Recht des Silvesterkrachers: Kein Schmerzensgeld für entgangene Hochzeitsfreuden - Brautpaar schaut in die Röhre!

Recht des Silvesterkrachers: Kein Schmerzensgeld für entgangene Hochzeitsfreuden - Brautpaar schaut in die Röhre!
17.12.2015191 Mal gelesen
Wird bei einer Hochzeitsfeier die Hochzeitsgesellschaft durch mehrere waagerechte Raketen beschossen, so kann das Brautpaar nicht dafür Schmerzensgeld verlangen, dass die Hochzeitsfeier infolge dieses missglückten Feuerwerks abgebrochen wurde.

Die Geschichte des Feuerwerks ist alt und beginnt damit, dass in China die feuernährende Eigenschaft von KNO3 erkannt wurde, heute bekannt als Salpeter. Dies wurde auch im Krieg für Brandsätze verwendet - man sprach vom "Schnee von China" oder "Salz von China". 1529 erschien ein deutschsprachiger Feuerwerker-Leitfaden: "Fürwerckbuch". Zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert, in der Blütezeit des Feuerwerks, gab es Feuerwerke zu sämtlichen Feierlichkeiten, ob Geburt, Geburtstag oder Jubiläum. Ein Werk zum Feuerwerksrecht vermisst man dagegen bis heute. Das gesamte Team der Kanzlei Dr. Schulte und Partner Rechtsanwälte mbB fühlte sich dazu verpflichtet das Defizit in der Berichterstattung über das Feuerwerkrecht entgegen zu wirken, um die jahrzehntelang unentdeckte Lücke in der juristischen Literatur endlich umfangreich zu schließen.

Einleitung: Feuerwerk bei Hochzeitsfeiern - Welche Gefahren lauern?

Nicht selten ist es der größte Wunsch eines Brautpaares, ihre Hochzeitsfeier mit einem fulminanten Feuerwerk zu krönen. Doch die bunten Explosionswerke birgen Gefahren, die sich ein Brautpaar sicherlich nicht in der Vorbereitung ihrer Hochzeitsfeier ausmalen. Wer denkt schon an die Sicherheit seiner geladenen Hochzeitsgäste? Werden durch ein querschießendes Feuerwerk die Gäste verletzt, ins Krankenhaus abtransportiert und dadurch  die Hochzeitsfeier gecrasht, kann das unversehrt gebliebene Hochzeitspaar nicht für entgangene Hochzeitsfreuden Schmerzensgeld verlangen.

Sachverhalt (verkürzt):OLG Brandenburg, Hinweisbeschluss v. 15.03.2004 -  7 U 8/04, NJWRR 2005, 253

Die Kläger sind Eheleute. Die Beklagte betreibt einen Hotel- und Restaurantbetrieb.

Die Kläger beauftragten die Beklagte zur Durchführung ihrer Hochzeitsfeier, im Rahmen derer auch um 23:00 Uhr ein Feuerwerk Bestandteil der Feierlichkeit werden sollte. Leider kam es beim Abfeuern des Feuerwerks zu einer Fehlfunktion, weshalb die Raketen nicht gen Himmel stiegen, sondern waagerecht in die Hochzeitsgesellschaft feuerten. Einen Sorgfaltsverstoß konnte man den Mitarbeitern der Beklagte jedoch nicht vorwerfen.

Einige Hochzeitsgäste wurden verletzt mit Rettungswagen in ein benachbartes Krankenhaus transportiert. Erst nach der ärztlichen Versorgung kamen sämtliche Hochzeitsgäste wieder am Ort der Hochzeitsfeier gegen 03:00 Uhr nachts zusammen, wobei die Hochzeitsfeier mittlerweile abgebrochen wurde. Die Beklagte ersetzte den Geschädigten den Sachschaden und zahlte auch Schmerzensgeld. Das Brautpaar, welches nicht unmittelbar verletzt wurde, verlangte jedoch Schmerzensgeld i.H.v. 10.000,00 € für die entgangenen Hochzeitsfeierfreuden.

 

Kommentierte Entscheidungsgründe: 

Ein Schmerzensgeldanspruch nach §§ 823, 847 BGB a.F. steht den Eheleuten nicht zu. Hier fehlt es bereits an einer Verletzung des Körpers bzw. Gesundheit, da die Feuerwerkskörper sie nicht getroffen haben. Nun könnte man meinen, dass die psychische Betroffenheit unter § 823 BGB fallen könnte. Voraussetzung ist allerdings, dass es bei den Verletzten zu wichtigen psychopathologischen Ausfällen von einiger Dauer kommt, die so gravierend sind, dass sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als Körperverletzung oder Verletzung der Gesundheit anzusehen sind. Das Gericht sah hier eine medizinisch relevante Auswirkung der durchlittenen Angst und Trauer nicht dargetan. Schließlich befand sich das Brautpaar noch nicht einmal selbst in ärztlicher Behandlung.

 

Das Ehepaar versuchte zudem, eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes ins Feld zu führen. Hier sah allerdings das Gericht das Persönlichkeitsrecht nicht betroffen, da Gegenstand des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes das Recht des Einzelnen auf Achtung seiner individuellen Persönlichkeit gegenüber dem Staat und dem privaten Rechtsverkehr ist. Hier wurde jedoch die individuelle Persönlichkeit des Brautpaares nicht in Frage gestellt. Schließlich beruhte die vorzeitige Beendigung der Feier auch - mehr oder weniger (Anmerkung des Bearbeiters) auf dem eigenen Willensentschluss des Ehepaares.

Bleibt also noch die Geltendmachung des Anspruches in Anlehnung auf die entgangenen Urlaubsfreuden. Doch auch dies wurde seitens des Gerichts abgelehnt, da hier weder die Voraussetzungen von vertraglichen noch deliktischen Ansprüchen vorlagen.

Auch eine analoge Anwendung von § 651 f. BGB im Anwendungsbereich des Reisevertragsrechtes verhalf dem Brautpaar nicht zum Schmerzensgeld.

 

Fazit: "Wohltätig ist des Feuers Macht, wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht ." (Friedrich Schiller, deutscher Dichter, Dramatiker, Philosoph sowie Historiker, 1759-1805)

Wer sich traut und dieses mit Feuerwerk feiern möchte, muss mit der Gefahr leben, dass selbst unter Beachtung der Sorgfalt, einige Hochzeitsgäste ungewollt explosionsartige Freuden erleben könnten. Ziehen diese verletzten Hochzeitsgäste die sofortige medizinische Vorsorge einem flotten Walzer auf dem Parkett vor, so kann das Brautpaar hierfür kein Schmerzensgeld verlangen.

 

ViSdP:

 

Dr. Thomas Schulte

Rechtsanwalt