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Bundesgerichtshof
Urt. v. 19.11.1971, Az.: V ZR 103/69

Anforderungen an eine vorweg genommene Nachlassregelung; Anspruch auf Nachzahlung weiterer Gleichstellungsgelder ; Anspruch auf Anpassung des Vertrages an die wirklichen Wertverhältnisse

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
19.11.1971
Aktenzeichen
V ZR 103/69
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1971, 11551
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Karlsruhe - 23.05.1969
LG Freiburg

Fundstellen

  • DB 1971, 2403-2404 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1972, 130-131 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1972, 152-154 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1972, 1191 (amtl. Leitsatz mit Anm.)

Prozessführer

1. Oberinspektor Oskar H in F. (B.). E.straße ...

2. Fabrikarbeiter Egon H. in W.-B., E. Straße

Prozessgegner

Hausfrau Hildegard R. geb. H. in Bu. (B.), L.straße ...

Amtlicher Leitsatz

Ist ein Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB) wegen Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach Treu und Glauben an die wirklichen Verhältnisse anzupassen, so kann der Anspruch auf die angepaßte Leistung dem Dritten unmittelbar zustehen.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 19. November 1971
unter Mitwirkung
des Senatspräsidenten Dr. Augustin und
der Bundesrichter Dr. Rothe, Dr. Freitag, Dr. Mattern und Hill
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 4. Zivilsenat in Freiburg - vom 23. Mai 1969 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Mutter der Parteien, die seit 1955 verwitwet ist, hatte kraft Testaments von ihrem Ehemann Grundbesitz in Bu. geerbt, bestehend aus der Haus- und Gartenparzelle Nr. 35 von 1441 qm und der Acker- oder Weinbergparzelle Nr. 586 von 528 qm Größe. Diese Grundstücke übertrug sie mit notariellem Vertrag vom 15. November 1966 gegen Einräumung eines unentgeltlichen lebenslänglichen Leibgedinges auf ihre Tochter, die Beklagte, zu Eigentum, und zwar "im Hinblick auf der Tochter künftiges gesetzliches Erbrecht" sowie "mit der Bestimmung, daß die heutige Zuwendung auf Ableben der Übergeberin nicht auszugleichen ist". Weiter hieß es im Übergabevertrag:

"Der Verkehrswert des Hausgrundstücks Flurstück Nr. 35 mit daraufstehenden Gebäulichkeiten ist vom Gemeinderat in B. nach der bei der Beurkundung in Ausfertigung vorliegenden Schätzung vom 28.10.1966 auf einen heutigen Verkehrswert von 50.000 DM geschätzt. Dem zufolge beträgt der Übergabepreis für die ... Grundstücke Flurstück Nr. 35 und 586 insgesamt 53.000 DM."

2

Auf den letztgenannten Betrag rechneten die Vertragschließenden für das Leibgedinge, für Grundstücksaufwendungen und sonstige Leistungen der Beklagten und ihres Ehemannes sowie für übernommene Schulden insgesamt 21.730 DM an; der restliche Übergabepreis von 31.270 DM war laut Vertrag in der Weise zu tilgen, daß die Beklagte an ihre beiden Brüder, die Kläger zu 1 und 2, "Gleichstellungsgelder" in Höhe von je 10.423,33 DM entrichtete, während sie als ihren eigenen Anteil 10.423,34 DM abrechnen und behalten durfte.

3

In der Folgezeit wurde die Beklagte als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Sie zahlte ihren Brüdern die im Vertrag aufgeführten Gleichstellungsgelder aus.

4

Die Kläger fühlen sich durch den Übergabevertrag benachteiligt und haben hierzu Einzelheiten vorgetragen. Mit der Klage fordern sie von ihrer Schwester weitere Gleichstellungsgelder in Höhe von insgesamt 18.000 DM. Sie behaupten, die Schätzung des Hausgrundstücks durch den Gemeinderat sei falsch gewesen; der Verkehrswert habe damals nicht 50.000 DM, sondern 77.000 DM betragen. Hierüber hätten sich die Vertragspartner, die übereinstimmend bei Berechnung der Gleichstellungsgelder den wirklichen Verkehrswert zugrunde legen wollten, im Irrtum befunden. Der Übergabepreis erhöhe sich daher, unter Hinzurechnung des anderen Grundstücks, auf 80.000 DM; nach Abzug der 21.730 DM verbleibe ein Restpreis von 58.270 DM, und davon entfielen als Gleichstellungsgeld auf jeden Bruder 19.423,33 DM. Die Beklagte, so meinen die Kläger, müsse ihnen beiden deshalb noch je 9.000 DM nachzahlen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt;

sie bestreitet die Behauptungen der Kläger und tritt ihren rechtlichen Schlußfolgerungen entgegen.

5

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Mit der Revision verfolgen die Kläger ihre Zahlungsansprüche weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

6

1.

Daß die Kläger ihr Nachzahlungsbegehren nicht auf erbrechtliche Vorschriften stützen können, hat das Berufungsgericht zutreffend dargelegt. Der Übergabevertrag vom 15. November 1966 bezeichnet sich zwar selbst als vorweggenommene Nachlaßregelung. Aber da die Mutter der Parteien noch am Leben ist, besteht weder ein Pflichtteilsanspruch (§§ 2303 ff BGB), noch ist Raum für den Gesichtspunkt der Teilungsanordnung (§ 2048 BGB). Ebensowenig liegen nach den zutreffenden, auch von der Revision nicht in Zweifel gezogenen Ausführungen des angefochtenen Urteils Anhaltspunkte vor für eine etwa mit dem Übergabevertrag beabsichtigte mißbräuchliche "Aushöhlung" eines zuvor, am 8. September 1958, zwischen der Mutter der Parteien und der Ehefrau des Erstklägers abgeschlossenen Erbvertrages (vgl. die Rechtsprechungsnachweise bei Palandt/Keidel, BGB 30. Aufl. § 2286 Anm. 3 und § 2289 Anm. 1 c); daran mußte auch der Versuch der Kläger scheitern, die Beklagte auf Schadensersatz aus § 826 BGB in Anspruch zu nehmen. Als Klagegrundlage kommt vielmehr nur die vertragliche Abrede über die "Gleichstellungsgelder" in Betracht, die sich als ein Rechtsgeschäft unter Lebenden darstellt.

7

2.

Die Kläger sind an dem Übergabevertrag nicht als Partner beteiligt. Eigene Ansprüche gegen ihre Schwester als Übernehmerin können ihnen daher lediglich unter den Voraussetzungen der §§ 328 ff BGB (Vertrag zugunsten Dritter) erwachsen sein. Hinsichtlich der im Übergabevertrag festgesetzten Gleichstellungsbeträge von je 10.423,33 DM ist dies nach Ansicht beider Vorinstanzen der Fall. Das Berufungsgericht insbesondere würdigt die Gleichstellungsabrede ausdrücklich als einen Vertrag zugunsten der Kläger: Sie seien dadurch zwar in kein Vertragsverhältnis mit der Übergeberin oder der Übernehmerin gekommen; allein sie hätten ein Forderungsrecht erlangt, das aus dem zwischen jenen Personen bestehenden Vertragsverhältnis "abgespalten" worden sei, gegen die Beklagte auf Leistung des ihnen im Vertrag Zugesprochenen; dieses hätten sie auch bereits ausgezahlt erhalten.

8

Anders beurteilt das Oberlandesgericht den Anspruch auf Nachzahlung weiterer Gleichstellungsgelder von zweimal 9.000 DM, der den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits bildet. Es unterstellt zugunsten der Kläger, daß der Verkehrswert des Hausgrundstücks nicht, wie man bei Vertragsabschluß glaubte, 50.000 DM betragen habe, sondern tatsächlich 77.000 DM, daß die Vertragspartner sich über diesen für die Berechnung der Gleichstellungsgelder wesentlichen Faktor in einem beiderseitigen Irrtum befunden hätten und daß ihre irrige Vorstellung, das Grundstück und der dafür vereinbarte Übernahmepreis seien einander gleichwertig, die Geschäftsgrundlage des Übergabevertrages gewesen sei. Einen hieraus möglicherweise erwachsenen Anspruch auf Anpassung des Vertrages an die wirklichen Wertverhältnisse (§ 242 BGB) könnten jedoch die Kläger als Außenstehende nicht geltend machen; er stünde vielmehr allenfalls den Vertragspartnern selbst, insbesondere der Übergeberin zu. Auch aus den Vorschriften über den Vertrag zugunsten Dritter ergebe sich nichts Gegenteiliges.

9

3.

Der Revision, die das als rechtsirrig bekämpft, ist zuzugeben, daß die Erwägungen des Berufungsrichters seine klageabweisende Entscheidung nicht tragen.

10

Die revisionsgerichtliche Nachprüfung muß angesichts der Unterstellungen im Berufungsurteil davon ausgehen, daß beiden Partnern des Übergabevertrages vom 15. November 1966 bei Festsetzung der den Klägern zu gewährenden Gleiohstellungsgelder ein rechtlich beachtlicher Irrtum über einen wesentlichen Berechnungsfaktor unterlaufen ist (§ 119 Abs. 2 BGB) und daß dem Vertrag insoweit die Geschäftsgrundlage gefehlt hat (§ 242 BGB). Diese Umstände könnten nach den Grundsätzen, die hierüber in Rechtsprechung und Schrifttum entwickelt worden sind (BGHZ 25, 390, 392 f [BGH 23.10.1957 - V ZR 219/55];  46, 268, 273 [BGH 22.12.1966 - VII ZR 195/64]; BGH LM BGB § 242 Bd Nr. 15 a; Soergel/Siebert/Knopp, BGB 10. Aufl. § 242 Anm. 394 f und 414), dazu führen, den Vertrag unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben an die wirkliche, bei seinem Abschluß unerkannt gebliebene Sachlage anzupassen, was im vorliegenden Fall auf eine entsprechende Erhöhung der Gleichstellungsbeträge hinauslaufen könnte. Der Streit geht im gegenwärtigen Rechtszug ausschließlich um die Frage, wer eine solche Erhöhung verlangen kann und ob insbesondere den Klägern, wenngleich sie keine Partner des Übergabevertrages sind, gegen die Übernehmerin ein Anspruch auf Nachzahlung zusätzlich geschuldeter Beträge zusteht.

11

a)

Seine Ansicht, als etwaige Gläubigerin eines solchen Anspruchs komme allein die Übergeberin (Mutter der Parteien) in Betracht, begründet das Oberlandesgericht in erster Linie damit, daß die begehrte Erhöhung der Gleichstellungsgelder rechtsgestaltenden Charakter habe: werde ein Vertragsverhältnis, dessen Geschäftsgrundlage weggefallen ist oder von Anfang an nicht bestanden hat, gemäß § 242 BGB an die wirkliche Sachlage angepaßt, so geschehe dies durch richterliches Gestaltungsurteil. Verwiesen wird dabei auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. Oktober 1951, I ZR 15/51 (JZ - nicht NJW - 1952, 145, 146, mit Anmerkung von Kegel). Dort war in der Tat - wenn auch die damalige Entscheidung im Ergebnis nicht darauf beruhte - von einer Befugnis der Gerichte, bei Wegfall der Geschäftsgrundlage "weitgehend rechtsgestaltend in das Vertragsverhältnis einzugreifen", die Rede. Indessen mag dahinstehen, ob diese Betrachtungsweise (auf die der Bundesgerichtshof in der Folgezeit, soweit ersichtlich, nicht zurückgekommen ist) dem Wesen der richterlichen Entseheidüngstätigkeit gerecht wird oder ob nicht vielmehr die Vertragsanpassung nach § 242 BGB ein Akt der Rechtsfindung und keine Rechtsgestaltung ist, weil auch hier das richterliche Urteil nicht die rechtlichen Beziehungen der Parteien neu schafft, sondern bloß ausspricht, welche Umgestaltung die bestehenden Rechtsbeziehungen durch die Veränderung der Umstände nach Treu und Glauben erlitten haben (so insbesondere die späteren BGH-Urteile vom 14. Juli 1953, V ZR 72/52, LM BGB § 242 Bb Nr. 18 Bl. 3, und vom 21. November 1968, VII ZR 89/66, WM 1969, 65, 66 = NJW 1969, 233; Kegel, a.a.O. S. 148; Esser, JZ 1958, 113, 114; Rothe, AcP 151, 33, 39 f; Soergel/Siebert/Knopp a.a.O. § 242 Anm. 414; Palandt/Heinrichs, BGB 30. Aufl. § 242 Anm. 6 c ff). Denn selbst wenn es sich bei der Entscheidung, die dem Erhöhungsverlangen stattgibt, um ein Gestaltungsurteil handeln sollte, wäre damit für die hier allein interessierende Frage nach der Person dessen, der bei einem Vertrag zugunsten Dritter (§§ 328 ff BGB) auf Erlaß eines solchen Urteils klagen kann, nichts gewonnen. Diese Frage beantwortet sich nach sachlichem Recht; die verfahrensrechtliche Natur der angestrebten Gerichtsentscheidung ist dafür ohne Belang.

12

Möglicherweise war es dem Berufungsrichter, als er auf die Gestaltungswirkung abstellte, nicht um den Richterspruch als solchen zu tun; ihm scheint vorgeschwebt zu haben, daß in dem Verhalten der Kläger, wenn sie sich auf Wegfall der Geschäftsgrundlage beriefen und Vertragsanpassung begehrten, ein rechtsgestaltender Akt zu erblicken sei. Inwieweit bei einem echten Vertrag zugunsten Dritter, wie er hier laut tatrichterlicher Auslegung vorliegt, der Dritte seinerseits durch Gestaltungserklärungen - etwa Aufrechnung, Anfechtung, Rücktritt, Wandlung, Minderung oder Erfüllungsablehnung gemäß § 326 BGB - selbständig und ohne Mitwirkung des Versprechensempfängers auf Inhalt und Bestand des Vertragsverhältnisses einzuwirken vermag, ist streitig (vgl. über den Stand der Meinungen Lange, NJW 1965, 657, 661 ff; verneinend hinsichtlich des Rücktrittsrechts z.B. Soergel/Siebert/Schmidt, BGB 10. Aufl. § 328 Anm. 4). Zu dieser Frage braucht hier jedoch keine Stellung genommen zu werden. Denn falls das Oberlandesgericht angenommen haben sollte, auch die Geltendmachung des Anspruchs auf Erhöhung der Gleichstellungsgelder stelle eine derartige, das bestehende Schuldverhältnis umgestaltende Erklärung dar, die den Klägern, weil sie nicht zu den Vertragspartnern gehören, verwehrt sei, so wäre dem nicht beizupflichten. Fehlt einem Vertrag die Geschäftsgrundlage oder fällt sie später weg, dann bedarf es nämlich, um die Rechtsbeziehungen der Beteiligten an die tatsächlichen Verhältnisse anzupassen, keiner hierauf gerichteten Willenserklärung eines Vertragspartners. Die Anpassung tritt vielmehr, sofern dem durch die unvorhergesehene Entwicklung Benachteiligten ein weiteres Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nach Treu und Glauben nicht mehr zuzumuten ist, unmittelbar kraft Gesetzes ein (§ 242 BGB). Diese Rechtsfolge, die das Bestreben des anderen Partners, den bisherigen Vertragsinhalt aufrechtzuerhalten, als unzulässige Rechtsausübung erscheinen läßt, ist auch ohne besondere Geltendmachung seitens des Benachteiligten bei der richterlichen Entscheidung von Amts wegen zu berücksichtigen (BGHZ 12, 286, 304 [BGH 16.02.1954 - V BLw 60/53];  16, 334, 337 [BGH 18.02.1955 - V ZR 108/53];  29, 6, 12 [BGH 03.12.1958 - V ZR 28/57]; BGH-Urteile vom 11. April 1962, V ZR 122/60, LM BGB § 242 Ba Nr. 38 = WM 1962, 679, 680, und vom 16. Dezember 1968, III ZR 151/66, WM 1969, 335, 337). Von einem rechtsgestaltenden Eingriff der Kläger in den Übergabevertrag kann also hier nicht gesprochen werden.

13

b)

Die weitere Begründung des angefochtenen Urteils ist ebenfalls nicht stichhaltig. Es prüft, ob den Klägern, falls man seinen Ausführungen zur Gestaltungswirkung nicht folgt, unmittelbar gegen die Beklagte gerichtete Nachzahlungsansprüche "nach § 335 BGB" erwachsen seien. Dabei wird zunächst übersehen, daß diese Vorschrift die Rechte des Versprechensempfängers (hier: Mutter der Parteien) und nicht des Dritten (hier: Kläger) zum Gegenstand hat; richtigerweise wäre daher § 328 Abs. 1 BGB als Anspruchsgrundlage heranzuziehen gewesen.

14

Den Abschluß eines echten Vertrages zugunsten Dritter hat der Berufungsrichter, wie bereits hervorgehoben, in anderem Zusammenhang insoweit bejaht, als es sich um die im Übergabevertrag ausdrücklich genannten Gleichstellungsgelder der beiden Brüder in Höhe von je 10.423,33 DM handelt; hinsichtlich dieser Beträge, so heißt es im Urteil (S. 7), hätten die Kläger ein unmittelbares Forderungsrecht gegen ihre Schwester erlangt. Dagegen scheitern nach seiner Ansicht die weitergehenden, mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Nachzahlung zusätzlichen Gleichstellungsgeldes an § 328 Abs. 2BGB. Danach ist, wenn eine besondere vertragliche Regelung fehlt, aus den Umständen, insbesondere dem Vertragszweck, zu entnehmen, ob der Dritte das Forderungsrecht erwerben, ob es sofort oder nur unter besonderen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragspartnern die Befugnis vorbehalten sein soll, es ohne Zustimmung des Dritten aufzuheben oder zu ändern. Das Oberlandesgericht unterstellt auch hier wiederum als wahr, daß die Beklagte und die Mutter der Parteien den Klägern Gleichstellungsbeträge hätten zuwenden wollen, die unter Berücksichtigung des wirklichen Verkehrswertes des Hausgrundstücks (77.000 DM) berechnet werden sollten, und daß sie im Vertrag irrtümlich einen geringeren Wert (50.000 DM) zugrunde gelegt hätten und nur deshalb zu Beträgen von zweimal 10.423,33 DM gelangt seien. Weil aber die Partner des Übergabevertrages die Ansprüche der Kläger in dieser Höhe festgelegt und von der jetzt in Betracht kommenden Anpassung der Gleichstellungsbeträge an den wirklichen Verkehrswert damals noch nichts hätten wissen können, lasse sich nicht feststellen, daß die Kläger das Recht auf Nachzahlung erwerben sollten.

15

Hiergegen wendet sich die Revision im Ergebnis mit Recht. Ob § 330 Satz 2 BGB, dessen Verletzung sie rügt, vom Berufungsgericht übersehen worden ist, ob insbesondere der Übergabevertrag vom 15. November 1966 eine Vermögens- oder Gutsübernahme im Sinne dieser Auslegungsregel darstellt und ob letztere, wenn das nicht der Fall sein sollte, wenigstens entsprechend auf den vorliegenden Sachverhalt hätte angewendet werden müssen, kann dahingestellt bleiben (vgl. zu § 330 BGB RG JW 1905, 717 Nr. 7). Auf jeden Fall handelt es sich bei der eingeklagten Forderung um einen Anspruch aus § 242 BGB, der eine Anpassung der vereinbarten Gleichstellungsgelder an die wirkliche Sachlage voraussetzt. Wenn das Oberlandesgericht den Klägern das Recht, diesen Anspruch unmittelbar geltend zu machen, mit der Begründung abgesprochen hat, daß die Vertragspartner die geschuldeten Beträge nur in Höhe von zweimal 10.423,33 DM fixiert hätten und daß sie von einer Anpassung an den wirklichen Verkehrswert des Hausgrundstücks damals noch gar nichts hätten wissen können, so hat es damit seine vorausgehende eigene Unterstellung außer acht gelassen, wonach die Partner den Klägern gerade solche Gleichstellungsbeträge zuwenden wollten, die unter Berücksichtigung des wirklichen Verkehrswertes berechnet wurden. Unter diesen Umständen wäre aber zu prüfen gewesen, ob den Klägern nicht doch nach Treu und Glauben das Recht zur Geltendmachung gegenüber der Grundstücksübernehmerin zusteht.

16

4.

Die angefochtene Entscheidung kann somit nicht bestehen bleiben (§ 564 ZPO). Das Berufungsgericht, an das die Sache gemäß § 565 Abs. 1 ZPO zurückverwiesen werden muß, wird in der neuen mündlichen Verhandlung den bisher lediglich als wahr unterstellten Behauptungen der Kläger nachzugehen und insbesondere zu entscheiden haben, ob dem Übergabevertrag vom 15. November 1966 die Geschäftsgrundlage gefehlt hat, ob bejahendenfalls gemäß § 242 BGB eine Anpassung der der Beklagten obliegenden Leistung geboten ist (vgl. dazu BGHZ 46, 268, 273) [BGH 22.12.1966 - VII ZR 195/64] und ob schließlich nach dem Sinn und Zweck des Vertrages die Kläger unmittelbar berechtigt sind, die erhöhten Gleichstellungsbeträge zu fordern.

17

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens hängt von dem endgültigen Prozeßausgang ab und ist deshalb ebenfalls dem Berufungsgericht zu übertragen.

Dr. Augustin
Rothe
Dr. Freitag
Mattern
Hill