Bundesgerichtshof
Urt. v. 09.11.1978, Az.: III ZR 21/77
Wirksamkeit einer als "Zahlungsgarantie" überschriebenen schriftlichen Erklärung; Anforderungen an einen Verstoß gegen die guten Sitten durch den Darlehensnehmer belastende Regelungen; Gesamtwürdigung des Geschäftsinhalts eines Darlehensvertrages; Anforderungen an das Bestehen eines Missverhältnisses zwischen den Leistungen einer kreditgebenden Bank und den von ihr geforderten Gegenleistungen des Darlehensnehmers; Äußerliche Gestaltung von Darlehensbedingungen
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 09.11.1978
- Aktenzeichen
- III ZR 21/77
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1978, 13079
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Frankfurt - 15.11.1976
- LG Frankfurt
Rechtsgrundlage
Fundstellen
- DB 1979, 979-980 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1979, 476 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1979, 804-807 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
St. Finanzierungs-Gesellschaft mbH,
jetzt: der Spar- und Kreditbank GmbH St., He. Straße ..., St.,
gesetzlich vertreten durch ihren Geschäftsführer Hans J. R., ebenda
Prozessgegner
Frau Inge H., F.straße ..., B.
Amtlicher Leitsatz
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Darlehensvertrag mit vom Darlehensgeber festgelegten, unübersichtlichen und den Darlehensnehmer übermäßig belastenden Regelungen gegen die guten Sitten verstößt.
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 1978
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Nüßgens und
die Richter Dr. Krohn, Dr. Peetz, Kröner und Boujong
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. November 1976 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Tatbestand
In einer mit "Zahlungsgarantie" überschriebenen schriftlichen Erklärung vom 15. Februar 1974 übernahm die Beklagte gegenüber der St. Finanzierungs-Gesellschaft mbH, der Rechtsvorgängerin der Klägerin, "die selbstschuldnerische Bürgschaft für alle Forderungen an Kapital, Zinsen, Provision und sonstigen Spesen irgendwelcher Art", die dem Kreditinstitut aus der Geschäftsverbindung mit dem damaligen Ehemann der Beklagten schon erwachsen waren oder noch erwachsen. Dieser beantragte am 19. Februar 1974 bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin ein in 36 Monatsraten zurückzuzahlendes Darlehen zur Finanzierung des Kaufes eines Kraftwagens. Der "Darlehensbetrag" von 6.916,20 DM setzte sich aus dem Kaufpreis (dem Barzahlungspreis von 5.000 DM) nebst Auslagen (Auskunftsspesen, Vermittlerausgaben usw. von 100 DM), einem Teilzahlungszuschlag (0,95 % je Monat aus 5.100 DM = 1.744,20 DM) und Inkassogebühren (72 DM) zusammen. In den Darlehensbedingungen auf der Rückseite des Darlehensantrags heißt es:
"6.
a) ...b) Alle Zahlungen werden zunächst auf rückständige Kosten, Gebühren und Verzugszinsen, dann in der Reihenfolge der Zahlungstermine auf die jeweils rückständigen Teilzahlungen verrechnet.
...
c) Wechsel, die 2 Tage nach Fälligkeit nicht eingelöst, und Raten, die 7 Tage nach Fälligkeit nicht eingegangen sind, werden angemahnt. Bei unpünktlichen oder nicht voll geleisteten Teilzahlungen ist das Kreditinstitut oder dessen Rechtsnachfolger berechtigt, Verzugszinsen sowie Mahngebühren und Verwaltungsgebühren zu berechnen.
Es werden Mahngebühren von jeweils DM 5,- bei einer Ratenmahnung sowie mindestens DM 15,- für Wechseleinlösung nebst DM 5,- Wechselmahnung, und als Verzugszinsen 1,5 % des geschuldeten Betrages für jeden angefangenen Monat, mindestens DM 2,- berechnet; im Kündigungsfall gemäß Ziffer 7 sowie bei eventueller Inanspruchnahme des Rechtsweges zur Eintreibung der Forderung ist das Kreditinstitut berechtigt, außerdem eine einmalige Verwaltungsgebühr von 4 % der Forderung gemäß Ziffer 7 - bzw. des Streitwerts -, mindestens DM 50,-, und als Verzugsschaden 0,05 % Zinsen pro Tag auf die gesamte Restforderung zu berechnen. Für Sonderbearbeitungen werden mindestens DM 5,- an Bearbeitungsgebühren, zuzüglich Portokosten, in Rechnung gestellt.
d) Wird die Laufzeit des Vertrages verlängert oder werden einzelne Raten bzw. Wechsel prolongiert, so sind die Darlehensnehmer verpflichtet, für jeden angefangenen Monat 1,5 % Zinsen, gerechnet aus der Restforderung, sowie eine Bearbeitungsgebühr von DM 5,- zuzüglich Portoauslagen zu bezahlen.
e) Darlehensnehmer und Mitantragsteller sind verpflichtet, die mit dem außergerichtlichen und gerichtlichen Mahnverfahren und der Klage verbundenen Kosten zu zahlen.
Durch fehlende oder unrichtige Angabe der Vertragsnummer entstehende Kosten einschließlich etwaiger Prozeßkosten hat der Darlehensnehmer zu tragen.
7.
Das Kreditinstitut ist berechtigt, sofortige Rückzahlungen des gesamten noch ausstehenden Darlehensbetrages ohne Rücksicht auf die Fälligkeit der einzelnen Raten bzw. Wechsel zuzüglich der einmaligen Verwaltungsgebühr, und aus dem sich insgesamt ergebenden Betrag Verzugszinsen sowie Verzinsung als Verzugsschaden (vgl. Ziffer 6 c dieser Bedingungen) zu verlangen, falls...
b) der Darlehensnehmer mindestens zwei aufeinanderfolgende Raten bzw. Wechsel ganz oder teilweise nicht pünktlich bezahlt oder eingelöst hat, und der Betrag, mit dessen Zahlung er im Rückstand ist, mindestens den zehnten Teil des Kaufpreises ausmacht,
..."
Mit Schreiben vom 25. Februar 1974 nahm die Rechtsvorgängerin der Klägerin den Antrag an.
Der Ehemann der Beklagten zahlte die zum 1. Mai und 1. Juni 1974 vereinbarten Raten trotz Anmahnung nicht. Mit der Kündigung vom 24. Juni 1974 stellte das Kreditinstitut "die gesamte Restforderung zur sofortigen Rückzahlung fällig".
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin erwirkte am 20. September 1974 einen rechtskräftig gewordenen Vollstreckungsbefehl gegen den Ehemann der Beklagten.
Die Klägerin nimmt die Beklagte als Bürgin auf Zahlung von 7.116,14 DM (Restbetrag des Darlehens mit dem Teilzahlungszuschlag, Kosten und Verzugszinsen) nebst 18 % Zinsen aus 5.549,90 DM seit dem 19. August 1974 in Anspruch.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe eines Betrages von 5.013,94 DM nebst 4 % Zinsen aus wechselnden Beträgen (aus 277,78 DM für die Zeit vom 1. Juni bis 18. August 1974 und aus 4.860 DM seit dem 19. August 1974) stattgegeben. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die deswegen von der Klägerin eingelegte Berufung ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der zugelassenen Revision begehrt die Klägerin, der Klage in vollem Umfang stattzugeben.
Entscheidungsgründe
I.
1.
Das Berufungsgericht sieht den gesamten Kreditvertrag zwischen der Bank und dem Darlehensnehmer, für den sich die Beklagte selbstschuldnerisch verbürgte, als sittenwidrig (§ 138 BGB) an. Es folgt bei seiner rechtlichen Würdigung im Ausgangspunkt den anerkannten Rechtsprechungsgrundsätzen für die Beurteilung wucherähnlicher Rechtsgeschäfte, die nach § 130 Abs. 1 BGB nichtig sind. Danach kann ein Darlehensvertrag sittenwidrig sein, wenn zwischen den Leistungen des Darlehensgebers und den von ihm durch einseitige Vertragsgestaltung festgelegten Gegenleistungen des Darlehensnehmers ein auffälliges Mißverhältnis besteht und der Darlehensgeber die schwächere wirtschaftliche Lage des Darlehensnehmers bei der Festlegung der Vertragsbestimmungen bewußt zu seinem Vorteil ausnutzt; dem steht es gleich, wenn sich der Darlehensgeber als der objektiv sittenwidrig Handelnde zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschließt, daß sich der Darlehensnehmer nur aufgrund seiner wirtschaftlich schwächeren Lage auf die ihn beschwerenden Darlehensbedingungen einläßt (vgl. BGH Urteil vom 5. März 1951 - IV ZR 107/50 = NJW 1951, 397; Urteil vom 15. Februar 1956 - IV ZR 180/55 = Betrieb 1956, 326; Urteil vom 21. Mai 1957 - VIII ZR 226/56 = NJW 1957, 1274; Urteil vom 9. November 1961 - VII ZR 158/60 = BB 1962, 156; Urteil vom 25. März 1966 - VIII ZR 225/65 = NJW 1966, 1451 = BB 1966, 719; Urteil vom 19. April 1971 - II ZR 69/69 = WM 1971, 857; Urteil vom 4. Juli 1975 - V ZR 14/75 = LM BGB § 138 (Aa) Nr. 21 = BB 1975, 1129 = Betrieb 1975, 1932 = JR 1976, 17 = MDR 1975, 1010 = Warn 1975, 414 = WM 1975, 889).
2.
a)
Ein auffälliges Mißverhältnis zwischen den Leistungen der kreditgebenden Bank und den von ihr geforderten Gegenleistungen des Darlehensnehmers besteht nach der Auffassung des Berufungsgerichts "insbesondere" dann, wenn die Bank den gewährten Ratenzahlungskredit alsbald nach Beginn einer drei- oder mehrjährigen Laufzeit wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers fällig stellt: Der Darlehensnehmer müsse in diesem Fall den gesamten noch ausstehenden Darlehensbetrag mit Einschluß des Teilzahlungszuschlags, der Auslagen und einer Inkassogebühr, dazu eine einmalige Verwaltungsgebühr von 4 % aus der gesamten Darlehenssumme sowie 18 % Verzugszinsen aus dem sich insgesamt ergebenden Betrag zahlen.
b)
Eine übermäßig starke Belastung des Darlehensnehmers durch die vom Kreditgeber festgelegte vertragliche Regelung kann zwar nach den Rechtsprechungsgrundsätzen die Sittenwidrigkeit des gesamten Vertrags begründen. Die Beurteilung der Sittenwidrigkeit bedarf in diesem Fall aber der Gesamtwürdigung des Inhalts und des Zwecks des Geschäfts und der gesamten Geschäftsumstände. Tritt eine übermäßige Belastung des Darlehensnehmers nur im Verzugsfall und auch dann nur unter bestimmten Voraussetzungen auf, so wird eine Sittenwidrigkeit des gesamten Vertrags nur beim Hinzutreten besonderer Umstände anzunehmen sein. Die richterliche Inhaltskontrolle des Vertrags und der allgemeinen Geschäftsbedingungen kann ergeben, daß sich die Unwirksamkeit in einem solchen Fall auf die vertragliche Verzugsfolgenregelung oder auf einzelne ihrer Teile beschränkt. Der Vertrag im übrigen kann dann mit der gesetzlichen Verzugsfolgenregelung bestehen bleiben (vgl. Nr. 19 der Darlehensbedingungen der Klägerin, wonach die übrigen Bedingungen wirksam bleiben, wenn eine der Rechtswirksamkeit ermangelt oder nicht durchgeführt wird). Der Auffassung des Berufungsgerichts, die Sittenwidrigkeit einer einzelnen Bestimmung aus dem Darlehensvertrag habe die Nichtigkeit des ganzen Vertrags zur Folge, kann daher jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden, insbesondere nicht, wenn nur einzelne zum Vertragsinhalt gewordene Bestimmungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen der rechtlichen Wirksamkeit entbehren (vgl. BGHZ 22, 90, 92; 51, 55, 57; BGH Urteil vom 19. April 1972 - VIII ZR 30/71 = LM BGB § 138 (Bc) Nr. 9 = BB 1972, 856 = Betrieb 1972, 1285 = MDR 1972, 860 = NJW 1972, 1227 = Warn 1972, 339 = WM 1972, 770).
Die Feststellung der dem Darlehensnehmer besonders nachteiligen Folgen, die nur unter bestimmten Voraussetzungen eintreten, bildet allenfalls einen Hinweis auf die Sittenwidrigkeit des Vertrags. Sie vermag die gebotene Gesamtwürdigung des Geschäftsinhalts und der sonstigen Umstände nicht zu ersetzen.
II.
Der von der Bank mit dem Darlehensnehmer geschlossene Darlehensvertrag ist auf Grund einer solchen Gesamtwürdigung entgegen der Auffassung der Revision sittenwidrig und daher nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB).
1.
Der vom Berufungsgericht festgestellte Sachverhalt und das Vorbringen der Parteien vor dem Berufungsgericht erlauben eine abschließende Gesamtbeurteilung. In ihrem Rahmen unterliegen auch die von der Bank festgelegten allgemeinen Darlehensbedingungen der revisionsrichterlichen Auslegung in vollem Umfang (vgl. BGHZ 8, 55, 56; 17, 1, 3; BGH Urteil vom 18. September 1963 - V ZR 169/61 = LM ZPO § 549 Nr. 66 = Betrieb 1963, 1424 = JZ 1963, 757 = MDR 1963, 997 = NJW 1963, 2227 = WM 1963, 1159). Die Bank hat diese mustermäßigen (typischen), von ihr einseitig zur Vertragsgestaltung festgelegten Bedingungen für eine unbestimmte Anzahl der von ihr mit ihren Darlehenskunden geschlossenen Verträge verwendet. Sie gelten auch für Vertragsbeziehungen der Bank zu Kunden mit einem allgemeinen Gerichtsstand außerhalb des Bezirks des Oberlandesgerichts, in dem sie ihren Sitz hatte.
2.
Eine Gesamtwürdigung ergibt, daß die Klägerin in ihren allgemeinen Darlehensbedingungen einseitig gegenüber rechtsunkundigen und geschäftsungewandten Kreditnehmern eine übermäßig belastende, unübersichtliche Vergütungs- und Entschädigungsregelung festgelegt hat. Dadurch erhält der Darlehensvertrag insgesamt ein sittenwidriges Gepräge.
III.
Für die Gesamtwürdigung, ob der Darlehensvertrag sittenwidrig ist, sind zunächst die vertraglich festgelegten Leistungen des Darlehensnehmers bei einer fristgerechten Zahlung der Rückzahlungsraten maßgeblich.
1.
a)
Die vertraglich festgelegte Gegenleistung des Darlehensnehmers für den von ihm in Anspruch genommenen Ratenkredit zur Anschaffung eines Pkw besteht aus dem Teilzahlungszuschlag von 0,95 % monatlich für die vorgesehene Kreditlaufzeit von 36 Monaten aus dem vollen Betrag des zu finanzierenden Kaufpreises (5.000,- DM). Der Zuschlag stellt eine gewinn- und umsatzunabhängige, aber laufzeitabhängige, in Geld zu entrichtende Vergütung für den Kapitalgebrauch dar. Er bildet Zinsen im Sinne des bürgerlichen Rechts (vgl. Canaris, Der Zinsbegriff und seine rechtliche Bedeutung, NJW 1978, 1891, 1892), die einem effektiven Jahreszinssatz von rund 22,18 % entsprechen [Formel: (Monatszinssatz × Anzahl der Laufzeitmonate × 24): (Anzahl der Laufzeitmonate + 1), vgl. Kessler NJW 1977, 2060; Löwe NJW 1974, 2257, 2258 Fußn. 16; Ungnade WM 1975, 1078, 1079].
b)
Außerdem hat der Darlehensnehmer 100,- DM für Auslagen (Auskunftsspesen, Vermittlerauslagen usw. = 2 % des zu finanzierenden Kaufpreises) zu zahlen. Für sie ist noch ein Teilzahlungszuschlag (Zins) von 0,95 % monatlich aus dem vollen Betrag für die Laufzeit des Darlehens zu entrichten.
Nach § 1 Abs. 4 der Preisangabenverordnung vom 10. Mai 1973 (BGBl I S. 461) müssen die Banken solche Kosten in den "effektiven Jahreszins" einbeziehen und diesen in ihren Kreditangeboten, auch bei Individualangeboten gegenüber einem privaten Kunden (Letztverbraucher), angeben (vgl. ferner die am 1. Oktober 1974 in Kraft getretene Vorschrift des § 1 a Abs. 1 AbzG). Das entspricht dem Schutzgedanken der Preisangabenverordnung. Die Angabe des gesamten "Preises", der für einen Kredit zu zahlen ist, soll dem Kunden einen Vergleich der Kreditangebote der verschiedenen Kreditinstitute ermöglichen und ihm die Entscheidung erleichtern, ob er einen Kredit und gegebenenfalls welchen Kredit er in Anspruch nehmen kann. Diese Kosten sind jedoch nicht laufzeitabhängig. Sie stellen kein Entgelt für den Gebrauch des Kapitals, sondern eine Vergütung für die Verschaffung oder die Hingabe und Überlassung des Kapitals (hier in Form einer pauschalierten Auslagenentschädigung) dar (vgl. RGZ 160, 71, 81; Belke, Die Strafzinsen im Kreditgewerbe - ihre Begrenzung aus dem Zinseszinsverbot und ihr Verhältnis zu den gesetzlichen Verzugsfolgen, BB 1968, 1219, 1222 und Canaris a.a.O. S. 1892-1894).
Selbst wenn sie laufzeitunabhängig sind und daher keine Zinsen im Sinne des bürgerlichen Rechts bilden, müssen sie im Rahmen der Beurteilung der Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrags einbezogen werden. Die Gesamtbelastung des Darlehensnehmers bei der Inanspruchnahme des ihm gewährten Kredits läßt sich nicht ermitteln, wenn sie unberücksichtigt bleiben (vgl. zum Problem Belke a.a.O.; Freund NJW 1977, 636 und Reich NJW 1977, 636 in Anmerkungen zu OLG München NJW 1977, 152). Ein Kreditinstitut kann bei der einseitigen Festlegung seiner Darlehensbedingungen diese Kosten dem Darlehensnehmer als einmaligen Schuldbetrag aufbürden oder sie sich auch durch höhere Zinsen abgelten lassen. Insoweit können Vergütungen für die Kapitalbeschaffung und -überlassung und Entgelte für die Kapitalnutzung in ihrer belastenden Wirkung für den Darlehensnehmer gleichstehen. Sind Kosten des Darlehensgebers vereinbarungsgemäß zu vergüten (entschädigen), so können freilich der Zweck, dem sie dienen, und der Vorteil, den sie dem einen oder anderen Vertragspartner oder beiden bringen sollen, für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit wesentlich sein.
c)
Zu diesen vertraglich festgelegten Leistungen des Darlehensnehmers kommen noch Inkassogebühren von 72,- DM, die die Bank nach den Darlehensbedingungen in den Darlehensbetrag einrechnet, von der sie aber keinen Teilzahlungszuschlag erhebt. Auch sie müssen im Rahmen der nach § 138 BGB gebotenen Würdigung berücksichtigt werden, selbst wenn sie laufzeitunabhängig sein sollten.
d)
Zur Beurteilung der Frage der Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrags kommt ein Vergleich dieser vertraglich festgelegten Leistungen des Darlehensnehmers mit den marktüblichen, als wirtschaftlich tragbar angesehenen Bedingungen (Konditionen) für Ratenkredite in Betracht (vgl. BGH Urteil vom 4. Juli 1975 a.a.O.; Canaris a.a.O. S. 1895).
Die von der Klägerin im Berufungsrechtszug mitgeteilte Auskunft der Deutschen Bundesbank vom 6. Februar 1976 bezieht sich auf Ratenkredite von 2.000,- bis 5.000,- DM bei einer Laufzeit von 12 bis 24 Monaten. Nur 3,6 % der befragten Kreditinstitute forderten im Februar 1974 für diese Kredite einen monatlichen Zinssatz von 0,94 % des ursprünglichen vollen Darlehensbetrags oder einen noch höheren Zinssatz, die meisten Institute stellten dazu eine Bearbeitungsgebühr von 2 % in Rechnung. Nach dieser Lage des Kapitalmarkts zum Zeitpunkt des Darlehensantrags vom 19. Februar 1974 nähern sich die von der Bank festgelegten Leistungen des Darlehensnehmers für einen Ratenkredit zur Finanzierung eines Kaufpreises von 5.000,- DM mit einer Kreditlaufzeit von 36 Monaten der oberen Grenze des Marktüblichen.
e)
Die Klägerin hat sich in ihren Bedingungen vorbehalten, entsprechend höhere Teilzahlungszuschläge "nachzufordern", wenn die Bundesbank ihren Diskontsatz erhöht (Nr. 12 der Darlehensbedingungen). Ermäßigt die Bundesbank den Diskontsatz, soll der Darlehensnehmer dagegen keinen entsprechenden Vorteil haben.
2.
Die den Darlehensnehmer treffende, schon verhältnismäßig starke Belastung verstärkt sich nach den von der Bank festgelegten Darlehensbedingungen erheblich, wenn der Darlehensnehmer mit der Zahlung der vereinbarten Raten in Rückstand gerät.
a)
Die Bank erhebt nach diesen Bedingungen Mahngebühren von 5,- DM für jede Ratenmahnung. Ihr sollen nach den Darlehensbedingungen 1,5 % Verzugszinsen aus dem geschuldeten Betrag für jeden angefangenen Monat, mindestens 2,- DM, zustehen. Zu dem monatlichen Ratenbetrag gehört der entsprechende Anteil an dem Teilzahlungszuschlag, also an Zinsen. Die Bank soll somit nach den Darlehensbedingungen berechtigt sein, insoweit entgegen dem Zinseszinsverbot (§ 248 Abs. 1, § 289 Satz 1 BGB) Zins von Zinsen zu fordern.
b)
Stellt die Bank den Kredit wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers zur sofortigen Zahlung fällig, so hat sie einen Anspruch auf eine einmalige Verwaltungsgebühr von 4 % aus dem gesamten noch ausstehenden Darlehensbetrag; mindestens darf sie 50,- DM erheben. Als Verzugsschaden soll sie 0,05 % Zinsen täglich auf die gesamte Restforderung, also auch auf den Teilzahlungszuschlag, erheben dürfen. Für "Sonderbearbeitungen" stellt sie mindestens 5,- DM an Bearbeitungsgebühren, zuzüglich Portokosten, in Rechnung (Nr. 7 und 6 c der Kreditbedingungen). Aus dem gesamten noch ausstehenden Restbetrag zuzüglich der einmaligen Verwaltungsgebühr will sie nach ihren Darlehensbedingungen "Verzugszinsen sowie Verzinsung als Verzugsschaden verlangen". Außerdem soll der Darlehensnehmer verpflichtet sein, die mit dem außergerichtlichen und gerichtlichen Mahnverfahren verbundenen Kosten zu tragen.
aa)
Auch bei einer Kündigung (Fälligstellung) des Darlehens wegen Zahlungsverzugs läßt sich die Bank somit nach ihren Bedingungen Zinseszinsen versprechen.
bb)
Die insgesamt unübersichtliche, einem Laien nicht verständliche Verzugsfolgenregelung läßt erkennen, daß die Bank im Verzugsfall berechtigt sein soll, Erstattung (Ersatz) ihrer durch den Verzug verursachten besonderen Aufwendungen ("Sonderbearbeitungen", außergerichtliche und gerichtliche Mahnkosten, Prozeßkosten) zu fordern. Dabei bindet sie sich nicht an die in § 91 Abs. 2 ZPO bestimmten gesetzlichen Grenzen des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs (vgl. hierzu Bachmann NJW 1978, 865). Zum Teil ist dieser auf Erstattung der besonderen Aufwendungen gerichtete Schadensersatzanspruch durch Angabe eines pauschalierten Mindestbetrags nach unten begrenzt.
cc)
Bei den Ansprüchen auf die sonstigen Leistungen, also auf die Verzugszinsen und die einmalige Bearbeitungsgebühr, fehlt der Bezug zu den durch den Zahlungsverzug und die Fälligstellung verursachten besonderen Aufwendungen für die nicht näher bestimmten "Sonderbearbeitungen".
Mit den für den Verzugsfall vereinbarten Zinsen kann der Kreditgeber den Ersatz seines Verzugsschadens (bei einer Teilzahlungsbank insbesondere ihrer Refinanzierungskosten) durchaus in pauschalierter Form regeln. Soweit die vereinbarten Verzugszinsen diesem Zweck nicht dienen, haben sie den Charakter einer unselbständigen Vertragsstrafe (vgl. BGHZ 49, 84, 89; BGH Urteil vom 8. Oktober 1969 - VIII ZR 20/68 = LM BGB § 138 (Bb) Nr. 26 = BB 1969, 1373 = Betrieb 1969, 2173 = DAR 1970, 15 = MDR 1970, 227 = NJW 1970, 29 = VersR 1969, 1142 = VRS 38, 9 = Warn 1969, 587 = WM 1969, 1391; ferner Belke a.a.O. S. 1220: "Strafzinsen" oder "Zinsstrafe").
Eine einmalige, einem Bruchteil des ausstehenden Schuldbetrags entsprechende Bearbeitungsgebühr, die nicht als Zins im Sinne des bürgerlichen Rechts anzusprechen ist (vgl. Canaris a.a.O.), kann gleichfalls eine pauschalierte Schadensersatzregelung oder die Vereinbarung einer unselbständigen Vertragsstrafe darstellen.
Den Kostenaufwand für "Sonderbearbeitungen" läßt sich die Bank nach ihren Darlehensbedingungen ohnehin ersetzen. Ihre Refinanzierungskosten werden nicht durch die einmalige Bearbeitungsgebühr, sondern durch die vereinbarten Verzugszinsen gedeckt. Die Bearbeitungsgebühr ist daher allenfalls für Verwaltungskosten (Gemeinkosten) der Bank zu entrichten. Sie wird ohne Rücksicht auf die tatsächlichen durch den Zahlungsverzug und die Fälligstellung verursachten Kosten berechnet und hängt nur von der Höhe der fälliggestellten Restschuld ab.
3.
Die von der Bank festgelegte Folgenregelung bei einer Fälligstellung der Restschuld häuft die den Darlehensnehmer treffenden Belastungen zu unangemessener Höhe. Der monatlich fällige Teilzahlungszuschlag (zur Fälligkeit vgl. Canaris a.a.O. S. 1893) soll nach den Darlehensbedingungen mit der Fälligstellung der Restschuld in voller Höhe neben der einmaligen Bearbeitungsgebühr, den Verzugszinsen von 18 %, zum Teil von Zinsen, und dem Anspruch auf Ersatz der Sonderbearbeitungskosten gezahlt werden.
4.
Das Verhältnis zwischen den Leistungen des Darlehensgebers und den Gegenleistungen des Darlehensnehmers könnte gleichwohl selbst unter Berücksichtigung der schon beim Abschluß des Vertrags vereinbarten zusätzlichen Leistungen für den Verzugs- und Kündigungsfall nicht die Sittenwidrigkeit des gesamten Darlehensvertrags begründen, wenn nicht besondere Umstände hinzukämen. Diese liegen hier vor.
a)
Dabei ist für sich allein nicht entscheidend, ob die Bank mit der Bezeichnung der von ihr verlangten Entgeltleistungen des Darlehensnehmers gegen § 1 Abs. 4 und 7 der am 1. Juli 1973 in Kraft getretenen Preisangabenverordnung verstoßen hat.
Sie hätte zwar auch in ihrem Kreditantragsformular, einem Kreditangebot im Sinne dieser Verordnung, den effektiven Jahreszins "unter Zugrundelegung der gesamten Laufzeit des Kredits, des ausgezahlten Betrags, der Tilgungsleistungen, des Zinssatzes, der Vermittlungskosten und der sonstigen Kosten" angeben müssen (vgl. BGH Urteil vom 4. Juli 1975 a.a.O.). Einen Ausnahmetatbestand, der sie von der Einhaltung dieser Pflicht befreit haben könnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und die Klägerin auch nicht behauptet. Sie hat auch nicht dargetan, daß sie ihre Pflicht aus dieser Verordnung auf andere Weise erfüllt hat.
Die Verordnung gehört aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wesentlich dem Preisordnungsrecht an. Sie schreibt nicht vor, daß ein Darlehensvertrag ohne Vereinbarung eines effektiven Jahreszinses wegen Gesetzwidrigkeit nichtig ist. Im Verhältnis zu einem Mitbewerber auf dem Markt erfüllt auch nicht jeder Verstoß gegen die Preisangabepflicht nach den Rechtsprechungsgrundsätzen den Tatbestand der wettbewerbsrechtlichen Sittenwidrigkeit (vgl. BGH Urteil vom 9. November 1973 - I ZR 126/72 = LM UWG § 1 Nr. 265 = BB 1974, 248 = Betrieb 1974, 131 = GRUR 1974, 281 = MDR 1974, 292 = NJW 1974, 140 = Warn 1973, 685 = WM 1974, 61 - Clipper; Urteil vom 18. Mai 1973 - I ZR 31/72 = LM UWG § 1 Nr. 262 = Betrieb 1973, 1396 = GRUR 1973, 655 = MDR 1973, 740 = NJW 1973, 1371 = Warn 1973, 369 = WM 1973, 1078 - Möbelauszeichnung; zur Bedeutung eines Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung vgl. auch Bachmann a.a.O.; Reich und Wegener JuS 1974, 561, 566).
b)
Die Klägerin hat sich hier jedoch nicht darauf beschränkt, noch mehrere Monate nach dem Inkrafttreten der Preisangabenverordnung ein Kreditantragsformular zu verwenden, das die durch die Verordnung auch zum Schutz des Verbrauchers vorgeschriebenen Angaben nicht enthält.
Die Klägerin wendet sich als Teilzahlungsbank (auch) an rechtsunkundige und geschäftsungewandte Kreditbewerber, die ein Anschaffungsdarlehen zur Finanzierung eines Kaufs benötigen. Die von ihr verwendeten Antragsformulare und die auf der Rückseite des Darlehensantrags aufgedruckten Darlehensbedingungen geben einem solchen Kreditbewerber keinen hinreichenden Aufschluß über das Risiko, das er mit der Aufnahme eines an sich schon verhältnismäßig hoch verzinslichen Darlehens der Klägerin eingeht.
Die Darlehensbedingungen mit ihrer Vielfalt von Regelungen sind schon äußerlich nicht so gestaltet, daß sich ihr Inhalt einem rechtsunkundigen und geschäftsungewandteri Darlehensbewerber erschließt.
Die Bestimmung, nach der eine Erhöhung des Diskontsatzes der Bundesbank zu einer Erhöhung der Darlehenszinsen ("TZ-ZuschlägeH) führt, ist nur in dem kleingedruckten Text der Darlehensbedingungen auf der Rückseite des Kreditantragsformulars enthalten. Die Regelung der Folgen eines Rückstands mit der Zahlung der Darlehensraten befindet sich sogar in verschiedenen Textstellen der auf der Rückseite des Antrags gedruckten Bedingungen. Diese Regelung ist besonders unübersichtlich.
Schon wegen ihrer versteckten Stelle im kleingedruckten Text der Darlehensbedingungen wird z.B. die vorgesehene Verwaltungsgebühr von 4 % der Restschuld einen Darlehensbewerber, der sich zur Aufnahme eines Darlehens entschließt, nicht die Belastung bei einer Fälligstellung der Restschuld hinreichend deutlich vor Augen führen.
Dem Darlehensnehmer, der die Darlehensbedingungen der Klägerin vor dem Abschluß des Darlehensvertrags durchzulesen versucht, bleibt unklar, wie sich die einzelnen ihm aufgebürdeten zusätzlichen Leistungen zueinander verhalten, in welchem Umfang sie sich überschneiden und welchem Zweck sie dienen. So soll er schon bei fristgerechter Erfüllung seiner Pflichten Inkassogebühren zahlen, daneben aber im Rückstandsfall weitere Leistungen vergüten, die mit den Inkassogebühren schon abgegolten sein können. Für ihn ist vollends unklar, welche Rechte und Verteidigungsmöglichkeiten ihm gegenüber den sich im Verzugsfall häufenden Ansprüchen der Klägerin verbleiben sollen. Er hat nach den Darlehensbedingungen keine Möglichkeit festzustellen, welche tatsächlichen Leistungen und Kosten die ihm auferlegte Verwaltungsgebühr von 4 % der Restschuld abgelten soll.
c)
Bei dieser Vertragsgestaltung ist der gesamte Darlehensvertrag sittenwidrig und nichtig.
Es handelt sich nicht um die Sittenwidrigkeit oder Unangemessenheit einzelner allgemeiner Geschäftsbedingungen, die die Wirksamkeit des Vertrags im übrigen unberührt läßt.
Die von der Bank festgelegte Vertragsgestaltung gibt einem rechts- oder geschäftsunkundigen Darlehensbewerber schon nicht die Möglichkeit, seine Gesamtbelastung insbesondere auch im Verzugsfalle zuverlässig zu beurteilen und zu entscheiden, ob diese Gesamtbelastung für ihn tragbar ist. Er kann das Vertragsrisiko insgesamt nicht richtig einschätzen. Kreditbewerber, die zu den von der Bank angesprochenen Kunden gehören, können dadurch veranlaßt werden, eine für sie untragbare Belastung zu übernehmen.
Der Einsicht in diese Zusammenhänge haben sich die für die Bank Handelnden jedenfalls in einer nach § 138 BGB erheblichen Weise verschlossen.
Es ist daher auch nicht möglich, den Darlehensvertrag mit seinen unübersichtlichen, den Darlehensnehmer übermäßig belastenden, von der Klägerin einseitig festgesetzen Vertragsbedingungen mit anderen - angemessenen - Bedingungen aufrechtzuerhalten (vgl. BGHZ 51, 55; vgl. ferner - gegen die Umdeutung eines wegen sittenwidriger Übervorteilung nichtigen Rechtsgeschäfts - BGHZ 68, 204). Die Nichtigkeit des gesamten Vertrags folgt aus den Umständen, wie der Vertrag mit seinem unangemessenen Inhalt zustande gekommen ist (vgl. BGHZ 51, 55, 59).
Die in den Darlehensbedingungen festgelegten Vergütungs- und Entschädigungsbestimmungen regeln Sachverhalte, die für rechtsunkundige oder geschäftlich unerfahrene Bewerber um Kredite in der Größenordnung des gewährten Darlehens im nichtkaufmännischen Rechtsverkehr besonders wesentlich sind. Diese Bestimmungen bilden einen untrennbaren Bestandteil der vertraglichen Gesamtregelung der dem Darlehensnehmer aufgebürdeten Leistungen.
IV.
Die Klägerin hat keine Umstände vorgetragen, aus denen sich höhere Zinsen als die zuerkannten ergeben. Die Voraussetzungen eines weitergehenden Verzugsschadensersatzanspruchs, der sich aus einem Verzug mit der nach Bereicherungsrecht geschuldeten Leistung ergeben könnte, hat sie nicht dargetan.
V.
Bei dieser Sache kann dahingestellt bleiben, ob auch der von der Beklagten, der damaligen Ehefrau des Darlehensnehmers, geschlossene Bürgschaftsvertrag nach § 138 BGB nichtig ist. Die Revision der Klägerin muß auf ihre Kosten zurückgewiesen werden.
Krohn
Peetz
Kröner
Boujong