Nachbarrecht: Bereits mögliche Videoüberwachung des Nachbarn ist unzulässig - auch auf dem eigenen Grundstück!

Zivilrecht, Prozess und Zwangsvollstreckung
19.04.20164593 Mal gelesen
Eigentümer, die ihr Grundstück per Videokameras überwachen möchten, müssen die Persönlichkeitsrechte ihrer Nachbarn im Blick haben. Das Amtsgericht (AG) Brandenburg hat in einem aktuellen Urteil die Voraussetzungen einer zulässigen Videoüberwachung auch des eigenen Grundstücks deutlich verschärft.

I. Zum Sachverhalt

Kläger und Beklagte sind Nachbarn. Der Kläger darf aufgrund eines Wegerechts über eine Zuwegung auf dem Grundstück der Beklagten zu seinem Grundstück gelangen. Als die Beklagte an ihrem Haus bewegliche Überwachungskameras installieren ließ, verlangte der Kläger, die Kameras dauerhaft in einer Weise fest einzustellen, dass eine Überwachung seiner Person insbesondere im Bereich der Zuwegung zu seinem Grundstück ausgeschlossen ist. Die Beklagte weigerte sich mit dem Argument, dass eine Überwachung des Zuwegungsbereiches gar nicht erfolge. Dem Kläger genügte diese Aussage nicht. Er erhob Klage.

II. Das Urteil

Das AG gab der Klage statt.

Zwar erfassten die Kameras nur den Hof des Beklagtengrundstücks und nicht den Bereich der Zuwegung des Klägers. Auf die tatsächliche Beobachtung des Klägers komme es aber gar nicht an, so das Gericht. Bei manueller Veränderung des Aufzeichnungsbereiches könnten die Kameras nämlich den Bewegungsbereich des Klägers jederzeit erfassen.

Schon dann, wenn eine Person eine Beobachtung oder Aufzeichnung ihres Verhaltens, insbesondere in ihrem privaten Lebensbereich nicht ohne Grund befürchten müsse, gehe ihre Unbefangenheit verloren mit der Folge, dass die freie Entfaltung der Persönlichkeit beeinträchtigt sei. Diese Befürchtung der Gefahr eines Überwachtwerdens reiche aus, den vom Kläger begehrten Unterlassungsanspruch wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu begründen und die Beklagte zu zwingen, die Kameras so zu installieren, dass die Möglichkeit der Überwachung des Bewegungsbereiches des Nachbarn auf Dauer ausgeschlossen werde. Dieses gelte eben auch für Bereiche des eigenen Grundstücks, die vom Nachbarn oder sonstigen Personen genutzt werden dürften.

III. Praxistipp

Grundstückseigentümer dürfen zwar auch weiterhin Überwachungskameras installieren. Dabei müssen sie jedoch in besonderem Maße sicherstellen, dass die Kameras ausschließlich auf das eigene Grundstück gerichtet sind und darüber hinaus durch eine entsprechende Installation eine Überwachung von Lebensbereichen des Nachbarn technisch nicht einmal möglich ist. Dies gilt nach dem Urteil des AG Brandenburg auch für Bereiche des überwachten eigenen Grundstücks, die für den Nachbarn oder Dritte zugänglich sind und rechtmäßig genutzt werden. Auf den Einsatz schwenkbarer Arme der Videokameras sollte daher auf jeden Fall verzichtet werden.

(AG Brandenburg, Urteil vom 22.01.2016 - 31 C 138/14 -)