Im Einzelfall kann man auch einem „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter vertrauen

Im Einzelfall kann man auch einem „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalter vertrauen
28.10.2013879 Mal gelesen
Mit der Erklärung, dass eine Bezahlung künftiger Leistungen an den Schuldner „durch das Insolvenzsonderkonto sichergestellt“ sei, begründet der vorläufige „schwache“ Insolvenzverwalter nach Ansicht des Oberlandesgerichts Celle seine persönliche Haftung für die Erfüllung dieser Schulden.

Die Unterscheidung zwischen vorläufig "starken" und vorläufig "schwachen" Insolvenzverwalter ist nicht rein akademischer Natur. Während die Zusage des "starken" vorläufigen Insolvenzverwalters der des endgültigen um nichts nachsteht, kommt es bei Erklärungen des "schwachen" vorläufigen Verwalters auf den Einzelfall an

 

Am 10. August 2001 wurde ein "schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter über das Vermögen einer Insolvenzschuldnerin bestellt. Mit Schreiben vom 21. August 2001 teilte eine Telekommunikationsdienstleisterin dem "schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter mit mit, sie sei nur gegen Stellung von Sicherheiten oder Vorauszahlungen dazu bereit, der Schuldnerin weiterhin die vertraglich vereinbarten Telefonleitungen zur Verfügung zu stellen, anderenfalls werde sie den Vertrag kündigen. In einem Schreiben vom 28. August 2001 gegenüber der Telekommunikationsdienstleisterin führte dieser unter anderem aus:

"Gleichwohl möchte ich Ihnen hiermit in der Eigenschaft als vorläufiger Verwalter bestätigen, dass Ihre Leistungen zunächst weiterhin benötigt werden und dass die diesbezüglichen Zahlungen durch das Insolvenzsonderkonto sichergestellt sind"

Am 10. Oktober 2001 teilte der "schwache" vorläufige Insolvenzverwalter dem Dienstleister mit, dass er sich nicht in der Lage sehe, seine Zusicherung aus dem Schreiben vom 28. August in vollem Umfange aufrecht zu erhalten.

Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von 96.851,09 Euro nebst Zinsen abgewiesen.

 

Das Oberlandesgericht gab der Berufung statt.

Der Dienstleister habe gegen den vorläufigen Insolvenzverwalter einen Anspruch auf Ersatz des "positiven Interesses" aus seiner Zusage im Schreiben vom 28. August 2001. Die "Bestätigung", dass die Zahlungen für die künftigen Leistungen "durch das Insolvenzsonderkonto sichergestellt" seien, ist als Garantie zu verstehen mit der Folge, dass der Insolvenzverwalter nun, da offenbar die zugesagten Zahlungen aus dem Insolvenzsonderkonto nicht (mehr) geleistet werden können, persönlich für diese einzustehen habe.

Es fehlte dem Insolvenzverwalter offensichtlich auch nicht an dem Willen, persönlich für die Zahlungen einzustehen; schließlich sprach er noch im Schreiben vom 10. Oktober 2001 selbst von einer "Zusicherung" sowie von "Absicherung" und "sichergestellt" und räumte damit den verbindlichen Charakter seiner Zusage vom 28. August 2001 ausdrücklich ein. Im Übrigen müsse der Insolvenzverwalter auch in diesem Zusammenhang gegen sich gelten lassen, dass er als im Rechts- und Geschäftsverkehr gewandter vorläufiger Insolvenzverwalter um die rechtlichen Wirkungen von Zusagen und Zusicherungen wissen musste.

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Fazit: Man sollte sich durch diese Entscheidung nicht in falsche Sicherheit wiegen lassen. Es gibt zu dieser Fallgestaltung nämlich unterschiedliche Rechtsansichten. Wer mit einem Unternehmen in Vertragsbeziehung steht, welches von einem vorläufig "schwachen" Insolvenzverwalter betreut wird, sollte genau Obacht geben, welche Erklärungen dieser abgibt. Auf jedem Fall sollte man sich hier von einem Anwalt beraten lassen.

(Quelle: Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 21.10.2003; 16 U 95/03

Vorinstanz: Landgericht Hannover; Urteil vom ?)

Vergl. entgegengesetzte Ansicht: Amtsgericht Erfurt, Urteil v. 25.04.2012; 5 C 535/11)

  

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