Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen: Säumniszuschläge auch bei versehentlichen Fehlern?

Sozialversicherungsrecht
28.04.20181649 Mal gelesen
Die Prüfdienste der Rentenversicherungsträger sind gesetzlich verpflichtet, mindestens alle vier Jahre die Richtigkeit der Beitragszahlungen zu prüfen (§ 28p SGB IV). Bei Unrichtigkeiten werden Säumniszuschläge erhoben.

Kein Ermessen bei der Erhebung von Säumniszuschlägen

Säumniszuschläge betragen ein Prozent für jeden angefangenen Monat der Säumnis (§ 24 Abs. 1 SGB IV), sind somit sehr hoch. Der Prüfdienst hat bei der Festsetzung der Säumniszuschläge grundsätzlich kein Ermessen, sondern muss diese zwingend festsetzen. Davon gibt es nur eine Ausnahme: Beiträge dürfen auch rückwirkend erhoben werden. In diesem Fall ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IV).

Unverschuldete Unkenntnis

Die Frage, wann im einzelnen eine unverschuldete Unkenntnis von der Beitragspflicht vorliegt, ist in vielen Fällen umstritten und Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Auseinandersetzungen. Was geschieht jedoch, wenn die Beitragszahlung oder zumindest die Zahlung eines Beitragsbestandteils lediglich aus Versehen unterblieben ist, weil z.B. einem grundsätzlich sorgfältig arbeitenden Steuerbüro bei der Erstellung der Lohnabrechnungen lediglich aus Versehen ein Fehler unterlaufen ist?

In einem solchen Fall kann jedenfalls eine unverschuldete Unkenntnis nicht ins Feld geführt werden, denn die notwendige Kenntnis ist bei einem Steuerbüro, welches regelmäßig Lohnabrechnungen vornimmt, vorhanden und muss auch vorausgesetzt werden. Da die Sozialversicherungsträger bei der Erhebung von Beiträgen und auch Säumniszuschlägen grundsätzlich kein Ermessen haben , also auch nicht frei verzichten dürfen, bietet das Gesetz an sich wenig Spielraum, die Säumniszuschläge zu umgehen.

Erlass wegen Unbilligkeit

Die sog. Gemeinsamen Verlautbarungen der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 09.11.1994 zur Erhebung von Säumniszuschlägen enthalten jedoch Regelungen, in welchen Fällen die Einzugsstelle (das ist die Krankenkasse, an die der Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen ist), von der Erhebung von Säumniszuschlägen absehen darf, wenn deren Geltendmachung unbillig wäre. Ziff. 7 b der Verlautbarung bestimmt hierzu u.a., dass bei einem bisher pünktlichen Beitragszahler die Einziehung von Säumniszuschlägen unbillig sein kann, wenn dem Zahlungspflichtigen ein offenbares Versehen unterlaufen ist, die Beiträge bis zum Ablauf des Fälligkeitstages nicht zu zahlen. Als pünktlicher Beitragszahler ist derjenige anzusehen, der in den letzten 12 Monaten die Beiträge nicht mehr als einmal nach Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat.

Sofern ein Einzelfall ein echtes Versehen vorliegt, liegt es nahe, sich auf diese Bestimmung zu berufen. Der Antrag auf Erlass ist bei der Einzugsstelle zu stellen.

Eine Veröffentlichung der "Gemeinsamen Verlautbarung" finden Sie auf www.aok-business.de.

 

Dieser Beitrag dient zur allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Eine individuelle Beratung wird dadurch nicht ersetzt. Jeder einzelne Fall erfordert fachbezogenen Rat unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände. Ohne detaillierte Beratung kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers.

Rechtsanwalt Peter Koch
Hohenzollernstraße 25
30161 Hannover
Tel.: 0511/27 900 182
Fax: 0511/27 900 183
www.rkb-recht.de
koch@rkb-recht.de