforderungen im Wege verlängerten Eigentumsvorbehalts.

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 1980
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Vogt sowie
die Richter Dr. Girisch, Meise, Dr. Recken und Doerry
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. Januar 1980 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin vertreibt Glaswaren, u.a. Spiegel, Scheiben und Einlegeböden für Schränke. Sie hat seit 1974 die Firma P.-Wohnmöbel-GmbH, Tengern, beliefert, die 1976 in Konkurs gefallen ist. Die Gemeinschuldnerin stellte Schränke her, baute in diese Waren der Klägerin ein und veräußerte die Möbel weiter. Die beklagte Sparkasse hat der Gemeinschuldnerin Kredit gewährt und sich zu dessen Sicherung global alle Außenstände der Gemeinschuldnerin abtreten lassen. Ausgenommen sind Forderungen, die einem verlängerten Eigentumsvorbehalt von Lieferanten der Gemeinschuldnerin unterliegen. Aufgrund der Globalzession hat die Beklagte mindestens 855.577,70 DM eingezogen oder vom Konkursverwalter erhalten.

2

Die Klägerin hat noch offene Forderungen gegen die Gemeinschuldnerin von rund 160.000 DM. Sie macht an den von der beklagten Bank eingezogenen Drittforderungen verlängerten Eigentumsvorbehalt aufgrund ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltend und verlangt Herausgabe der von der Beklagten eingenommenen Beträge nach § 816 Abs. 2 BGB. Die Geltung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei mit der Gemeinschuldnerin vereinbart gewesen. Die Beklagte bestreitet das, hält aber ohnehin den verlängerten Eigentumsvorbehalt für unwirksam, u.a. weil die vorausabgetretenen Kundenforderungen nicht hinreichend bestimmbar seien.

3

Die Klägerin hat 9.917,62 DM nebst Zinsen eingeklagt. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision, die die Beklagte zurückzuweisen bittet, verfolgt die Klägerin die Klage weiter.

Entscheidungsgründe

4

Das Berufungsgericht läßt dahingestellt, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin deren Lieferungen an die Gemeinschuldnerin zugrunde lagen. Für den Revisionsrechtszug ist das daher zu unterstellen. Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten folgende Bestimmungen:

"9.

Die Ware bleibt Eigentum des Verkäufers bis zur Zahlung seiner sämtlichen Forderungen, gleich aus welchem Rechtsgrunde, bis zur Einlösung sämtlicher, dem Verkäufer in Zahlung gegebener Wechsel und Schecks, auch wenn der Kaufpreis für besonders bezeichnete Forderungen bezahlt ist. Bei laufender Rechnung gilt das vorbehaltene Eigentum als Sicherung für die Saldoforderung des Verkäufers. Eine Be- oder Verarbeitung der Vorbehaltsware erfolgt im Auftrage des Verkäufers und zwar unentgeltlich sowie ohne Verpflichtung für diesen derart, daß der Terkäufer als Hersteller gemäß § 950 BGB anzusehen ist, also in jedem Zeitpunkt und Grad der Verarbeitung an den Erzeugnissen Eigentum behält. Bei Verarbeitung mit anderen, nicht dem Verkäufer gehörenden Waren durch den Käufer, steht dem Verkäufer das Miteigentum an der neuen Sache zu im Verhältnis des Rechnungswertes der Vorbehaltsware zu den anderen verarbeiteten Waren zur Zeit der Verarbeitung. Für die aus der Verarbeitung entstehende neue Sache gilt sonst das gleiche wie bei der Vorbehaltsware. Sie gilt als Vorbehaltsware im Sinne dieser Bedingungen.

Die Forderungen des Käufers aus einer Weiterveräusserung der Vorbehaltsware werden bereits jetzt zur Sicherung sämtlicher Forderungen des Verkäufers aus dem Geschäftsverhältnis an den Verkäufer abgetreten, und zwar gleichgültig, ob die Vorbehaltsware ohne oder nach Verarbeitung und ob sie an einen oder mehrere Abnehmer weiterveräussert wird.

Der Käufer ist zur Weiterveräusserung der Vorbehaltsware aufgrund eines Kauf-, Werk-, Werklieferungs- oder ähnlichen Vertrages nur berechtigt und ermächtigt, wenn die Forderung aus der Weiterveräusserung auf den Verkäufer übergeht. Zu anderen Verfügungen über die Vorbehaltsware ist der Käufer nicht berechtigt. Auf Verlangen des Verkäufers ist der Käufer verpflichtet, die Abtretung dem Drittbesteller zur Zahlung an den Verkäufer bekanntzugeben.

Übersteigt der Wert der für den Verkäufer bestehenden Sicherheiten dessen Forderung insgesamt um mehr als 20 %, so ist der Verkäufer auf Verlangen des Käufers oder eines durch die Übersicherung des Verkäufers beeinträchtigten Dritten insoweit zur Freigabe von Sicherungen nach Wahl des Verkäufers verpflichtet ...

...

14. ...

Dieser Vertrag bleibt auch bei rechtlicher Unwirksamkeit einzelner Punkte seiner Bedingungen im übrigen rechtsverbindlich."

5

1.

Das Berufungsgericht geht davon aus, daß der Klägerin nach Ziffer 9 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Kundenforderungen der Gemeinschuldnerin nicht in vollem Umfang abgetreten worden seien, soweit die jeweils veräußerten Möbel Glasmaterialien enthielten, die von der Klägerin stammten. Eine solche umfassende Abtretung wäre sittenwidrig und daher nichtig, auch wenn die Klägerin bei Übersicherung um mehr als 20 % zur Freigabe von Sicherheiten verpflichtet gewesen sei. Denn die umfassende Abtretung hätte es der Gemeinschuldnerin unmöglich gemacht, mit weiteren Lieferanten noch wirksam Vorausabtretungen - wenigstens teilweise - zu vereinbaren. Darauf sei die Gemeinschuldnerin aber angewiesen gewesen, da die Klägerin ausschließlich Waren geliefert habe, die nur in geringem Umfang gebraucht worden seien und jeweils nur geringen Wert (bei manchen Modellen bloß 8,- bis 9,- DM) ausgemacht hätten. In solchen Fällen müsse angenommen werden, daß die Vorausabtretung nur einen Teil der abgetretenen Kundenforderungen habe erfassen sollen.

6

Das bekämpft die Revision vergeblich. Die Auffassung des Berufungsgerichts steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

7

a)

Danach kann bei "vernünftiger Auslegung" der Lieferbedingungen die Abtretung des gesamten Vergütungsanspruchs dann nicht gewollt sein, wenn die Lieferungen des Vorbehaltsverkäufers nur einen geringen Bruchteil des Werts der Leistung ausmachen, die der Vorbehaltskäufer an seine Kunden erbracht hat. Sonst würde sich der Vorbehaltslieferant eine ganz unverhältnismäßige, ungerechtfertigte Übersicherung verschaffen und die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit seines Abnehmers sowohl gegenüber anderen Lieferanten als auch gegenüber einem sonstigen Kreditgeber übermäßig beschränken. In solchen Fällen sind Vorausabtretungsabreden dahin zu verstehen, daß nur ein Teil der Kundenforderungen abgetreten sein soll (BGHZ 26, 178, 182/183; BGH Urteil vom 12. Februar 1959 - VIII ZR 108/58 = LM BGB § 398 Nr. 8 Bl. 2; Urteil vom 9. Juni 1960 - VII ZR 157/59 - WM 1960, 1063, 1064; Urteil vom 12. Juni 1969 - VII ZR 13/67 = WM 1969, 1072, 1073).

8

b)

So ist es hier. Nach den von der Klägerin vorgelegten Listen wurden in die einzelnen von der Gemeinschuldnerin hergestellten Möbelstücke Glaswaren der Klägerin zum Rechnungsbetrag zwischen 1,71 DM und 33,16 DM je Modell eingearbeitet. Dem entsprechen die anteiligen Beträge an den Kundenforderungen, die nach der Aufstellung der Klägerin auf von ihr stammende Lieferungen entfallen. Sie schwanken zwischen 4,45 DM und 178 DM je Gesamtvergütung.

9

Damit sind die Voraussetzungen erfüllt, unter denen bei "vernünftiger Auslegung" nur eine Teilabtretung der Drittforderung gewollt ist. Die Fälle, in denen der Bundesgerichtshof die Abtretung des ganzen Vergütungsanspruchs hat gelten lassen, obgleich der Wert der jeweiligen Lieferung des Vorbehaltslieferanten nur einen Teil der Vergütung ausmachte, liegen durchweg anders (vgl. BGHZ 7, 365;  26, 185;  BGH NJW 1974, 1130 Nr. 2; WM 1969, 1072; Urteil vom 19. September 1977 - VIII ZR 169/76 = WM 1977, 1198, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 69, 254 und NJW 1977, 2207 Nr. 3).

10

c)

Daraus, daß die Klägerin nach Ziffer 9 Abs. 4 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Freigabe von Sicherheiten verpflichtet ist, wenn der Wert der für sie bestehenden Sicherheiten ihre Forderungen um mehr als 20 % übersteigt, kann nichts Gegenteiliges hergeleitet werden. Dieser Bestimmung ist nicht etwa zu entnehmen, daß die Abtretung der vollen Vergütungsansprüche gewollt sein müßte. Übersicherungen sind auch bei Teilabtretung möglich, z.B. wenn die Summe der noch offenen Forderungen des Vorbehaltslieferanten gegen den Vorbehaltskäufer geringer ist als die Summe der abgetretenen Teile der Forderungen des Vorbehaltskäufers gegen seine Abnehmer. Auch kann bei entsprechender Fassung der Verarbeitungsklausel der Miteigentumsanteil des Lieferanten an dem verarbeiteten Gegenstand größer sein als der Wert des von ihm gelieferten Gegenstandes.

11

d)

Darauf, daß die Glaswaren der Klägerin nur in 20 % der Erzeugnisse der Gemeinschuldnerin verwendet worden sein sollen, wie die Revision geltend macht, kommt es nicht an. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt der Klägerin kam überhaupt nur zum Zuge, wenn Möbel an Dritte veräußert wurden, in die Waren eingebaut waren, die die Klägerin geliefert hatte. Dann aber bestand das Mißverhältnis zwischen Gesamtvergütungsanspruch und Wert des Anteils der von der Klägerin stammenden Ware immer.

12

e)

Ergibt sich die nur teilweise Abtretung der Kundenforderungen bereits durch Auslegung der von der Klägerin verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, so braucht nicht näher darauf eingegangen zu werden, ob die Abtretung der Ansprüche in vollem Umfange, falls sie gewollt gewesen wäre, gegen die guten Sitten verstoßen würde und damit nichtig wäre, wie das Berufungsgericht meint.

13

2.

Das Berufungsgericht hält die Vorausabtretung gleichwohl für unwirksam, weil die Klägerin in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Umfang der Teilabtretung von Kundenforderungen ihrer Abnehmer nicht geregelt habe und es damit an der notwendigen Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderungen fehle. Zwar könne die Klausel der Ziffer 9 Abs. 1 Satz 4 mit herangezogen werden, wonach bei Verarbeitung der von der Klägerin gelieferten mit anderen dem Verkäufer nicht gehörenden Waren der Klägerin das Miteigentum an der neuen Sache "im Verhältnis des Rechnungswertes der Vorbehaltsware zu den anderen verarbeiteten Waren zur Zeit der Verarbeitung" zustehen solle. Es bleibe aber unklar, ob der Klägerin nur der Anteil am gesamten Materialwert entsprechend dem Wert der von ihr für das einzelne Erzeugnis gelieferten Materialien abgetreten werden sollte oder ob der prozentuale Anteil am gesamten Kaufpreis (Materialwert und Verarbeitungswert einschließlich Unternehmergewinn) entsprechend dem Anteil des Wertes der von der Klägerin gelieferten Materialien am gesamten Materialwert gemeint sei. Welcher Anteil der Klägerin zustehen solle, könne auch nicht über Lieferscheine, Rechnungen und Debitorenkonten geklärt werden. Der abgetretene Anteil sei allenfalls ungefähr zu schätzen.

14

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

15

a)

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach gefestigter Rechtsprechung unabhängig von der Gestaltung des Einzelfalles sowie dem Willen und den Belangen der jeweiligen konkreten Vertragspartner, also nach ihrem typischen Sinn auszulegen (zuletzt Senatsurteil BGHZ 77, 116 m.w.N.). Für die Frage, ob abgetretene Forderungen hinreichend genau bestimmbar sind, kommt es jedoch nicht darauf an, ob die unter gattungsmäßiger Bezeichnung im voraus abgetretenen Forderungen für alle denkbaren Fälle bestimmbar sind. Vielmehr reicht es aus, wenn nach der objektiv ausgelegten Abtretungsklausel die vom Abtretungsempfänger im einzelnen Falle in Anspruch genommene Forderung genügend bestimmbar ist (BGHZ 7, 365, 368 f;  26, 185, 189;  BGH NJW 1964, 149;  1974, 1130 Nr. 2; 1975, 1226, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 64, 312; LM BGB § 398 Nr. 8; Urteil vom 4. Oktober 1965 - VII ZR 185/63 = WM 1966, 13, 15; vgl. auch BGHZ 70, 86, 89 und 71, 75, 78 m.w.N.).

16

b)

Fehlt es an genügenden Anhaltspunkten in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Begrenzung der Forderung und sind die Möglichkeiten einer solchen Begrenzung zu vielfältig, dann ist die abgetretene Teilforderung nicht hinreichend bestimmbar (BGHZ 26, 178, 183/185; 32, 361, 364). So ist es beispielsweise, wenn es heißt, es gingen "die an Stelle" der gelieferten Waren "tretenden Forderungen des Käufers gegen seine Abnehmer" auf den Vorbehaltslieferanten über (BGH LM BGB § 398 Nr. 8) oder es gelte die aus der Verwendung der gelieferten Ware "sich ergebende Forderung" als abgetreten (BGH WM 1960, 1063). Dagegen ist genügend abgegrenzt eine Teilabtretung "in Höhe des Wertes der Vorbehaltsware" (BGH NJW 1964, 149) oder "entsprechend dem Wert unserer Lieferung" (BGH NJW 1968, 1516). Unter diesem Wert ist der zwischen Vorbehaltsverkäufer und Vorbehaltskäufer vereinbarte Preis der jeweils verwendeten oder veräußerten Vorbehaltsware zu verstehen (BGH aaO).

17

Deshalb erfüllt auch die Klausel, die Forderungen gegen Dritte gingen "bis zur Höhe unserer Kaufpreisansprüche" für das verwendete Material auf den Vorbehaltslieferanten über, die gestellten Anforderungen an die Bestimmbarkeit des Umfangs der abgetretenen Forderung (BGH Urteil vom 9. Dezember 1970 - VIII ZR 52/69 = LM BGB § 157 (Ga) Nr. 18 = WM 1971, 71). Der Bundesgerichtshof hat ferner eine Klausel gelten lassen, wonach sich "die Abtretung auf den Betrag erstreckt, der dem Anteilswert des Verkäufers am Miteigentum entspricht", das der Vorbehaltsverkäufer durch Verbindung oder Vermischung der Vorbehaltsware mit anderen Gegenständen erworben hat (BGH NJW 1975, 1226, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 64, 312; vgl. zu alledem auch Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung Bd. IV (1976) § 47 III 2, 3).

18

c)

Die Auslegung einer Vorausabtretung bei verlängertem Eigentumsvorbehalt scheitert nicht schon daran, daß gewählte Abgrenzungsmerkmale mehrere Möglichkeiten der Ausdeutung zulassen. Dann muß vielmehr ermittelt werden, was dem Willen der Vertragspartner bei Abschluß des Vertrags am besten entspricht. Dabei ist maßgeblich auf den vom Vorbehaltslieferanten mit dem verlängerten Eigentumsvorbehalt verfolgten Zweck und die sich daraus ergebende Interessenlage abzustellen. Schließlich ist bei der Schwierigkeit, überhaupt Teilabtretungen wirksam vorzunehmen, unter mehreren Auslegungsmöglichkeiten derjenigen der Vorzug zu geben, die am wenigsten der Gefahr ausgesetzt ist, von der Rechtsprechung wegen mangelnder Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderung verworfen zu werden (BGH NJW 1964, 149, 150). Dabei kommt der Auslegung zu Hilfe, daß sich in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vielfach - so auch hier - die Klausel befindet, bei Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen sollten die Bedingungen im übrigen gültig sein. Das kann auch auf einzelne Merkmale innerhalb einer Verarbeitungsklausel angewendet werden (BGHZ 46, 117, 123). Auch sonst kann durch Auslegung ein Ergebnis gewonnen werden, das die Nichtigkeit des Vertrags oder einzelner Bestimmungen verhindert. So kann etwa die Auslegung eines Globalabtretungsvertrags ergeben, daß die Globalabtretung hinter später begründeten Ansprüchen aus dem verlängerten Eigentumsvorbehalt zurücktreten soll oder, falls die erstrebte umfassende Wirkung nicht zu erzielen ist, wenigstens so weit reicht, wie es die guten Sitten zulassen (vgl. BGHZ 30, 149, 153/154; 72, 308, 315/316; BGH NJW 1974, 942, 943 m.w.N.).

19

d)

Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

20

aa)

Zur Auslegung, wie sich der nach Ziffer 9 Abs. 2 der AGB "vernünftiger Weise" an die Klägerin nur vorausabgetretene Teilanspruch bemißt, ist an die Verarbeitungsklausel des Abs. 1 Satz 4 anzuknüpfen. Die Vorbehaltsware muß die Phase der Verarbeitung durchlaufen, damit durch Veräußerung der neu entstandenen Sache die im voraus abgetretene Forderung an den Drittabnehmer entstehen kann. Die Vorgänge sind aber nicht voneinander getrennt, sondern im Zusammenhang zu beurteilen. Der Eigentumsvorbehalt "verlängert" sich kontinuierlich von einer Stufe in die andere. Deshalb können die Maßstäbe für die Bestimmung der Rechte, die dem Vorbehaltslieferanten in der einen Stufe zustehen sollen, auch aufschlußreich sein für seine Rechte in der nachfolgenden Stufe und zu deren Bemessung herangezogen werden (vgl. BGH NJW 1975, 1226 für die Verbindung und Vermischung).

21

bb)

Wenn es in der Verarbeitungsklausel heißt, dem Verkäufer stehe das Miteigentum an der neuen Sache zu "im Verhältnis des Rechnungswertes der Vorbehaltsware zu den anderen verarbeiteten Waren zur Zeit der Verarbeitung", so ist die maßgebende Bezugsgröße der Rechnungswert der Vorbehaltsware, d.h. der für das verwendete Material vereinbarte Kaufpreis. Das ist auch die jeweils am zuverlässigsten festzustellende Größe, die zudem den Wertvorstellungen der Parteien von der Vorbehaltsware am nächsten kommt (BGH NJW 1964, 149). Daß der Rechnungswert ins Verhältnis zu den anderen verarbeiteten Waren gesetzt, also als relativer Wertmaßstab gebraucht wird, ist jedoch ausschließlich rechtstechnisch bedingt. Im deutschen Recht gibt es nämlich eine Aufteilung nach absolut bestimmten Wertteilen zwar für Forderungen, nicht aber für das Eigentum. Das Eigentum an der Vorbehaltsware kann sich nach der Verarbeitung mit anderen Gegenständen nur als Bruchteil am Eigentum der neuen Sache fortsetzen (BGH a.a.O. und BGHZ 46, 117, 119).

22

Wenn nun der Rechnungswert der Vorbehaltsware lediglich zum Wert der außerdem verarbeiteten anderweitigen Waren ins Verhältnis gesetzt wird, ohne daß der Verarbeitungswert der neuen Sache miterwähnt wird, so kann das zwar auch so zu verstehen sein, daß der Miteigentumsanteil des Vorbehaltsverkäufers an der neuen Sache anteilig den Verarbeitungswert mitumfassen soll (vgl. auch Serick BB 1972, 277, 279). Näher liegt aber, daß der Miteigentumsanteil an der neuen Sache nur dem (im Kaufpreis ausgedrückten) Rohstoffwert entsprechen soll, den der Vorbehaltsverkäufer durch seine Lieferung zur neuen Sache beigetragen hat. So wird das am Rohstoff vorbehaltene Eigentum in die neue Sache "hinein verlängert", wie es mit der Verlängerung des Eigentumsvorbehalts gerade bezweckt wird (BGHZ 46, 117, 120).

23

cc)

Letztlich kann das jedoch offenbleiben. Denn hier geht es nicht um das Miteigentum an der durch Verarbeitung entstandenen neuen Sache, sondern um den Anteil des Vorbehaltslieferanten an der Forderung gegen den Drittabnehmer nach Veräußerung der neuen Sache. Für diese Verlängerungsstufe besteht kein Anlaß, den Rechnungswert der verwendeten Vorbehaltsware als relativen Wertmaßstab zu gebrauchen. Hier ist er vielmehr als absolute Größe zu verstehen, aus der sich unmittelbar die abgetretene Teilforderung ergibt. Das entspricht auch dem Willen der Parteien am besten. So wird der Umfang der Vorausabtretung am genauesten bestimmt. Der Vorbehaltslieferant setzt sich am wenigsten Gefahren für die Bestimmbarkeit der abgetretenen Forderung aus, wie sie bei einem anderen Wertmaßstab auftreten können. Zu Übersicherungen kann es praktisch nicht kommen, die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Vorbehaltskäufers bleibt erhalten. Kollisionen mit anderen Lieferanten sind ausgeschlossen, soweit sich diese ebenfalls auf die Abtretung der Kundenforderungen nur in Höhe des Kaufpreises der von ihnen gelieferten Ware beschränken (BGHZ 46, 117, 120).

24

Der Zweck des verlängerten Eigentumsvorbehalts, den Vorbehaltslieferanten in dem Umfang zu sichern, in dem er mit der (auf Kredit gelieferten) Ware einen Wert weggegeben hat, wird voll erreicht (BGH NJW 1964, 149, 150). Diese Auslegung der Vorausabtretung entspricht deshalb auch der Interessenlage. Ist in Fällen der vorliegenden Art "bei vernünftiger Auslegung" der Lieferbedingungen nur eine Teilabtretung gewollt, dann ist es ebenso ein Gebot der Vernunft, einen brauchbaren und interessengerechten Maßstab für die Bemessung des Forderungsteiles zu finden, wenn die Lieferbedingungen - wie hier - insgesamt dafür hinreichende Anhaltspunkte bieten. Das ist zumindest im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu erreichen, die auch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich ist (vgl. dazu BGHZ 54, 106, 115 [BGH 04.06.1970 - VII ZR 187/68];  60, 353, 362;  62, 83, 89;  62, 323, 327;  BGH NJW 1977, 1336, 1338, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 68, 372; vgl. auch BGHZ 72, 206, 208 [BGH 12.10.1978 - VII ZR 220/77] und BGH NJW 1979, 2095).

25

dd)

Die danach an die Klägerin abgetretenen Teilforderungen lassen sich anhand von Lieferscheinen, Rechnungen, Fertigungsunterlagen, Debitorenkonten und dgl. mehr feststellen. Das genügt. die Klägerin war die einzige Glaslieferantin der Gemeinschuldnerin und hat Fertigteile für die einzelnen Schrankmodelle geliefert. Sie hat über den jeweiligen Glasmaterialanteil an den Modellen und an den Lieferungen an die Abnehmer der Gemeinschuldnerin detaillierte Listen vorgelegt. Die Klägerin ist also nicht nur auf ungefähre Schätzungen angewiesen.

26

3.

Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben. An der mangelnden Bestimmbarkeit im Wege des verlängerten Eigentumsvorbehalts abgetretener Teilforderungen scheitert die Klage nicht. Eine andere Frage ist, ob oder inwieweit die Klägerin den von ihr eingeklagten Anspruch beweisen kann (BGHZ 70, 86, 90; vgl. auch BGH NJW 1978, 1632 [BGH 17.05.1978 - VIII ZR 11/77] und Serick a.a.O. § 47 III 2 e). Der Versuch, den Beweis zu erbringen, darf ihr jedenfalls nicht mit der Begründung abgeschnitten werden, die Beweisführung sei "umständlich".

27

Darauf, wie sich der Konkursverwalter und andere Vorbehaltslieferanten in der hier streitigen Frage verhalten haben, kommt es nicht an. Die Beklagte wäre daran nicht gebunden. Die Klägerin hat auch keine vertraglichen Abmachungen mit der Beklagten dargetan, aus denen sich Verpflichtungen der Beklagten ergeben könnten, die über die von der Klägerin aus dem verlängerten Eigentumsvorbehalt hergeleiteten Ansprüche hinaus gehen.

28

Da das Berufungsgericht die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nur unterstellt und sich nur mit der Frage der Wirksamkeit dieser Vertragsbedingungen befaßt hat, falls sie vereinbart waren, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung nicht möglich. Die Sache ist vielmehr zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Vogt
Girisch
Meise
Recken
Doerry