Keine Infragestellung von Entscheidungen britischer Gerichte in Insolvenzsachen

Keine Infragestellung von Entscheidungen britischer Gerichte  in Insolvenzsachen
15.10.2013217 Mal gelesen
Soweit Gerichte innerhalb der Europäischen Union entscheiden, findet, so das Oberlandesgericht Nürnberg, keine Überprüfung statt, ob das ausländische Gericht seine Zuständigkeit zu Recht angenommen hat. Das gilt auch, wenn geltend gemacht wird, der ausländische Wohnsitz sei ein Scheinwohnsitz.

Am 31. Mai 2002 ist die Europäische Insolvenzverordnung in der Europäischen Union - mit Ausnahme Dänemarks - in Kraft getreten. Diese regelt unter anderem Fragen der Zuständigkeit bei Insolvenzverfahren. Eine wichtige Bestimmung ist die, dass die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union in allen übrigen Mitgliedstaaten anerkannt wird, sobald die Entscheidung im Staat der Verfahrenseröffnung wirksam ist. Dass dies auch wirklich so ist, zeigt ein Fall aus Nürnberg.

 

Ein Gläubiger verklagt einen Schuldner. In der Berufungsinstanz wird dem Oberlandesgericht bekannt, dass in Großbritannien über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Das Oberlandesgericht stellte sodann mit Beschluss die Unterbrechung des Verfahrens fest.

Hiergegen wendet sich der Gläubiger. Er behauptet, der Schuldner habe gar keinen britischen Wohn- oder Geschäftssitz Das britische Gericht hätte das Verfahren aus diesem Grunde nach der Europäischen Insolvenzordnung gar nicht eröffnen dürfen. Der Gläubiger beantragte, den Rechtsstreit wieder zu eröffnen.

 

Das Oberlandesgericht wies den Antrag zurück.

Die Voraussetzungen für eine Aufnahme des Verfahrens seien nicht gegeben. Weder habe der britische Insolvenzverwalter das Verfahren aufgenommen noch legt die Klägerseite dar, dass nach den für das britische Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften eine Fortführung des Verfahrens gegen den Insolvenzverwalter zulässig wäre oder das Insolvenzverfahren beendet sei.

Eine Fortführung des Verfahrens könne auch nicht darauf gestützt werden, dass die Insolvenzeröffnung durch das britische Gericht nicht anzuerkennen sei. Eine Überprüfung der Zuständigkeit des britischen Insolvenzgerichts sei aus Rechtsgründen nicht möglich. Nach der Europäischen Insolvenzverordnung sei die Entscheidungszuständigkeit des eröffnenden Gerichts nicht zu überprüfen, wenn es eine Zuständigkeit aufgrund dieser Verordnung angenommen habe. Entscheidend sei nicht, ob nach Auffassung des deutschen Gerichts das britische Eröffnungsgericht tatsächlich international zuständig war, sondern ausschließlich, ob dieses seine Zuständigkeit angenommen habe. Dieses sei mit Beschluss vom 16. Oktober 2010 geschehen.

Auch die Verweigerung der Anerkennung wegen Verstoßes gegen den ordre public komme bei Verstößen gegen die Zuständigkeitsregelung nicht in Betracht. Es sei Sache des englischen Gerichts, auf Vorbringen von Gläubigern zu überprüfen, ob seine Eröffnungsentscheidung zu Unrecht ergangen und zu korrigieren sei. Selbst wenn das englische Gericht die Voraussetzungen seiner Zuständigkeit nur unzureichend geprüft haben sollte, habe dies nicht zur Folge, dass die Anerkennung der Insolvenzeröffnung mit Grundprinzipien der deutschen Rechtsordnung offensichtlich unvereinbar wäre.

Die britische Verfahrenseröffnung sei somit als wirksam anzuerkennen und der hier anhängige Rechtsstreit beliebt somit unterbrochen.

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Fazit: Unserem Gläubiger hat nun die Möglichkeit, im Vereinigten Königreich die Sache weiter zu betreiben. Sein Anwalt wird sicherlich Kontakt zu britischen Kollegen aufnehmen können, die ihm da weiter helfen können.

(Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 09.01.2012; 1 U 2/11

Vorinstanz: Landgericht , Urteil vom ? ; 4 O 10629/07)

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