Keine Aufnahme in die "Gesetzliche" - LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.05.2019 - L 5 KR 658/18

Sozialversicherungsrecht
26.07.201987 Mal gelesen
Der Mensch ist auf "günstig" abonniert. Solange er von einer privaten Krankenversicherung Vorteile hat, meidet er die gesetzliche: zu teuer, zu wenig Leistung. Dann tritt plötzlich ein Umstand ein, der den Schutz der Solidargemeinschaft attraktiv macht. Aber die lässt ihn im Regen stehen - zu Recht.

Der Gesetzgeber will, dass alle Bürger krankenversichert sind - irgendwie zumindest. Die gesetzliche Krankenversicherung soll der Idealfall sein. Das Kontrastprogramm bieten private Versicherer. Gut. Die sind nicht jedermann zugänglich. Umgekehrt ist es aber auch nicht einfach. Wer einmal aus der "Gesetzlichen" raus ist, hat Schwierigkeiten, wieder hineinzukommen.

Der vereinfachte Fall: Beamtengattin B. war 6-fache Mutter und seit 2001 über ihren Ehemann versichert: mit einem 70-Prozent Beihilfeanspruch und weiteren 30 Prozent, die über eine private Krankenversicherung liefen. Ab 2008 bezog B. Rente. 2017 wollte sie von einer Rechtsänderung profitieren und in die gesetzliche Krankenversicherung Rentner.

Das Problem: Wer privat krankenversichert ist, kann nur bedingt in die gesetzliche Krankenversicherung zurück. Unter anderem muss er zuvor eine gewisse Mindestversicherungszeit zurückgelegt haben. Auf sie werden seit 2017 zwar Kinder mit einer "Zeit von drei Jahren angerechnet." Aber: keine Versicherungspflicht ab Vollendung des 55. Lebensjahres bei Personen, die "in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren."

Das Urteil: zu alt, zu lange raus. "Die Neuerung hinsichtlich der Erziehungszeiten" ändert "nichts am Ziel der Anschlussregelung, die Beitragszahler vor einer unzumutbaren Belastung infolge eines Wechsels zwischen den Versicherungssystemen der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung zu schützen" (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Mai 2019, L 5 KR 658/18, Pressemitteilung).

Die Konsequenz: B. kommt nicht mehr in die gesetzliche Krankenversicherung. Die Rechtsänderung hat ihr trotz der sechs Kinder nichts gebracht. "Der Gesetzgeber", so das LSG, "kann den Kreis der Pflichtversicherten so abgrenzen, wie es für die Begründung einer leistungsfähigen Solidargemeinschaft erforderlich" ist. Kurz: Wer zu lange draußen ist, bleibt draußen.