Das Rücktrittsrecht im VW Abgasskandal – Fristsetzung?

Das Rücktrittsrecht im VW Abgasskandal – Fristsetzung?
21.04.2017413 Mal gelesen
Ein weiteres Urteil zugunsten von Käufern eines Fahrzeugs, das vom VW-Abgasskandal betroffen ist, hat das Landgericht Krefeld am 14.09.2016 (Az. 2 O 72/16) gefällt.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger schloss im Februar 2014 mit einer VW-Vertragshändlerin einen Kaufvertrag über einen Audi A6 Avant, für den er einen Kaufpreis von 44.200 ? an die Beklagte zahlte.

In dem Fahrzeug, das über einen Dieselmotor des Typs EA 189 verfügt, kommt eine Software zum Einsatz, die erkennt, ob sich der PKW zur Ermittlung der Emissionswerte auf einem Prüfstand befindet oder ob es im Normalbetrieb auf der Straße verwendet wird. Befindet sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand, wird der Ausstoß von Stickoxiden derart optimiert, dass die Emissionen geringer sind als im Normalbetrieb. Allein aus diesem Grund hält das Fahrzeug die durch die Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen Grenzwerte ein. Der Kläger nahm deshalb die Beklagte auf Rückzahlung des um eine Nutzungsentschädigung verminderten Kaufpreises in Anspruch.

Das Rücktrittsrecht des Käufers im VW Abgasskandal

Nach Ansicht des Gerichts ist ein vom VW Abgasskandal betroffener Neuwagen mangelhaft im Sinne des § 434 BGB. Denn der Käufer dürfe erwarten, dass das Fahrzeug die einschlägigen Emissionsgrenzwerte (hier: gemäß Euro-5-Norm) tatsächlich und nicht nur dann einhält, wenn das Fahrzeug auf einem Prüfstand einem Emissionstest unterzogen wird. Dabei stehe dem daraus folgenden Rücktrittsrecht des Käufers auch nicht entgegen, dass er der Beklagten lediglich eine kurze Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte, da eine Fristsetzung wegen Unzumutbarkeit vollständig entbehrlich gewesen sei. Eine Nachbesserung sei dann nicht zumutbar, wenn und solange zu befürchten sei, dass sich dadurch der CO2-Ausstoß des Fahrzeugs oder dessen Kraftstoffverbrauch erhöht oder die Motorleistung vermindert. Dabei genüge es, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte der plausible Verdacht bestehe, dass eine Nachbesserung negative Auswirkungen (z.B. auf den Kraftstoffverbrauch) haben wird.

Darüber hinaus könne eine Nachbesserung auch deshalb unzumutbar sein, weil das Vertrauensverhältnis des Käufers zum Fahrzeughersteller aufgrund dessen arglistiger Täuschung nachhaltig gestört sei. Diese Täuschung könne einem Vertragshändler als Verkäufer des Fahrzeugs zwar nicht zugerechnet werden. Zu berücksichtigen sei aber, dass faktisch der Fahrzeughersteller - also derjenige, der getäuscht und sich dadurch als unzuverlässig erwiesen habe - die Nachbesserung vornehme und der Händler dazu nur einen untergeordneten Beitrag leiste. Im Übrigen sei der Vertragshändler nicht nur hinsichtlich der Nachbesserung, sondern auch bei allen künftigen Reparatur- und Serviceleistungen auf den Hersteller angewiesen. Zudem sei die dargestellte Pflichtverletzung auch dann erheblich im Sinne von § 323 Abs. 5 S. 2 BGB, wenn der Kostenaufwand für die Beseitigung des Mangels weniger als fünf Prozent des Kaufpreises betrage. Schon der Umstand, dass der Käufer auf eine Nachbesserung nicht verzichten könne, sondern im Rahmen des vom Hersteller mit dem Kraftfahrt-Bundesamt abgestimmten Rückrufs ein Softwareupdate aufspielen lassen müsse, um die Zulassung des Fahrzeugs nicht zu gefährden, nehme dem dem Fahrzeug anhaftenden Mangel den Anschein der Unerheblichkeit.

Handlungsmöglichkeiten für VW Käufer im Abgasskandal

Käufer, die in den letzten Jahren ein Fahrzeug erworben haben, in denen ein Dieselmotor des Typs EA 189 verbaut ist, haben also gute Chancen, vom Kaufvertrag zurückzutreten und den Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW und abzüglich einer Nutzungsgebühr zurückzuerhalten. Dabei sind nicht nur Modelle der Firma Volkswagen umfasst - teilweise verfügen auch Fahrzeuge der Marken Audi, Seat und Skoda über diesen Motor.

Letztendlich sind die Erfolgsaussichten aber immer von dem konkreten Einzelfall abhängig. Ein erfahrener und kompetenter juristischer Beistand kennt die entscheidenden Details und kann Ihnen Ihre Möglichkeiten aufzeigen. In vielen Fällen übernehmen mittlerweile die Rechtsschutzversicherungen die Kosten für das weitere Vorgehen gegen die Volkswagen AG.

Die Rechtsanwaltskanzlei Werdermann | von Rüden vertritt zahlreiche Mandanten gegen die Volkswagen AG und bereitet entsprechende Prozesse vor. Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne telefonisch (030 - 200 590 770) oder via E-Mail (info@wvr-law.de) zur Verfügung.