Bei falscher Grundpreisangabe liegt nach dem OLG Hamm nur ein Bagatellverstoß vor!

Wirtschaft und Gewerbe
22.02.20101295 Mal gelesen
1. Viele Produkte müssen mit einer zusätzlichen Preisangabe, dem sogenannten Grundpreis, angegeben werden. Das ist nach dem Gesetz bei Waren erforderlich, die nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche angeboten werden, also beispielsweise Waren in Fertigpackungen oder Waren in offenen Verpackungen. Der Grundpreis ist dabei der Preis pro Mengeneinheit, also beispielsweise Kilogramm, Liter, Meter oder Quadratmeter.
 
2. Der Grundpreis muss so angegeben werden, dass dieser dem Käufer auffällt, was am besten dadurch bewerkstelligt werden kann, dass er unmittelbar neben dem Endpreis angegeben wird. Diese Grundpreisangabeverpflichtung gilt auch für Onlineshops.
 
3. Hintergrund dieser Regelung ist letztlich, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, Preise wirklich miteinander vergleichen zu können, insbesondere vor dem Hintergrund, dass nunmehr die Verpackungsgrößen freigeben sind.
 
4. Ein Fehlen dieser Grundpreisangabe stellt nicht nur eine Ordnungswidrigkeit im Sinne der Preisangabenverordnung dar, sondern kann auch durch Wettbewerbsvereine und Mitbewerber nach dem UWG geltend gemacht werden.
 
5. Was aber ist, wenn der Grundpreis grundsätzlich angegeben wird, aber nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, soll nachfolgende Entscheidung zeigen.
 
a) Das Oberlandesgericht Hamm hatte einen Fall zu entscheiden, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag: Im Onlineangebot der späteren Beklagten auf der Handelsplattform eBay bot diese eine 500-ml-Flasche zum Preis von 9,90 ? an. Dabei wurde gleichzeitig im Rahmen der Grundpreisangabe ein Preis von 1,98 ? pro 100 ml angegeben. Nach entsprechender wettbewerbsrechtlicher Abmahnung hatte die spätere Beklagte eine Unterlassungserklärung dahin gehend abgegeben, es künftig zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verbrauchern den Artikel anzubieten, und hierbei, sofern Angaben über den Grundpreis nach der Preisangabenverordnung zu machen sind, diesen pro 100 ml anzugeben, wenn nach der Preisangabenverordnung die Angabe in Liter zu erfolgen hat. Die spätere Klägerin war der Auffassung, die Beklagte habe gegen die Preisangabenverordnung verstoßen und sich daher wettbewerbswidrig verhalten. Die abgegebene Unterlassungserklärung sei wegen ihrer eingeschränkten Formulierung unzureichend und könne deshalb die Wiederholungsgefahr nicht ausreichend beseitigen.
 
b) Das Oberlandesgericht Hamm hat hierzu mit Urteil vom 10.12.2009 unter dem Aktenzeichen 4 U 156/09 entschieden, dass diese falsche Grundpreisangabelediglich einen Bagatellverstoß darstelle, und wies damit letztendlich den Antrag auf Unterlassung ab. Die Vorschriften der Preisangabenverordnung seien Marktverhaltensregeln im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG, sodass die falsche Angabe einen Wettbewerbsverstoß darstellt. Jedoch sei nicht jeder Verstoß gegen die Preisangabenverordnung zugleich auch ein Wettbewerbsverstoß, denn der Verstoß müsse auch geeignet sein, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu beeinflussen. Dort aber, wo der Verbraucher den angegebenen Grundpreis lediglich mit 10 zu multiplizieren habe, betreffe der Verstoß nicht die Preiswahrheit, sondern nur die Preisklarheit, die aber dadurch nur unerheblich beeinträchtigt werde. Einfache Rechenoperationen seien dem Verbraucher zuzumuten. Sinn sei es, dem Verbraucher durch klare Preisangaben den Preisvergleich zu ermöglichen, wenn auch durch denkbar einfache Rechenoperationen.
 
6. Dieses Urteil zeigt auch wieder, dass beispielsweise das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nicht dazu da ist, sämtliche Verstößeeinem Unterlassungsanspruch zuzuführen.
 
7. Vielmehr muss ein bestimmter Verstoß auch so erheblich sein, dass dieser die Interessen der Marktteilnehmer erheblich beeinflusst, die sogenannte Erheblichkeitsschwelle. Durch diese Schwelle sollen solche Verstöße unberücksichtigt bleiben, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkten die Interessen und Entscheidungen der Marktteilnehmer beeinflussen können. Wann dies allerdings der Fall ist, muss im Einzelfall geprüft werden.
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