Rechtswörterbuch

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Gesichtsverhüllung

 Normen 

§ 61 Abs. 2 S. 6 BBG

§ 34 BeamtStG

§ 4 Abs. 3 SG

§ 10 BWG

 Information 

1. Verbot für Beamte / Soldaten / Richter / Polizisten

Für die Funktionsfähigkeit der Verwaltung und für das Selbstverständnis des demokratischen Rechtsstaats ist eine vertrauensvolle Kommunikation der staatlichen Funktionsträger mit den Bürgern, aber auch mit Vorgesetzten, Kollegen sowie Mitarbeitern unabdingbar. Daher ist von staatlichen Funktionsträgern zu verlangen, dass sie bei Ausübung ihres Dienstes oder bei Tätigkeiten mit unmittelbarem Dienstbezug ihr Gesicht nicht verhüllen. Der Staat ist darüber hinaus verpflichtet, weltanschaulich-religiös neutral aufzutreten.

Durch eine am 15.07.2017 in Kraft getretene Änderung des Bundesbeamtengesetzes (§ 61 BBG), des Beamtenstatusgesetzes (§ 34 BeamtStG) und des Soldatengesetzes (§ 4 Abs. 3 SG, § 17 Abs. 2 SG) ist es Beamten sowie Soldaten untersagt, bei Ausübung ihres Dienstes oder bei Tätigkeiten mit unmittelbarem Dienstbezug das Gesicht durch Kleidung o.Ä. zu verhüllen. Ausnahmen sind nur zu gesundheitlichen (z.B. Infektonsschutz) oder dienstlichen Zwecken (z.B. Eigenschutz) möglich.

2. Verbot zur Identifizierung

Weiter muss nach der Gesetzesbegründung dort, wo eine Identifizierung notwendig und geboten ist, das Zeigen des Gesichts im Bedarfsfall auch durchgesetzt werden können. So ist eine verlässliche Identifizierung anhand von Identifikationspapieren nur durch einen Abgleich des Gesichts mit dem Lichtbild möglich.

Eine Änderung des Bundeswahlgesetzes (§ 10 BWG) sieht ein entsprechendes Verbot auch für die Mitglieder der Wahlausschüsse und Wahlvorstände als die nach § 9 BWG berufenen Personen vor. Eine Änderung der Bundeswahlordnung (§ 56 BWO) sieht vor, dass eine Wählerin oder ein Wähler dann vom Wahlvorstand zurückgewiesen werden kann, wenn sie oder er sich nicht ausweist oder die Feststellung ihrer oder seiner Identität durch den Wahlvorstand unmöglich macht und die zur Feststellung ihrer oder seiner Identität erforderliche Mitwirkungshandlung zum Abgleich mit dem Ausweispapier verweigert.

Zur Durchsetzung von Identifizierungspflichten wird eine Änderung des Personalausweisgesetzes (§ 1 PAuswG) dahin gehend vorgenommen, dass die ausweispflichtige Person einen Abgleich mit dem Lichtbild ermöglicht, indem sie ihr Gesicht in dem dem Lichtbild entsprechenden Umfang zeigt.

Daneben werden Änderungen im Aufenthaltsgesetz (§ 47a AufenthG) und im Freizügigkeitsgesetz/EU (§ 8 Abs. 1a FreizügG/EU) vorgenommen, die ebenfalls einen Abgleich mit dem Lichtbild des Identifikationspapiers bzw. mit dem des Ankunftsnachweises ermöglichen.

3. Tragen eines Niqabs beim Führen eines Fahrzeugs

Gemäß § 23Abs. 4 StVG darf der Fahrer eines Kraftfahrzeuges sein Gesicht nicht so verhüllen oder verdecken, dass er nicht mehr erkennbar ist.

Die Ablehnung eines Antrags einer Muslima auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Tragen eines Niqabs bei Führen eines Fahrzeugs durch die zuständige Behörde wurde sowohl vom Verwaltungsgericht als auch vom OVG für rechtmäßig angesehen (OVG Nordrhein-Westfalen, 20.05.2021 - 8 B 1967/20):

"Ohne Erfolg bleiben die Ausführungen der Antragstellerin, die im Kern darauf zielen, dass der Religionsfreiheit bei der hier nach § 46 Abs. 2 Satz 1 StVO zu treffenden Ermessensentscheidung ungeachtet der konkreten Einzelfallumstände generell Vorrang einzuräumen sei."

 Siehe auch 

Allgemeine Gleichbehandlung - Religion

Beamte

Beamte - Institutionsgarantie

Bekenntnisfreiheit

Freiheit der Religionsausübung

Persönlichkeitsrechte

Weisungsgebundenheit des Beamten

Greve/ Kortländer/Schwarz: Das Gesetz zu bereichsspezifischen Regelungen der Gesichtsverhüllung; Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - NVwZ 2017, 992

Schubert: Religiöse Symbole und Kleidungsstücke am Arbeitsplatz; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2017, 2582