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Bundesgerichtshof
Urt. v. 07.10.1969, Az.: VI ZR 223/67

Arbeitnehmer; Arbeitgeber; Unternehmem; Justitiar; Haftung eines Notars für Amtspflichtverletzungen wegen zweideutiger Vertragsformulierungen; Anforderungen an einen notariell beurkundeten Kaufvertrag eines Miteigentümergrundstücks; Auslegung des diesbezüglichen Vertrages; Gleichzeitiger Beratungsfehler des Anwalts des Käufers; Geltung der Grundsätze über die Haftung eines Arbeitnehmers bei schadengeneigter Arbeit ; Voraussetzungen für die Annahme einer gefahrgeneigten bzw. schadengeneigten Arbeit

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
07.10.1969
Aktenzeichen
VI ZR 223/67
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1969, 10962
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • DB 1969, 2224-2225 (Volltext mit amtl. LS)
  • JZ 1970, 69-70 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1970, 37 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1970, 34-35 (Volltext mit amtl. LS)
  • VersR 1970, 127 (red. Leitsatz mit Anm.)

Amtlicher Leitsatz

Der arbeitsrechtliche Grundsatz, daß der mit schadensgeneigter Tätigkeit beschäftigte Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber für fahrlässig verschuldete Schäden nur beschränkt haftet, gilt nicht für den Justitiar eines Unternehmens.

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Oktober 1969
unter Mitwirkung
des Senatspräsidenten Dr. Engels und
der Bundesrichter Dr. Bode, Dr. Weber, Sonnabend und Dunz
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. Mai 1967 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Revision fallen der Klägerin zur Last.

Tatbestand

1

Die Klägerin, die in Ha. ein Kaufhaus errichten wollte, suchte dazu im Jahre 1959 ein geeignetes Grundstück in der Innenstadt. Der von ihr beauftragte Makler W. machte einen Grundstückskomplex an der Ba.straße ausfindig und trat mit den Eigentümern in Verbindung, ohne dabei allerdings die Klägerin als Käuferin zu benennen. Ende 1959 gelang es ihm, mit den Eigentümern dieser Grundstücke notarielle Verträge zu schließen, in denen diese ihm, d.h. dem noch zu benennenden Käufer, zu den in den jeweiligen Verträgen genannten Kaufpreisen ihre Grundstücke unwiderruflich zum Kauf anboten. Vereinbart war, daß der Käufer dieses Angebot der Verkäufer bis zum 21. Januar 1960 annehmen mußte. In allen Verträgen bevollmächtigten die Verkäufer einerseits und W. andererseits (namens des Käufers) Frau Kr., die Bürovorsteherin des Notars Dr. Gottfried Pö. in Ha., demnächst (unter Befreiung von der Vorschrift des § 181 BGB) die Auflassung zu erklären.

2

Eines der Grundstücke war 1932 von dem Arzt Dr. St. und der Ehefrau des Rechtsanwalts und Notars Dr. Pö., der mit Dr. St. befreundet war, zu je 1/2 ideellen Bruchteil ersteigert worden. 1948 hatte Frau Pö. ihren Hälfteanteil auf ihre Söhne Hans und Klaus übertragene Dr. Pö. ließ daher dieses Grundstück am 21. November 1959 durch seine drei Miteigentümer dem Makler W. notariell anbieten. Dieses Angebot beurkundete allerdings nicht er, sondern ließ es durch den beklagten Notar beurkunden, der früher bei ihm als Notarassessor tätig gewesen war und nunmehr zu ihm ins Büro gebeten wurde (Urkunden Rolle Nr. .../59). Anwesend war für den noch zu benennenden Käufer der Makler W. und für die Verkäufer der Assessor Hans Pö., "zugleich als auftragsloser Geschäftsführer seines Bruders Dr. Klaus Pö.". Dr. St. wurde durch Frau Kr. vertreten; er hatte Dr. Pö. mit dem Verkauf des Grundstücks, d.h. seines Hälfteanteils beauftragt. In dem vom Beklagten beururkundeten Kauf-Angebot hieß es:

"§ 1
Wir ... (Verkäufer) tragen hierdurch der von dem Kaufmann W. zu benennenden ... Person (Käufer) den Kauf des im Grundbuch von Ha. ... eingetragenen Grundbesitzes an. Die Grundbesitzung besteht aus folgenden Parzellen:

Im Anschluß hieran erklärten die Erschienenen folgendes:

Dr. St. verkauft seinen 1/2 ideellen Anteil und Dr. Klaus Pö. und Assessor Hans Pö. ihren je 1/4 ideellen Anteil an Käufer.

§ 2
Der Kaufpreis beträgt 640.000 DM. Davon erhalten Dr. St. 310.000 DM, Dr. Klaus Pö. und Assessor Hans Pö. je 155.000 DM. Letzterer Betrag ist zu Händen des Notars Dr. Pö. zu zahlen."

3

Nachdem Dr. St. vor Notar Dr. Pö. die von Frau Kr. für ihn abgegebenen Erklärungen genehmigt hatte, bemühte sich Welp darum, auch von Dr. Klaus Pö., der in Kro./Ta. wohnte, die Genehmigung zu erreichen. Dieser war zwar bereit zu verkaufen, jedoch nicht zu dem Kaufpreis von 640.000 DM, von dem er - nach Abzug von 20.000 DM, die Welp als Maklerlohn behalten sollte - ein Viertel (155.000 DM) erhalten sollte. Nach Verhandlungen schlossen er und W. am 17. Januar 1960 vor einem Notar in Frankfurt a.M. einen Vertrag, in dem er einerseits erklärte, er verweigere die Genehmigung des Kaufangebots, das sein Bruder für ihn am 21. November 1959 bezüglich seines Grundstücks-Anteils gemacht habe, zugleich jedoch dem von W. noch zu benennenden Käufer folgendes Kaufangebot machte:

"§ 1
Ich verkaufe dem Angebotsempfänger meinen 1/4 ideellen Anteil an dem im Grundbuch von ... eingetragenen Grundbesitz ...

§ 2
Der Kaufpreis für meinen 1/4 Anteil beträgt 330.000 DM. Davon sind 155.000 DM zu Händen des Notars Dr. Pö. in Ha. auf ein von diesem noch zu bezeichnendes Konto und die restlichen 175.000 DM auf mein Konto bei der D. Bank in Ob. zu zahlen."

4

Im § 6 dieses Angebots bevollmächtigte er (auch wieder unter Befreiung von der Vorschrift des § 181 BGB) Frau Kr. mit der Auflassung. Im § 9 wurde - auch insoweit mit dem vom Beklagten beurkundeten Angebot aller drei Miteigentümer wörtlich übereinstimmend - bestimmt, daß der Käufer dieses Angebot bis spätestens 21. Januar 1960 annehmen müsse. Außerdem heißt es hier:

"Ich (d.h. W.) verpflichte mich für meine Vollmachtgeber ..., daß dieses Angebot und das unter Urkunden-Rolle .../59 des Notars .... (des Beklagten) betr. die Anteile des Dr. St. und des Rechtsanwalts Hand Pö. nur zusammen angenommen werden."

5

Am folgenden Tage, dem 18. Januar 1960 überbrachte W. dieses Angebot von Dr. Klaus Pö. dem Grundstückssachbearbeiter der Klägerin, dem Direktor M., der in Kürze die Annahme der Angebote vor den Notaren in Ha. erklären sollte. M. legte die beiden Angebote - das vom Beklagten am 21. November 1959 beurkundete Angebot aller drei Miteigentümer und das von Dr. Klaus Pö. abgegebene Angebot - dem bei der Klägerin als Justitiar tätigen Rechtsanwalt Sch. vor. Dieser stieß darauf, daß sich das Anteils-Angebot von Dr. Klaus Pö. nur dann mit dem Angebot, das der Beklagte beurkundet hatte, zu einer Auflassung der drei Anteilseigner zusammenfügen ließ, wenn auch deren Angebot als Angebot der Miteigentümer auf Verkauf ihrer Anteile (Satz 1 des § 747 BGB) aufzufassen war und nicht als gemeinschaftlicher Verkauf des Gesamt-Grundstücks (Satz 2 des § 747 BGB). Er erklärte Direktor M., nach seiner Auffassung sei auch das vom Beklagten beurkundete Angebot auf Veräußerung der drei Miteigentums-Anteile gerichtet. Dieser könne daher zum Notar Dr. B., der am 21. Januar 1960 die Annahme des Angebots und die Auflassung beurkunden sollte, fahren; er werde die Annahme schon richtig beurkunden. So geschah es: Notar Dr. B. beurkundete an diesem Tage, daß Direktor M. namens der Klägerin, die nunmehr als Käuferin sämtlicher Grundstücke hervortrat, die Kaufangebote annehme und daß er und Frau Kr. nunmehr die Auflassung der Grundstücke erkläre. Hierüber nahm Dr. B. zwei getrennte Urkunden auf: in der einen bezogen sich die Erschienenen auf das vom Beklagten am 21. November 1959 beurkundete Angebot aller drei Miteigentümer, in der anderen auf das von dem Notar in Frankfurt a.M. am 17. Januar 1960 beurkundete Angebot von Dr. Klaus Pö. betreffend seinen Anteil. Im Übrigen stimmen die Urkunden überein, dies auch hinsichtlich der von Frau Kr. in Anspruch genommenen Auflassungsvollmacht der Verkäufer, die jeweils in § 6 der beiden Angebote enthalten war.

6

Nachdem Dr. Broker und Dr. Pö. die Urkunden dem Grundbuchamt eingereicht hatten, verfügte der Rechtspfleger die Umschreibung sämtlicher Grundstücke auf den Namen der Klägerin; sie wurde am 12. August 1960 eingetragen.

7

Im Mai 1962 erfuhr Dr. St., daß Dr. Klaus Pö. in der vom Beklagten aufgenommenen Urkunde nicht beigetreten war, sondern die Veräußerung seines Anteils in der besonderen Urkunde vor dem Notar in Frankfurt a.M. erklärt hatte, nachdem die Klägerin ihm einen Mehrpreis von 175.000 DM bewilligt hatte. Er vertrat den Standpunkt, daß die Miteigentümer am 21. November 1959 nicht ihre drei Anteile verkauft und veräußert (Satz 1 des § 747 BGB), sondern, wie sich aus den ersten Sätzen des § 1 der Urkunde und aus dem Gesamt-Kaufpreis des § 2 ergebe, das Grundstück gemeinschaftlich veräußert hätten (§ 747 Satz 2 BGB). Dieses gemeinschaftliche Angebot sei unwirksam geworden, als Dr. Klaus Pö. ihm nicht beitrat; infolgedessen habe es Frau Kr. an der Vollmacht gefehlt, für ihn (und für Hans Pö.) die Auflassung zu erklären. Dr. St. beantragte beim Landgericht eine einstweilige Verfügung, auf Grund deren im Grundbuch ein Widerspruch gegen die Richtigkeit der Umschreibung seines Eigentums eingetragen werden sollte. Indes wies das Landgericht diesen Antrag zurück, weil, wie es meinte, aus der Urkunde des Beklagten hervorgehe, daß jeder der Miteigentümer seinen Anteil angeboten hätte, wie sich vor allem aus dem letzten Satz des § 1 ergebe. Auf Beschwerde Dr. St. erließ der Beschwerdesenat des Oberlandesgerichts am 4. Juli 1962 die einstweilige Verfügung; es legte die vom Beklagten abgefaßte Urkunde in dem Sinne aus, wie sie Dr. St. auffaßte. Daraufhin trug das Grundbuchamt zugunsten Dr. St. den begehrten Widerspruch ein und außerdem von Amts wegen einen Widerspruch zugunsten sämtlicher drei Veräußerer. Anschließend erhob Dr. St. Grundbuchberichtigungsklage gegen die Klägerin, der das Landgericht aus den vom Oberlandesgericht dargelegten Gründen stattgab. Nunmehr einigte sich die Klägerin mit Dr. St.: sie zahlte ihm als Kaufpreis für seinen Anteil noch weitere 100.000 DM, wogegen dieser die Auflassung seines Grundstücksanteils nochmals erklärte und die Löschung des zu seinen Gunsten eingetragenen Widerspruchs veranlaßte.

8

Der Versuch der Klägerin, auch den zugunsten der Brüder Pö. eingetragenen Widerspruch löschen zu lassen, scheiterte zunächst. Daraufhin zahlte sie auch an Hans Pö. 50.000 DM (die Hälfte des an Dr. St. gezahlten Mehrpreises), worauf auch er den Widerspruch löschen ließ. Anfang 1965 wurde schließlich auch der zugunsten Dr. Klaus Pö. eingetragene Widerspruch gelöscht.

9

Die Klägerin hat seit der Eintragung der Widersprüche zahlreiche Kostenrechnungen der Gerichte, der Notare und der Rechtsanwälte bezahlen müssen. Hierzu sei es, wie sie geltend macht, nur gekommen, weil der beklagte Notar in dem von ihm beurkundeten Verkaufs-Angebot nicht klar genug unterschieden habe zwischen der Übertragung des gesamten Grundbesitzes und der Veräußerung der drei Miteigentumsanteile. Das habe Direktor M. und ihren Justitiar zu der Annahme veranlaßt, die Klägerin könne trotz der von Dr. Klaus Pö. erklärten Verweigerung der Genehmigung Eigentümer des Grundstücks werden, wie dies auch das Grundbuchamt und die Beschwerdekammer des Landgerichts angenommen hätten. Nachdem diese Auffassung von den Gerichten als unrichtig bezeichnet worden sei, habe sie nicht nur 100.000 DM und 50.000 DM als Mehr-Kaufpreis ausgegeben, sondern noch die erwähnten Rechtsbehelfe ergreifen müssen. Die hätten sie insgesamt 18.269,25 DM gekostet.

10

Mit ihrer Klage hat die Klägerin Verurteilung des Beklagten zur Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen begehrt. Das Landgericht hat die Klage wegen eines Postens von 52 DM abgewiesen und ihr im übrigen stattgegeben.

11

Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage in voller Höhe abgewiesen.

12

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren, den Beklagten zur Zahlung von 18.217,25 DM nebst Zinsen zu verurteilen, weiter.

Entscheidungsgründe

13

I.

1.

Sowohl das Landgericht wie das Berufungsgericht sind der Meinung, daß die Miteigentümer der Klägerin nicht ihre Anteile zum Kauf anbieten, sondern gemeinsam das Grundstück verkaufen wollten (Satz 2 des § 747 BGB). Insofern liegt auf der Hand, daß die Klägerin nur am Ankauf des Gesamt-Grundstücks interessiert war, weil es das "Herzstück" des Grundstückskomplexes war, auf dem sie ihr Kaufhaus errichten wollte. Zweifellos hat sie nicht daran gedacht, in dem Falle, daß sie mit Dr. Klaus Pö. nicht einig geworden wäre, wenigstens die beiden Anteile Dr. St. und Hans Pö. zu erwerben. Nichts anderes gilt für den Willen der verkaufenden Miteigentümer. Auch sie wollten das Grundstück insgesamt verkaufen und boten daher, wie es der Beklagte in dem ersten Satz des § 1 des Vertrages beurkundet hatte, "den Kauf des im Grundbuch von Ha. ... eingetragenen Grundbesitzes an". Das zeigt auch der in § 2 festgesetzte Gesamt-Kaufpreis von 640.000 DM; daß hier auch dessen Aufteilung auf jeden der Miteigentümer wiedergegeben war, steht dem nicht entgegen.

14

Zweifel an dieser, an sich der Sachlage allein entsprechenden Auffassung konnten allenfalls dadurch entstehen, daß der Beklagte am Schluß des § 1 beurkundet hatte, daß Dr. St. seinen halben Anteil und die Brüder Pö. ihren je Viertel Anteil verkauften. Die Vordergerichte sind insoweit jedoch übereinstimmend der Auffassung, dies sei nur aus Gründen der Genauigkeit in die Urkunde so aufgenommen worden.

15

Gegen diesen Ausgangspunkt des Berufungsgerichts erhebt auch die Revision keine Einwendungen. Der Ansicht des Berufungsgerichts ist angesichts der von ihm im einzelnen angeführten Gründe, die für seine Auslegung sprechen, beizutreten. Sie führt dazu, daß Frau Kr. nicht mehr bevollmächtigt war, für Dr. St. (und für Hans Pöppinghaus) über das Grundstück zu verfügen (§ 747 Satz 2 BGB), also die Auflassung am 21. Januar 1960 vor dem Notar, den die Beteiligten nunmehr beauftragt hatten, nämlich vor Dr. B., zu erklären. Daß dieser dennoch die Annahme des Angebots der drei Verkäufer durch die Klägerin und die Auflassung beurkundet und daß das Grundbuchamt dies für rechtlich einwandfrei angesehen hat, liegt, wie das Berufungsgericht richtig sieht, daran, daß der Beklagte dem Verkaufsangebot denen Satz zugefügt hatte, nach welchem jeder der drei Miteigentümer seinen Anteil verkaufe. Dies konnte, wenn auch nur bei flüchtiger Überlegung, dahin aufgefaßt werden, es handele sich um eine Veräußerung nach § 747 Satz 1 BGB. Diesem Eindruck sind dann nicht nur der Grundbuchbeamte, sondern auch später die Beschwerdekammer des Landgerichts erlegen.

16

2.

Die Vordergerichte erblicken in dieser vom Beklagten beurkundeten Formulierung der Verkäufer-Erklärungen eine Amtspflichtverletzung, die das Mißverständnis des Grundbuchbeamten und damit die der wahren Rechtslage widersprechende Umschreibung des Eigentums verursacht habe. Zutreffend geht das Berufungsgericht, weil die Handlung des beklagten Notars noch vor dem Inkrafttreten der Bundesnotarordnung vom 24. Februar 1961 liegt, von § 21 der Reichsnotarordnung aus, wonach der Notar für Amtspflichtverletzungen haftbar ist. In § 30 der hier noch maßgebenden Dienstordnung für Notare war dem Notar aufgegeben, bei der Beurkundung von Rechtsgeschäften darauf Bedacht zu nehmen, daß Irrtümer und Zweifel vermieden werden, daher den Willen der Beteiligten sorgfältig zu ermitteln, den Sachverhalt möglichst vollständig aufzuklären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in die Niederschrift aufzunehmen; er hat den sichersten Weg zu wählen, damit die Beteiligten den Zweck, den sie verfolgen, erreichen können (so jetzt § 19 Abs. 1 BNO).

17

Mit Recht nimmt das Berufungsgericht an, daß dem Beklagten die Pflicht, die Erklärungen der Verkäufer so klar zu beurkunden, daß es zu den soeben erörterten Zweifeln nicht kommen konnte, auch gegenüber der Klägerin oblag. Ihr Interesse wurde durch das beurkundete Rechtsgeschäft unmittelbar berührt, da sie Empfängerin des Verkäufe-Angebots war (vgl. BGHZ 20, 53, 56[BGH 09.02.1956 - III ZR 196/54]; 31, 5, 10 [BGH 28.09.1959 - III ZR 112/58]; Senatsurteil vom 1. Juli 1969 - VI ZR 31/68 - VersR 1969, 902).

18

In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist das Berufungsgericht ferner der Meinung, der Beklagte habe das Verkaufsangebot unklar und mißverständlich beurkundet. Einmal habe er nicht eindeutig klargestellt, daß eine Veräußerung der drei Miteigentumsanteile nicht gewollt sei; zum anderen habe er nichts darüber beurkundet, wie es sich auf die Erklärungen von Dr. St. und Hans Pö. auswirken solle, falls Dr. Klaus Pö. seine Genehmigung nicht geben würde (§ 139 BGB). Dem Beklagten falle hinsichtlich dieser Fehler auch, wie das Berufungsgericht näher begründet, Fahrlässigkeit zur Last.

19

II.

Dennoch weist das Berufungsgericht die Klage ab, weil es der Ansicht ist, daß die Klägerin anderweit Ersatz erlangen könne, nämlich von ihrem Justitiar, dem Rechtsanwalt Sch. (§ 21 RNotO in Verbindung mit § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dieser habe sie falsch beraten, weil er Direktor Dr. M. nicht auf das mit der Annahme des zweifelhaften Angebots verbundene Risiko hingewiesen habe.

20

Die hierfür vom Berufungsgericht gegebene Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Daher soll mit dem Berufungsgericht davon ausgegangen werden, daß der Beklagte an sich der Klägerin haftet und ihr nicht etwa entgegenhalten kann, daß ihr doch nur der ihm jetzt vorgeworfene Fehler ermöglicht hatte, ihre Eintragung im Grundbuch zu erreichen, ohne sich vorher um die Zustimmung Dr. St. bemühen zu müssen, der diese sicherlich schon damals nur gegeben haben würde, wenn die Klägerin auch ihm einen Mehrpreis zahlte.

21

1.

Das Berufungsgericht stellt auf Grund der Aussage des von ihm vernommenen Rechtsanwalts Sch. fest, daß er die Unklarheit des vom Beklagten beurkundeten Angebots und damit die Problematik der Rechtslage erkannt hatte. Darauf habe er zwar Direktor M. hingewiesen, ihm dann aber erklärt, nach seiner Auffassung sei das Angebot auf die Veräußerung der Miteigentumsanteile gerichtet; er könne daher wegen der Annahme des Angebots, die M. in einigen Tagen erklären wollte, dem Notar vertrauen; dieser werde dies schon richtig beurkunden. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hat aber Sch. M. nicht auch darauf hingewiesen, daß die Fassung des Angebots zu Schwierigkeiten führen könne und daß daher dessen Annahme mit einem Wagnis verbunden sei, das der Klägerin Unkosten und Schäden verursachen könne. Hierauf aber hätte er, wie das Berufungsgericht ausführt, hinweisen müssen, wenn er die Klägerin sorgfältig und gewissenhaft beraten und vor möglichen Schäden bewahren wollte. Auch hätte Sch., obschon bis zum 21. Januar 1960, bis zu dem spätestens die Angebote angenommen werden mußten, nur vier Tage geblieben waren, die Möglichkeit gehabt, entweder selbst mit den übrigen Beteiligten in Verbindung zu treten oder Direktor M. mit genauen Anweisungen zu versehen, damit er dies selbst tue. Auf Grund solcher Rücksprache mit den Beteiligten, insbesondere mit dem beurkundenden Notar, sei dann noch Zeit gewesen, das Angebot zu ergänzen. Notfalls hätte die Klägerin, wie das Berufungsgericht weiter erwägt, darauf drängen können, die ihr für die Annahme des Angebots gesetzte Frist verlängern zu lassen.

22

Diese Ausführungen des Berufungsgericht hält die Revision zu Unrecht für fehlerhaft.

23

a)

Nach ihrer Meinung hätte Rechtsanwalt Sch. nicht mehr tun können und müssen, als Direktor M. zu sagen, daß die vom Beklagten aufgenommene Urkunde im Hinblick auf Satz 1 und Satz 2 des § 747 BGB rechtlich nicht ganz klar sei. Diesem, als dem von der Klägerin gerade mit den Grundstücksangelegenheiten betrauten, daher damit auch vertrauten Fachmann, müsse doch dieser Hinweis klar gemacht haben, daß es ein Wagnis sei, die Grundstücke zu kaufen, ohne vorher mit den Beteiligten erneut verhandelt zu haben.

24

Diesen Einwendungen vermag der Senat nicht zu folgen. Direktor M. war zwar Grundstücks-Fachmann, aber kein Jurist. Eben deshalb hatte, er Rechtsanwalt Sch. zu Rate gezogen. Damit, daß dieser auf die Zweifelhaftigkeit des Angebots hinwies, war es schon deshalb nicht getan, weil er sogleich hinzufügte, nach seiner Auffassung handele es sich um ein Angebot auf Veräußerung von Anteilen. Wenn er dann noch erklärte, Direktor M. könne wegen der Annahme dem Notar vertrauen, dieser werde sie schon richtig beurkunden, so so konnte er damit durchaus bei M. den Eindruck erwecken, seine, Sch., Rechtsauffassung sei unbedenklich, so daß die Klägerin kein Wagnis eingehe, wenn sie davon absah, erst die beiden anderen Miteigentümer zu befragen.

25

Zutreffend ist auch die Erwägung des Berufungsgerichts, daß es hier nicht darauf ankam, ob der Notar Dr. B. die Annahme des Angebots schon "richtig beurkunden werde". Gerade diese Bemerkung Sch. war geeignet, Direktor M. von dem Kernpunkt der Zweifel, die in dem vom Beklagten beurkundeten Angebot lagen, abzulenken und das Gewicht der bestehenden Bedenken abzumindern.

26

b)

Die Revision macht ferner geltend, Sch. habe in einer Art Zwangslage gehandelt, weil die Klägerin sich binnen vier Tagen habe entschließen müssen. Auch insoweit ist aber die Würdigung des Berufungsgerichts fehlerfrei. Insbesondere hat es ohne Rechtsverstoß erklärt, daß Sch. schuldhaft handelte, als er Direktor M. nicht, um das von ihm erkannte Wagnis auszuschließen, ausdrücklich riet, noch mit den anderen Eigentümern, jedenfalls aber mit dem beurkundenden Notar (d.h. dem Beklagten) vorher Rücksprache zu nehmen.

27

c)

Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe die Aussagen Sch. mißverstanden und in dem Aktenvermerk des Berichterstatters nicht richtig festgehalten; dies ergebe sich aus dem Schreiben Sch., das er nach seiner Vernehmung an den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin gerichtet und das dieser nachträglich zu den Akten gegeben hatte. Mit diesem Vorbringen kann die Revision nicht gehört werden. Die Würdigung einer Zeugenaussage steht grundsätzlich dem Tatrichter zu; daß dies hier unter Verstoß gegen Denkgesetze oder Verfahrensvorschriften, insbesondere aktenwidrig geschehen wäre, kann der Revision nicht zugegeben werden.

28

2.

Das Berufungsgericht geht somit rechtsirrtumsfrei davon aus, daß Rechtsanwalt Sch. die Klägerin schuldhaft mangelhaft beraten hatte und ihr daher grundsätzlich nach den §§ 611, 276 BGB ersatzpflichtig ist. Infolgedessen hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob sich die Klägerin mit Recht darauf berufen hat, daß sie ihren Justitiar, weil er mit einer gefahrengeneigten Tätigkeit betraut gewesen sei, nur haftbar machen könne, wenn er grob fahrlässig gehandelt habe, ein Vorwurf, der ihm im vorliegenden Fall nicht gemacht werden könne.

29

Mit Recht hat das Berufungsgericht diese Einwendung der Klägerin zurückgewiesen.

30

a)

Nach den von den Arbeitsgerichten in ständiger Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen haftet ein Arbeitnehmer in aller Regel seinem Arbeitgeber nur dann voll auf Ersatz des ihm zugefügten Schadens, wenn ihm grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt (BAG 19, 66 = NJW 1967, 269; BArbG NJW 1968, 717). Bei nur geringer Schuld ("leichteste Fahrlässigkeit") haftet er in aller Regel nicht, weil es zu dem vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisiko gehört, aus der seinem Arbeitnehmer übertragenen gefahrengeneigten Arbeit erwachsene Schäden selbst zu tragen (BAG 7, 290 = NJW 1959, 1796). Auch nach Ansicht des Bundesgerichtshofs geht die Fürsorgepflicht, die dem Arbeitgeber gegenüber seinem Arbeitnehmer obliegt, dahin, daß er ihm keine Belastung mit Schadensersatzansprüchen zumuten darf, die letztlich aus der besonderen Gefahr der ihm übertragenen Arbeit folgen und als solche auch dann zum typischen vom Unternehmer zu tragenden Betriebsrisiko gehören können, wenn sie der Arbeitnehmer im konkreten Fall verschuldet hat (BGHZ 16, 111[BGH 10.01.1955 - III ZR 153/53]; 27, 63, 65 [BGH 01.04.1958 - VI ZR 60/57]; 30, 40, 49) [BGH 30.04.1959 - II ZR 126/57]. Der Bundesgerichtshof hat keine Bedenken getragen, diesem Grundsatz, der den innerbetrieblichen Schadensausgleich regelt, auch dann Wirkung beizulegen, wenn es sich um die subsidiäre Haftung eines Beamter, oder eines Notars handelt, der den Betriebsinhaber auf die primäre Haftung seines Arbeitnehmers oder auf das gegebenenfalls vom Betriebsinhaber selbst zu tragende Risiko verweisen will (BGHZ 16, 111[BGH 10.01.1955 - III ZR 153/53];Senatsurteil vom 25. Februar 1969 - VI ZR 225/67 - VersR 1969, 474).

31

b)

Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht der Anwendung dieser Grundsätze hier schon entgegen, daß Rechtsanwalt Sch. grob fahrlässig gehandelt habe. Ob die hiergegen von der Revision erhobenen Angriffe begründet sind, kann offen bleiben. Denn hier sind die Grundsätze über die Haftung bei schadengeneigter Arbeit ohnehin nicht anwendbar, wie dies auch das Berufungsgericht hilfsweise angenommen hat.

32

aa)

Der Senat hat schon in seinemUrteil vom 1. Februar 1963 (VI ZR 271/61 - NJW 1963, 1100 mit Anm. Isele) ausgesprochen, daß diese Haftungsbeschränkung nur einem auf Grund eines Arbeitsvertrages tätigen unselbständigen Beschäftigten zugute kommt, nicht auch dem auf Grund eines Dienstvertrages tätigen Selbständigen (zustimmend Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 9. Aufl. TZ 610; zweifelnd Becker-Schaffner NJW 1969, 1235). Daß sich ein Rechtsanwalt, wenn er von seinem Mandanten in Anspruch genommen wird, nicht auf diese arbeitsrechtlichen Grundsätze berufen kann, mag auch seine Beratung im konkreten Fall vielleicht "schadengeneigt" gewesen sein, bedarf keiner Frage (vgl. Canaris Rd.A. 1966, 48). Die dem Arbeitgeber obliegende Fürsorgepflicht, aus der die Rechtsprechung den Satz abgeleitet hat, daß der Arbeitgeber das mit gefahrengeneigter Tätigkeit verbundene Schadensrisiko selbst tragen muß (BGHZ 41, 203, 204) [BGH 27.02.1964 - II ZR 179/62], ist, was die Revision nicht genügend beachtet, das Korrelat des Weisungsrechts, das ihm gegenüber den in seinem Betriebe tätigen Arbeitnehmern oder Angestellten zusteht (vgl. das erwähnte Senatsurteil vom 1. Februar 1963 und dessen Besprechung von Hueck in AP Nr. 28 zu § 611 BGB - Haftung des Arbeitnehmers). Daher können sich leitende Angestellte auf diese arbeitsrechtliche Haftungserleichterung nicht berufen (vgl. Monjau Betr. 1969, 84), auch nicht der Leiter der Kreditabteilung einer Bank(Senatsurteil vom 25. Februar 1969 - VI ZR 225/67 - VersR 1969, 474). Dem steht schon die personale Stellung eines derartigen Dienstverpflichteten entgegen, der seine Dienste in eigener Verantwortung leistet und im wesentlichen seine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (vgl. auch § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB; Neumann-Duesberg JZ 1964, 433).

33

bb)

Die Klägerin hat nicht im einzelnen vorgetragen, inwieweit Rechtsanwalt Sch. in ihrem Betrieb eingegliedert war; auch die Revision hat dazu nichts Nähers vorgebracht. Im Berufungsurteil heißt es, Rechtsanwalt Sch. sei bei der Klägerin als Justitiar "angestellt" gewesen. Daher soll zugunsten der Revision davon ausgegangen werden, daß auch er auf Grund eines Arbeitsvertrages im Betriebe der Klägerin tätig war. Aber auch dann käme die von ihr in Anspruch genommene Haftungsbeschränkung nicht in Betracht, weil die Tätigkeit, die Rechtsanwalt Sch. obgelegen hatte, nicht als "gefahrengeneigt" bezeichnet werden kann.

34

Eine Arbeit ist gefahren- oder schadengeneigt, wenn sie es ihrer Art nach mit sich bringt, daß auch dem sorgfältigen Arbeitnehmer gelegentlich Fehler unterlaufen, die zwar - für sich allein betrachtet - jedesmal vermeidbar, also fahrlässig herbeigeführt sind, mit denen aber angesichts der menschlichen Unzulänglichkeit erfahrungsgemäß zu rechnen ist (so BArbG 5, 1,7 = NJW 1958, 235 und ständig). Darunter fallen nicht nur Arbeiten an gefährlichen oder komplizierten Maschinen und Anlagen oder der Umgang mit Naturkräften oder empfindlichen Materialien. Auch gewissen Bürotätigkeiten haftet unter Umständen die Neigung an, zu Schäden und Verlusten zu führen, wie die Manko-Haftung eines Angestellten, die Arbeit eines Kassierers, Buchhalters, Kalkulators und dergl. (vgl. Becker-Schaffner BB 1967, 504). Damit läßt sich aber die Tätigkeit, die hier dem Justitiar oblag, nicht vergleichen. Mit Recht bezeichnet das Berufungsgericht sie als Dienstleistung höherer Art; sie kann nicht mittels (oft ermüdender und schon deshalb häufig schadengeneigter) Routine erledigt werden, sondern erfordert in aller Regel eine gewissenhafte Prüfung und Überlegung und vor allem ein ruhiges Nachdenken unter Einsatz der besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen. Durch die Anstellung eines Justitiars will der Betriebsinhaber gerade das Risiko ausschalten oder doch mindern, das seinen geschäftlichen Unternehmungen in rechtlicher Beziehung anhaften kann. Er Überläßt ihm die Art und Weise, wie er seinen Aufgaben nachkommt zu eigener Verantwortung und nimmt insoweit keinerlei Weisungsrecht in Anspruch (vgl. Gamillscheg/Hanau, Die Haftung des Arbeitnehmers, 1965 S. 43). Daß ihm gegenüber seinem Justitiar eine arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht obliegt, ist kaum anzunehmen. Jedenfalls braucht er die von diesem verschuldeten Fehler nicht schon deshalb zu übernehmen, weil sie zu seinem Betriebsrisiko gehörten.

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Im übrigen kann sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 7,118 - NJW 1959, 1003 [BAG 08.12.1958 - 2 AZR 524/57]; BArbG Urteil vom 29. September 1961 AP Nr. 26 zu § 611 - Haftung des Arbeitnehmers; vgl. auch Gumpert BB 1961, 372), der Arbeitnehmer auf die Haftungserleichterung nur berufen, wenn der von ihm verschuldete Schaden gerade auch im konkreten Fall durch die seiner Tätigkeit generell anhaftenden Gefahren verursacht worden war. Wie ausgeführt, hat das Berufungsgericht insoweit aber fehlerfrei festgestellt, daß Rechtsanwalt Sch. immer noch in der Lage gewesen war, seine Rechtsauffassung sorgfältig zu überprüfen und Direktor M. in jeder Hinsicht umfassend zu beraten. Der von ihm begangene Fehler läßt sich nicht mit menschlicher Unzulänglichkeit entschuldigen; von einem typischen Abirren seiner Tätigkeit kann nicht gesprochen werden.