BGH: Wissen der Finanzbehörde wird anderer Behörde bei Insolvenzanfechtung zugerechnet

BGH: Wissen der Finanzbehörde wird anderer Behörde bei Insolvenzanfechtung zugerechnet
12.11.2014321 Mal gelesen
Im Beschluss vom 26.06.2014 stellte der Bundesgerichtshof (BGH) fest, dass das Wissen der Finanzbehörde einer anderen Behörde desselben Rechtsträgers zugerechnet wird (AZ.: IX ZR 200/12).

NOETHE LEGAL Rechtsanwälte, Bonn, Düsseldorf, Frankfurt, Köln und Zürich führt aus:

Dies gilt nach Auffassung des BGH sogar dann, wenn die andere Behörde die Informationen erst später einholt, d.h. es kommt nur darauf an, ob die Finanzbehörde im maßgeblichen Zeitpunkt das Wissen hatte.

Vorliegend klagt der Insolvenzverwalter gegen eine Behörde. Er verlangt die Rückerstattung vom Schuldner erbrachter Zahlungen im Wege der Vorsatzanfechtung nach der Insolvenzordnung. Die Beklagte hält dem entgegen, sie habe keine Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners gehabt, sodass die Vorsatzanfechtung nicht in Betracht komme. Sie bleibt jedoch mit der Nichtzulassungsbeschwerde erfolglos.

Für die Vorsatzanfechtung ist es erforderlich, dass der Anfechtungsgegner, d.h. hier die Behörde, Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners hat. Dementsprechend muss zunächst einmal der Schuldner Gläubigerbenachteiligungsvorsatz haben. Dieser lag hier wohl vor. Die Regelung zur Vorsatzanfechtung sieht jedoch auch eine Vermutungsregelung vor, wonach die Kenntnis des Anfechtungsgegners vermutet wird, wenn der andere Teil von der drohenden Zahlungsunfähigkeit wusste und die Handlung die anderen Gläubiger des Schuldners benachteiligte.

Der BGH führte aus, bei Behörden werde ab dem Zeitpunkt, ab dem eine Behörde sich bei einer anderen Behörde desselben Rechtsträgers Wissen beschafft, eine aufgabenbezogene Handlungs- und Informationseinheit angenommen. Das heißt, der Behörde, die sich das Wissen beschafft, wird das gesamte rechtserhebliche Wissen der anderen Behörde zugerechnet. Dies gilt nach der Auffassung des BGH auch für den hier erforderlichen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz zum maßgeblichen Zeitpunkt. Es sei insbesondere ausreichend, wenn die Möglichkeit bestand, sich das Wissen zu beschaffen, auch wenn dies tatsächlich erst später erfolgt. Daher sei hier das Wissen der Finanzbehörde der beklagten Behörde zuzurechnen und ein entsprechender Gläubigerbenachteiligungsvorsatz anzunehmen.

Das Insolvenzrecht ist eine komplexe Materie. Wie gezeigt, kommt es nicht nur auf die Vorschriften der Insolvenzordnung an, sondern auch auf die Rechtsprechung der Gerichte, insbesondere des BGH. Die Kenntnis von den Grundsatzurteilen der Rechtsprechung ist nahezu unerlässlich, um seine Rechte erfolgreich geltend zu machen.

Um ihre Rechte vollumfänglich wahrnehmen zu können, sollten Sie sich daher frühzeitig rechtsanwaltlich beraten lassen.

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