Keine Klage gegen Versicherungsnehmer nach Insolvenzeröffnung wegen rückständiger Beiträge

Keine Klage gegen Versicherungsnehmer nach Insolvenzeröffnung wegen rückständiger Beiträge
24.09.2013350 Mal gelesen
Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherungsnehmers fällig gewordene Beitragsforderungen richten sich nach Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm gegen die Insolvenzmasse.

Seit Februar 2010 zahlte ein Versicherungsnehmer die Prämien für seine Kranken- und Krankenzusatzversicherung nicht mehr, so dass bis einschließlich März 2011 Rückstände in Höhe von insgesamt 6.475,08 Euro aufliefen, die die Versicherungsgesellschaft nach Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens am 10. April 2011 beim Landgericht Münster unter Anrechnung von erbrachten Teilzahlungen klageweise geltend machte. Eingeklagt wurden schließlich noch 5.771, 87 Euro.

Am 22. September 2011 beantragte der Versicherungsnehmer die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Das Insolvenzverfahren wurde sodann am 20. Dezember 2011 eröffnet.

Ein für den 12. Januar 2012 festgesetzter Verhandlungstermin wurde vom Kammervorsitzenden mit Verfügung vom 22.12. 2011 aufgehoben. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den beklagten Versicherungsnehmer führe zur Unterbrechung des Klagverfahrens. Die Klagforderung sei, soweit sie bestehe, eine Insolvenzforderung.

Die Krankenversicherung meint hingegen, dass die geltend gemachten Beiträge für die Krankengrundversicherung des Versicherungsnehmers nicht zu seinem pfändbaren Arbeitseinkommen gehören. Aus diesem Grunde betreffen die eingeklagten Beiträge nicht die Insolvenzmasse, sondern das insolvenzfreie Vermögen des Versicherungsnehmers. Daher sei der Rechtsstreit gegen den Versicherungsnehmer von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht berührt worden und somit fortzuführen.

Der sofortigen Beschwerde der Versicherung half das Landgericht nicht ab und legte die die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.

 

Dieses entschied, dass das Landgericht zu Recht die Unterbrechung des Verfahrens festgestellt habe.

Auch die geltend gemachte Forderung der Versicherungsgesellschaft richtet sich gegen das pfändbare Vermögen des Schuldners (Versicherungsnehmers) und damit gegen die Insolvenzmasse. Das Insolvenzverfahren erfasse das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Verfahrenseröffnung gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Nur Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Insoweit verweist die Insolvenzordnung auf die Vollstreckungsschutzvorschriften der Zivilprozessordnung, die auch im Rahmen des Insolvenzverfahrens dem Schuldner die Führung eines menschenwürdigen Lebens unabhängig von staatlicher Hilfe ermöglichen sollen. Dem Schuldner soll im Insolvenzverfahren nicht aufgrund gesetzlicher Regelungen etwas zugunsten der Gläubiger weggenommen werden dürfen, was der Staat mittels Sozialhilfeleistung zur sozialen Sicherung wieder geben müsste.

Zwar gehören nach den Pfändungsschutzvorschriften der Zivilprozessordnung die Beträge, die der Schuldner im Rahmen des Üblichen an eine private Krankenversicherung leistet, nicht zum pfändbaren Arbeitseinkommen und damit auch nicht zur Insolvenzmasse. Diese Vorschrift dient jedoch dem Schutz des privat krankenversicherten Schuldners, dem im Insolvenzverfahren ebenso wie dem gesetzlich Versicherten die Aufrechterhaltung seines Krankenversicherungsschutzes ermöglicht werden soll, welcher im Falle des Prämienrückstandes auf reine Akutbehandlungen begrenzt würde. Keinesfalls dient der Verweis auf die Pfändungsschutzvorschriften der Zivilprozessordnung jedoch dem Schutz des privaten Krankenversicherungsträgers, der seine vor Eröffnung des Insolvenzverfahrensentstandenen Prämienforderungen durchsetzen möchte.

Den vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Zahlungsrückstandes hat die Versicherungsgesellschaft somit wie jeder andere Gläubiger auch im Wege des Insolvenzverfahrens geltend zu machen.

(Quelle: Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 19.09.2012; I-20 W 9/12

Vorinstanz: Landgericht Münster, Beschluss vom 13.02.2012; 115 O 135/11)

 

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