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Bundesgerichtshof
Urt. v. 15.11.1978, Az.: IV ZR 183/77

Auslegung eines Kraftfahrzeug-Sicherungsscheins bei fehlender Angabe der Erstprämienzahlung; Leistungsfreiheit des Versicherers bei Verletzung von Aufklärungspflichten und Anzeigepflichten des Versicherungsnehmers; Begriff der Deckung eines Versicherungsscheins im allgemeinen und besonderen Sprachgebrauch; Anspruchsumfang des Versicherten auf Erteilung von Auskünften im Hinblick auf eine Kasko-Versicherung

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
15.11.1978
Aktenzeichen
IV ZR 183/77
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1978, 11508
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
KG Berlin - 27.09.1977
LG Berlin

Fundstellen

  • MDR 1979, 294-295 (Volltext mit amtl. LS)
  • VRS 56, 166
  • VersR 1979, 176

Amtlicher Leitsatz

  1. a)

    Zur Auslegung eines Kraftfahrzeug-Sicherungsscheins, in dem nicht angegeben ist, daß die Erstprämie noch nicht gezahlt ist.

  2. b)

    Der Versicherer kann sich auch gegenüber dem aus einem Kraftfahrzeug-Sicherungsschein Berechtigten darauf berufen, daß er wegen Verletzung der Anzeige- und Aufklärungspflicht durch den Versicherungsnehmer leistungsfrei sei.

Redaktioneller Leitsatz

Der Versicherer kann sich darauf berufen, daß die Verletzung der Anzeige- und Aufklärungspflicht zu seiner Leistungsfreiheit geführt hat. Dies gilt auch gegenüber dem aus einem Kraftfahrzeug-Sicherungsschein Berechtigten.

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 1978
durch
die Richter Dr. Hoegen, Knüfer, Rottmüller, Dehner und Dr. Blumenröhr
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 27. September 1977 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist eine Teilzahlungsbank. Sie hat ihrem Kunden K... zum Kauf eines Personenkraftwagens ein Darlehen in Höhe von insgesamt 38.240,00 DM gewährt und sich zugleich das von K... bei dem Autohaus Kurt S... gekaufte Fahrzeug sicherungsübereignen lassen. K... beantragte aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung in dem Sicherungsübereignungsvertrag bei der Beklagten den Abschluß einer Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung mit 1.000,00 DM Selbstbeteiligung. Er erhielt für die Zulassung eine Versicherungsbestätigung. K... veranlaßte, daß die Beklagte der Klägerin einen Sicherungsschein mit Datum vom 18. September 1974 zum Versicherungsschein Nr. ... übersandte. Der von der Beklagten unterzeichnete Sicherungsschein hat folgenden Wortlaut:

"Wir teilen Ihnen hierdurch mit, daß unser obengenannter VN für das bezeichnete Kraftfahrzeug eine

"Fahrzeugvollversicherung mit/ohne DM 1.000,-- Selbstbeteiligung *)"

"Fahrzeugteilversicherung *)/ Haftpflichtversicherung *)"

abgeschlossen hat. Das Einstellraumrisiko ist für die Dauer der Nichtbenutzung des abgestellten Fahrzeuges, längstens jedoch für die Dauer eines Jahres seit Abmeldung bei der Zulassungsstelle nach Maßgabe des § 5 AKB mitgedeckt.

Wir haben Deckung erteilt. Die Versicherung läuft bei uns unter obiger Versicherungsschein-Nummer.

Der Versicherungsvertrag ist abgeschlossen für die Zeit vom 29.08.1974 bis 28.08.1977 und verlängert sich stillschweigend jeweils um ein Jahr, wenn er nicht gekündigt wird **).

Der Versicherungsbeitrag ist entrichtet bis zum ... Beiträge werden laufend angefordert! Auf Grund obiger Erklärung des VN sind wir bis zum Wegfall Ihres Sicherungsrechts - wenn angegeben, ist der obige Fälligkeitstermin, anderenfalls Ihre schriftliche Mitteilung maßgebend-, längstens aber bis zum Ablauf des Versicherungsvertrages zu folgendem bereit:

1)
Eine Entschädigung aus der Fahrzeugversicherung für das bezeichnete Fahrzeug wird, wenn sie DM 200,-- übersteigt, ohne Ihre schriftliche Zustimmung nicht an den VN, sondern an Sie oder an die obengenannte Verkäuferfirma, sofern diese die Forderung gegen den VN erwirbt und uns dieses vor Auszahlung der Entschädigung angezeigt wird, oder an einen von Ihnen oder der Verkäuferfirma namentlich benannten Dritten gezahlt, höchstens jedoch bis zu dem von Ihnen oder der Verkäuferfirma anzugebenden Betrag, den der VN noch schuldet.

2)
...

3)
Wir werden Ihnen oder der Verkäuferfirma, falls uns diese als Rechtsnachfolger benannt wurde, sofort Kenntnis geben, wenn

a)
dem VN eine Zahlungsfrist nach § 39 VVG gestellt worden und der angemahnte Betrag nicht spätestens eine Woche nach Abgang des Mahnschreibens eingegangen ist,

b)
der Versicherungsvertrag als Ganzes oder teilweise gekündigt oder vorzeitig beendet wird.

4)
Sofern Sie oder die Verkäuferfirma es binnen einer Woche nach Eingang unserer Mitteilung zu 3) beantragen, werden wir dem Antragsteller, ohne daß es einer besonderen Annahmeerklärung bedarf, für die Dauer von höchstens zwei Monaten, beginnend vom Zeitpunkt, in dem unsere Eintrittspflicht gegenüber dem VN aus den unter 3 a) oder b) genannten Gründen entfällt, Deckung in dem bisherigen Umfang für das Fahrzeug unter Verzicht auf die Leistungsfreiheit nach § 2, Abs. 2 Satz 2 VVG gewähren. Die Höhe des hierfür von Ihnen oder der Verkäuferfirma zu entrichtenden Beitrages bestimmt sich nach dem Tarif für Kraftfahrtversicherungen. Der Antrag ist gegenstandslos, wenn der VN im Falle 3 a) die Zahlung binnen einem Monat nach Ablauf der Zahlungsfrist nachholt und der Versicherungsfall bis dahin nicht eingetreten ist.

München, den 18.09.1974-k

2

Dabei handelt es sich um ein gedrucktes Formular mit Schreibmaschinenzusätzen, die oben in Anführungszeichen wiedergegeben sind.

3

Der Versicherungsschein soll von der Beklagten dem Käufer K... am 16. Oktober 1974 "zugestellt" worden sein. Die Erstprämie ist nach der Behauptung der Beklagten nicht gezahlt worden.

4

Am 13. Januar 1975 erlitt K... mit dem Fahrzeug einen Totalschaden. Mit Schreiben vom 14. Februar 1975 wandte sich die Klägerin an die Beklagte. Sie führte aus, der Vermittler S... habe mitgeteilt, daß das Fahrzeug einen Totalschaden erlitten habe, und bat unter Hinweis auf den Sicherungsschein um Schadensregulierung. Die Beklagte lehnte ab mit der Begründung, K... habe die Erstprämie nicht bezahlt.

5

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei ihr aufgrund des Sicherungsscheins zur Schadensregulierung verpflichtet. Mit der Behauptung, das Fahrzeug sei am Unfalltage 35.000,00 DM wert gewesen, hat sie unter Abzug des Restwertes Zahlung von 26.000,00 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 21. August 1975 begehrt.

6

Die Beklagte meint, sie sei zur Zahlung nicht verpflichtet, weil K... die Erstprämie nicht bezahlt halbe. Außerdem sei sie auch deshalb leistungsfrei, weil K... keine Schadensmeldung abgegeben habe. Sie habe sich mehrmals um eine Schadensmeldung K... bemüht. Ihre eingeschriebenen Briefe vom 3. März 1975 und 20. Januar 1976 habe K... nicht abgeholt und diese Briefe seien an sie zurückgelangt. Sie hat ferner die Höhe des Schadens bestritten und hilfsweise die Aufrechnung mit einem Betrag von 1.334,80 DM mit der Begründung erklärt, dies sei die gemäß § 40 VVG ihr zustehende angemessene Geschäftsgebühr, die nach der herrschenden Rechtsprechung bei der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung 30 % der Jahresprämie betrage.

7

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Kammergericht der Klage in Höhe von 23.665,20 DM (26.000,00 DM Schaden abzüglich des Selbstbehalts in Höhe von 1.000,00 DM und 1.334,80 DM Geschäftsgebühr) nebst 5 % Zinsen seit dem 21. August 1975 stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils begehrt. Die Klägerin bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

9

In der Revisionsinstanz streiten die Parteien nur noch darum, ob die Beklagte leistungsfrei ist, weil der Versicherungsnehmer K... die Erstprämie nicht bezahlt und auch keine Schadensmeldung abgegeben hat.

10

1.

Das Berufungsgericht hat die Haftung der Beklagten hinsichtlich des von der Klägerin geltend gemachten Kaskoschadens aufgrund des von der Beklagten erteilten Sicherungsscheins bejaht. Es ist dabei zutreffend davon ausgegangen, daß die Beklagte für die Richtigkeit ihrer Angaben in dem Sicherungsschein einstehen muß (vgl. BGHZ 40, 297, 303[BGH 25.11.1963 - II ZR 54/61] m.w.N.). Die Richtigkeit dieser Auffassung wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Sie meint jedoch, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sei dem hier vorliegenden Sicherungsschein nicht zu entnehmen, daß von der Beklagten endgültige Deckung erteilt worden sei. Aus dem Sicherungsschein ergebe sich nämlich, daß bei seiner Ausstellung die Erstprämie noch nicht entrichtet gewesen sei. Angesichts der im Versicherungswesen üblichen Praxis, schon vor Zahlung der Erstprämie eine vorläufige Deckungszusage zu erteilen, habe die Klägerin als im Geschäftsleben erfahrene Firma aus dem unvollständigen Satz, "Der Versicherungsbeitrag ist entrichtet bis zum ..." ohne weiteres erkennen können, daß die Zahlung der Erstprämie zumindest zum Zeitpunkt der Ausstelllang des Sicherungsscheins noch nicht erfolgt und daher die Frage des Deckungsschutzes noch offen sei.

11

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Auslegung der Erklärungen der Beklagten in dem Sicherungsschein durch das Berufungsgericht ist zwar von dem Revisionsgericht frei nachprüfbar (vgl. BGHZ 40, 297, 300) [BGH 25.11.1963 - II ZR 54/61]. Sie läßt jedoch keinen Fehler erkennen.

12

Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang ausgeführt:

13

Eine Erklärung der Beklagten in dem Sicherungsschein, "Wir haben Deckung erteilt", sei unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte gemäß §§ 133, 157, 242 BGB dahin aufzufassen, daß damit nicht etwa nur eine vorläufige Deckung i.S.v. § 1 Abs. 2 AKB gemeint gewesen sei, sondern damit der Beginn des Versicherungsschutzes, d.h. der materielle Versicherungsbeginn, der Klägerin angezeigt worden sei. Der Sinn und Zweck des Sicherungsscheins, den Sicherungsnehmer zu sichern, werde nicht erreicht, wenn die Sicherheit noch davon abhänge, daß eine Erstprämie zu zahlen sei. Deshalb sei in der Regel davon auszugehen, daß der Sicherungsschein erst ausgehändigt werde, wenn die Erstprämie gezahlt sei. Hier sei noch besonders zu berücksichtigen, daß in dem Sicherungsschein weiterhin erklärt werde, der Versicherungsvertrag sei für die Zeit vom 29. August 1974 bis zum 28. August 1977, also für drei Jahre abgeschlossen.

14

Für eine derartige Zeit werde nicht nur vorläufige Deckung erteilt. Der Gebrauch des Ausdrucks, es sei Deckung erteilt, in dem Sicherungsschein bedeute sowohl nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als auch nach dem besonderen Sprachgebrauch in der Versicherungswirtschaft, daß für einen endgültigen Versicherungsvertrag eine endgültige Deckung gegeben sei, die nicht von weiteren Bedingungen wie der Zahlung der Erstprämie abhänge. Nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte habe die Klägerin den Erklärungen des Beklagten entnehmen dürfen, daß diese, falls sie den Beginn des Versicherungsschutzes von der Zahlung der Erstprämie abhängig machen wollte, dies klar und deutlich zum Ausdruck bringen würde. Die Ansicht, der Sicherungsschein sei dahin aufzufassen gewesen, daß ein endgültiger Versicherungsvertrag abgeschlossen sei, werde auch von dem sonstigen Text des Sicherungsscheins gestützt. Im Zusammenhang mit dem Satz, daß Deckung erteilt worden sei, werde der Anschein hervorgerufen, die Erstprämie sei gezahlt und für die Zukunft sei das Recht der Klägerin aus dem Versicherungsverhältnis hinreichend geschützt. Denn für den Fall, daß der Versicherungsvertrag ende, sei nach dem Sicherungsschein ebenso vorgesorgt wie für den Fall, daß eine Folgeprämie nicht gezahlt werde. In Nr. 4 des Sicherungsscheins werde das nochmals dahin erläutert, daß die Klägerin selbst mit der Beklagten einen Vertrag abschließen könne, wonach sie selbst in den Versicherungsvertrag eintrete. Außerdem werde in Nr. 3 b des Sicherungsscheins vorgesorgt, daß der Kreditgeber informiert werde, wenn der Versicherungsvertrag als Ganzes oder teilweise gekündigt werde.

15

Auch der maschinenschriftliche Zusatz, "Beiträge werden laufend angefordert", erwecke im Zusammenhang mit der Regelung in Nr. 3 und 4 des Sicherungsscheins den Eindruck, daß die bisher geschuldeten Versicherungsprämien gezahlt seien, nur noch für die Zukunft Beiträge jeweils nach Fälligkeit zu entrichten seien, die Klägerin eine Sicherheit erhalten habe und für die Zukunft durch entsprechende Benachrichtigungspflichten der Beklagten und Eintrittsrechte der Klägerin vorgesorgt sei.

16

Angesichts der von dem Berufungsgericht in Erwägung gezogenen Umstände ist es nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, die Klägerin habe dem für sie ausgestellten Sicherungsschein entnehmen dürfen, daß von der Beklagten endgültige Deckung erteilt worden sei. Daran ändert auch der von der Revision hervorgehobene Umstand nichts, daß im Versicherungsgewerbe vielfach die erste Prämie erst nach Zugang der Prämienrechnung zu zahlen ist. Es mag auf sich beruhen, ob eine solche Übung auch in den Fällen festgestellt werden kann, in denen dem Versicherer bekannt ist, daß der Kreditgeber des Versicherungsnehmers auf dem Abschluß einer Kaskoversicherung und der Vorlage eines Sicherungsscheins besteht. Denn sie würde jedenfalls nicht ausschließen, daß die Erstprämie bereits bei Stellung des Versicherungsantrages oder jedenfalls vor Herausgabe des Sicherungsscheins bezahlt ist. Der Versicherer ist daher zu einem entsprechenden klaren Hinweis verpflichtet, wenn der Sicherungsschein schon vor Zahlung der Erstprämie ausgegeben wird. Entgegen der Ansicht der Revision enthält der Sicherungsschein hier keinen solchen Hinweis. Der unvollständige Satz, "Der Versicherungsbeitrag ist entrichtet bis zum ...", läßt nicht erkennen, daß die Zahlung der Erstprämie bei Herausgabe des Sicherungsscheins noch nicht erfolgt und damit die Frage des Deckungsschutzes noch offen war. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß dieser unvollständige formularmäßige Satz mit dem maschinengeschriebenen Zusatz, "Beiträge werden laufend angefordert", den Eindruck entstehen ließ, daß die bisher geschuldeten Prämien bezahlt seien und daß nur für die Zukunft noch Beiträge jeweils nach Fälligkeit zu entrichten seien.

17

2.

Dem Berufungsgericht kann jedoch nicht darin zugestimmt werden, daß die Beklagte nicht ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt habe, daß sie von ihrer Leistungsfreiheit gegenüber der Klägerin wegen einer Obliegenheitsverletzung frei geworden sei. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt:

18

Da im vorliegenden Fall gemäß § 3 Nr. 1 AKB die Obliegenheiten aus § 7 AKB nicht nur den Versicherungsnehmer K..., sondern auch die Klägerin als Versicherte getroffen hätten, hätte eine Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung gegenüber der Klägerin nur eintreten können, wenn weder der Versicherungsnehmer noch die Klägerin eine Schadensmeldung abgegeben hätte. Die Klägerin habe jedoch eine Schadensmeldung abgegeben, wie sich aus ihrem Schreiben vom 14. Februar 1975 ergebe. Die Beklagte habe nicht unter Beweisantritt dargelegt, daß diese Schadensmeldung der Klägerin nicht rechtzeitig gewesen sei. Da ein näherer Vortrag der Beklagten hierzu fehle, könne auch nicht geprüft werden, ob selbst bei einer objektiven Verletzung der Anzeigepflicht die Beklagte nicht doch deshalb hafte, weil entweder keine Schuld oder nur leichte Fahrlässigkeit oder aber eine grobe Fahrlässigkeit vorliege, die jedoch keinen Einfluß auf die Feststellung des Versicherungsfalles oder auf die Feststellung oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung gehabt habe.

19

Dem kann nicht gefolgt werden.

20

Bei dem Versicherungsverhältnis der Parteien handelt es sich um eine Versicherung für fremde Rechnung, also um einen Vertrag zugunsten Dritter. Dabei hat der Versicherungsnehmer nicht anders als bei der Versicherung für eigene Rechnung alle Pflichten und Obliegenheiten zu erfüllen. Verletzt er seine Pflichten oder Obliegenheiten, so treten die gleichen Folgen ein wie bei der Eigenversicherung. Diese Folgen treffen auch den versicherten Dritten, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Vertragsverletzung mit seinem Wissen oder Willen begangen worden ist. Da der Versicherte seine Rechte aus dem zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer geschlossenen Vertrag herleitet, stehen ihm gemäß § 334 BGB alle Einwendungen entgegen, die dem Versicherer aus dem Vertrag erwachsen, auch diejenigen Einwendungen, die ihren Grund in der Person des Versicherungsnehmers haben (BGH VersR 1967, 343, 344 [BGH 19.01.1967 - II ZR 37/64]). Die bei der Versicherung für fremde Rechnung vorhandene Gefährdung der Rechte des Versicherten durch ihre Abhängigkeit von dem Verhalten des Versicherungsnehmers kann durch besondere Vereinbarungen der Beteiligten ausgeschlossen werden. Der Kraftfahrzeug-Sicherungsschein ändert jedoch den Grundsatz des § 334 BGB nicht allgemein und unbeschränkt ab. Er beschränkt sich darauf, den Versicherten bei Prämienverzug des Versicherungsnehmers, Kündigung oder vorzeitiger Beendigung des Versicherungsvertrages zu schützen. Bis auf die dazu von dem Versicherer übernommenen Mitteilungspflichten und die dem Versicherten eröffnete Möglichkeit, sich durch einen entsprechenden Antrag den Versicherungsschutz zu erhalten, wird das Versicherungsverhältnis durch den Sicherungsschein nicht berührt. Es bleibt, von der im Sicherungsschein vereinbarten Sonderregelung abgesehen, den allgemeinen Regeln unterworfen, die für die Fremdversicherung gelten. Der Versicherer kann daher alle anderen Einwendungen, die ihm wegen vertragswidrigen Verhaltens des Versicherungsnehmers zustehen, auch dem Versicherten entgegensetzen (BGH VersR 1964, 133, 134 [BGH 25.11.1963 - II ZR 54/61]; 1967, 343, 344). Dieser Grundsatz unterliegt nur im Rahmen der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung gewissen Einschränkungen (vgl. BGHZ 49, 130, 138, 139) [BGH 14.12.1967 - II ZR 169/65].

21

Das Berufungsgericht hätte daher die Leistungsfreiheit der Beklagten nicht mit der Erwägung verneinen dürfen, eine Leistungsfreiheit wegen unterlassener Schadensmeldung durch den Versicherungsnehmer scheide schon deshalb aus, weil die Klägerin als Versicherte eine Schadensmeldung abgegeben habe und die Beklagte nicht dargetan habe, daß diese Schadensmeldung verspätet erfolgt sei. Die nach § 7 I Nr. 2 AKB dem Versicherungsnehmer obliegende Anzeige- und Aufklärungspflicht soll dem Versicherer sachgemäße Entscheidungen über die Abwicklung des Versicherungsfalles ermöglichen (vgl. BGHZ 47, 101, 105[BGH 16.02.1967 - II ZR 73/65]; 49, 130, 139) [BGH 14.12.1967 - II ZR 169/65]. Wenn nach § 3 Nr. 1 und 2 AKB für die Erfüllung dieser Obliegenheiten grundsätzlich sowohl der Versicherte als auch der Versicherungsnehmer verantwortlich sein soll, so kann das nur den Sinn haben, im Interesse sachgemäßer Schadensabwicklung die Aufklärung des Tatbestandes für jeden Fall sicherzustellen. Der Bundesgerichtshof hat daher in BGHZ 49, 130, 139, 140 [BGH 14.12.1967 - II ZR 169/65]ausgesprochen, daß in der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung der Versicherer die erforderlichen Auskünfte sowohl von dem Versicherungsnehmer als auch von dem Versicherten fordern kann. Für die hier vorliegende Kasko-Versicherung kann nichts anderes gelten.

22

Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf ihre Einschreibebriefe vom 3. März 1975 und 20. Januar 1976 behauptet, sie habe sich bei dem Versicherungsnehmer (K...) mehrfach vergeblich um eine Schadensmeldung bemüht, und sich auf Verletzung der Anzeige- und Aufklärungspflicht durch diesen nach § 7 I Nr. 2 AKB berufen. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, sind diese Behauptungen für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, da die Beklagte der Klägerin entgegenhalten kann, daß sie wegen dieser von ihr behaupteten Obliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers von ihrer Leistungspflicht befreit sei. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Beklage trotz der von ihr behaupteten Verletzung der Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers nach § 7 I Nr. 2 Satz 1 AKB von dem Eintritt des Versicherungsfalles rechtzeitig

23

Kenntnis erlangt hätte (§ 33 Abs. 2 VVG), oder sowohl hinsichtlich der Verletzung der Anzeigepflicht nach § 7 I Nr. 2 Satz 1 AKB, § 33 Abs. 1 VVG als auch der Verletzung der Auskunftspflicht nach § 7 I Nr. 2 Satz 3 AKB, § 34 Abs. 1 VVG die Voraussetzungen des nach § 7 V Nr. 4 AKB anzuwendenden § 6 Abs. 3 VVG vorliegen würden, was von der Klägerin dargelegt und bewiesen werden müßte. Da das Berufungsgericht aufgrund des von ihm eingenommenen Rechtsstandpunktes hierzu keine Feststellungen getroffen hat, mußte das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.